AnimagiC 2018 in Mannheim, das zwanzigjährige Jubiläum.
Die Cosplayer lassen sich gerne fotografieren, zumindest habe ich den Eindruck, denn jeder, denn ich frage, nimmt für die Kamera Posen ein. Ein paar Aufnahmen machen ich auch so, um die Stimmung des Festivals aufzufangen und teilweise, weil ich es manchmal schöner finde, natürliche Bilder zu machen. Und weil ich bislang keine Absage bekommen habe, mache ich bei einem laufenden Shooting meinerseits zwei- oder drei Bilder.
Und da kommt die Elfe auf den Plan. Sie muss mich beobachtet haben, denn während ich noch fotografiere, kommt sie auf mich zu.
„Verzeihung.“ Sagt sie. „Sie können gerne Bilder machen, wir machen auch Posen für Sie, aber wir werden gerne vorher gefragt…“
Okay, sage ich und die Elfe ist wieder weg. Ich stecke meine Kamera in die Tasche und fange an, zu grübeln.
Schwieriges Thema, denn ich sehe mich als Fotografin und als Künstlerin, und das bringt mich in dem Moment in ein Dilemma. Ich will es eben nicht, dass man sich für mich immer in Pose stellt. Ich sehe Fotografie, auch Straßenfotografie, als eine Kunstform, in der es darum geht, Stimmungen, natürliche Situationen einzufangen. Dabei geht es nicht darum, Menschen in unangenehmen Momenten abzulichten, sondern das Festival als solches festzuhalten, mit all seinen Momenten. Bei einem Cosplay-Festival, in dem Cosplayer Teil der Show sind, will ich unverfälscht darüber berichten können.
Auch unter Bloggern kursieren zu diesem Thema viele Meinungen. Von „ohne ausdrücklicher Erlaubnis zu fotografieren ist respektlos“ bis zu „ich schieße manchmal Bilder aus der Hüfte, da ich nicht immer fragen will“ ist die Meinungspalette bunt gemischt. Ich sehe viele Bilder, vorwiegend im Ausland aufgenommen, die ganz offensichtlich ohne ihr wissen aufgenommene Menschen zeigen.
Im Nicht-Eu-Ausland scheint die Hemmschwelle diesbezüglich viel niedriger zu sein, es werden bedenkenlos Aufnahmen getätigt und online gestellt. Es wird ja einen kaum jemand verklagen, oder? Doch ist es wirklich etwas anderes?
Das Portrait des afghanischen Mädchens mit grünen Augen, aufgenommen in den 80er Jahren in einem Flüchtlingsheim in Pakistan, zierte 1985 die Titelseite des National Geographic, das Magazin verdiente Geld mit der kommerziellen Verwendung der Aufnahme, dem weder das Mädchen noch ihre Eltern je zugestimmt hätten. Doch so einfach gestaltete es sich nicht, denn eine lange Zeit hat der Fotograf versucht, das Mädchen erneut ausfindig zu machen. Erst nach 17 Jahren konnte die Identität der patschunischen Frau geklärt werden. Die Ausstrahlung ihrer Augen war so stark, dass das Bild weltweit bekannt wurde. Auch heute noch, gibt man „afghanisches Mädchen grüne Augen“ in die Google-Suche ein, stößt man auf das Porträt der zwölfjährigen Sharbat Gula.
Grundsätzlich sind sich viele einig darüber, dass man den Betreffenden vorher fragen sollte.
Doch ist das wirklich immer umsetzbar?
Dazu habe ich die Website Recht am Bild befragt, um die aktuelle Rechtslage zu prüfen. Selbst für den Gesetzgeber ist das Thema Fotografie, wie es scheint, etwas schwierig.
Zunächst ist es einmal so, dass jeder das Recht an eigenem Bild hat und ebenso auf Löschung des Bildes. Es gilt eine grundsätzliche Einwilligungspflicht für die Veröffentlichung von Bildern. Soweit, so legitim. Doch da gibt es des weiteren einiges an Ausnahmen, die zu Geltung kommen können. Zum Beispiel dann, wenn die Dokumentation im Auftrag einer höheren Stelle erfolgt. Das betrifft in dem Fall wohl die Journalisten. Wenn durch Nichtausführung Gefahr für Leib und Leben besteht. Auch sehr abstrakt.
Doch der hier ist interessant: eine Ausnahme kann dann erfolgen, wenn ein gesetzlich nominiertes Interesse des Nutzers, also in dem Falle des Fotografen, besteht. Das wäre beispielsweise in Auftrag gegebene Fotografie, zum Beispiel auf Events und Hochzeiten, wo sich die Gäste im Vorfeld im Klaren sind, dass fotografiert wird. Oder darf auch jegliche Kunstform, wie zum Beispiel die Straßenfotografie, nicht durch die gesetzlichen Regelungen benachteiligt werden.
Wer sich aber „Künstler“ oder „Straßenfotograf“ nennen darf, das grenzt der Gesetzgeber nicht genau ein. Reicht es hier schon, ein Hobbyfotograf zu sein? Oder muss man ein Gewerbe nachweisen können? Ausstellungen, ähnliches? Und ab wann ist man ein Hobbyfotograf? In dem Moment, wenn eine Spiegelreflex um den eigenen Hals baumelt? Oder reicht dafür schon die Handykamera?
Schwierig, das ganze.
Nichtsdestotrotz, wenn jemand nicht oder nach ausdrücklicher Erlaubnis fotografiert werden möchte, gibt es da für mich keine Diskussionen. Es ist eben so. Der Fotograf kann es schade finden oder auch nicht, das ist zu akzeptieren.
Die Schweizerin Irene lebt in Indien. Während ihrer Zeit dort hat sie sich ausgiebig Gedanken zum Thema Fotografie im Allgemeinen und das Ablichten von Menschen gemacht. In ihrem Beitrag „Gedanken über das Fotografieren“ legt sie ausführlich da, warum sie das heimliche Ablichten von Menschen nicht akzeptabel findet…