Deutschland, Europa

Schwarzwald – Weihnachtsmarkt in der Ravennaschlucht

Heute ist einer jener trübseligen Tage, die mit einem undefinierbaren, farblosem Grau aufwarten und allein schon der Blick nach draußen jegliche Unternehmungslust im Keim erstickt. Einer der Tage im Dezember, an denen ich mich nur langsam aus dem Bett quäle, nur um mich anschließend müde und gähnend auf der Couch einzumümmeln und weiter zu schlafen. 

Erst am Vormittag gegen elf schlendere ich ins Bad.

Da haben wir uns für unseren Ausflug das perfekte Wetter ausgesucht, denken wir uns sarkastisch, während wir durch das Fenster des warmen Wohnzimmers beobachten, wie der feine Nieselregen die grauen Straßen mit einer gleichmäßigen, glänzenden Hülle überzieht. Nichts, aber auch wirklich nichts lädt zum Wegfahren ein. Den Sommer über hätte man Kurztrips machen können, ja, ein Jahrhundertsommer ist es gewesen, der das Wort des Jahres „Heißzeit“ prägte. Das sagenhaft gute, sonnige Wetter zog sich bis in den frühen November hinein, bis ab Mitte November naturgemäß langsam Wolken den Himmel überzogen.

Und Kasia und Stefan haben nichts besseres zu tun, als sich ausgerechnet beim größten Sauwetter, wo sich alle Katzen hinter dem warmen, heimischen Ofen einkuscheln, nach draußen begeben zu wollen.

Wir diskutieren kurz darüber. Die Idee war gewesen, den Weihnachtsmarkt in der Ravennaschlucht zu besuchen, einen der schönsten Weihnachtsmärkte im Hochschwarzwald, und als wir den Trip planten, da war es noch einigermaßen heiter. Und dann verschlechterte sich das Wetter mit jedem Tag mehr. Nun prüft Stefan unsere Buchungen, doch das Hotel lässt sich nicht mehr stornieren.

Draußen ist es gar nicht mal so kalt. Als wir Mannheim verlassen, ist es irgendwas zwischen vierzehn und fünfzehn Uhr, und die Lichter der Fenster spiegeln sich in den glänzenden Straßen. Doch eigentlich ist es den ganzen Tag über nicht wirklich hell geworden.

Ziemlich schnell sind wir auch schon in Freiburg, von Mannheim aus immer nur der A5 folgen. Wir passieren die Stadt und richten uns weiter nach Süden, vorbei an nassen Dörfern und nassen Menschen. Trotz des Regenwetters ist die Fahrt durch das Höllental hindurch immer wieder ein beeindruckendes Erlebnis; die dunklen Felsen, die sich steil und uneinnehmbar über der Straße erheben. Kurve um Kurve geht es hinunter, bis wir irgendwann die Ravennaschlucht mit ihrem Viadukt erreichen. Einen kurzen Blick kann ich auf die aufgebauten Weihnachtsstände erhaschen, dann geht es auch wieder weiter.

Unser Hotel ist am Schluchsee gelegen, es ist die „Pension am See„. Seeblick natürlich, und ein hübsches, großes Zimmer. Unten an der Rezeption begrüßt uns ein netter, syrischer Mitarbeiter und freut sich riesig, Mannheimer vor sich zu sehen. Er sei vor drei Jahren nach Deutschland gekommen und sowohl in Heidelberg als auch in Mannheim gelebt. „Heidelberg ist eine wunderschöne Stadt“, erzählt er uns, „doch an Mannheim habe ich mein Herz verloren.“

Balkon mit Blick auf den Schluchsee

Oben auf dem Zimmer steht wieder die Überlegung im Raum, ob wir denn heute Abend noch einmal hinaus in den Regen wollen. Stefan liegt schon betont relaxt auf dem Bett. Doch ein Blick auf die Wettertabelle bringt keine guten Nachrichten zutage, denn der morgige Tag soll genauso besch…eiden sein wie bisher. „Und heute Abend können wir die Beleuchtung sehen.“ Gibt mein Liebster zu bedenken. Die Bilder auf Google sehen tatsächlich wunderhübsch aus.

Also nochmal aufstehen, die Faulheit überwinden. Draußen ist es inzwischen dunkel.

Der Weihnachtsmarkt ist ziemlich beliebt. Man kann ihn zwar mit dem Auto erreichen, doch empfiehlt es sich mangels Parkmöglichkeiten vor Ort einen der kostenlosen Busshuttles zu nutzen, die von den umliegenden Ortschaften abfahren.

Wir lassen unser Auto in Hinterzarten auf einem weitläufigen Parkplatz stehen und laufen vor zum Kurhaus. Schon bei der Ankunft sah ich die lange Schlange der Wartenden, die sich hier gebildet hat und auch jetzt noch nicht kleiner geworden war. Stefan schaut sich das an und schüttelt den Kopf. Nein, da würde er sich nicht anstellen, gibt er bekannt; und auch meine Lust schwindet mit jedem Regentropfen mehr und mehr.

Auf der anderen Straßenseite kaufe ich mir an einem kleinen Stand, der von Schülern betrieben wird, einen schlecht schmeckenden Glühwein aus dem Pappkarton und wir überlegen, was wir denn nun tun könnten. Mit einigem Grauen frage ich mich, wo sich denn die Massen an Menschen auf der kleinen Fläche der Ravennaschlucht verteilen wollen… „Lass uns erst einmal ein Restaurant suchen und etwas essen.“ Schlage ich vor. „Wenn es danach immer noch so voll ist, dann lassen wir es bleiben.“ Mein Vorschlag wird ohne Gegenstimme angenommen.

Das erste Lokal, das wir sehen, ist unser, nehmen wir uns vor und landen so im „Leonardo da Vinci„. Zum Glück, wie wir direkt feststellen.

Das „Leonardo da Vinci“ in Hinterzarten im Schwarzwald ist ein Italiener, aber nicht irgendein Italiener um die Ecke. Nein, die unscheinbare Fassade birgt das beste, italienische Essen, das ich je genossen habe und die Tische sind regelmäßig voll besetzt. Ohne Reservierung läuft hier normalerweise nicht viel, doch wir haben Glück und können gerade noch einen kleinen Tisch am Gang ergattern. Eine sagenhafte Pizza und ein himmlisch schmeckendes Tortellini später begeben wir uns wohlgenährt nach draußen, nicht ohne gleich einen Tisch für den nächsten Tag reserviert zu haben.

An der Haltestelle am Kurhaus wartet nun niemand mehr. Wir sind jetzt, abends um halb sieben, die einzigen, die noch in den Shuttle steigen. Dann quält sich der Bus bei Regen langsam die kurvige Straße hoch. „Trinken Sie einen Glühwein für mich mit.“ Sagt am Schluss der Busfahrer. „Ich darf ja nicht…“

Wir steigen aus und laufen mit der Menge mit, immer der farbigen, stimmungsvollen Beleuchtung hinterher. Hier und da versuchen wir, nassen, schwarzen Wasserpfützen auszuweichen, die, in der Dunkelheit kaum sichtbar, zu unliebsamen, ungemütlich nassen Fallen werden. Frische Tropfen des feinen Nieselregens legen sich auf unsere Gesichter, in den Bäumen hängen Lampions und auf den dünnen, kahlen Ästen hängen Wassertropfen. Neben dem Weg plätschert ein kleiner Bach.

Der Weihnachtsmarkt ist sehr schön hergerichtet und selbst der Nieselregen kann der zauberhaften Stimmung nichts anhaben. Bereits im Bus stelle ich fest, dass das hier international bekannt ist, denn wir treffen hier auf Touristen aus aller Herren Länder. Doch um dieser Uhrzeit haben sich die Menschen einigermaßen gut verteilt, nur wenige kommen noch an, viele sind schon nach Hause. Kleiner Tipp für Euren Besuch: wählt am besten eine Zeit abends gegen halb sieben Uhr, denn da sind die Shuttles einigermaßen leer und der Weihnachtsmarkt nicht so überfüllt wie am frühen Nachmittag.

Die Tickets gibt es nicht am Einlass, sondern an einer kleinen Hütte gegenüber, und ein unsichtbarer UV-Stempel ermöglicht ein kurzzeitiges Verlassen des Geländes.

Glühwein, Punch und Feuerzangenbowle. Um die Stände haben sich Träubchen an Menschen versammelt. An den Bäumen hängen Lichter und der Viadukt wird in verschiedenen Farben angestrahlt. Meine Hand ruht an der warmen Glühwein-Tasse. „Probieren Sie diesen hier. Den habe ich selbst erfunden.“ Höre ich die Glühwein-Verkäuferin sagen.

Wie ist es wohl für den Syrer, hier zu leben? Frage ich mich. Mannheim, tja, Mannheim ist ein internationales Pflaster, aber hier, im tiefsten Schwarzwald? Wie wird es für ihn wohl sein?

Als ich feststelle, dass mir ein Glühwein reicht und ich keine Feuerzangenbowle möchte, schlendern wir noch über den Markt, an den mächtigen Säulen des Viaduktes vorbei. Das schwarze Wasser des laut rauschenden Baches wird mit Lichtern bestrahlt, so dass sie wie ein bunter, gleißender Wasserfall aussieht, dazwischen kleine, grüne Laser-Pünktchen wie verlorene Glühwürmchen. Ja, der Weihnachtsmarkt ist wirklich schön, fehlt nur noch der Schnee…

Wir schlendern weiter, zwischendurch gibt es obligatorische Selfies. Glückliches Pärchen auf dem Weihnachtsmarkt. Jip, Glühwein macht glücklich. Es ist zwar noch immer kalt und regnerisch, doch das bemerken wir nicht. Es interessiert nicht mehr.

Wieder im Hotel setzen wir uns auf den dunklen Balkon, um zu rauchen, doch Stefan verkrümelt sich schnell wieder zurück ins Zimmer. Brr, kalt… Ich bleibe sitzen, die Kälte verliert sich irgendwann. Der Wind trägt feinen Sprühregen in mein Gesicht und die Oberfläche des Sees spiegelt das Licht der Laternen im seidig matten Glanz.

Der folgende Tag gestaltet sich – ohne größere Überraschungen – wie der vorhergehende, feine Tropfen benetzen die Autoscheibe. Wir verlassen das Hotel und begeben uns auf eine kleine Tour durch den Schwarzwald rund um die Grenzgebiete zur Schweiz. Der Ort St Blasien sieht vielversprechend aus, vor allem der Dom mit seiner runden Kuppel, und so erstellen wir nach und nach im Geiste eine kleine Sommer-Motorradtour. Doch jetzt aus dem Auto steigen? Eine weitere, regnerische Windböe belehrt uns eines Besseren.

Parallel an der Grenze entlang führt uns die L34, vorbei an Orten wie Wehr und Zell, und oben am Feldberg auf ca. 1200 m erreichen wir die Schneegrenze. Die peitschenden Regentropfen werden vor unseren Augen zur Schneeregen, danach zu Schnee. Die ganze Wetterseite des Berges ist eingeschneit und die Fahrzeugkolonne vor uns erreicht nun das vorsichtige Tempo von 30 km/h.

Auf der anderen Seite heißt es wieder: runter vom Berg, am Titisee vorbei, schon sind wir in Hinterzarten. Gerade pünktlich, denn wir hatten ja für 13 Uhr unseren Tisch beim „Da Vinci“ reserviert…

Es geht rauf auf den Großen Feldberg…
Einmal kurz durch den Nebel und…
…hinein in den Schnee.

Infos zum Weihnachtsmarkt in der Ravennaschlucht:

Öffnungszeiten: 

Freitags 30.11 / 07.12 / 14.12 / 21.12
15:00 – 21:00 Uhr

Samstags 01.12 / 08.12 / 15.12 / 22.12
14:00 – 21:00 Uhr

Sonntags 02.12 / 09.12 / 16.12 / 23.12
13:00 – 20:00 Uhr

Preise:

Kinder (bis 16 Jahre) frei (in Begleitung eines Erziehungsberechtigten)
Erwachsene freitags 3 €  samstags / sonntags 4 €

Anfahrt: 

Von den Bahnhöfen Himmelreich und Hinterzarten fahren halbstündlich kostenlose Shuttlebusse ab. Hier gibt es Infos zu den genauen Fahrzeiten.

Parkmöglichkeiten vor Ort:

Hier können Parkplätze vor Ort (Breitenau, Hofgut Sternen) gebucht werden. Die Anzahl der Parkplätze ist begrenzt, so dass sich eine frühzeitige Reservierung empfiehlt. 

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Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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