Europa, Ungarn

Die Große Balkantour – Höhlenbad Tapolca

Rzeszów, Polen nach Rzeszów, Polen – Google Maps

Miskolc leuchtet. Hell strahlen die Sehenswürdigkeiten der Stadt mitten in der Nacht. Und davon hat die Stadt ein paar zu bieten, wie die Burg Diósgyőr, Museen, einen Zoo und eine Holzkirche. Und natürlich das Höhlenbad Tapolca, ein Spa, das direkt in eine natürliche Grotte hinein gebaut wurde. Zumindest diesen sehens- und erlebenswerten Ort werden wir besuchen.

Spät kommen wir an. Nach einem erlebnisreichem Tag lassen wir unsere Sachen in unseren Zimmern fallen und lechzen nach Entspannung. Gosia will ihre Ruhe haben und auch Jacob hatte sich irgendwohin verkrümelt. Nur die beiden „Erwachsenen“ unserer Truppe (sorry für die Gänsefüßchen, aber meinen Onkel als Erwachsen zu bezeichnen ist so, als würde man… *hier möge sich jeder ein passendes Beispiel überlegen*) sitzen an dem langen Küchentisch. Tomek arbeitet am Laptop. Die Arbeit geht nie zu Ende. So ist es wohl, wenn man mit seinem Chef, der gleichzeitig der beste Kumpel ist, samt Familie eine Urlaubsreise macht.

In der liebevoll eingerichteten Ferienwohnung hatte sich eine ukrainische Familie einquartiert, ein Mann mit seinem siebenjährigen Sohn. Ich beginne ein Gespräch, stelle jedoch schnell fest, dass der Ukrainer mich besser verstehen kann als ich ihn. „Sie sind des Jobs wegen im Ausland.“ Sagt Tomek, als er mein betroffenes Gesicht sieht. Er kommt mit seinen Russischkenntnissen eindeutig weiter als ich. „Sie sind keine Flüchtlinge.“

Das macht mein betroffenes Gesicht etwas weniger betroffen. Ich setze mich zu Tomek an den Küchentisch. Wo sind alle anderen hin? Wird unsere Tradition der abendlichen Urlaubspartys nicht fortgesetzt? „Doch, doch.“ Sagt Tomek. „Sofort. Ich muss hier nur noch…“ Dann gesellt sich mein Onkel aka Chef zu uns und irgendwann auch Jacob. Der Laptop wird zur Seite geräumt, Wein fließt. Na endlich.

Die Anwesenheit der Ukrainer führt dazu, dass wir uns über ernste Themen unterhalten. Politische Themen. Themen wie die Lieferung von Rüstungsgütern, an denen sich die Geister scheiden. Irgendwann sehe ich mich in einer defensiven Position und mit Vorwürfen der deutschen Zurückhaltung betreffend konfrontiert. Nicht zu vergessen, wir schreiben noch das Jahr 2022, in dem noch über „leichte“ und „schwere“ Waffen diskutiert wird. Und darüber, ob – oder ob lieber nicht. Doch schließlich entspannt sich unsere gesellige Runde wieder. Im Grundsatz sind wir einer Meinung; zum Schluss werden die Gläser erhoben. „Slava Ukraini!“

 

Das Höhlenbad Tapolca

Der Wellnesstempel und Ziel unserer Sehnsüchte nach Entspannung befindet sich am Stadtrand von Miskolc, im Stadtteil Tapolca. Wir parken den Wagen im Schatten hoher Bäume und schlappen mit unseren Badetaschen durch den durchaus anschaulichen Ort. Nicht dass es Besonderes anzuschauen gäbe, aber der ruhige Park, der plätschernde Bach und das eine oder andere Gebäude mit verschnörkelter Fassade ergeben einen stimmigen Gesamteindruck.

Die Bäderanlage an sich wirkt verlassen, zumindest, was ihre Außenbereiche betrifft. Der gepflegte Park ist leer, auf den sonnenbeschienenen Bänken sitzt niemand. Das mag an der nicht mehr ganz so warmen Witterung liegen, vielleicht auch an Energiesparmaßnahmen. Doch die Therme hat geöffnet und mit etwas um die acht Euro pro Person ist der Eintritt geradezu lächerlich erschwinglich. Der Eingangsbereich ist ein runder Raum mit einer Kuppel aus gelbem und orangenem Glas, durch die gebrochen Sonnenlicht hereinfällt. Eine Badenixe aus weißem Marmor in der Mitte des Raumes ist beschäftigt mit, was auch immer Nixen so tun. Meistens Wasserkrüge in den Händen tragen oder irgendwelche Handtücher auswringen. Es sind noch nicht allzu viele Besucher da an diesem Morgen. Bereits nach kurzer Zeit haben wir uns im warmen Wasser versammelt.

Die Bäderwelt ist einzigartig. Die Anlage wurde in einem natürlichen Karsthöhlensystem erbaut und durch Quellen gespeist. Das Wasser hat einen geringen Salzgehalt, insofern kann man hier drinnen unendlich viel Zeit verbringen. Wir erkunden die Höhlen schwimmend und watend, lassen uns im Wasser treiben. Der Boden mit Mosaikfliesen ausgelegt, Decke und Wände naturbelassen. Über uns ist der nackte Fels zu sehen, an den Wänden hängen natürlich gewachsene Stalaktiten. Die Schwimmanlage ist als ein langer Labyrinth gestaltet, von wo aus es zu den einzelnen „Räumen“ geht. Irgendwann trifft man wieder am Ausgangspunkt an. In regelmäßigen Abständen setzt eine künstlich erzeugte Strömung ein, in der man sich einfach treiben lassen kann.

So landen wir in der Sternengrotte. Hier kann man tiefen Klängen von Musik lauschen und hören kann, wie sie an den Karstwänden widerhallen. Das Deckengewölbe ist wie ein Sternenhimmel gestaltet und das Wasser ist hier wärmer als woanders. Badewannen-feeling mit Einschlafpotential.

Tapolca ist ein anerkannter Kurort. Doch schon die Steinzeitmenschen müssen hier gebadet haben, was archäologische Funde belegen. Ein im 13 Jhd. entstandenes Benediktinerkloster nutzte das Thermalwasser aufgrund seiner, wie man glaubte, heilenden Kräfte. Schließlich entstand das Höhlenbad 1959 in der Form, wie wir es heute besuchen können.

Zur Therme gehört eine Sauna, die sich ein Stück abseits des Labyrinths befindet. Im Gegensatz zu den Saunaregeln in Deutschland ist es in anderen Ländern meist üblich, eine Sauna in Badebekleidung aufzusuchen, so auch hier. Für diejenigen wie uns, die nicht an ein Handtuch gedacht haben, werden am Eingangsbereich feine Gazetücher ausgegeben – das Sitzen auf blankem Holz soll vermieden werden. Für die Harten geht es nach dem Saunieren in das Kaltwasserbecken. Und die ganz Harten tauchen mehrmals mit dem Kopf unter.

 

Die Heimfahrt

Der weitere Weg ist schnell erzählt. Eine lange Fahrt wartet von nun an auf uns, umso länger, da diese Reise insgesamt von langen Strecken und verhärtetem Sitzfleisch geprägt war. Wir durchqueren das platte Land Ungarns, lassen die Slowakei an uns vorbei ziehen. Eine milde Herbstsonne begleitet uns, das Laub der Wälder verfärbt sich zaghaft in ein warmes Orange. Es wird Herbst. Hier in der Slowakei machen wir einen kurzen Zwischenstopp in einem der örtlichen Supermärkte, da es dort anscheinend Knabberzeug gibt, das es woanders nicht gibt und das Jacob und Gosia immer von ihren Reisen mitbringen. Dieser Zwischenstopp ist also Pflicht. Ich steige mit aus, doch eher, um mir die Beine zu vertreten. Bis nach Rzeszów werden wir nicht mehr anhalten.

Knabberzeug

In Rzeszów, dort, wo Tomek zu Hause ist, gibt es Erfrischung in Form von Tee und Stärkung für den Weg. Doch die Straße ruft; bis nach Warschau sind es noch rund dreihundert Kilometer. Der Weg zieht sich.

Endlich zu Hause, irgendwann mitten in der Nacht. Das immer wiederkehrende Déjà-vu meiner Ankunft. Nur diesmal sind meine Familienmitglieder mit dabei, die genauso erschöpft sind wie ich. Daheim angekommen gibt es erstmal… na was wohl? Es gibt Tee. Tee ist warm, Tee ist gut, Tee lässt einen sich zu Hause fühlen. Kommt Besuch, wird immer erstmal Tee gemacht. So auch jetzt. Ohne einen warmen Tee geht niemand ins Bett. Dann packen wir die Beute der diesjährigen Reise aus, all die Mitbringsel, die uns an den Urlaub erinnern werden. Die da wären: Olivenöl aus Griechenland. Weine (von überall). Knabberzeug aus der Slowakei. Liköre von der Transalp. Ach, was wir alles erlebten.

Diese Reise war wider Willen geprägt von langen Fahrtstrecken, neuen Orten, wunderschönen Landschaften und abgehakten Sehenswürdigkeiten. Doch auch von Eile, von dem unbedingten Willen, so viel wie möglich mitnehmen zu können. Und von meinem entzündeten Auge, das irgendwann wie eine überreife Pflaume in meinem Gesicht hing und Menschen um mich herum einen Schrecken einjagte. Ach ja, richtig, das Auge; da war ja was. Zuletzt war da nur noch eine feine Rötung. Wie sieht es jetzt wohl aus? Ich gehe ins Bad und schaue in den Spiegel. Nichts.

Von meiner schrecklichen Augenentzündung ist nichts mehr zu sehen.

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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11 Kommentare

  1. Ein schöner Abschluss Deines Reiseberichtes. Da hoffe, dass es bald wieder los geht!

    1. Vielen Dank. Die nächste Balkantour mit der Familie ist auch schon absolviert, sie muss nur noch niedergeschrieben werden 😉

      1. Bin gespannt!

  2. Das war ja auch wieder ein langer Ritt auf der Schlussetappe. Gut, dass ihr euch vorher noch ausgiebig in der Therme entspannen konntet. Die hätte mir übrigens auch sehr gefallen! Das Ambiente wirkt sehr ansprechend. Nun ist auch diese wilde Reise auserzählt. Schön war‘s, auch für uns Leser! Und ja, erholen vom Reisestress ist wichtig. Man will ja bald wieder fit sein für das nächste Abenteuer. Klasse, dass dein Auge endlich ausgeheilt war!

    1. Es waren lange Fahrtstrecken und recht wenig Zeit für die einzelnen Orte. Der Entspannungstag hat zum Schluss hin gut getan. Es wird noch eine weitere Balkanreise geben, diesmal entlang der Adriaküste. Aber wann ich zum Schreiben komme? Ich weiß es nicht 😉

      1. Ich werde geduldig warten 😎.

        1. Freu dich derweil auf Sokotra 😉

          1. Ah, das ist ja noch viel besser!

          2. sagt:

            Na, wir wollen doch die Reisen nicht gegeneinander aufwiegen… Aber ja, ist es 😉

  3. Ein toller Beitrag über deine Balkantour liebe Kasia und auch lustig beschrieben. In die Therme wäre ich auch gerne gegangen. Zum Glück geht es deinem Auge besser
    Liebe Grüße Andrea

    1. Das Auge hat sich pünktlich zum Ende der Reise erholt. Die Therme war super, ich hätte dort noch weitaus mehr Zeit verbringen können. Es ist auf jeden Fall ein Ort, um nach der Reise zu entspannen und den Reisestress (ja, den gibt es) hinter sich zu lassen.

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

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