Aruba, Mai 2016
Der Eagle Beach, einer der weltweit schönsten Strände. Zumindest wenn es nach dem Ranking von Trip Advisor geht. Und ich bin geneigt, dem zu glauben. Immer noch bin ich von der Farbe des Meeres fasziniert. Viele denken, die Urlaubsbilder seien bearbeitet worden, aber dem ist nicht so. Dieses intensive, leuchtend tiefe Türkisblau ist echt.
Heute morgen bekomme ich noch den rosaroten Sonnenaufgang aus den Augenwinkeln mit, doch in der ersten Linie werde ich vor lauter Schmerzen wach. Meine Haut fühlt sich an, als würde ich auf tausend Messern liegen. Ein Blick in den Spiegel zeigt: ich wurde gestern regelrecht gegrillt. Ich komme aus dem Bad. Mein Schatz liegt noch im Halbschlaf da und blinzelt in den hereinfallenden Sonnenstrahlen, die sich auf sein Gesicht verirren. „Schatz…“ Ein verschlafenes „jaa…“
„Du, Schatz, ich habe gestern Abend den Sonnenschutz im Auto liegen lassen… Weißt du, was das bedeutet?“
„Nein…“
„Magst du ihn holen gehen?“ Keine Antwort. Ich sehe zu ihm herüber: die Augen sind wieder fest verschlossen. Ich nehme meinen Kugelschreiber und zeichne lächelnd ein Herz mit einem Pfeil und ein „I love you“ auf seinen Oberarm. Er öffnet wieder die Augen. „Schatz, wenn du unter der Dusche bist, dann schrubbe deine Haut ein bisschen fester. Das könnte sonst leicht touchig aussehen.“ Er runzelt die Stirn. Ich zeige grinsend auf die Zeichnung, und Stefan verrenkt sich den Nacken, um etwas zu sehen. Dann höre ich die Bettdecke rascheln und ihn schwerfällig ins Bad stampfen. Aus dem Bad dann: „Du Aas!“ Ich lache. „Der Sonnenschutz, Schatz? Du wirst ihn auch brauchen. Darfst auch meine Schokolade essen.“
Schokoladen-Entzug. Mir fällt ein, dass er schon seit zwei oder drei Tagen keine Schokolade mehr im Mund hatte. Deshalb schleicht er seit gestern schon um meine Mitbringsel-Schokolade aus dem Souvenirladen herum, die ich eigentlich an Familie und Freunde verteilen wollte. Egal. Lieber ein gutgelaunter Stefan als eine heile Schokopackung…
Wir frühstücken belegte Baguettes und Melonenstücke.
Was hat eine andere Bloggerin einmal geschrieben? Viele Mädchen schminken sich oft ziemlich stark, doch wenn sie anfangen zu reisen, tauschen sie schon bald die Schminke gegen Bräune und ein glückliches Lächeln. Wie wahr. Ich sitze, das erste Mal seit wir hier sind, beim Frühstück am Pool ohne auch nur eine Spur Make-up im Gesicht.
Der Eagle Beach, einer der weltweit schönsten Strände.
Ich bin noch immer von der Farbe des Meeres fasziniert. Viele denken, die Urlaubsbilder seien bearbeitet worden, aber dem ist nicht so. Dieses intensive, leuchtend tiefe Türkisblau ist echt.
Es ist windig. Ab und zu bekommen wir eine kleine Sandböe an den Kopf geweht. Der Sand hier ist puderzuckerweiß und genauso weich. Nur stellenweise muss man auf scharfkantige Muschelsplitter aufpassen. Wir sehen niemanden auf einer Stranddecke liegen. Die Einheimischen bringen alle ihre eigenen Liegen mit zum Strand.
Es ist Nebensaison. Der Strand ist fast leer. Es ist ein ungewohnter Anblick für mich, so jenseits des Massentourismus zu sein. Keine Massen an Menschen, die ihre Decken und Handtücher dicht an dicht auslegen, keine Bauchladen-Verkäufer, die lautstark ihre Ware anpreisen, so dass man sich am besten schlafend stellt. Nichts dergleichen, wir haben den Strand fast für uns alleine.
Die Stranddecke beschweren wir mit Steinen, sonst wäre sie uns vermutlich davongeflogen. „Es ist kein Passatwind, es ist ein Passat-Sturm.“ Pflegt Stefan dann zu sagen. Wir stehen auf und gehen ins Wasser. Sonnenbrille ab, aus dem Schatten heraustreten… und… FUCK! Es blendet…!
Der Sand ist so weiß, dass er blendet!
Die Farbe des Wassers ist unglaublich. Irgend etwas zwischen türkis und babyblau. Wir steigen hinein. Mit badewannenwarm ist heute nix – die starken Winde haben kaltes Wasser mitgetragen.
„Wie an der Ostsee.“ Sagt Stefan.
„Du mit deiner Ostsee!“ Schimpfe ich. „Das nächste Mal buche ich für mich Mauritius oder Curaçao, und du kannst gerne in der Ostsee baden gehen!“
Ich schwimme zwei bis drei Runden. In einiger Entfernung sieht man Motorboote übers Wasser düsen. Pelikane schießen in die Wellen, tauchen wieder auf, schlucken ihre Beute und bleiben dann auf dem schaukelnden Wasser sitzen, nach allen Seiten äugend, bevor sie sich wieder schwerfällig davonmachen. Ich komme wieder zu Stefan zurück, der sich gerade ein Spaß daraus macht, immer wieder von den Wellen an den Strand gespült zu werden. „Ich frage mich, wie das damals war, als die ersten Tiere an Land geklettert sind.“ Sagt er.
Ich lasse mich vom Wasser treiben und spiele Schneeengel auf den Wellen. Das Wasser trägt einen von alleine, ohne jegliches Zutun. Man braucht sich nur vertrauensvoll hinzulegen; durch den erhöhten Salzgehalt bleibt man selbst bei stärkerem Wellengang oben. Ich schließe die Augen und lasse mich rücklings auf dem Wasser gleiten. Die Wellen tragen mich und kitzeln meine Bauchdecke. Das ist der Moment, in dem es mich erreicht; in dem ich beginne, wirklich zu verstehen, dass es wahr ist, dass ich wirklich hier bin, an einem der schönsten Strände der Welt.
Später lassen wir uns beide wie Treibgut von den Wellen an den Strand spülen und quietschen dabei vergnügt wie kleine Kinder. Die wenigen Einheimischen schauen uns teilweise amüsiert, teilweise irritiert an. Die beiden Frauen neben uns rechts am Strand betrachten uns von ihren liegen aus, hinter ihren Sonnenbrillen hervor, mit unbewegten Gesichtern. Das ist etwas, was ich nicht verstehe. Mensch, ihr seid hier an einem der schönsten Orte der Welt! Zeigt wenigstens ein bisschen Emotionen.
Wieder am Strand. Ich habe brav mein weißes Hemd über die krebsroten Schultern gezogen.
Zuvor, als wir hier ankommen, wollen wir uns zunächst ein Stück weiter im vorderem Bereich niederlassen, bei den gebeugten Divi-Divi Bäumen. Hinter den krumm gewachsenen Baumstämmen spazierten zwei Pelikane herum und tragen wesentlich zum malerischen Eindruck bei. Noch intensiver strahlt hier die Farbe des Wassers. Die verzweigten Wurzeln der Bäume sind fest in den Sand gekrallt, und doch wirken sie so, als wenn die Bäume im nächsten Augenblick vom Strand spazieren wollten. Vielleicht schlängeln sie sich abends davon und verschwinden in der Nacht, wenn niemand hinschaut, wer weiß?
Das hier ist der berühmteste Abschnitt des Strandes. Wasserski, Beach-Volleyball, Segelboote… ein Traum für Wassersport-Fans. Überall Strandbuden mit geschäftstüchtigen Verkäufern, die da anbieten: Strandtaschen, Strand-Handtücher, Sonnenbrillen, und, und, und… Und dazwischen ganz viele Liegen, die man anmieten kann. So weit das Auge reicht, sehen wir niemanden auf einem einfachen Handtuch liegen, und plötzlich sind wir uns nicht sicher, ob wir uns da mit unserer schlichten roten Stranddecke einfach so niederlassen können. Es sieht alles so kommerziell aus. Und ich will nicht wissen, was eine Liege für diesen tollen Strandabschnitt hier kostet…
Also fotografieren wir die traumhafte Kulisse, machen ein paar Bilder von uns beiden, an den weltbekannten Bäumen lehnend, das unglaublich blaue Wasser im Hintergrund, und dann suchen wir uns ein ruhigeres Plätzchen. Und nun sind wir hier. Wo uns der halbe Strand gehört. Da hier nur sehr wenige Touristen sind, können wir ganz gut die Einheimischen am Strand beobachten. Wir stellen fest, dass sich diese grundsätzlich im Schatten aufhalten. Niemand kommt hier auf die Idee, seine Haut in der prallen Sonne zu grillen. Und an diese goldene Regel halte ich mich ab sofort auch.
Als wir zum zweiten Mal im seichten Wasser plantschen, spüre ich plötzlich, wie etwas großes, weiches meinen Fuß umschmeichelt, ganz so als wolle es sagen: Na hallo, wer bist du denn? Das willst du gar nicht wissen, denke ich und verziehe mich schnellstmöglich. Und tschüss! Brr… Hier gibt es Fische, erzählt mir Stefan später. Ja klar, deshalb all die jagenden Pelikane. Also hätte ich mich nicht so erschrecken brauchen…
Abends im Hotel: Schadensbegutachtung. Obwohl wir den Strand, außer zum Schwimmen, nicht verlassen hatten, weisen meine Beine einen verdächtig rötlichen Farbton auf. Mein Gesicht und meinen verbrannten Rücken hatte ich immer wieder artig nachgecremt, aber nicht den Rest meines Körpers; und der wies bereits beginnenden Sonnenbrand auf. Auch Stefans Rücken war gerötet. Mit der Sonne hier ist nicht zu spaßen. Ich hatte zwar gelesen, dass die Strahlung durch Reflexion auch im Schatten Schäden verursachen kann, doch ich habe nicht für möglich gehalten, dass es so schlimm sein konnte.
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