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Spannend oder ermüdend? – Die Sache mit den Details

Feedback von meinem Freund

Ein neuer Beitrag ist raus. Wie immer, warte ich auch diesmal auf ein Feedback meines Freundes, der am Rechner sitzt und liest. Unauffällig verlasse ich den Raum. Um dann, ebenso unauffällig, den Platz hinter ihm auf der Couch wieder einzunehmen. Ein Blick über die Schulter sagt mir, dass er längst fertig gelesen hat und mit was anderem beschäftigt ist. Bis auf eine kleine Korrektur bezüglich einer Größenangabe (die Baseler Museen tummeln sich selbstverständlich auf 39 Quadratkilometern, nicht auf 39 Quadratmetern…) scheint er nichts zu sagen zu haben.

Bis ich schließlich nachfrage. Ich fand meinen Beitrag nämlich gut. Wie man sich so selber gut findet. Meistens jedenfalls.

„Du hast zwei Tage Reise in einen Beitrag gepackt.“ Sagt er sinngemäß. „Normalerweise kenne ich es von dir, dass du sehr ausschmückst. Du kannst sonst immer aus einem Nachmittag eine ganze Geschichte machen.“

Bähm. Da war es, das Feedback.

„Vermisst du sie, die Details?“ Frage ich. Er sagt: ja.

 

Die Sonne scheint, das Gras ist grün…

 

…und die Vögel bewegen sich in langen Linien am Himmel entlang. Die Wellen plätschern und zarte Wolken hängen…

Na, könnt ihr sie schon riechen, die See, und die Farbe des Himmels sehen? Die Möwenschreie über euren Köpfen hören? Passt bloß auf euer Fischbrötchen auf! Und bähm, ist da plötzlich auch ein leckeres Fischbrötchen in eurer Hand. Vielleicht so ein saftig leckeres wie das, welches ich in Glowe auf Rügen vor zwei Jahren gegessen habe?

Ich kann euch das Bild bis ins kleinste Detail ausmalen. Ich kann euch die Szene ausschmücken, bis ihr wisst, welche Farbe das Fell der Ratte hat, die gerade zwischen den Steinen verschwindet. Ich kann euch die bunten Punkte auf dem Fisch unter Wasser zählen oder die Schritte der Krabbe, die sich an euch vorbei stiehlt. Ich kann euch mit Details quälen, die reicher sind als die Gemälde von Botticelli. Das alles kann ich. Doch dabei gibt es ein Problem.

 

Bewegtes Bild, kein Standbild

Die Sonne scheint, das Gras ist grün. Meistens bemühe ich in mir bekannten Szenen (Deutschland- oder Europareisen durch Länder, in denen ich bereits war) die meteorologischen und botanischen Eigenheiten um mich herum. Um eine Situation zu umschreiben, in welcher echte neue Eindrücke fehlen (neue Art von Landschaft, eine neue Kultur oder Sprache der Menschen…), wird das Offensichtliche für die Darstellung herangezogen.

Ist mir selbst das Altbekannte nicht spannend genug, etwa weil sich Geschehnisse in meiner Heimatstadt abspielen, die ich in und auswendig kenne und die mir einfach keine neuen Reize mehr bietet, so lasse ich die Geschichte etwas schneller laufen. Spule das eine oder andere vor. Wen interessiert es, was im Detail am Parkplatz des Wohnmobilvermieters besprochen wurde oder dass mir an diesem Tag das Licht zu gleißend war und die Sonne zu hell schien? (…ist kein Witz…) Wen interessiert es, was im Einzelnen wir an Bord geladen hatten und warum? Dafür gibt es Packlisten, auch für Wohnmobilreisen… Und wem interessiert es, dass es am Rhein Neckar Zentrum einen kleinen Markt gab mit leckeren, gerollten Pfannkuchen? Inwieweit beeinträchtigt es die Geschichte?

Eben. Gar nicht. Daher lasse ich uns zügig aufsitzen und über Freiburg in Richtung Schweiz fahren. Erst ab Basel wird es interessanter.

Denn ich will euch mit alledem, mit all dem Reichtum der Möglichkeiten einer Beschreibung nicht langweilen. Ich will euch ein Bild malen, doch es soll kein Standbild sein. Es soll dynamisch sein, sich bewegen. Die Geschichte muss vorwärts gehen, the show must go on. Viele Einzelheiten kleiden aus, doch sie halten auf.

 

Von… bis… Die bunte Palette der Erzählungskunst

„Wir stiegen in den Wagen. Sachte klopfte ich den Sand von meinen Schuhen ab. Die Einkäufe waren getätigt, die Schränke des Wohnmobiles eingeräumt. Ein lautes Zuschlagen der Türen kündigte einen neuen Abschnitt an: die Reise konnte beginnen.“

Das wäre dann die Bewerbung für den Pulitzerpreis.

Kleiner Scherz. Nur eine überspitzte Verdeutlichung, um aufzuzeigen, was ich meine. Das genaue Gegenteil davon wäre wohl folgender Satz: „Wir waren mit dem Wohnmobil in Italien. Es war schön.“ Zack, fertig, Geschichte erzählt. In zwei Sätzen. Keine vorbeirauschenden Bäumchen, keine entlang jagenden Wölkchen. Kurz, knackig. Kein Gedöns.

Doch dazwischen gibt es eine ganze, bunte Palette der erzählerischen Kunst.

Ich kenne viele Blogs. Ich kenne Erzähler, die wie mit Pinselstrichen Erzählungen malen. Bei denen jedes Wort stimmt und wo es sich anhört, als hätten sie ihr Lebtag nichts anderes gemacht, als zu schreiben. Alles ist in sich stimmig und ich fliege mit der Geschichte davon. Schließlich bleibe ich an einem solchen Blog hängen und lese selbst über Orte, die mich an sich nicht so sehr interessieren. Was solche Orte nun wieder spannend macht, ist die Art, wie der Autor über sie schreibt. Das sind mir persönlich die liebsten Blogs.

Ich kenne welche, die mit Witz arbeiten und ihre Erlebnisse dadurch lebendig machen. Wo du als Leser immerzu grinsen oder prusten musst, und gleichzeitig miterlebst und mit-leidest, denn die beste Freude ist, Achtung… ja, es ist oft die Schadenfreude. Doch auch, sich mit dem anderen zu freuen. Witzige Blogs lesen sich leicht und sie machen Mut.

Manche Blogger schmücken ihr erlebtes Bild so aus, bis es völlig einfriert und man sich vor lauter Umschreibungen fragt, wann endlich etwas passiert. Zu Anfang mag das interessant wirken, doch irgendwann zieht sich eine solche Erzählung wie zäher Kaugummi dahin. Sie sind das ziemliche Gegenteil der witzigen Blogs.

Es gibt Autoren, die sich auf das praktische konzentrieren. Deren Beiträge nur so vor (Geheim)tipps strotzen. „Wenn du in Stadt XY bist, dann kannst du folgende Dinge unternehmen…“ „Du kannst die oder jene Route wählen und da in der Ecke gibt es dieses Cafe…“ „Restaurants empfehle ich dir folgende… und dies ist dein Ticket für eine Rundfahrt, das bekommst du an Stelle Z.“ Diese Art Beiträge lese ich mir durch, wenn ich meine Reise plane und nach handfesten Tipps suche. Ich lese sie mir nicht durch, wenn ich mich einfach nur berieseln lassen will. Oder inspirieren. Ich bin voller Bewunderung für Menschen, die mit einer Engelsgeduld all ihr Wissen befragen und all die Tipps zusammensuchen, um daraus einen Beitrag zu machen, der anderen Hilft. Denn ich hätte selber keinen Nerv dazu. Doch inspirieren mich solche Artikel nicht. Denn wenn ich auf sie stoße, dann bin ich meist schon mitten in Planung und weiß, wohin ich will.

Und dann kenne ich welche, wo ich beim Lesen bereits nach kurzer Zeit schon in Gedanken in alle anderen Richtungen schweife. Solche Geschichten lesen sich in etwa so: „Wir sind aufgestanden, gingen runter. Das Frühstück im Hotel war super. Es gab Eier, Crepes und Butter auf Toast. Wir gingen die Straße lang und da war diese Statue. Keine Ahnung, von wem. Ich hab sie hier mal fotografiert. Dann kamen wir an diese Kirche. Am Eingang war eine lange Schlange und man musste anstehen.“

Na, auch schon gedanklich abgedriftet? Ein solcher Text ist gespickt mit Belanglosigkeiten, die keiner wissen will und die einem keinen wirklichen Eindruck vom jeweiligen Land vermitteln, von der Stimmung vor Ort. Die die Aufmerksamkeit festhalten. Und was ich häufig an dieser Art Erzählungen feststelle, das ist der gravierende Mangel an Hintergrundinformationen.

 

Kein Hintergrundwissen? Informier dich!

Ich habe zur Anfang auch so geschrieben. Zum Beispiel hatte ich -zig Beiträge über Florenz verfasst und die Medici mit keinem Wort erwähnt. Oder einen Ort umschrieben, ohne auf seine Geschichte auch nur in zwei Sätzen einzugehen. Inzwischen stört mich das selbst und ich überlege, die alten Geschichten zu überarbeiten. Aber vielleicht lasse ich sie auch so, wie sie sind – als Indiz dafür, wie sich so ein Blog im Laufe von Jahren (weiter)entwickeln kann.

Die Sache mit den Hintergrundinformationen ist ein wenig tricky und dies ist eigentlich ein Exkurs von der Hauptthematik, den Details.

Mit Hintergrundwissen wird man nicht geboren und es wird keinem in die Wiege gelegt. Viele haben die unbändige Neugier, sich über ein Land, in das man reist, genaustes zu informieren, um dann jeden Stein vor Ort mit Namen zu kennen. Ich hingegen habe es lange Zeit bevorzugt, unvoreingenommen und neutral, ohne die sogenannten Fakten, an einen Ort heran zu gehen. Hintergrundwissen kann die Art beeinflussen, wie man ein Land, eine Stadt erlebt. Das kann manchmal gut sein, zum Beispiel bei geschichtsträchtigen Städten wie Jerusalem. Doch es kann auch schlecht sein, wenn man zu viel liest und schließlich überhaupt erst Angst hat, ein solches Land zu bereisen. Gut informieren ist wichtig, zum Beispiel was die Sicherheitslage betrifft oder die Mentalität vor Ort. Doch all die Schreckensgeschichten, die einem oft begegnen, können auch ein falsches Bild vermitteln. Dort vor Ort leben auch nur Menschen. So wie wir.

Ich holte mir meist nur die für die Reise wichtigen Informationen im Vorfeld, doch über Hintergründe informierte ich mich gerne hinterher.

Warum hinterher? Ganz einfach: da hatte ich die Destination bereits gesehen und erlebt, hatte einen Bezug dazu. Details und Geschichte riefen bei mir mehr hervor als nur ein Schulterzucken und vieles, was ich vor Ort erlebte und nicht verstand, ließ sich im Nachhinein leicht erklären. Erleben, nicht studieren. Ein Land studieren kann man hinterher. Weil es sowieso anders sein wird als dich alle Informationen zusammengetragen darauf vorbereiten können. Und last but not least: eben jener erwähnte Bezug zu einem Ort war der Grund dafür, weshalb die Informationen schließlich länger hängen blieben.

Wenn du also nicht viel weißt über die Kirche, an der die lange Schlange wartet oder über die Statue, über die du in Dublin stolperst und die du kurz erwähnst, dann ist es nicht schlimm. Man muss nicht alles wissen. Aber irgendwann kommst du nach Hause und setzt dich an deinen Artikel. Und bitte, bis dahin solltest du recherchiert haben, ehe du mich mit solch belanglosen Sätzen quälst wie sinngemäß: Da war diese Statue, ich erwähle sie mal, aber ich kann dir nichts näheres dazu sagen. Doch, kannst du. Informiere dich.

 

Lang oder kurz? Was meint ihr?

Kommen wir zurück zum eigentlichen Punkt. Fakt ist: mein Freund fand meine Geschichten früher zu kurz. Als ich zu schreiben begann, hatten die Beiträge so um die drei- bis fünfhundert Wörter, dafür postete ich öfter. Als ich zu damaliger Zeit meine Kolleginnen mal fragte, sagten sie einstimmig, die Länge sei okay. „Was willst du dir ja auch aus den Fingern saugen, wenn die Geschichte zu ende ist, dann ist sie zu ende.“ Sagte eine von ihnen. „Man braucht es nicht in die Länge zu ziehen wie Kaugummi.“ Ich solle so bleiben wie ich vom Schreibstil her bin.

Aber man entwickelt sich weiter. Unweigerlich und unaufhaltsam.

Heute hat sich das so bei tausend- bis tausendvierhundert Wörtern eingependelt, wobei die Grenze bis zweitausend Wörtern nach oben verschoben werden kann (ab dreitausend mache ich dann doch lieber zwei gesonderte Beiträge draus…). Das meiste davon geht auf Umschreibungen eines neuen Ortes oder einer Situation zurück. Da flattert Wäsche im Wind und wippen die leeren Kinderschaukeln. Da knirscht der Kies unter meinen Schritten… und so weiter. Doch letztlich soll die Erzählung auch irgendwann zu ende sein, von zu langer Beschreibung werde selbst ich beim Schreiben müde.

Jetzt bist du als Leser gefragt: wie lang sollte ein Text für dich sein? Wie schlicht, wie ausgeschmückt? Magst du es praktisch orientiert oder lieber eine Erzählung? Dynamisch – oder den verdichteten Moment? Ich freue mich auf eure Kommentare!

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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4 Kommentare

  1. Gerne spannend, aber da bin ich auch noch am lernen
    LG Andrea

    1. Liebe Andrea, da scheiden sich die Geister 😉 Mein Freund mag es, wenn ich so viele Details wie möglich in meine Berichte einfließen lasse, doch manchmal mag ich es nicht, etwas „totzureden“. Es fällt mir leichter, auf vieles einzugehen, wenn es sich um ein Reiseziel handelt, an dem ich noch nicht war. Sind es Länder wie Schweiz oder Italien, schleicht sich gerne mal eine Art „Betriebsblindheit“ ein. Man denkt sich: das weißt doch jeder…

      Je länger du schreibst, umso leichter wird es dir fallen. Da gibt es keinen Trick, es ist einfach „learning by doing“… Wenn du das Bedürfnis hast, dir all die schönen Orte von der Seele zu schreiben, dann wirst du auch andere mitreißen 😉

      Lg Kasia

  2. Perihan Cinoglu says:

    Ausführlich wie möglich und viele Details bitte.lg

    1. Dankeschön meine liebe, ich geb mir Mühe 😉

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

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