Kreative Prozesse haben mich seit jeher begleitet, schon seit meiner frühesten Kindheit. Ob es nun das Schreiben war oder das Malen (für Bastelarbeiten war ich nicht so zu haben), immer hatte ich das Bedürfnis, mich irgendwie auszudrücken. Im Kindergarten entstanden auf ausrangiertem, einseitig mit Schreibmaschine beschriebenem Papier kleine, bunte Kunstwerke: Prinzessinnen, Gärten, Häusle. Am liebsten malte ich Menschen. Mit kleinen Körpern und riesengroßen Köpfen, wie es kleine Kinder so malen.
Mit fünf Jahren wollte ich unbedingt Ballkleider für meine Mutter entwerfen. Lach, ich glaube, sie hat die Bilder sogar noch…
Irgendwann, als ich größer wurde, griff ich zu Pinsel und Farben. Ich bevorzugte das Bunte, das Farbige; an Schwarzweiß konnte ich mich nie so richtig erfreuen. So fand der Bleistift bei mir nur als Werkzeug für die Grundskizze Anwendung, der Rest wurde mit Farbe befüllt. Manche Werke malte ich zu ende, manche blieben unvollendet liegen und sind es immer noch. Und war ich einmal in einem kreativen Prozess drinnen, durfte dieser um nichts auf der Welt gestört oder gar unterbrochen werden. Wehe, meine Mutter wollte mir dann solch profane Aufgaben wie den Abwasch auftragen. Das war einer Künstlerin nicht würdig. Und nach dem (mürrisch) erledigten Abwasch machten die Pinsel und die Farben dann auch keinen Spaß mehr.
Interessant war die Beobachtung, dass ein Bild oder ein Kunstwerk nur bedingt von vorne herein geplant werden kann. Ein Kunstwerk entwickelt sich oft erst im Entstehungsprozess zu dem, was es einmal werden will. Am schönsten wurden die Bilder, bei denen ich vollkommen frei war von Vorgaben jeglicher Art, auch von meinen eigenen Erwartungen. Ich schaffte es nie, das zu malen, was ich sollte; dagegen mallte ich immer das, was ich konnte und was mir mein Pinsel befahl.
Das zeigt sich auch heute noch an den vielen Challenges; Kasia macht kaum das, was sie soll und denkt sich oft was anderes aus…
Der Kunstunterricht wurde zu einer kleinen Bewährungsprobe. Kasia, der kleine Streber, hing alle Kinder ab. Die Lehrer taten es sich schwer; einerseits waren die Bilder mit Abstand die besten, am Grundschulniveau gemessen, andererseits mochte kein Lehrer Besserwisser, der ihnen beibrachte, wie man für Baumrinde den richtigen Farbton mischt (immer mit einem kleinen Schuss violett…).
Dann, mit Beginn der Pubertät, verlor sich das Künstlerische.
Nein, halt, ich schrieb noch Gedichte. Ganz lange, schmerzerfüllte Gedichte, wie es eine fünfzehnjährige tut, um den Verlust ihrer großen Liebe zu verkraften (sprich: er hat mich auf dem Schulhof nicht angeguckt, heul…). Hm, aus der heutigen Sicht waren die Gedichte besser als die Bilder. Und aus der heutigen Sicht waren die Bilder grottig. Es gibt im Nachhinein kaum eines, mit dem ich zufrieden bin.
Was ist daraus geworden? Nicht viel. Wisst ihr, eigentlich habe ich kein nennenswertes Talent, auch wenn meine Mutter immerzu das Gegenteil beteuert hat (was bin ich froh, dass es damals noch kein GZSZ gab…). Und da ich lange Zeit keinen Stift oder Pinsel mehr in der Hand hatte, fallen mir selbst einfache Dinge unglaublich schwer. Was ich noch nie zeichnen konnte, sind Hände. Oh, Hände waren so schwierig! Bei mir sahen sie immer irgendwie missraten aus.
Ich denke, der wahre Grund dafür, den Pinsel zur Seite gelegt zu haben, war die fehlende Ruhe, die mit dem Beginn eines Berufslebens einhergeht. Kunst braucht Freiraum, Kunst braucht Zeit; man ist nicht kreativ nur von achtzehn bis zweiundzwanzig Uhr. Vielleicht spricht man deshalb von „brotloser Kunst“. Menschen, die mit dem Broterwerb beschäftigt waren, hatten weder Zeit noch die Muße, sich künstlerisch auszudrücken. Man ist involviert, rennt irgendwohin, die verbliebene freie Zeit ist streng reglementiert. Da bleibt nur wenig Raum, um etwas zu erschaffen, um sich selbst zu finden. Man teilt sich auf zwischen Arbeit, Erholung, Partner und Freunden. Im Urlaub fällt so viel an. Oder man will die Welt sehen, wie ich. Und hat man eine ruhige Minute, so ist sie doch zu wenig.
Zwischendurch bahnt sie sich jedoch ihren Weg, die Freude am Malen. Sei es auf der Tagung, wo ich über Stunden gedankenverloren ganze Fantasielandschaften mit dem Kugelschreiber auf mein Blatt kritzele. Da habe ich letztens eins auf die Löffel bekommen. Ich soll doch bitte zuhören, nicht zeichnen…
Ich verwende meine Kreativität nun fürs schreiben. Da muss ich vorher wenigstens keine Farben anmischen. Und auf die Löffel gibt es auch nicht.
Kunst ist der Begriff der dieswöchigen Fotochallenge #17 von Royusch unterwegs. Und im Gegensatz zu Rolands bisherigen, eher abstrakten Begriffen wie unten, Wort oder Textur fiel mir die Umsetzung diesmal leicht. Wir bewegen uns im kreativen Bereich; danke, Roland, dass du den Begriff doch nicht geändert hast 😉
So… jetzt mach ich mich mal auf die Suche nach einem Bild, das ich euch auch zeigen kann, ohne im Boden zu versinken…
Ich fand das Original, Picassos „Mutter mit Kind“ wunderschön. Die Schulaufgabe war gewesen, sich eine Kunstpostkarte auszusuchen und sie nachzumalen. Da ich schon immer lieber Menschen malte als Landschaften und mich charakterstarke Gesichter faszinierten, wählte ich diese aus. Der Ausdruck im Gesicht der jungen Frau ist einmalig, wenn man das Original betrachtet. Ich war damals untröstlich, ihn nicht hinbekommen zu haben. Doch im Großen und Ganzen war ich ganz zufrieden mit dem Bild; um ein besseres Gefühl für Proportionen zu haben, hätte ich im Nachhinein eine Staffelei verwenden können, damit das Bild aufrecht steht. Ach, und Ölfarben statt Aquarell… 🙂
Ich finde dein Bild ganz großartig! Schade, dass du das Malen nicht weiter verfolgt hast bzw. verfolgen konntest. Doch von deiner Schreibkunst profitieren wir hier auf deinem Blog natürlich noch viel mehr 😎. Von daher alles gut, sage ich mal nicht ganz uneigennützig 😅.
Lach, schön dass ich dich mit meinem Geschreibsel ein bisschen glücklich machen kann 😉 Es ist für mich ebenfalls ein bereichernder Weg, meine eigene Welt der Welt da draußen mitzuteilen.
Hallo Kasia, toll dass Du dieses Bild gemalt hast🤩. Ich hoffe Du findest irgendwann die Ruhe um wieder zu Pinsel und Farbe zu greifen.
Liebe Annemarie, vielen Dank dir! Mal sehen, vielleicht wenn ich in Rente bin 😉
Eine schöne Umsetzung 😍
Vielen lieben Dank! 🙂
Ich bin eher der Kunstbanause. Trotzdem gefällt mir dein Bild und ich finde schön, dass du dein Porträt mitgeliefert hast. Das nächste Mal bitte die Augen aufmachen. Sieht schöner aus. 😉
Lieber Harald, vielen Dank, ich freue mich, dass dir mein Bild gefällt.
Welche Augen??
Auf der linken Seite im Spiegelbild.
Die sind nicht zu, die schauen konzentriert aufs Smartphone 😉
OK 👍 ich bin überredet
Sehr schön 🙂
Eigentlich hätte ich auf diesem Foto gar nicht auftauchen dürfen… betrachte mich einfach als Geist der zukünftigen Weihnacht 😉
Malen… das war so gar nicht meins! Nicht dass ich nicht kreativ wäre – aber es ist wie Du sagst – die kindliche Phantasie stirbt mit dem Eintritt in das Hamsterlaufrad des Lebens (Schule u. Beruf). Beim zeichnen waren meine Perspektiven so schief, dass die Betrachter Mitleid mit mir hatten. Glücklicherweise bin ich aber ganz gut in Physik und Mechanik und darin, mir Dinge vorzustellen. Da kamen mir mit dem Eintritt in die PC Welt die tollen 3D Programme von Kinetix (mittlerweile Autodesk) wie gerufen. Ich zeichnete nicht mehr – ich visualisierte..
das schöne an diesen Programmen: Du kannst ein „Bild“ jederzeit ändern. Der Maler muss jedesmal ein neues Bild malen, wenn er einen anderen Blickwinkel auf ein Motiv einfangen will – beim CV reicht ein Mausklick – den Rest macht der PC.
Ich finde dein Bild aber trotzdem schick – am witzigsten aber den Kommentar von Stefan, kicker.. soso.. die Künstlerin hat ihre Allüren .. 😉
CU
Peter
Hm, räumliches Denken und Vorstellungsvermögen finde ich extrem wichtig. Damit seid ihr Männer eh mehr gesegnet, Stichwort Einparken. Grafische Programme können sehr praktisch sein, denn wie gesagt, du hast damit viel mehr Möglichkeiten und kannst das Bild deinen Vorstellungen anpassen.
Ja, die Künstlerin hat Starallüren… am frühen Morgen und vor dem ersten Kaffee rede ich mit niemandem 🙂
[…] Windrose.Rocks […]
Ich muss dazu sagen das auch heute es der großen Künstlerin mehr als mißfällt wenn sie gefühlt gestört wird 😀
Ich bin eben, entgegen allen Klischees, nicht multitaskingfähig… 😉
Wieder ein spannender Einblick in dein Leben … und deine künstlerische Karriere … dein Picasso ist sehr ausdrucksstark … in s/w sogar noch besser 😉 Ist das d(eine) Spiegelung oder im Original so gemalt?? Du solltest jedenfalls öfte mal einen Pinsel in die Hand nehmen 🙂
Oh vielen Dank, liebe Traudl! Ich denke, die Spiegelung verleiht dem Bild (unbeabsichtigt) mehr Tiefe. Ja, das bin ich, wie ich angestrengt versuche, ein gutes Foto zu machen 🙂
Schöne Umsetzung! Mir fällt es diesmal schwer. Mal sehen, ob mir diesmal noch was einfällt… Schönen Sonntag noch!
Vielen Dank, ich freue mich, dass es dir gefällt. Vielleicht etwas mit griechischer Kunst? Eine kunstvolle Kaffeekanne? Etwas in die Richtung? 😉
Ideen habe ich schon, dann fehlt mir aber das passende, eigene Foto dazu! Mal sehen, was ich beim Stöbern noch so ausgrabe…
Ich bin mir sicher, dass du noch was findest. Fürs Stöbern hast du eine ganze Woche Zeit. Meistens kommt die Erleuchtung etwas später 😉
Liebe Kasia,
ach, was habe ich als Kind gerne gemalt und gezeichnet. Alle Schulhefte wurden vollgemalt, besonders in Erdkunde und Biologie klappte das recht gut.
So konnte ich mich stundenlang alleine daheim mit dem Malen beschäftigen. Mein Vater war Maler und Anstreicher. Wir Kinder bekamen Tapetenreste zum Bemalen. Ich liebe es auch farbenfroh. Wobei ich weniger der freie kreative Typ bin. Ich kann sehr gut abzeichnen, arbeite gerne mit Blei- und Buntstiften. Habe es auch mal mit einem Wochenendkurs Porträtmalerei bei der Vhs versucht. Wir mussten uns gegenseitig malen. Sagen wir mal so, man hätte die Person am Bild erkannt.
Dem Arbeitsamt hatte ich damals gesagt, ich wolle was mit Zeichnen machen. Leider haben die mich ausgelacht. Bin dann im Büro gelandet. Kann da auch Buchhaltung, für mich gibt es aber nichts Schlimmeres als so was Langweiliges!
Liebe Grüße und schönen Sonntag
Renate
Liebe Renate,
vielen Dank für das Teilen deiner Kindheitserinnerungen. Einem kreativen, jungen Menschen Buchhaltung aufzudrücken, das finde ich richtig fies. Gibt kaum etwas, das dem mehr entgegen steht als das.
Auch ich habe damals den Weg der Vernunft gewählt und habe mich fürs Gesundheitswesen entschieden. Ich muss aber sagen, dass mir das lag, denn neben dem Malen und Zeichnen mischte ich liebend gerne irgendwelche Mixturen an (als Fünfjährige gerne mal aus Matsch…). Also kam Kasia in die Apotheke. Du weißt schon: Giftmischer, Pillendreher… 😉
Ich glaube, später hat man nicht mehr so die Muße, sich mit dem Zeichnen und Malen zu beschäftigen. Zumindest geht es mir so…
Liebe Grüße
Kasia
Vielen Dank liebe Kasia, dass du mit einem Eigenwerk von Picassos “Mutter mit Kind”, welches super schön geworden ist, soweit ich das beurteilen kann, wieder bei meiner Challenge mit dabei bist 😊
Liebe Grüße und habe noch einen schönen Rest-Sonntag,
Roland
Vielen Dank, es freut mich sehr, dass es dir gefällt. Danke für die spannenden Projektideen 🙂
Liebe Grüße
Kasia
Gerne, wow, das ging jetzt aber schnell!!!
Ich saß gerade noch an einem weiteren Beitrag 😉
Auch die Bilder eines Künstlers wie Picasso nachmale zu wollen, wäre Einfach nur nachgemacht und eines von vielen. Dieses Bild aber ist mit deiner persönlichen „Handschrift“ einmalig, dazu auch noch wunderschön gelungen!
Richtig interessant ausserdem auch noch zu lesen hier über dich und Kunstunterricht. 🙂
Liebe Grüße von Hanne
Liebe Hanne, vielen Dank! Das freut mich sehr. Ich hatte irgendwo mal viele andere Bilder, aber keine Ahnung, wo die sind… (Garage?). Dieses hatte ich „zur Hand“, weil es bei uns im Wohnzimmer steht 😉
Liebe Grüße auch an dich
Kasia