Deutschland, Europa

Wandern in Ahrweiler

Bad Neuenahr-Ahrweiler ist ein kleines, verschlafenes Städchen in Rheinland-Pfalz, südöstlich von Bonn. Die Ahr-Region ist bekannt für gute Burgunderweine, grüne Reben, schöne Altstädte und Wandertouren, von denen die prominenteste wohl der Rotweinwanderweg ist. Das Schild „Rotweinwanderweg“ kann ich vom Balkon meines Zimmers aus erkennen, im Hotel Hohenzollern, wo ich residiere. Weit oben sitzt es herrschaftlich über der Stadt und bietet einen tollen Rundumblick übers Land. Nur das Wetter will sich nicht so recht entschließen. Ebenso wenig wie ich.

Komme ich raus? Bleibe ich hier? Schließlich, so gegen achtzehn Uhr, schultere ich meinen Rucksack und stülpe die Wanderschuhe über meine Füße. Draußen ist gerade Sonnenschein zu sehen, das hebt die Laune. Dann mal los.

Auf komoot gibt es einige schöne Wanderrouten zu fast jeder Region Deutschlands. Einen Abschnitt des berühmten Rotweinwanderweges spare ich mir, den würde ich sowieso heute nicht mehr schaffen. Dafür entscheide ich mich für einen kurzen Ausflug hinunter in den Stadtteil Ahrweiler mit seiner gut erhaltenen Altstadt. Eine Wanderroute führt mich quer über die Rebenhänge, an der Römervilla vorbei hinunter in die Stadt.

 

Der Weinbau-Lehrpfad

Über diesen stolpere ich praktisch sofort, ehe ich überhaupt losgelaufen bin. Der Weinbau-Lehrpfad ist circa 6,5 Kilometer lang und enthält auf seinem Weg Hinweise, Informationen und Wissenswertes rund um den Weinbau. Anbau, Erträge und die einzelnen Rebsorten werden hier behandelt, wie sich die Geschmacksnuancen unterscheiden und welche Geschichte hinter den Sorten steht. Doch der interessierte Wanderer kann auch etwas über die Herausforderungen des Weinbaus lernen, beispielsweise welche Schädlinge die Reben angreifen können. 31 Schautafeln helfen dem Wissen auf die Sprünge.

Zusätzlich bieten die Weingenossenschaften geführte Touren an, währenddessen die Teilnehmer bei der Weinlese mithelfen und Fragen rund um den Anbau stellen können. Abgerundet wird so eine Tour natürlich mit einer Weinprobe.

 

Die Ahrweiler Altstadt

Im nächsten Moment stehe ich inmitten von Fachwerkhäusern und präge mir all ihre interessanten Details ein, während der ruhige Abend Menschen in Cafes gelockt hat. Der Marktplatz ist voll, doch nur wenige sind Touristen. Die wenigen von ihnen, die da sind, schlendern ebenso fasziniert durch die irgendwie vergessene, aus der Zeit gefallene, kleine Stadt. Historische Weinstuben und Restaurants, Wappen aus dem fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert, über Türen und Toren im Mauerwerk verewigt.

Der Stadtteil Ahrweiler ist von einer alten Stadtmauer mit vier Toren umgeben, dem Ahrtor, dem Niedertor, dem Obertor und dem Adenbachtor. Empfehlenswert ist ein Rundumspaziergang innerhalb der Befestigungsmauer, denn zu jedem Tor gibt es interessante Hinweise zu lesen.

Und während Bad Neuenahr eher aus Hotels und Wellnessanlagen zu bestehen scheint, macht das kleine Ahrweiler einen noch recht unentdeckten Eindruck. Die Altstadt ist innerhalb der Mauern weitestgehend autofrei, was auch der Grund dafür ist, dass man sich sofort irgendwie entspannter, entschleunigter fühlt. Das Schauen über die Schulter entfällt, ebenso wie das hintergründige Rauschen des Verkehrs. Die Fachwerkhäuser am Markt sind original erhalten, die Schriften oben auf den Hauswänden und Balken sollen die Häuser und ihre Bewohner segnen, und in den Ahrwein-Probierstuben können beim Winzer schmackhafte Tropfen gekostet werden.

Manches herrliche der Welt
ist in Krieg und Streit zerronnen. 
Wer beschützet und erhält,
hat das schönste Los gewonnen.

Hier war der Bäcker, unverkennbar an der Fassade voller stilisierter Brezeln und Gugelhupfe, der Schneider, der Schuhmacher. Dort das Cafe. Die Verzierungen zeigen dem Besucher, wie reich die Stadt einst gewesen sein muss. Ich bin wie hypnotisiert, präge mir jedes Detail ein, damit mir ja nichts entgleitet.

 

Ahrweiler Stadtgeschichte

Die Ahrweiler Geschichte ist gleichzeitig die Geschichte von Bad Neuenahr.

Archäologische Funde deuten auf keltische Siedlungen auf diesem Gebiet, doch auch die Römer hatten irgendwie ihre Hände im Spiel. Die Überreste der Römervilla sind bis heute am Rande der Stadt erhalten.

Doch zum ersten Mal wird Ahrweiler im 9 Jahrhundert in Aufzeichnungen erwähnt. Mitte des 13 Jahrhunderts erhielt der Ort Stadtrechte, was kurz darauf den Bau der Befestigungsmauer zufolge hatte. Nachdem Ahrweiler kurz zuvor von Graf Gerhard von Landskron gebrandschatzt wurde, war das Bedürfnis nach Sicherheit und Verteidigungsmöglichkeiten entsprechend groß.

Im Verlauf der folgenden Jahre wurde die Stadt von Besitzer zu Besitzer, vom Bistümern bis Herzögen weiter gereicht oder auch im Zuge von Erbstreitigkeiten in kämpferischen Handlungen erobert. Pestpogrome 1348/49 löschten jüdisches Leben in der Stadt aus, welches rund zwanzig Jahre später zurückkehrte. Im 17 Jahrhundert wüten die Hexenprozesse, die mit der Verbrennung von des Bürgermeisters Frau ihren Höhepunkt finden.

Im Pfälzischen Erbfolgekrieg brennen französische Truppen bei ihrem Rückzug alles nieder, lediglich zehn Häuser überstehen den Brand.

Bis ins 18 Jahrhundert hinein ging das Tauziehen um die Zugehörigkeit der Stadt weiter, das heutige Bad Neuenahr-Ahrweiler gehörte lange Zeit verschiedenen Territorien an, 1815 unter anderem gehörte es zum Preußischen Reich.

1852 wurde der Apollinaris-Brunnen erbohrt und vier Jahre später die Heilquellen erschlossen und Kurbäder eingerichtet, die noch heute das Gesicht von Bad Neuenahr prägen. Der Tourismus entwickelte sich.

Erst im Jahre 1969 wurden die beiden Städte, Bad Neuenahr und Ahrweiler zu einer Stadt zusammengeschlossen.

 

Burg Adenbach

Interessant anzusehen ist die Burg, welches eigentlich keine echte Burg ist. Das Gebäude wirkt so aufgrund der nachträglich angebrachten Türme und Zinnen, doch ursprünglich war es Sitz des Ritters Kolf von Ahrweiler. Die Türme, welche dem Bau das Aussehen einer Burg verleihen, wurden erst 1903 angebracht.

 

Das städtische Brauhaus

Es gibt eine Stadtbrauerei, an die Stadtmauer gelehnt. Wie alle Gebäude, von denen Brandgefahr ausging, war auch das städtische Brauhaus nahe der Mauern errichtet worden. Das Brauhaus war an sich nichts Ungewöhnliches. Aber habt ihr gewusst, dass eine im Jahr 1786 erlassene Anordnung es jedem freien Bürger der Stadt erlaubte, sein eigenes Bier zu brauen? So konnte jeder Bürger dieses Brauhaus gegen Gebühr nutzen.

 

Die Valeriana

An den alten Steinen der Stadtmauer sehe ich ein symbolhaftes Bildnis der Valeriana. Die wild wachsenden Baldrianpflanzen waren das Sinnbild Valerianas, der Mauerfee, die als junges, zartes Mädchen erschien und vor Rissen und Schwachstellen im Mauerwerk warnte. Was wichtig war, denn in damaliger Zeit sahen sich wohlhabende Städte ständigen Angriffen ausgesetzt und mussten sich eins fürs andere Mal vor fremden Ansprüchen verteidigen. Wohlstand weckt Begehrlichkeiten, damals wie heute.

 

Entlang der Mauer

Nicht nur das Zentrum von Ahrweilers Altstadt ist sehenswert, es lohnt sich auch, die ruhigen Bezirke der Stadt abzulaufen. Hier, in den ruhigen Gassen und verschlafenen Ecken, wo das stillen Wasser eines Kanals das Licht des Abends spiegelt, wo unter der Wasseroberfläche flinke Fische zu sehen sind und wo mir ein eng umschlungenes Männerpärchen entgegen kommt, finden sich interessante Dinge. Wie die alte, schwarze Nähmaschine von Pfaff, die auf einer Bank draußen vor sich hin rostet und auf ein Nähsalon in der Nähe deutet.

Oder das Schild mit der Aufschrift „Provintial Feuer Versicherungsanstalt“, welches mich vor Rätsel stellt. Anscheinend gab es seinerzeit bereits so etwas wie ein Versicherungsschutz für Brände.

Doch das beste findet sich auf der Innenseite vom Ahrtor: ein Wurst, Steak- und Fleischwarenautomat. Diese geniale Idee ließ sich die örtliche Metzgerei Ropertz einfallen: wenn sich unerwartet ein Grillabend anbahnt, es ist Feiertag und selbst die Tanke hat zu, da kann sich der Deutsche in Zeiten höchster Not sein Fleisch frisch und saftig aus dem Automaten ziehen. You made my day…

 

Achtung, im Artikel wimmelt es nur so von unbeauftragter Werbung 😉

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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