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Meine skurrilsten Reisegeschichten, Teil II

Skurrilste Geschichten oder liebste Reiseerinnerungen? Ich finde, die Grenze zwischen beiden ist oft sehr dünn. Allein deshalb, weil wir uns an Dinge, über die wir später lachen konnten, wohl intensiver erinnern, solche Momente sind mit viel Emotionen bepackt und ergeben die lustigsten Reisegeschichten. Auch bei mir ist da die Grenze eher fließend, wie die Story über den Stalker in polnischen Lowicz zeigt. An sich war an diesem Erlebnis nichts Schönes dran, doch wenn ich daran denke, wie ich ihn schließlich verjagt habe, muss ich schmunzeln. Selbst ist die Frau…

Mit diesen Beitrag möchte ich an gleich zwei Blogparaden teilnehmen. Zum einem hat Inga von Wanderlustig eine Fotoparade unter dem Motto „Meine liebsten Reiseerinnerungen“ ins Leben gerufen, mit welcher sie dazu animieren möchte, das Fernweh an den Hörnern zu packen und mit den liebsten Reisebildern dagegen anzugehen. Ich hatte dazu bereits einen Beitrag verfasst und hoffe, dass ich mich mit einem zweiten noch „dazu schmuggeln“ darf. Die Fotoparade läuft auf unbegrenzte Zeit.

Und dann hat die liebe Kathleen von „Immer auf Reisen“ ihr Roundup gestartet, das da lautet: „Was ist eure verrückteste Reise?“ Es ist Kathleens erste Blogparade, und da ich erste Male liebe, möchte ich unbedingt mitmachen. Gut, es ist bei mir mehr als nur eine Reise; nichtsdestotrotz hoffe ich auch hier, mich irgendwie durchzumogeln 😉 Die Blogparade läuft noch bis Ende März, mal sehen, was alles an interessanten Beiträgen noch zusammen kommt.

Der Stalker in Lowicz

Polen, Mai 2016

Es war an einem wunderschönen Sommertag irgendwo in Polen. Gut, es war nicht irgendwo: Lowicz, ein kleiner, im Ausland eher unbekannter Ort, war Schauplatz der Geschichte. Dieser Ort gilt als Folklorezentrum des gleichnamigen Bezirkes und hier wollte ich mir am Feiertag das Lowiczer Folklorefestival anschauen, wo bunte Trachten, Tänze und traditionelle Gesänge präsentiert werden. Es gibt noch vielerlei weitere Attraktionen wie Gebäck an einer Schnur oder bunt bestickte Servietten zu kaufen. Und als Attraktion zu werden sind in jedem Falle die außen unscheinbaren, innen jedoch prächtig geschmückten Lowiczer Kirchen.

Eine dieser Kirchen schaue ich mir nun an.

Und als ich so durch die Räume gehe, mal hier und mal da einen Blick werfend, da fällt er mir auf, dieser seltsame Mann, der sich wie von Zauberhand immerzu in demselben Raum einzufinden scheint wie ich. Und nein, hier handelt es sich eindeutig nicht um das wahrgewordene Jesuskind oder einen der Pfarrer, der mir seelischen Beistand spenden möchte. Es ist einfach nur ein seltsamer Geselle.

Jetzt muss ich dazu sagen: ich bin sehr aufmerksam, was meine Umgebung betrifft, und sehr empfindlich im Bezug auf Stalking. Empfindlich bis hin zur leichten Paranoia. Und da ich das weiß, stelle ich zunächst mal den reinen Zufall als Möglichkeit in den Raum. Deshalb versuche ich, diesen Menschen unauffällig abzuschütteln. Kann ja sein, dass er in dieser überschaubaren Stadt denselben Sehenswürdigkeiten folgt wie ich.

Ich wechsle den Raum. Dann wechsle ich die Kirche. Und als mein Schatten auf Schritt und tritt auffällig in meiner Nähe bleibt, ist mir die Sache schließlich klar.

Der hat sie an der Latte.

Auf dem großen, zentralen Platz kommt es dann zum Showdown. Was bei Stalkern hilft, ist immer die Offensive. Tritt selbstbewusst auf und mache sie vor anderen blamabel. Lass sie wissen, dass du nicht alleine bist, halte dich da auf, wo viele andere Menschen sind.

Zunächst spreche ich ihn an, in der Hoffnung, dass er ertappt verschwindet. Irgendwie scheuen sich wohl die meisten von uns, von jetzt auf gleich auf Konfrontation zu gehen, zumindest geht es mir so. „Sagen Sie mal, folgen Sie mir etwa?“

„Und wenn es so wäre?“ Antwortet er und grinst schelmisch. Also, mein Guter, wenn es so wäre, dann hätte ich zumindest eine Einladung zum Tee oder zum Candle Light Dinner erwartet. Oder einen Kniefall und eine Liebeserklärung. Mindestens.

Aber jetzt ernsthaft, da kam mir leichtes Muffelsausen. Ich ließ ein Donnerwetter auf ihn nieder, mitten auf den Platz. Und damit ja keiner der Außenstehenden denkt, es sei ein Geplänkel unter Leuten, die sich kennen, wiederholte ich oft sehr deutlich: „Hören Sie auf, mir zu folgen! Ich kenne Sie nicht! Verschwinden Sie!“ Zudem fotografierte ich ihn mit meinem Handy und drohte mit der Polizei. Ich konnte es selbst nicht glauben, doch das half. Die Gegenwehr war gering und schließlich verzog sich der Mann. Zunächst unwillig, doch irgendwann war nichts mehr von ihm zu sehen. Ich konnte durchatmen.

Inwieweit ich mich gerne an dieses Erlebnis erinnere? Eigentlich nicht so gerne. Unliebsames möchten wir am liebsten sofort wieder vergessen, doch dieses zeigte mir ganz deutlich, dass ich stark bin. So ein Mensch kann mir nix.

 

Das flinke Großmütterchen

Pokhara, Nepal 2019

Die Stadt Pokhara liegt in der Annapurna-Region und ist insoweit touristisch frequentiert, da von hier aus zahlreiche Trekkingrouten starten. Auf meinem Rucksacktrip durch Nepal bleibe ich hier hängen.

Ich überlasse die ambitionierten Wanderer ihren hohen Gipfeln und beschließe stattdessen, meinerseits ein Mini-Gipfelchen zu erobern. Der „Berg“, den ich mir ausgeguckt habe, ragt auf circa 1113 Meter über dem Phewa-Tal. Nach nepalesischen Maßstäben gilt er als Maulwurfhügel.

Ach, was werde ich noch mit ihm zu kämpfen haben, mit diesem „Maulwurfhügel“!

Doch noch ist der Tag jung, ambitionierte Rucksackreisende hat sich ihr Frühstück in den Bauch geschaufelt und stampft munter los.

Jetzt ist Wandern an sich kein Problem, doch sobald ich die steiler werdende Treppe erreiche, die zur World Peace Pagoda führt, geht mir beim Aufstieg die Puste aus. Also stelle ich mich bereits nach kurzer Zeit unter einen Baum und „bewundere die Aussicht“. Die gleichförmigen Dächer von Pokhara. Toll.

Die World Peace Pagoda, auch Shanti-Stupa genannt, ist ein buddhistisches Denkmal, das auf dem Hügel als Symbol des Friedens errichtet wurde. Man hat von dort oben einen Rundum-Blick auf die höchsten Gipfel der Region und bei etwas Glück kann man einer buddhistischen Abendzeremonie beiwohnen.

Wie ich so unter meinem Baum stehe und „den Ausblick genieße“, kommt ein alte Nepalesin vorbei. Das Großmütterchen erblickt mein rotes, schweißgebadetes Antlitz, zieht ihre Schlussfolgerungen und winkt mich, mit ihr zu kommen. „Komm, komm!“ Sagt sie immer wieder, um mich zu motivieren und ich, froh über die unerwartete Gesellschaft, wackele hinterher.

Glaube ich zunächst, eine gebrechliche, alte Frau vor mir zu haben, so stellt sich das schnell als Irrtum heraus, denn unter der Verkleidung einer liebenswürdigen Omi verbirgt sich ein knallharter Drill-Inspektor. Immer weiter peitscht sie mich voran; entschlossen und mit einem nachsichtigen Lächeln im Gesicht akzeptiert sie keine faulen Ausreden und keine versteckten Pausen. „Komm! Komm!“ Kein „Aussicht gucken“ mehr…

Die Einkaufstaschen, die ich ihr aus Freundlichkeit abgenommen habe, wiegen immer schwerer. Währenddessen flitzt die Alte vorneweg, so leichtfüßig wie eine Bergziege.

Dann, endlich, die lang ersehnte Pause unter einem ausladendem Buddha-Baum. Die Brühe rinnt mir nur so aus allen Poren. Das Großmütterchen sieht noch sehr frisch aus. Schon nach kurzer Zeit geht es weiter, es gibt kein Pardon für meine brennenden Waden.

Schlussendlich werde ich erlöst. Oben angekommen, lädt mich die Frau zu sich nach Hause ein und ich lerne ihre Familie kennen. Sie wohnt auf einem Hang, umgeben von einem wunderschönen Gemüsegarten und saftiger Vegetation, und genießt tagtäglich den Ausblick auf das grüne, von Bergen umgebene Phewa-Tal. Immer wenn sie etwas braucht, seien es Lebensmittel oder sonstige Besorgungen, geht sie hinunter in die Stadt und dann denselben Weg wieder hinauf zu ihrem Haus. Das hält sie fit; sie ist wesentlich agiler als die meisten ihres Alters bei uns, die solche Aufgaben nicht zu bewältigen haben. Bewegung hält jung; ich habe noch nie eine solch fitte Achtzigjährige (?) gesehen…

Ich sitze vor ihrem Haus und lassen den Blick schweifen. Und obwohl sie nicht viel hat, bin ich leicht neidisch.

 

Der melancholische Tscheche

Prag, Tschechien 2018

Wo wir schon bei seltsamen, männlichen Zeitgenossen sind, so lasst mich noch diese eine Geschichte erzählen. Irgendwie passt sie zu diesem Kapitel.

Es war in Prag, wo ich mir an einem langen Winterwochenende die Sehenswürdigkeiten der Stadt anschaute. Und da die ganze Stadt eine einzige Sehenswürdigkeit ist und von Ecken, versteckten Orten und engen, verborgenen Gassen nur so strotzt, lief ich den ganzen lieben Tag umher und machte Strecke. So engagiert, dass mir die Blasen an meinen Füßen schließlich zu schaffen machten und ich am Ende des Tages mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück ins Hotel ging.

Als ich so vor mich hin laufe, die Strecke, die Füße und meine Schuhe verfluchend, löst sich plötzlich ein Mann aus dem Schatten und kommt auf mich zu. Er hat schütteres, blondes Haar, stahlblaue Augen und ein ernstes, melancholisches Gesicht. Und bevor jetzt jemand an einen weiteren Stalker denkt, es wird noch seltsamer. Denn auch wenn den Tschechen eine etwas unterkühlte, distanzierte Art nachgesagt wird, manchmal sind sie für eine Überraschung gut.

So kommt der Mann auf mich zu und wie er vor mir steht, macht er den Mund auf und spricht mich auf englisch an: „Ich habe Sie eben da gehen sehen und ich wollte Ihnen nur sagen, dass sie eine wunderschöne Frau sind. Das ist alles.“ Dann dreht er sich um und geht wieder.

 

Der freundliche Londoner

London, Großbritannien 2018

Andere Länder, andere Sitten. Und die Briten sind, wie wir alle wissen, ein ganz spezielles, charmantes Völkchen. Als ich mit meiner Freundin Janine in London war, da wurden wir von ihrer Höflichkeit fast erschlagen. Egal, wohin wir uns begaben; sobald wir unentschlossen mit dem IPad in der Hand stehen blieben, um nach dem Weg zu schauen, wurden wir sofort angesprochen. „Do you need a direction?“ Das war so unglaublich herzerwärmend, dass ich bis heute gerne an diese Zeit in London denke. So wussten wir auch, dass wir jederzeit Hilfe bekämen, wenn wir Hilfe bräuchten.

Nach einer langen, intensiven Streetart-Tour am Vorabend unserer Abreise kippten wir (auf mein Anraten) je einen schönen, doppelten Whisky. Gegen die Müdigkeit, zur Entspannung und für einen besseren Schlaf. Blöderweise mussten wir noch mit der Metro zurück zum Hotel fahren, in den Bezirk Marylebone, und zwischendurch Janines Sachen abholen, die wir nach einem wilden Einkaufsrausch der Einfachheit halber in einem Pub zwischengelagert hatten.

So setzten wir uns in Bewegung, versanken im Untergrund der Tub und starteten den Versuch, die richtige Verbindung samt Gleis zu finden. Da wirkte schon der Whisky. Der doppelte. Wir kreisten orientierungslos umher. „Frag doch mal jemanden.“ Riet mir Janine.

Wir sprachen den nächstbesten, netten Herrn an. Er zeigte uns nicht nur, wohin wir uns begeben müssen, sondern betrat mit uns die einfahrende Bahn. „Ich fahre sowieso in die gleiche Richtung.“ Wir wussten nicht, ob das stimmte oder ob er, in der überaus fürsorglichen und freundlichen Londoner Art, einfach nur sicher gehen wollte, dass wir gut ankommen. Und darüber hinaus nichts anderes zu tun hatte.

Irgendwann verflog der Whisky und wir merkten, dass da was nicht stimmt. Die Stationen, die angesagt wurden, stimmten nicht mit den erwarteten Punkten überein. „Du…“ fing Janine an. „Ja, ich weiß.“ Sagte ich. Der Mann hatte uns gefragt, was denn unsere Endstation sei. Dass wir aber zuerst in eine andere Richtung fahren und Janins Einkäufe holen wollten, ging dabei irgendwie unter.

„Was machen wir jetzt?“

Und dann geschah etwas Seltsames.

Um den Mann nicht zu kränken, der uns den ganzen Weg über begleitet hat, und um ihn in der Gewissheit zu lassen, uns ausreichend geholfen zu haben (aber vor allem, um weiteren, langen Erklärungen aus dem Weg zu gehen…) steigen wir nicht aus, sondern fahren weiter zur unserer Endstation. Dort angekommen warten wir, bis die Bahn weiter gefahren ist, wechseln das Gleis und fahren wieder in die entgegengesetzte Richtung, zum Stadtzentrum. Das Ganze kostet uns in etwa eine Extrastunde. Aber was soll ich sagen: der Höflichkeit muss genüge getan werden…

Willst du noch mehr verrückte Reisen? Hier sind Teil I und Teil II…

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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19 Kommentare

  1. […] du noch mehr skurrile Reisen? Hier sind Teil II und Teil […]

  2. […] zwei Beiträge hat Kasia eingereicht – in Teil 1 und Teil 2 berichtet Sie von ihren skurrilsten Reisegeschichten. Von einer Odysee durch Paris über das […]

  3. Ein einzelnes Reiseerlebnis habe ich nicht – eher eine ganze Reise. Als ich grade mal so 18 Jahre alt war und grade mal den Führerschein hatte, kamen die anderen Jungs unserer Clique – wir waren damals 5 Jungs – auf die Idee zum Nordkap zu fahren. Die Idee war gut – nur wie? Ein Campingmobil musste her, denn zu viert (einer der Jungs bekam während der geplanten Zeit keinen Urlaub) wäre das fahren und übernachten in PKWs keine Option.
    Autobörsen im Internet gab’s damals noch nicht – also wurden Samstand Abends die Tageszeitungen mit dem Anzeigenmarkt für Autos durchstöbert. Ein „echter“ Camper war für uns zu teuer – wir waren ja fast alle noch in der Ausbildung. Deshalb warf jeder 450,- DM in den Topf. 1.800,- DM – da war nicht viel mit zu reissen. Also mussten weitere Abstriche gemacht werden. Wir wurden bei Unfallfahrzeugen fündig: ein von der Post ausrangierter VW Bus T2 mit Hochdach, Frontschaden, 6 Monaten Rest-TÜV und knapp 200.000 Km Laufleistung war genau unser Ding – bzw. das, was in unser Budget passte. Also hingefahren, angeschaut – der Frontschaden schien reparierbar – und gekauft.
    Beim ersten fahren merkten wir schon: das Auto wird keine Geschwindigkeitsrekorde brechen. Von den vormals 50 vorpreschenden Pferden waren sicher schon 15 an Altersschwäche verendet – die restlichen standen bereits für den Abdecker an.. Das war aber ganz gut, weil die Trommelbremse keine wahrnehmbare Wirkung hatte. Man muss tatsächlich sagen, dass der mit dem Hochdach ausgestatete Bulli dank dem CW Wert einer Kirche alleine schon durch den Luftwiderstand eine höhere Bremskraft hatte als die eigentlich verbaute aber eher rudimentäre und von VW vorgesehene technische Lösung.
    Doch das war uns egal – für uns war es das fast schönste Auto der Welt (naja, Liebe macht halt blind).
    Norbert hatte einen Platz in der Einfahrt seines Elterhauses wo von nun an von uns in jeder freien Minute gewerkelt wurde, denn der Abfahrtstermin kam unaufhörlich näher. Der Unfallschaden wurde mit einem Vorschlaghammer und viel Prestolith „behoben“ – aber irgendwie nicht so ganz nach den Reparatur-Vorgaben von VW, denn der neue Scheinwerfer strahlte doch eine ganze Ecke nach Rechts. Unser Auto hatte also einen ziemlichen Silberblick, dazu kam, dass wir das Prestolith überlackieren wollten, damit nicht jeder sofort einen schlecht restaurierten Unfallschaden sah. Beim Farbton vergriffen wir uns aber total, weshalb die verunfallte Seite aus sah, als würde der Wagen eine Augenklappe tragen.
    Als nächstes war der Innenausbau dran. Die serienmäßigen Paketregale flogen raus – dafür zimmerten wir herrlich wackelige Lagerregale aus Holz. Ebenso eine Platte, die Nachts auf die hinteren Radkästen gelegt wurde um eine Schlafstätte für uns zu haben. Als Proviant hatte Willi vom Bund EPA besorgt, natürlich ergänzt durch den obligatorischen Camperfrass: Ravioli in Tomatensauce. Zum kochen kam der Bundeswehr Esbit-Kocher zum Einsatz, ebenso das Eßgeschirr und das 3in1 Besteck. Dann noch eine Kiste Cola, sowie Sprudelwasser und ein 20 Liter Kanister Trinkwasser zum waschen – die Reise konnte losgehen.
    Naja fast. Vorher wollten wir dem Wagen noch eine Inspektion verpassen. Ölwechsel, Kerzenwechsel, Bremsbeläge, Auspuff abdichten (denn der schnatterte wie eine Gans auf Speed). Bremsbeläge waren kein Ding. um den maroden Auspuff eine Rolle Auspuffkit gewickelt – auch fertig, Ölwechsel – Wanne unter die Karre Schraube raus und lass laufen – aber die Kerzen… Manno, die machten uns fertig. 3 liessen sich relativ leicht wechseln aber die 4. war so verbaut, dass wir nicht dran kamen. Also blieb sie drin. 3 neue Kerzen sind ja auch nicht schlecht. Leider war ausgerechnet DIE Kerze wohl noch nie gewechselt worden aus den genannten Gründen. Das äußerte sich in sporadisch auftretenden, aber herrlich Nachbarschaftserfreuenden Fehlzündungen.
    Am Tag der Abfahrt musste noch ein Freund absagen – seine Gesellenprüfung fiel genau in unsere Reisezeit – und wir konnten unseren auch nicht mehr verschieben. Also machten wir uns nur zu Dritt auf die Reise zum Nordkap – mit nichts weiterem wie etwas Bargeld, guter Laune, Neugier auf das Abenteuer und auch einem ganzen Sack Mut..
    Die vormals beschriebene Motorschwäche machte sich leider nun Außerorts zunehmend bemerkbar. Dies äußerte sich vor allem unangenehm auf der Autobahn: selbst wenn man das Gaspedal ganz durchtrat, blieb die Nadel wie angewurzelt bei 80 Km/h stehen. Und was wissen wir? KEIN LKW fuhr damals 80 auf den Autobahnen. Nette aufmunterne Gesten mit der Faust waren deshalb die Regel, wenn ein Brummi nach kilometerlangen hinterherschleichen im Überholverbot endlich an uns vorbei brettern konnte. Wir vermieden es deshalb auch auf Raststätten zu übernachten auf denen auch LKW-Fahrer nächtigen wollten.Unser schielender „Käptn Einauge“ war denn doch zu auffällig – und wir wollten nicht Nachts geteert und gefedert werden..
    Den ersten Tag fuhren wir mit einigen Pinkelpausen und noch mehr Tankpausen – wir merkten jetzt, dass unser VW obschon mangelnder Leistung kein Kostverächter war. Aber bei der windschnittigen Form eines aufrecht stehenden Ziegelsteins war das ja auch kein Wunder. Unser Ziel war Puttgarden um dort mit der Fähre zuerst nach Rödby in Dänemark und dann im nächsten Step von Helsingør-Helsingborg nach Schweden überzusetzen. Ttsächlich kamen wir pünkl….
    Ach Gott.. ich schreib mich schon wieder fest.. ich wollte doch nur vorbei kommen und guten Abend sagen.. 😉
    CU
    Peter

    1. Sehr geil, die Geschichte, einfach genial! Ich habe so gelacht (an manchen Stellen nur, versteht sich…). Sei doch mal ehrlich, das ist was, woran man sich immer erinnert. Es muss nicht klug sein oder gut durchdacht, oder auch nur vernünftig, Hauptsache man hat überhaupt erst den Anfang gemacht. Später in unserem Leben denken wir so viel nach. Vielleicht, weil wir zu weit vorausschauen können (die Erfahrung) und zu viel wissen. Vielleicht ist es ein Segen, nicht zu viel zu wissen. Wie die Jugend.

      Und? Wie ist es ausgegangen? Seid ihr zum Nordkap gekommen? Hat alles geklappt? (Jetzt musst du dir vorstellen, wie ich mit groß-glänzenden Äuglein und in die Hände aufgestütztem Kinn auf die Fortsetzung der Erzählung warte…) 😉

      Liebe Grüße
      Kasia

  4. Das sind die besonderen „Beigaben“ beim Reisen … Menschen 🙂

    1. Ja, es sind die Menschen – ob Mitreisende oder welche, denen man unterwegs begegnet – die das Leben erst lebenswert machen. Und dank denen eine Geschichte überhaupt erst erzählenswert wird.

      Liebe Grüße
      Kasia

    2. Hi Kasia,
      ich will mal nicht so sein und unsere Reise weiter erzählen.. also setz dich mal bequem hin.. Hände in den Sch0ss wie es ein artiges Mädchen macht und hör zu, was Opa zu erzählen hat… {Blende zu – Blende auf – wir sitzen wieder im Auto auf der Autobahn}
      Wie bereits im ersten Teil erwähnt, war unser Bus nicht das schnellste Gefährt auf der Autobahn. Bergab überholten wir die LKWs (da spurtete unser Käpt’n Einauge wie ein junges Fohlen) – bergauf schoben die Brummies uns quasi über den Berggipfel – so nah waren die durch das Heckfenster zu sehen. Um nicht noch mehr Zeit durch den im Rhytmus von 2 Stunden abgesprochenen Fahrerwechsel – durch anhalten auf der Autobahn und langsam wieder auf Geschwindigkeit kommen – zu verlieren, gingen wir dazu über den Fahrerwechsel während der Faht durchzuführen. Ja, Du hast richtig gehört: „WÄHREND DER FAHRT!“
      Das war damals leichter als Heutzutage. Schalensitze, Kopfstützen, Sicherheitsgurte oder ähnlichen überflüssigen Tand gab es ja nicht. Autofahren war damals tatsächlich noch Abenteuer pur. Also was für wahre Männer wie uns. Dazu passte auch, dass die Heizung im Auto nicht funktionierte. Dass dies spätestens beim erreichen der arktischen Zone bei uns für Verstimmung sorgen würde war uns aber am Anfang unserer Reise noch nicht klar..
      Doch zurück zum Fahrerwechsel – einer akrobatischen Übung der verkehrstechnischen Art (sicher gibt es auch im Kamasutra eine Stellung, die der ziemlich gleichkommt).
      Während also der Fahrer, während er lenkte langsam vom Fahrersitz in Richtung des Innenraums rutschte, erhob sich die Ablösung langsam vom Beifahresitz und fasste ebenfalls schon mal mit der linken Hand das Lenkrad an – wobei dabei gleichzeitig mit dem rechten Fuß am lang ausgestrecktem Bein das Gaspedal durchgetreten wurde. Nachdem der Fahrer vom Sitz gerutscht war und sich nach unten fallen liess rutschte der neue Fahrer aus der seltsamen Stellung auf den Sitz und übernahm..
      Je häufiger wir das machten, umso mehr Übung hatten wir darin. Am Ende der Reise dauerte es nur noch einen Wimpernschlag..
      So fraßen wir in gemütlichem Reisetempo Autobahnkilometer um Autobahnkilometer. Auf der Fehmarsund-Brücke hatte ich als Fahrer meinen ersten Schreckmoment: Mitten auf der Brücke zog der Wagen plötzlich nach links. Ich steuerte in die andere Richtung – der Bulli fuhr weiter nach Links. Ich steuerte noch weiter nach Rechts – der Wagen fuhr weiter nach links..
      Glücklicherweise hatte ich bereits den Fuß vom Gas genommen, so dass die Geschwindigkeit eher auf dem Niveau eines Spaziergängers war..
      Urplötzlich war der Spuk vorbei und der Wagen schoss nun natürlich in die Richtung, in die ich gelenkt hatte.. auch hier war das nun eher beschauliche Tempo der beste Unfallverhütungsschutz.
      Tja, das mit dem Seitenwind auf der Fehmarsundbrücke hatten wir irgendwie nicht auf dem Schirm – später sah ich aber, dass es sogar Warnhinweise dazu gab.
      Ohne weitere Zwischenfälle, die sich unangenehm auf den Blutdruck auswirkten erreichten wir die Fähre und setzten im ersten Hop nach Dänemark über.
      Hier fühlten wir uns schon quasi wie Christoph Columbus als er den ersten Fuß auf amerikanischen Boden setzte. Alles war neu, musste entdeckt werden..
      to be continued…

      1. Oh man, das ist ja Abenteuer pur! Ich musste eben herzlich lachen; den Fahrerwechsel kann ich mir richtiggehend bildhaft vorstellen! Was für eine Geschichte… Und wie, keine Fahrergurte…? Heute würde der TÜV die Hände über dem Kopf zusammenschlagen…

        Willst du nicht mal ein Reisebeitrag zu dem ganzen Abenteuer schreiben? Erzählstoff genug hättest du ja… „Unsere verrückte Fahrt zum Nordpol“ oder so ähnlich 😉 „Der Einäugige im Glück…“ o.ä. Das sind Dinge, die erlebt man heutzutage fast nicht mehr…

        Liebe Grüße
        Kasia

        1. Ach, ist ja doof.. jetzt habe ich unter dem falschen Thread kommentiert. Kannst Du das Geschreibsel von mir verschieben?
          Naja, das mit den Reiseberichten überlass ich mal der Profi:teuse.. 😉
          Du kannst das echt voll viel besser als ich blutiger Amateur:esse..
          Und das mit dem Abenteuer stimmt. Manchmal ist es viel aufregender mal einfach so durch die Weltgeschichte zu reisen und zu improvisieren, anstatt als Pauschaltourist alles bereist fertig vorgekaut und häppchenweise serviert zu bekommen. Dann kann ich mir auch gleich einen Reisebericht im Fernsehen anschauen..
          CU
          Peter
          (P.S. Und wie Du vielleicht merkst werde ich mich jetzt standhaft dem Genderschwachsinn verweigern und JEDES Wort verhunzen) 🙂

          1. sagt:

            Oh, das werden dir die Gender*innen aber übel nehmen… 😉

            Ja, gut, ich bin nicht grundsätzlich gegen das Pauschalreisen. Es macht einiges einfacher. Aber eben weil es einiges einfacher macht, hinterlässt die Reise weniger Eindruck als wenn man sie sich „erkämpft“… das ist, was ich bei mir schon mehrmals feststellen musste.

            Verschieben, puh… ich habe eben geschaut, ich kann den Kommentar an sich zwar bearbeiten (zum Beispiel die verhunzten, nicht gender-konformen Worte korrigieren… *grins*), aber das will ich nicht… Oder es gibt die Option, Kommentare in den Papierkorb zu VERSCHIEBEN, das ist auch keine Option… aber in einen anderen Tread, die Möglichkeit sehe ich bei den Einstellungen nicht… Ich bin aber auch nicht so wordpress-affin wie du, lieber Nerd 😉 bitte sehe es mir nach…

            Liebe Grüße
            Kasia

  5. Das sind ja wieder wunderbare Geschichten, die du uns da präsentiert hast! Ich habe sie sehr genossen, auch wenn du über die Stalker-Story sicher erst im Nachhinein so nonchalant berichten konntest. Klasse ist das Ergebnis dieses Erlebnisses: du bist dir deiner Stärken bewusst geworden.

    Am liebsten mag ich die Geschichte mit der fitten Nepalesin. Und natürlich spielt bei meiner Auswahl auch eine Rolle, dass ich den Weg zur World Peace Pagoda kenne und auch hochgelaufen bin – nur eben ohne einheimische Motivatorin ?. Und ja, der Weg hat es in sich, wenn man diese Steigungen nicht gewohnt ist.

    Was die London-Story betrifft, so hätte ich an eurer Stelle sicher genauso gehandelt, um dem edlen Retter nicht vor den Kopf zu stoßen.

    1. Oh London 🙂 Da bin ich froh, dass nicht nur wir so übertrieben nett sein wollten, dass wir im falschen Zug sitzen geblieben sind… Der Spruch „ich bin im falschen Film“ hätte da ja gepasst.

      Der Stalker hing mir noch eine Weile nach; die Erfahrung, dass jemand so klebrig-hartnäckig sein kann, fand ich beängstigend. Ich habe so etwas auch noch nie zuvor entdeckt. Bestimmt hat die Zeitperspektive dabei eine Rolle gespielt. Bei sehr unangenehmen Erlebnissen versuche ich, sie erst einmal zu verdrängen und gar nicht darüber zu reden oder zu schreiben. Da schwingt wohl die Angst mit, selbst etwas falsch gemacht zu haben.

      Die Nepalesin war der Hammer. Die Leute dort in den Bergen sind super trainiert. Allein schon, wenn man sieht, was für Lasten sie auf ihrem Rücken in großen Höhen tragen können, wo unsereins schon ohne Gepäck ins japsen kommt.

      Das hat mich so motiviert, dass ich nach meiner Heimkehr beschloss, alle (niedrigeren, bis 1000m) Gipfel Deutschlands zu stürmen. Man, was bin ich ehrgeizig, oder? Anzahl bisher erstürmter Gipfel: 0…

      lg Kasia

      1. @Stalker: kann ich gut nachvollziehen. Solche Aktionen dränge ich auch lieber erst einmal in den Hintergrund. Weniger, weil ich denke, selbst was falsch gemacht zu haben. Eher will ich mein Unwohlsein und auch ein wenig Angst wegdrängen, weil ich mich sonst weniger trauen würde, künftig was auch immer zu unternehmen oder zu wagen.

        @Gipfel: was nicht ist, kann ja noch werden!

        1. Mal schauen, mit den Gipfeln!
          Solch unangenehmen Erlebnisse geben mir schon irgendwo das Gefühl, die Situation nicht so kontrolliert zu haben, wie ich es gerne gehabt hätte. Dann beginnt das Kopfkino und man spielt die Szene wieder und wieder ab, mit jeweils unterschiedlichem Ausgang. Anstrengend, dann lieber verdrängen 😉

  6. Also irgendwie hast du eine Anziehungskraft bei Männern ! ist doch schön wenn man so begehrt wird und solche Geschichten zu erzählen hat. Ich finde das amüsant und in einer kritischen Lage warst du ja nicht ! Die ganzen Begegnungen sind ja nicht nachts passiert !
    Warum werden wir Männer eigentlich nicht von Frauen verfolgt ?? Also ich kenne auf jeden FAll keinen !
    Ja die ältere Dame hat es dir gezeigt wo es langgeht. In diesen Regionen zu wohnen und zu leben, da muss man schon fit sein und hart im nehmen !!!
    Auf jeden Fall tolle interessant Geschichten und ja ich als „Nichtleser“ lese sie, warum ? Weil sie mich interessieren ganz einfach !!!! LG Manni

    1. Hallo lieber Manni!

      Ja, auf manche Begegnungen hätte man gut und gerne verzichten können, manche hingegen waren ganz amüsant. Doch, nachts war auch mal was, mir ist einmal spät Abends ein Typ gefolgt und wollte sich unterhalten. War aber harmlos 🙂

      Die ältere Dame, also ich vermute, sie war ein Navy Seal in verdeckter Operation 😉 Im ernst, sie war richtig fit und gut drauf. Ich habe an dem Tag aus dem letzten Loch gepfiffen… *lach*

      Schön, dass dir als Nichtleser meine Geschichten gefallen, das ist ein großes Kompliment 🙂 Danke!

      Liebe Grüße
      Kasia

      1. sie sind einfach nur schön und amüsant zu lesen !!! LG Manni

  7. Danke dir für den Hinweis auf meine Challenge.

    Auch bei meinen Reisen war nicht immer alles ideal. Wenn es dich interessiert, schau doch mal hier:

    https://wanderlustig2019.wordpress.com/2019/01/17/reisepech-das-wetter/

    1. Danke, das mache ich 🙂

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

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