Mittwoch, den 3 Oktober 2018
Am nächsten Morgen frühstücken wir wieder zusammen. Djamal* hatte es geschafft, Fran von der Weiterreise mit uns zu überzeugen; nun sitzen wir zusammen im Wohnzimmer und unser Hausmädchen bringt uns den morgendlichen Kaffee.
Zum Frühstück gibt es wieder diesen wahnsinnig leckeren Hummus, der sich mit nichts messen kann, was ich von Deutschland her kenne und der mit dünnen, noch warmen Brotfladen wie mit einem Löffel vom gemeinsamen, großen Teller aufgenommen wird.
Auch die russische Kolumnistin wird eingeladen, mit uns zu frühstücken. Sie sagt nicht „danke“; nach einer oder zwei Minuten sagt sie im gebrochenen Englisch: „Trinken – nix?“ und macht eine eindeutige Hand-zu-Mund-Geste.
Fran hatte es trotz allem im Vorfeld bereits geschafft, mit der Frau Kontakte zu knüpfen und so hatte sie erfahren, dass diese für ein bekanntes, russisches Magazin, das Forbes Woman, schreibt, welches es anscheinend auch im portugiesisch-sprachigem Raum zu lesen gibt. Nun versucht sie, die Frau mit in die Gespräche einzubeziehen und es stellt sich heraus; der Grund für ihre Schweigsamkeit ist keine Arroganz, sondern ihre geringen Englischkenntnisse. Nun ist sie sichtlich verlegen und tut es sich mit dem Gespräch ziemlich schwer.
Nach dem Essen bringen wir unser Gepäck zum Auto; fürs erste war dies die letzte Übernachtung im Hostel Amman. Die Jungs haben wieder einmal das Auto gewaschen; frisch und glänzend präsentiert es sich in den ersten Sonnenstrahlen und ich verdränge tief den Gedanken, wieviel Trinkwasser sie in diesem vom Wassermangel zerbeulten Land verschwendet haben mögen. Es ist ihr Land, sollen sie doch machen, was sie wollen, echotet es fatalistisch in meinem Kopf.
Vor uns sehen wir den Wagen des russischen Mädels: ein kleiner, alter Fiat (?) mit russischen Kennzeichen, von dem ich mir nur schwerlich vorstellen kann, wie sie und ihr Hund die weite Strecke bis hierher damit geschafft haben.
„Sie wollte ihren Hund ursprünglich tagsüber im Auto lassen.“ Erzählte mir Djamal* gleich zur Anfang meines Aufenthaltes in Amman. Doch das habe er nicht gewollt, das sei nicht gut für das Tier gewesen, den ganzen Tag über auf kleinstem Raum im aufgeheizten Auto zu sein; so hatte er den Hund oben auf die Dachterrasse in einen Zwinger gegeben, wo es wenigstens kühl und schattig war.
Wir fahren durch das morgendliche Amman, doch der Verkehr hatte es geschafft, wieder die mir bereits bekannten Ausmaßen anzunehmen. Vorsichtig schiebt Djamal* das Auto durch die Straßen und sagt: „Heute ist relativ wenig los.“ Unsere staunenden Blicke sind ihm daraufhin sicher.
Viele Männer in ihren langen Gewändern sind auf den Straßen zu sehen und viele von ihnen, vor allem die älteren, scheinen wenig zu tun zu haben. Sie flanieren oder sitzen in Gruppen da. Frauen hingegen sehe ich zu dieser Stunde kaum.
Wir passieren die Souks; die Händler sind gerade dabei, ihre Stände aufzumachen und ihre Waren auszubreiten. „Das hier ist der Souk, den ich mit Mira am ersten Tag besucht habe.“ Sage ich zu Fran.
In der Innenstadt hielten wir an, denn Djamal* hatte es sich zu Aufgabe gemacht, für unsere Tour in die Wüste Alkohol zu besorgen. Wir erinnern uns: in den Augen eines Arabers muss einem Europäer ohne hochprozentiges zwangsläufig etwas fehlen zu seinem Glück… 😉
Den Wein gab es von einer quirligen Frau, die uns Djamal* als Mary vorstellt und die mit einer Tasche undefinierbaren Inhalts (…Weinflaschen…) lachend ans Auto kam und uns eine der Flaschen hinhielt. „Sie will, dass ihr den Wein sofort probiert.“ Sagt Djamal* und wir winken ab.
„Mary ist Christin.“ Erzählt uns Djamal* später, als wir weiter und aus der Stadt fahren. „Sie stellt ihren Wein zu Hause selbst her. Das ist ganz natürlicher Wein, er enthält keinen Alkohol.“ Keinen Alkohol? Ich bin skeptisch. Später klärt sich das Missverständnis auf, denn mit „keinen Alkohol“ meint Djamal* „keinen Alkohol, der extern hinzu gegeben wurde“. Er erklärt uns, dass es schwer ist, in Jordanien guten Wein zu bekommen, denn die meisten Weine werden mit Zuckerzusatz versehen und es wird Alkohol hinzugefügt. Ich merke an, dass das für mich kein Wein sei – das sein gezuckerter Traubensaft mit Wodka.
„Richtiger Wein ist teuer. Eine Flasche eines Weines, der mindestens zwei oder drei Jahre alt ist… zwanzig, vielleicht dreißig Dinar.“ Wir erinnern uns: ein Jordanischer Dinar entspricht ungefähr 1,23-1,25€.
Als wir Amman verlassen, eröffnet sich wieder die inzwischen vertraute, etwas verfallen wirkende Landschaft. Nein, Jordanien hat keine schönen Orte, all die kleinen Ortschaften wirken wie geklont, allesamt bröckelnd, gleichförmig, nichtssagend, unterscheiden sich im nichts eine von der anderen. Auf vom Geröll übersäten Feldern stehen hier und da Beduinenzelte wie an einer Baustelle, umgeben von Plastiktüten wie von Blüten in der Wüste. Manchmal liegen abgeschnittene Schafsköpfe am Straßenrand herum, das Blut schon in der Sonne geronnen. So viel zu Beduinen- und Wüstenromantik: das hier ist authentisch, das, wonach so viele suchen – das hier ist echt.
Doch irgendwann lassen wir auch all das hinter uns und begeben uns auf eine Straße, die nur wenige zu kennen scheinen, denn es kommen uns so gut wie keine Menschen entgegen. Dafür geht es eine traumhafte Mondlandschaft bis hoch in die Berge und immer wieder eröffnet sich uns ein Ausblick auf Jordanien und das Tote Meer, das blau im Dunst der Ferne schwebt. Nun sind wir im Auto still und halten unsere Smartphones aus dem Fenster, um ja nichts von alledem zu verpassen. Jede Kurve, jede Schleife der Straße offenbart etwas neues und hinter jeder Biegung ist der Blick schöner als der vorherige. Die einzigen Menschen, die uns begegnen, sind Beduinen; manche winken, mit manchen wechselt Djamal* ein paar Worte.
Schließlich halten wir an. Hinter einer der vielen Schleifen bringen wir das Auto zum Stehen und laufen über die leere Straße bis zum Rand der Klippen. Zu unserer Rechten erstreckt sich das Tote Meer und zu unserer linken die Straße, die wir gekommen sind – vor uns die Berge in blauem Dunst. Das hier ist das Biosphärenreservat Mudschib, oder hierzulande auch Mujib genannt und hier sind auch die heißen Quellen zu finden, in denen man gegen ca. 12-13 J.D. Eintritt baden kann.
Fran nutzt sofort die Gelegenheit für ein ausgiebiges Fotoshooting mit Djamal*, der sich gerne als Fotograf verdingt. Ich bin indessen froh, mich ein wenig zurückziehen und den Ausblick genießen zu können. Es ist warm, aber windig und Djamal* führt uns vom ausgetretenen Pfad noch tiefer und noch näher an die Klippen heran. Und als wir denken, es könne gar nicht mehr besser werden, wird der Blick nach und nach immer sagenhafter, wie eine Pandora-Büchse, die sich langsam öffnet.
„Ja,“ erklärt er stolz, „ich habe früher ganze Gruppen hierher geführt. Ich habe auch Kletter- und Wandertouren durch die Naturschutzgebiete organisiert. Diese Wege und diese Straßen kennen nicht viele, andere Guides führen ihre Besucher nur den Kings Highway entlang. Man muss aber die versteckten Trassen kennen.“
„Und…“ verspricht er uns, während wir noch staunend dastehen, „es wird besser und besser werden.“ Damit meint er die Tour; unsere Tour. Und auch wenn ich gestern schon dachte, nichts könne das erlebte toppen, so hatte Djamal* bislang sein Wort gehalten.
Djamal* zeigt mir in der Ferne ein kleines Dach, eine kaum zu erkennende Hütte. „Da sind die heißen Quellen, von denen ich dir erzählt hatte.“ Doch zu den Quellen fahren wir heute nicht, ich hatte mich für etwas entschieden, was er mir im Vorfeld als „schwimmen in einem Canyon“ beschrieb.
Es stellt sich als Canyoning heraus und ich stelle fest, dass meine Kleidung mit den langen, luftigen Hosen nur bedingt geeignet ist.
Das Canyoning im Wadi al Mujib kostet 21 Dinar pro Person für zwei Stunden Aufenthalt, der Aufenthalt kann meines Wissens nach auch nicht verlängert werden. Djamal* und Fran lassen mich alleine, denn Fran möchte im Toten Meer schwimmen – etwas, das ich am zweiten Tag schon mit Mira erlebt hatte.
Der Aufenthaltsraum der Anlage sieht futuristisch aus, es gibt Umkleiden und Duschen sowie die Möglichkeit, eine wasserfeste Tasche zu mieten, für den horrenden Preis von zehn Dinar. „Lass dein Smartphone und deine Kamera hier.“ Sagt der Mitarbeiter. „Du wirst sonst beides verlieren.“
Achtung, es gibt hier nur bedingt die Möglichkeit, seine Sachen einzuschließen! Es gibt zwar Fächer, doch die Schlüssen fehlen… als mich die Mitarbeiter darauf hinweisen, meine Wertsachen lieber im Auto zu lassen, sind Djamal* und Fran sowie das Auto schon fort.
„Lass deine Tasche bei uns.“ Der Mann bietet mir an, meine Tasche hinter der Rezeption zu verstauen. Öhm… warum nicht. Was solls, es ist nicht das erste Mal, dass ich wildfremden Menschen vertraue.
Das erste Mal Canyoning. Ich weiß gar nicht, was mich erwartet. Sonst sieht man ja immer die spektakulären Bilder der Menschen, die den Eindruck machen, als ließen sie sich standardmäßig jedes Wochenende durch reißende Flüsse jagen. Der Instagram-Effekt.
Ich überquere die futuristische Halle und nehme mir draußen eine Schwimmweste mit. Die Schwimmwesten müssen getragen werden und später stelle ich auch fest, dass das seine Berechtigung hat. „Jetzt ist hier sehr wenig Wasser.“ Erzählte mir Djamal*, als wir oben auf dem Staudamm standen und auf den Canyon hinunter schauten. „Aber während der Regenzeit stürzen hier ganze Wassermassen hindurch. Der Mujib Canyon füllt sich dann bis ganz oben.“
Ich entschied mich gegen eine wasserfeste Tasche und dafür, meine Kamera im Gepäck zu lassen und nun vermisse ich ein wenig die Möglichkeit, das Gesehene zu fotografieren – und übe mich in der alten Tugend, das Gesehene einfach aufzunehmen und zu genießen. Wie war das doch früher alles gewesen, als wir nicht immer und ständig ein Smartphone mit uns herum getragen hatten? Wie war das, als man noch nicht das Bedürfnis verspürte, alles zu dokumentieren?
Über einen metallenen Steg geht es eine Leiter hinunter ins Wasser. Unwillig steige ich Stufe für Stufe in das ungewohnt kalte Nass, das sich klamm und fremd um meine von Sonne und Wind aufgeheizte Haut legt. Kurze Zeit später bin ich drin und wate den knietiefen Fluss inmitten der Felsen hinauf.
Hier ist der Flusslauf noch seicht und plätschernd, doch das soll sich bald ändern. Immer tiefer bewege ich mich in den Canyon, immer weiter wird die Sonne abgeschirmt und immer schmaler die Spalte über mir, die den blauen Himmel birgt. Groß und wunderschön ragen die Felsen des Canyons über mir auf, wie gemeißelt mit ihren Formen, die kein Künstler dieser Welt so detailreich und grazil geschaffen haben kann. Die Oberfläche der Felsen, braun, gelblich, ocker, mit Querstreifen versehen wie poliertes Holz, glatt wie ein Edelstein, so perfekt, dass ich sie anfassen muss. Oben in den Felsspalten nisten Vögel; ein Echo trägt ihr Zwitschern über dem türkisfarbenen Wasser, das im Kontrast zu den warmen Tönen der Felsen steht.
Schritt für Schritt laufe ich weiter, es ist anstrengend, die Füße gegen die natürliche Strömung des Flusses zu stemmen. Eine Gruppe asiatischer Touristinnen traut sich, ihr Smartphone mitzunehmen und bietet mich nun um ein Gruppenfoto.
Nicht immer kann ich mich freihändig im Wasser halten, denn die Strömung wird immer stärker und irgendwann ist es an der Zeit, genauer hinzuschauen; welchen Weg nehme ich, wo verläuft die Strömung des Wassers am schnellsten, wo ist sie langsamer und welchen Weg nehme ich, ohne von den Füßen gerissen zu werden? Was wie ein seichter, vergnüglicher Spaziergang begann, wird immer mehr zur Herausforderung. Stellenweise sind an den Wänden Kletterhilfen angebracht, um sich festzuhalten und hochzuziehen, denn hier ist der Fluss schon reißend. Ansonsten hangelt man sich – irgendwie – von Stein zu Stein.
Ich bin auch nicht alleine, ganz im Gegenteil ist die relativ kleine Spalte mit Touristen überfüllt. Ganze Gruppen kommen mir entgegen und manchmal muss auf beiden Seiten gewartet werden. Nicht jeder schafft auch sofort die Herausforderung, sich abzuseilen oder hochzuziehen und auch ich bleibe an manch einem Stein sitzen und überlege, wie es hier nun weiter gehen soll. Doch es ist wie Klettern, es ist wie eine Sucht: So ängstlich ich auch zur Anfang in den Canyon hinabstieg, Angst vor kaltem Wasser und einer leichten Strömung hatte, umso mehr Vertrauen entwickle ich nun in die eigenen Kräfte.
Manche Gruppen und auch einzelne Besucher meistern das Canyoning mithilfe eines Guides, der geduldig dabei bleibt und Mut macht und die besten Wege aufzeigt, doch für mich besteht der Clou darin, es selbst zu schaffen. Ich finde, nirgendwo gewinnt man so viel Vertrauen in sich selber als bei Sportarten wie diesen, wo man über seine Grenzen hinausgeht und langsam, aber stetig mehr und mehr erreicht, weiter und weiter kommt. Hier ist der Kopf gefragt, nicht nur reine Körperkraft; hier ist Mut gefragt und der Glaube daran, dass dein Körper zu mehr imstande ist als du dir je hast träumen lassen.
Nun wird mir auch klar, wozu die Schwimmwesten, denn an manchem Stellen wäre es ohne einfach nur lebensgefährlich. Natürlich gibt es die Kletterhilfen, doch lass einmal etwas schief gehen, lass einmal abrutschen und dich von den Wellen tragen zu lassen. Und auch so schon ist in solchen Fällen die Verletzungsgefahr durch ein Aufschlagen gegen die Felsen ziemlich hoch.
Obwohl, denke ich mir; Schwimmweste hin oder her, würde der Fluss hier so richtig loslegen, ich meine, so richtig… dann würde uns auch diese nicht mehr helfen. Die Strömung würde uns schneller unter sich begraben als wir nach Luft schnappen könnten. Aus diesem Grund ist der Canyon von Ende Oktober bis April während der Regenzeit gesperrt, es wäre lebensgefährlich, sich zu dieser Zeit hier aufzuhalten. Ich hatte noch Glück mit meiner Anreisezeit, wir haben den dritten.
Ein Mann treibt auf dem Rücken an mir vorbei hin zum Ausgang des Canyons. Er pfeift vor sich hin und ahmt die Geräusche der Vögel nach, die über unseren Köpfen nisten. Die Exkremente der Tiere ziehen Spuren an den steilen Wänden hinunter und – Moment mal, worin schwimmen wir da?
Ich schaffe es leider nicht, den Canyon bis zum Ende hinauf zu klettern; mit Bedauern höre ich, dass man noch ein Stück weiter einen Wasserfall hinauf kann. Doch mit Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass ich langsam zurück muss, denn meine Zeit hier ist – leider – begrenzt. So begebe ich mich langsam wieder in die andere Richtung, bin stolz auf das, was ich geschafft habe und je weiter ich wieder in Richtung Ausgang komme, umso erstaunter bin ich, wie ich diese kleinen Pfützen mit diesen kleinen Wellen für eine Herausforderung hatte halten können.
An manchen Stellen mache ich es den anderen nach und lasse mich einfach auf dem Rücken liegend vom Fluss gen Ausgang treiben. Die Schwimmweste trägt mich, wie praktisch! Am Metallgerüst angekommen habe ich noch etwas Zeit und lege mich einfach im Wasser hin, das Gesicht zur Sonne, wie ein Stück Treibholz, das im Schilf hängen geblieben ist.
Meine Tasche hinter der Rezeption liegt noch genauso da wie zu dem Zeitpunkt, als ich sie verlassen habe – nur von Djamal* und Fran fehlt jede Spur. „Du kannst hier bei uns warten.“ Bietet mir ein Mitarbeiter an. Und so laufe ich um die Schreibtische herum und setze mich auf einen der vielen künstlich aufgetürmten Felsen, die eine Ahnung davon vermitteln sollen, was den Besucher im Innern erwartet. Einer der Mitarbeiter macht mir einen heißen Tee und so sitzen wir da und unterhalten uns. Unzählige dicke, schwarze Fliegen hatten es sich hier in den Räumlichkeiten gemütlich gemacht und schwirren um uns herum, bleiben mal in Scharen auf meiner Tasche, mal an unseren Gesichtern sitzen, doch niemand scheint sich allzu sehr daran zu stören. Unter anderem wollen sie wissen, wie es in Deutschland so ist und was ich da so mache; als ich ihnen verrate, dass ich aus der pharmazeutischen Branche komme, beginnen sie, mich zu Gesundheitsfragen um Rat zu bitten.
Irgendwann sehe ich Djamal* im Aufenthaltsraum auf einer Bank sitzen; wann er das Gebäude betreten hatte, bleibt mir ein Rätsel; doch auch er hatte mich hinter der Rezeption nicht sofort entdeckt. Fran nutze noch schnell die Dusche, erzählt er mir.
Dann sitzen wir wieder zu dritt im Auto und fahren eine Küstenstraße entlang, die über dem Toten Meer steil nach unten abfällt. Hält man hier an, kann man hinunter auf die blauen Wellen schauen und auf die Salzkruste, die sich um den Strand herum über die Jahre gebildet hat. Das Tote Meer zieht sich zurück, mehr und mehr. Der Binnensee wird vom Fluss Jordan gespeist, dessen Wasser jedoch im großen Stil entnommen wird, um den steigenden Wasserbedarf des Landes zu decken. Es gibt ein groß angelegtes Projekt zwischen Jordanien und Israel, den sog. Friedenskanal, der zum Ziel hat, Wasser vom Roten ins Tote Meer zu pumpen, um dieses an seinem Untergang zu hintern – ist doch das Tote Meer die touristische Attraktion auf beiden Seiten.
Es stellt sich heraus, dass Djamal* und Fran „wild“ schwimmen waren, sprich; in einer gefährlichen Kamikaze-Aktion einfach eine der steilen Klippen herunter geklettert sind und es sich am Ufer gemütlich gemacht hatten. Hier hatte Fran ihre Ruhe, denn sie waren die einzigen Menschen weit und breit – der Nachteil war aber die fehlende Dusche.
„Es war richtig toll.“ Erzählt sie mir später. „Zuerst hatten wir Bilder gemacht…“ Ich grinse. Fran und ihre Bilder. „…und dann ging Djamal* weg und ließ mich die ganze Zeit alleine. Ich konnte baden, solange ich wollte und habe mich total wohl gefühlt.“ Ich nicke. Den Raum, den Djamal* einem als allein reisende Frau gibt, hatte ich bereits im Resort mit Mira zu schätzen gelernt.
Doch auch an mich hatten die beiden gedacht. Fran holte vorsichtig einen großen Salzkristall aus ihrer Tasche raus. Djamal* hatte es für mich abgebrochen.
Wendet man nun den Blick von der Küste ab und schaut in die andere Richtung, zur gegenüberliegenden Seite der Straße, sieht man hoch aufragende Felsen von seltsamer Form. Besonders einer sticht sofort hervor; er erinnert stark an eine Person, die hoch oben steht und in die Ferne schaut, weit über die Gewässer des Toten Meeres. Dies ist der Sage nach die Frau von Lot, einer biblischen Gestalt, die verbotenerweise zum allerletzten Mal auf den Untergang ihrer Heimatstädte Sodom und Gomorrha blickt und zur Salzsäule erstarrt.
Wir fahren weiter an der Küste entlang. Immer wieder begegnen uns Warnschilder entlang des Strandes, auf englisch und arabisch verfasst: Do not swimm in the dead see in the night! Wir frage Djamal*, was es damit auf sich hat. Warum ist das Schwimmen nach Anbruch der Dunkelheit verboten? Wo liegt die Gefahr?
„Die Gefahr liegt darin, dass sie dich dann erschießen.“ Sagt er. Und ergänzt dann: „Nach Anbruch der Dunkelheit wissen sie nicht, ob da nur jemand schwimmt oder ob versucht wird, illegal die Grenze zu Israel zu überqueren.“
Wir kommen an Salinen und Entsalzunsganlagen vorbei. Hier wird das berühmte Totes Meer Salz produziert und in alle Welt exportiert.
Dann verlassen wir die Küstenstraße und begeben uns hinein ins Land, auf einer Strecke, die wieder einmal auf keiner Karte verzeichnet ist und uns mit größter landschaftlicher Schönheit betört; auf und ab führt uns der Weg, wir nähern uns dem ersten sehenswerten Ort auf dieser Reise, inmitten eines Naturreservates gelegen: wir nähern uns der Stadt Dana.
*Die Namen wurden geändert.
[…] bei mir anders definiert ist als das Abenteuer in Reisekatalogen. Es muss nicht Canyoning sein oder eine Klettertour, es muss nicht mit einem Boot über einen wilden Fluss gehen. Aber etwas […]
[…] Petras und erwehrten uns dem aufdringlichen Werben der „Piraten von Petra“ und als ich eine Canyoning Tour in Wadi Mujib unternahm, fuhr Fran mit unserem Guide ans Tote Meer. Und sehe da, es passte. Mit Fran kann ich mir […]