Asien, Nepal

Adrenalin und Glücksgefühle – der Pokhara-Ultralight-Flight

September 2019, irgendwo über Pokhara, Nepal

Als wir noch zur Anfang höher und höher in den Himmel schossen und das Adrenalin in mir tanzte, da ging mir ein einziger Gedanke wie tausend Blitze durch den Kopf: das ist das beste Gefühl in meinem Leben. Ich fühlte meinen Puls rasen. Es war aufregend, es war schön. Es war, als stünde man unter Strom. Doch dann, als wir in Richtung Gipfel flogen, korrigierte der Pilot ein wenig die Höhe. Jetzt fühlte es sich an wie Achterbahn, wo man eine hohe Ellipse wieder hinunter saust. Mein Magen bewegte sich ein wenig nach oben in Richtung meines Brustkorbs, und überhaupt verschob sich alles in meinem Inneren.

Ungeduldig tripple ich in meinem Zimmer auf und ab. Hin und wieder schaue ich durch das Fenster in die sich erhellende Welt und betrachte mit Sorge den wolkenbedeckten Himmel. Nicht gut.

Der Pilot ist noch nicht da. Treffpunkt war um viertel vor sechs; in aller Herrgottsfrühe sollte ich heute abgeholt werden für ein weiteres Nepal-Abenteuer: den Ultralight-Flight, einen Flug mit einem Leichtflugzeug über dem Phewa-Tal.

 

Das Warten

Gebucht habe ich die Aktion in einem der vielen Agenturen in Pokhara, die mehr oder weniger das gleiche anbieten. Die sogenannten „Flugzeuge“ sind nicht mehr als ein Motor mit zwei Tragflächen; irre instabil und gefährlich sieht das ganze für mein ungeschultes Auge aus. Schon als ich in Kathmandu die Aushänge sah, wusste ich sofort: das muss ich machen.

Doch ja, ich gebe es zu; es war nicht nur der Flug an sich, der mich so reizte. Es war der Gedanke, ihn vor einer traumhaften Kulisse zu absolvieren, umgeben von Bergen – nein, nicht Bergen; umgeben von den höchsten Gipfeln der Welt.

Doch nun scheint mir das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen zu wollen. Nicht nur, dass der Himmel voller Wolken steht; je weiter die Zeit fortschreitet, umso mehr zieht es sich zu. Und mein Guide ist noch immer nicht da; eine Telefonnummer, um den Flug abzusagen, habe ich auch nicht. Nur die mündliche Zusage des Agenturbetreibers von gestern, dass ich den Flug bei schlechtem Wetter jederzeit stornieren kann. Das Ganze kostet eine mittlere Stange Geld, und nun denke ich ernsthaft darüber nach.

Es hatte zwar nicht geregnet und die Wolken sind auch nicht zu dicht, doch Fliegen macht für mich so keinen Sinn. Halb hoffe ich, dass die Wolkendecke aufbricht, halb, dass der Pilot nicht auftaucht. Um halb sieben steht er dann vor mir. Wir setzen uns in ein eigens von ihm bestelltes Taxi und fahren los, doch nach fünfhundert Metern halte ich es nicht mehr aus. Ja, es ist jetzt etwas peinlich, aber ich blase den Flug ab. Das Taxi hält und legt den Rückwärtsgang ein.

Nun sitze ich hier, in einem Cafe an der Lakeside mit Blick auf See und während mein Rührei serviert wird, rieselt aus den Lautsprechern leise, entspannende Musik. Den Flug musste ich känzeln – ich war darüber noch trauriger als der Pilot selbst, der mich mit dem Taxi am Hostel abgeholt hat. Das Storno selbst war kein Problem; sobald sich das Wetter ändert, würde er mir Bescheid sagen. Berge hin oder her, es macht insgesamt wenig Sinn, durch eine diesige, trübe Suppe zu fliegen. Am frühen Morgen war ein kleiner Fleck blauen Himmel zu sehen, doch jetzt ist auch dieser verschwunden. Nur rauchige Wolken hängen zwischen den Bergkuppen fest.

Mein Stammlokal hatte noch geschlossen und so musste ich ausweichen. Hier ist das Frühstück doppelt so teuer, doch „doppelt so teuer“ bedeutet in Nepal eben drei Euro statt einen Euro fünfzig.

Über dem Phewa-See hängt bewegungslos ein Heißluftballon und an seinem Ufer stehen Männer da und fischen. Kleine Wellblechbuden, die aussehen wie halb zerfallene Geräteschuppen, rosten in der Morgenluft und ich frage mich, ob darin Menschen wohnen. Es ist feucht und diesig. Es ist nicht die richtige Zeit für Nepal und seine Berge, denke ich und ärgere mich einmal wieder. Der Entschluss, noch einmal zu kommen, nimmt Gestalt an. Gestern Abend an der World Peace Pagoda durfte ich einen Blick auf den Annapurna Himal werfen und das macht mich dankbar. Doch dieser kurze Blick gab mir lediglich eine Ahnung davon, wie wunderschön es hier sein kann. Ich muss nochmal kommen, seufze ich über meinem Frühstücksei. Um all das zu sehen, was ich nicht gesehen habe.

Ja, ich weiß: dieses „ich muss nochmal kommen“, das habe ich auf Reisen in meiner Begeisterung schon so oft gesagt. Der Blick auf die Gebirgszüge hat mich angefixt. Ich will davon mehr.

Das Wetter hier in den Bergen ist unberechenbar und auch wenn im Moment nichts auf ein solches hindeutet, so hoffe ich doch auf ein Wunder. Sehnsüchtig schaue ich zum Himmel auf.

Etwas deprimiert treibe ich mich eine Weile in der Stadt herum, in der vieles noch geschlossen hat. Es ist noch sehr früh, vielleicht erst halb acht. „Halte dich bereit.“ Sagte mir der Pilot, als wir uns heute früh wieder verabschiedeten. „Sobald sich das Wetter bessert, schreibe oder rufe ich dich an. Dann kann der Flug stattfinden.“

Die nächste Zeit verbringe ich damit, entlang der Lakeside zu wandern und nach einem guten W-Lan Signal zu fahnden. Ich bin noch immer bereit, sollte das Wetter besser werden, den gebuchten Flug anzutreten. Langsam zeigen sich auch erste Lücken in der dichten Wolkendecke und ich schöpfe wieder neue Hoffnung. Dann reißt der Himmel endgültig auf. Mit Freude betrachte ich die Sonne, die meinen Kopf wärmt. Jetzt könnte der Flug eigentlich starten. Ich schlappe zu meiner Agentur, doch die hat noch zu. W-lan muss her.

Eine recht teure „German-Bakery“ wirbt aufmerksamkeitsstark mit dem WIFI-Zeichen. Als ich am Tisch sitze, funktioniert ausgerechnet an diesem Morgen selbiges nicht. Der Himmel ist fast wieder wolkenfrei und der Gedanke, meinen Flug nicht mehr anzutreten, macht mich kirre.

Die meisten Geschäfte und Ausflugsvermittler öffnen zwischen neun und zehn. Pünktlich als die schäbigen, verstaubten Rollos hochgezogen werden, stehe ich vor den Toren meiner Agentur. Hier erwartet mich eine Überraschung; ein circa zehn-bis zwölfjähriger Junge sitzt hinter dem Schreibtisch, tippt sehr erwachsen im Computer und fragt mich nach meinen Wünschen. Ich erkläre mein Anliegen, obwohl ich mich verschaukelt fühle und ihn am liebsten auf der Stelle mit einem versohlten Hintern in die Schule jagen würde. Mit unbewegtem Gesicht macht sich der Junge an die Arbeit. Sehr professionell setzt er meinen abgesagten Flug wieder ins System und ich versuche, ihn mir beim Spielen vorzustellen. Es dauere nur zehn Minuten, ich würde mit einem Taxi abgeholt werden, sagt er.

Wer bin ich schon, dass ich urteile. Es war seit jeher so: dort, wo es Armut gab, da mussten auch Kinder ran. Eine behütete Kindheit ist eine Erfindung des Wohlstands und für viele auf dieser Welt einfach nicht umsetzbar. Wo es Armut gibt, müssen Kinder sehr schnell erwachsen werden.

Es bringt nichts, Kinderarbeit schlicht zu verbieten. Alternativen müssen her. Eltern, die genügend verdienen, um für das Auskommen der Familie zu sorgen, schicken ihre Kinder in der Regel nicht arbeiten.

Gefühlt zwei Minuten später ist das Taxi da.

Im Taxi sitzt bereits ein Fahrgast. Unbekümmert fange ich ein lockeres Schwätzchen mit ihm an, ehe wir zu den obligatorischen „where are you from“- Fragen kommen. Der Gute, in Jeans und T-Shirt gekleidet kommt aus Kuwait, wie er mir erzählt. Sofort beiße ich mir auf die Zunge. Der Mann um die dreißig wirkt auf mich recht europäisch, käme vielleicht als Italiener oder Spanier durch. Er hat strahlende, neugierige Augen. Nur der dicke Schnäuzer, der über seinem jungen Gesicht hängt, machte mich skeptisch.

Jetzt war das Kind aber in den Brunnen gefallen und ich habe einen Kuwaiter, ohne die dortigen geschlechtergültigen Regeln zu beachten, fröhlich zugetextet. Da kann ich ihn genauso gut auch nach Reisen in das mir kaum bekannte Land ausfragen. Wir unterhalten uns über Kuwait, über die ultrastarken Klimaanlagen, die ich auch vom Katar her kenne und über eine Hitze, die im Sommer bis an die fünfzig Grad heranreicht.

Er wirkt sehr jung und gut gelaunt und scheint sich nicht zu wundern. Doch, über eines wundert er sich dann doch, nachdem wir aus dem Taxi steigen: über das grüne Moos, welches am Flughafen ein paar Steine bedeckt. Er bleibt stehen und bewundert die Flechten und Moose, die sich in Ritzen und Rillen auf einem Mauervorsprung angesiedelt haben. „Faszinierend.“ Sagt er und klingt wie Spock. Zunächst erntet er von mir einen verständnislosen Blick, bis ich begreife. Richtig – Kuwait. „Ihr habt so etwas nicht.“ Er nickt. In Kuwait ist alles heiß und trocken, und das zu fast jeder Jahreszeit. Kein Moos auf Steinen.

Interessant ist alles, was anders ist, denke ich mir amüsiert. Und was anders ist, ist eine Frage der Perspektive. Auch für mich war anfangs alles neu hier in Nepal, jedes Rikscha, jedes Staubflöckchen, jede Kuh am Straßenrand. Doch je länger man sich an einem Ort aufhält, umso mehr entgleiten diese Dinge der eigenen Wahrnehmung. Sie verschmelzen mit dem Gesamtbild, man registriert sie nicht mehr. Bis sich dann jemand überrascht über ein paar bemoosten Steinen beugt.

Wir finden uns am lokalen Flughafen von Pokhara ein und werden nach einer oberflächlichen Kontrolle durch den Flugplatz geschleust. Es geht an einer vollen Abflughalle vorbei, in der Passagiere auf ihre Innlandflüge warten. Bis wir vor einer großen, blau gestrichenen Halle der Pokhara Ultralight stehen, in der die Vorbereitungen für die Ultraleicht-Flüge stattfinden. Hier warten bereits zwei solche Maschinen auf uns und ich frage mich aufgeregt, welche davon meine ist.

Ich will die grüne.

 

Der Flug

Mit dem Kuwaiter und einer nett lächelnden Mitarbeiterin betrete ich die Halle. Schon als ich einen Blick auf die Ultraleichtflugzeuge werfe, denke mir: wow. Da sitze ich gleich drin.

Unsere Wertsachen schließen wir in einem Spind ein. Wir bekommen Helme und windfeste Jacken angezogen, um für dort oben gut vorbereitet zu sein. „Wenn du Angst hast“, sagt die nette Mitarbeiterin, „der Pilot kann dich nicht hören. Halte dich dann einfach am Gurtriemen fest.“

Wie beruhigend, denke ich. Es hörte sie niemand schreien. Fangen nicht so oder ähnlich die meisten Thriller an? Die ganze Zeit über mache ich mir vor Aufregung fast ins Höschen. Hussein, der Kuwaiter, ist indessen damit beschäftigt, seine Actionpro einzustellen.

Der Hangar wird geöffnet und dann kommt auch schon der Pilot um die Ecke. Ein paar Bilder vor der Maschine müssen sein. Ein tapferer Blick in die Kamera. So, jetzt weiter schön vor Aufregung zittern. Und als ich im Flieger festgeschnallt werde und mit dem Piloten vor mir starte, geht alles ganz schnell.

Der Ultraleicht-Flieger heißt nicht umsonst „ultraleicht“, denn er bewegt sich auf dem grünen Rasen so wendig wie ein Rasenmäher. Und dann fährt das Ding auch schon los, ruckelt über die unebene Piste. Wir wenden einmal, fahren auf die asphaltierte Startbahn und heben uns zu meinem Entzücken vom Boden ab. Einen Augenblick später sind wir in der Luft und in den Wolken.

Mein Grinsen ging über beide Backen, noch ehe der Flug losging, sehr zum Entzücken aller Mitarbeiter. „I’m such a happy tourist!“

„Streck deine Arme in die Luft.“ Sagt mir im Vorfeld die lächelnde Mitarbeiterin, die mich in meinen Helm und ins Flugzeug packt. „Und fühl dich frei wie ein Vogel.“

„Fühl dich frei wie ein Vogel!“

Wuuhuhuh, ist das geil! Toll – und sehr aufregend, zudem weil das Ding aus nicht mehr als einem Sitzkasten, einem Schirm und einem Motor mit Propeller besteht, mehr nicht. Und was es antreibt, ist dieser stotternder Motor hinter mir. Tausend Dinge gehen mir durch den Kopf, während wir uns über der Landschaft fortbewegen und sich das grüne Phewa-Tal unter uns vorbei schiebt. Silbern-türkisene Seen sind zu sehen, Schluchten zwischen den Bergen öffnen sich und alles ist frisch, saftig und grün. Einmal fliegen wir durch eine der wenigen Wolken hindurch wie durch Milch. Kurze Zeit über kann ich nichts sehen und dann hinterlässt der Nebel ein angenehm feuchtes Gefühl auf der Haut.

Es ist laut. Und es ist windig, puh, und wie windig es ist! Ja, die Jacke war nötig. Ansonsten gibt mir der Pilot immer mal wieder einen Hinweis, denn die GoPro, die am Flügel des Ultraleicht-Flugzeugs montiert ist, macht in Minutenabständen Bilder. Der Motor surrt in der Luft. Der Gedanke daran, dass er das einzige ist, was uns vom Boden fernhält, macht mich dezent nervös. Was ist, wenn er ausfällt? Was ist, wenn die Rotoren mit einem Mal beschließen, sich nicht mehr zu drehen und wir in die Tiefe stürzen? Was mache ich dann, wie verhalte ich mich richtig? Wird das Flugzeug noch eine Weile gleiten oder wird es sofort, wie in einem Comic, mit der Schnauze nach unten auf den Boden zustürmen, nachdem es einen winzigen Augenblick still stand, ich in die Kamera sah und „O-Oh!“ sagte.

Mein Pilot scheint sich solche Gedanken nicht zu machen. Wie könnte er auch, schließlich macht er das hier jeden Tag. Du hast einen tollen Job, werde ich ihm später sagen.

Denn, allen Befürchtungen zum Trotz – es ist das geilste Erlebnis meines Lebens!

Nicht doch, ja, ich habe schon viel Schönes erlebt. Aber in diesem Moment, in diesem Augenblick, als ich auf diesem fliegendem Motor über den Bergen gleite, da könnte ich es in die Welt hinaus schreien. DAS SCHÖNSTE ERLEBNIS MEINES LEBENS! Immer vorausgesetzt, das Flugzeug bleibt auf gleicher Höhe und es gibt keine unangenehmen Überraschungen.

So wie jetzt, als der Pilot beschließt, ein wenig mit seinem Kasten zu spielen. Einen Augenblick kommt es mir so vor, als würde der Motor anfangen zu stottern, doch dann fliegt er weiter, verändert allerdings stark seine Höhe. Plötzlich wird alles zur Achterbahn, es geht rauf und im Höllentempo wieder runter. Wenn du Angst hast, der Pilot kann dich nicht schreien hören. Ja, ist schon klar, niemand hört mich schreien. Statt die Hände in die Gurte zu krallen, lasse ich sie durch die Wolkenfetzen gleiten, als könnte ich sie berühren. Was bleibt, ist diese kühle, Frische auf der Haut.

Solange das Flugzeug in die Höhe stieg, schienen tausend Schmetterlinge in meinem Bauch zu toben. Ein unglaublich aufregendes Gefühl. Es ging alles so schnell und sehe da, schon erheben wir uns über den Häusern. Doch als wir eine bestimmte Höhe gewinnen und unser Blick über das weite Phewa Tal wandert, wo sich die Berge erheben und eisengraue Flüsse zwischen den Hängen schlängeln, erst da kann ich, besser als je vom Boden aus möglich, die volle Schönheit dieser Region erkennen. Und plötzlich scheint die Maschine gar nicht mehr so schnell zu sein, im Gegenteil; plötzlich scheinen wir kaum vorwärts zu kommen. Die Häuser und Straßen verschieben sich nur langsam unter uns. Fast ist es, als stünden wir in den Luft. Nur das Dröhnen der Maschine straft diesen Eindruck lügen.

Ab und zu macht mich der Pilot auf Dinge unter uns aufmerksam wie den sich schlingenden Weg nach Sarangkot, von wo man den Sonnenuntergang bewundern oder mit dem Gleitschirm ins Tal starten kann. Er zeigte auf den Fluss, auf die Berge, auf das Tal. Als wir den Phewa-See überfliegen, ist unten auf seiner glatten Oberfläche, der kleine Schatten unseres Flugzeugs als Miniatur zu sehen. Wir fliegen auch in Richtung des Annapurna Himal, doch die Berge verstecken sich wie mächtige Könige hinter einer Wolkenschicht. Man kann ihre Ausläufer nur erahnen.

Und dann fliegt der Pilot in eine der größeren Wolken hinein. Es ist… unglaublich. Im ersten Moment erschrecke ich. Hilfe… er kann doch gar nichts sehen! Was, wenn uns da in dieser Wolke etwas entgegen kommt? Ein Vogel? Ein anderes Flugzeug? (Wer Stephen Kings „Der Nebel“ gelesen hat, wird ahnen, was ich meine…) Doch dann sind wir drin, im weißen Milchglas, und ich strecke die Hände aus. Die Kühle und Feuchtigkeit der Wolken bleibt, als wir wieder draußen sind, an meinen Händen hängen.

Die Wolken berühren – wer träumte nicht schon immer davon? Kasia hat den Himmel berührt.

„Über den Wolken… la la la…“

Wir fliegen höher und höher auf die Berggipfel zu. Kurz, nur ganz kurz gibt sich der Annapurna zu erkennen. Hier oben ist es sehr windig. Die Maschine ruckelt ein wenig und es wird kälter; ich bin froh um meine windfeste Jacke.

Als wir noch zur Anfang höher und höher in den Himmel schossen und das Adrenalin in mir tanzte, da ging mir ein einziger Gedanke wie tausend Blitze durch den Kopf: das ist das beste Gefühl in meinem Leben. Ich fühlte meinen Puls rasen. Es war aufregend, es war schön. Es war, als stünde man unter Strom. Doch dann, als wir in Richtung Gipfel flogen, korrigierte der Pilot ein wenig die Höhe. Jetzt fühlte es sich an wie Achterbahn, wo man eine hohe Ellipse wieder hinunter saust. Mein Magen bewegte sich ein wenig nach oben in Richtung meines Brustkorbs, und überhaupt verschob sich alles in meinem Inneren. Ein flaues Gefühl. Als der Pilot korrigierte, um die richtige Höhe zu finden schaue ich nach unten. Mir wird doch nicht schlecht werden wollen? Denke ich und schaue nach unten auf den Fluss, der sich unter mir schlang. Doch dann überwog das Adrenalin, das Glücksgefühl und die Freude. Ich gewöhnte mich an die kleinen Korrekturen.

Als wir jetzt die Wolke wieder verlassen, ziehen wir eine große Runde über dem Phewa See. Da nimmt der Pilot wieder Gas weg, diesmal etwas stärker, und die Maschine sinkt ab. Einen kleinen, bösen Moment denke ich, der Motor sei ausgefallen. Das rotierende Geräusch wird leiser, weniger stark. Wir verlieren an Höhe. Ist das normal? Was, wenn die Rotoren aufhören, sich zu drehen? Ich verdränge den Gedanken. Noch nie habe ich mich verletzlicher gefühlt als in diesem Moment, zwischen Himmel und Erde aufgehängt. Ich tröste mich mit der Gewissheit, dass ich dann sofort tot wäre.

Ja, natürlich. Wenn Kasia gefährliche Dinge macht, kann Kasia auch mal sterben. Es kann immer etwas passieren, hoch oben in der Luft.

Aber nicht mir. Und nicht heute.

Und es kommt, wie es kommen soll.

Unter uns sehen wir die andere Maschine über dem See gleiten, wo Hussein aus Kuwait sitzt. Mein Pilot versucht, näher an das Flugzeug zu kommen, das weit unter uns ist. Beide Piloten geben sich eine kleine Challenge, doch schaffen es nicht ganz, auf gleicher Höhe zu fliegen.

Der Phewa-See ist weitläufiger, als es vom Ufer aus wirkt. Dahinter erstrecken sich Reisfeldterrassen und grüne Hügel. Es gibt viel mehr im Tal als man unten von der Straße aus sehen kann. Auch viel mehr Schönheit, die man von hier oben erkennt. Noch ein paar kurze Runden über dem See – die scharfen Schatten beider Flugzeuge zeichnen sich von der Wasseroberfläche ab – und dann merke ich auch schon, wie die Häuser von Pokhara größer werden (Ich will nicht!), näher und näher kommen. Mit Bedauern stelle ich fest, dass wir an Höhe verlieren (diesmal wirklich) und schließlich zeigt der Pilot auf den Flughafen unter uns. Das Zeichen für mich, dass wir jetzt landen werden.

Noch ein kurzer, aufregender Moment, als endlich die Räder den Flugbahnbelag berühren und wieder Kontakt mit dem Boden besteht. Schon biegen wir zügig in einer zackigen Kurve ab und rollen auf den Hangar zu. Die Mitarbeiter kommen auf uns zugerannt, ich werde abgeschnallt und alle fragen mich, wie es war. Ich sage nur das eine, was mir in diesem Moment im Kopf herum geht.

„Das beste Gefühl meines Lebens. I’m such a happy tourist.“ Alle lachen.

Unten wartet schon Hussein auf mich. Wir schauen uns unsere GoPro-Aufnahmen an. Hussein durfte seine eigene Actionkamera mitnehmen, weil sie an einem Riemen um seinen Hals aufgehängt war und er sie so nicht verlieren konnte. Das Video zeigt, wie er beim Flug immerzu mit seiner Kamera spielt. „Deine Aufnahmen“, meint er zu mir, „sehen viel besser aus. Man sieht dass du deinen Flug genießt.“ Ich kann kaum die Augen vom Bildschirm abwenden. Der Flug ist vorbei, ich stehe noch unter Strom. Bin happy. Der Himmel war frei, strahlend und blau, die Wolken verzogen sich, nur damit ich fliegen kann. So viel Glück kann nur eine Kasia haben.

Ich würde alles sofort noch einmal erleben wollen.

 

Infos zum Flug

Der Flug an sich kostet rund 190 US-Dollar für dreißig Minuten in der Luft. Ihr könnt in Bar oder mit Kreditkarte (Visa) bezahlen. Das Geld ist jedoch bestens angelegt, denn die halbe Stunde fühlt sich wie fünf Minuten an. Im positiven Sinne. Man hat nur selten die Gelegenheit, so etwas Schönes zu erleben. Wenn Ihr die Gelegenheit habt und es euch leisten könnt und wollt, dann macht es. 

Die Ultralight-Flüge werden von fast allen in Pokhara ansässigen Agenturen angeboten und die Preise sind in etwa gleich. Ich habe bei Pokhara Ultralight gebucht und war zufrieden. 

Ihr werdet von eurem Hotel (oder ggf. an der Agentur selbst) abgeholt und zum Flughafen gebracht. Die Bilder mit der GoPro und das Video vom Flug kann man für rund zwanzig Dollar mit dazu buchen und bekommt sie auf eine CD gebrannt. Allerdings wurde ich auch gefragt, ob ich genügend Speicherplatz auf meinem Smartphone hätte, um die Bilder evtl. gleich zu überspielen. Die GoPro ist an einem der Flügel befestigt und löst in regelmäßigen Abständen aus, so dass genügend gute Aufnahmen dabei sein müssten. Zudem nimmt sie die ganze Zeit über auf.

Eure Sachen (Tasche, Kamera usw.) dürft ihr nicht mitnehmen. Diese werden in einem Spind eingeschlossen und ihr bekommt den Schlüssel ausgehändigt. Lediglich wenn sich eure Kamera um den Hals hängen lässt und sie nicht zu groß ist, kann sie mit auf den Flug genommen werden. Es geht darum, dass ihr sie nicht verliert. 

Unbeauftragte Werbung

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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1 Kommentar

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