Royusch wöchentliche Fotochallenge 02 – WORT/WÖRTER
Mit diesem Beitrag nehme ich an Rolands wöchentlicher Fotochallenge teil. Einmal pro Woche wird ein Begriff vorgegeben und die Teilnehmer haben eine Woche Zeit, einen Beitrag mit passendem Bild dazu zu erstellen. Eine Woche – ein Begriff – ein Foto. Dieses Mal lautet der Begriff „Wort“ und eröffnet den Teilnehmern die Möglichkeit, selbst ein für sie passendes Wort (oder einen Satz) auszuwählen. Dieses mal habe ich ein Begriff ausgewählt, welches ganz passend meine (und die vieler anderer Menschen) aktuelle Stimmung aufgreift: trostlos. Die Aufnahme dazu zeigt kahle Bäume, gespiegelt in der Oberfläche einer Regenpfütze. Dazu ein paar Gedanken. Stimmungen in Sepia.
TROSTLOS sieht’s zur Zeit aus
…oder: positives Denken auf Rezept?
Draußen ist es trüb und wolkig. Ein einheitliches Grau. Selbst das Licht findet kaum einen Weg in die Wohnung. Es gibt nichts für mich zu holen; trotzdem ziehe ich meine Mütze und meine Wanderschuhe an und gehe raus. Eigentlich will ich gar nicht, es gibt nichts, was mich nach draußen zieht. Doch ich habe mich seit fast einer Woche kaum bewegt, und mein Körper verlangt danach.
Kahle Bäume am grauen Himmel. Die Füße versinken im Matsch des aufgeweichten Weges. Knorrige, verdrehte Äste spiegeln sich in großen, braunen Pfützen. Das Bild, das sich daraus ergibt, sieht fast schon sepia aus. Auf einer Bank sitzt ein einsamer, alter Mann.
Ich blicke in die trockene, nackte Vegetation, die sich am Wegesrand bietet. Blattlose Sträucher, kein einziger Farbtupfer darin. Dann blicke ich nur noch vor mich hin, umgehe vorsichtig die schlammigen Stellen. Das Wort schleicht sich lautlos in meinen Kopf.
Trostlosigkeit.
Es ist kein rationaler Gedanke. Es ist vielmehr ein Gefühl, eine Empfindung. Es beschreibt diesen Tag, diese Wochen, diese Zeit.
Ich halte nichts davon, mich immerzu ans Positive zu klammern. Ich bin es müde, im Schlechtem das Gute, im Hässlichen das Schöne zu sehen. Es wäre, als würde ich mich selbst belügen. Mir geht es nicht gut. Punkt.
Immer wieder höre ich, man solle nicht in Selbstmitleid versinken. Das sei doch Meckern auf hohem Niveau. Uns ginge es ja noch gut, so vielen anderen Menschen ginge es noch viel schlechter. Und ich kann es nicht mehr hören. Es ist nicht genug, dass es Menschen nicht gut geht. Nein, zudem wird es ihnen auch noch abgesprochen, ihre Gefühle zu äußern und zu konkretisieren. Das positive Denken wird verordnet. Sei froh mit dem, was du hast.
Immer wird es jemanden geben, irgendwo in der Welt, dem es schlechter geht als mir.
Na und?
Soll das jetzt mein Maßstab sein?
Ich bin ehrlich zu mir selbst. Müssen wir denn das, was wir empfinden, immerzu schönreden? Muss man alles schönreden? Muss denn die Welt immer aus den positiven Dingen bestehen? Ich suche mir nichts, was meine Stimmung hebt. So, als wäre sich schlecht zu fühlen etwas Schlechtes, was nicht sein kann, nicht sein sollte und was man sofort wegtherapieren sollte. Geh dagegen an. Ich will nicht, wieso? Haben wir verlernt, das Leben als das zu nehmen, was es ist: ein Mosaik? Ein Mosaik aus schön und hässlich, gut und schlecht, fröhlich und betrübt. Es ist in Ordnung, sich nicht gut zu fühlen.
Sich hin und wieder in Selbstmitleid suhlen ist keine schlechte Idee. Es kann auch mal gut tun. Fünf Minuten Selbstmitleid am Tag bekommst du von mir. Aber dann richtig. Dramatisch. Theatralisch. Tieftraurig. Danach geht’s weiter.
Die Muskeln bewegen sich, das tut gut. Die frische Luft tut auch gut.
Trotz des grauen Tages sind überraschend viele Menschen unterwegs. Und auch wenn ich Leute (soll sich bitte keiner angesprochen fühlen; einfach irgendwelche Leute, die einheitliche Masse eben…) ansonsten in die Tonne treten könnte, wenn es zu viele sind und ich meine Ruhe will, so heben sie heute meine Stimmung. Da ist sie, meine Herde, von der ich mich all die Zeit bislang freiwillig(?) isoliert habe.
Einzelne Worte, Gesprächsfetzen erreichen mein Ohr. Ich höre „Impfstoff“ und „Biontech„. „…sie haben schon so viele Tage verpasst im September.“ Nur die Jüngeren scheinen sich noch mit anderen Dingen befassen zu können. Da höre ich das Lebhafte, das Positive raus. Eine Radfahrergruppe steht wartend am Wegesrand.
„Haaalt! Komm zurück! Komm hierher… HIERHER!“ Was klingt, als würde sie einen Hund dressieren, ist eine Mutter, die ihr Kind zu disziplinieren versucht. Das wiederum erheitert mich ungemein.
Ich bin wieder zu Hause. Der Walk ist rum, der Beitrag niedergeschrieben, es geht mir wieder besser. Mit meinem Trübsalgebläse darf sich jetzt meine Online-Community herumschlagen.
Bei diesem Gedanken muss ich sogar lächeln.
Wer noch ein paar mehr „trostlose“ Aufnahmen sehen möchte, für den ist die unterstehende Galerie erstellt:
Zu den Fotos: wir haben hier in DO einen öffentlichen Park (Rombergpark), bei denen es momentan genauso aussieht, wie auf deinen Fotos. Alles ist eher Spooky als herzerwärmend – deshalb war ich schon Wochen – nein Monatelang nicht mehr dort. Ich glaube, diese Zeit mit seinen Tagen die grau in grau sind, zerren bei allen an der Psyche. Frauen sind dafür glaube ich noch etwas anfälliger, weil romantischer aber auch gefühlsbetonter veranlagt. Einen Kerl nervt es eher dass da keine Joggerinnen unterwegs sind, denen man auf den Hintern gucken kann. Hat den einsamen Mann auf der Bank wahrscheinlich auch geärgert.. 😉
Es ist schwierig bei Dauerregen, Temperaturen im einstelligen Bereich und den Tagen, an denen es gar nicht richtig hell wird und um halb Fünf schon wieder dunkel ist, die Akkus der positiven Laune wieder laden zu können. Deshalb liebe ich den Schnee (soll ja jetzt am Wochenende richtig kommen). Wenn alles in weiß getaucht ist, die Wintersonne durch den Schnee tausendfach verstärkt wird, Geräusche durch den Schnee gedämmt werden und beim spazieren gehen der Schnee unter den Schuhen knirscht – dann wird meine schlechte Laune direkt weggezaubert.
Und dann sind bestimmt auch wieder Joggerinnen unterwegs..;-)
CU
Peter
Hallo lieber Peter,
Da hast du dir tatsächlich den emotional geladenen Gedankengulasch einer deprimierten, gefühlsbetonten, romantisch-sentimentalen Frau angetan? Das ist für einen Mann eher Gift… 😉 Nichtsdestotrotz vielen Dank dafür!
So eine schöne Zeit war gestern, geniales, sonniges Wetter, um die Akkus wieder aufzuladen. Da saßen wir mit meiner Nachbarin draußen auf der Terrasse und zwitscherten ein schönes, süffiges Frauenweinchen 🙂 Solche Tage werden jetzt hoffentlich mehr, ich warte schon sehnsüchtig. Ein bisschen Sonne kann manchmal einen enormen Unterschied machen…
Also ich muss ehrlicherweise sagen, dass bei uns recht viele knackige Joggerinnen (und Jogger) unterwegs sind… Die sportliche Fraktion lässt sich vom Regen nix vormachen und dreht, unabhängig vom Wetter ihre Runden.
Oh ja, ich liebe den Schnee! Davon gibt es viel zu wenig im Rhein-Main-Gebiet, zumindest in den Ebenen. Fährt man in den Odenwald raus, sieht die Sache schon wieder anders aus. Mach ich aber nicht, da bin ich brav…
Letztens hat es nachts vor unserer Tür geschneit, der Schnee war noch komplett jungfräulich, keine Fußspuren, keine Menschen, keine Geräusche. Es war so leise, dass man den Schnee sogar beim Fallen wie elektrisch knistern hörte!
Ich schwör! *zwei-Finger-hochhalt*
Liebe Grüße
Kasia
Freut mich, dass du mit diesem schönen „Wort“-Beitrag bei meinem kleinen Challenge mit dabei bist ?
Liebe Grüße
Roland
Lieber Roland, sehr gerne! Ich bin schon gespannt auf die nächste Challenge…
Lg Kasia
ich kann das sehr gut nachvollziehen ! Mir ging es wochenlang auch nicht gut was meine Schmerzen betrifft und die hatte ich wirklich. Auch ich musste mir anhören, andere haben noch viel schlimmere Krankheiten als du ! Ich möchte das nicht anzweifeln aber in diesem Moment hilft das einem recht wenig ! Jeder ist sich der nächste das ist einfach so !!!
Gut die derzeitige Sitiuation , das trübe Winterwetter, der Regen ect. tun das übrige dazu. Man fällt da schon schnell in eine Art Depression !
Wenn es mir nicht gut geht, möchte ich einfach in Ruhe gelassen werden und nicht mich in Diskussionen verwickeln lassen die meistens eh keinen Wert haben. Trostlos ist die Lage derzeit genug ! LG Manni
Lieber Manni,
vielen lieben Dank. Es ist echt blöd, wenn man, warum auch immer, ausgebremst wird. Kluge Sätze seitens der Umgebung bringen da recht wenig, wie du schon sagtest, es ist wie es ist und geht wieder vorbei 😉 Mir ist es wichtig, auch mal eine tiefe Stimmung zuzulassen und sich auch mal das Grübeln zuzugestehen. Es ist wirklich so, dass viele Menschen momentan mental auf dem Zahnfleisch laufen. Ich weiß, dass es nichts hilft, aber darum geht es nicht… Ich glaube, sobald die erste Vegetation draußen sprießt, werden wir uns wieder anders fühlen.
Liebe Grüße
Kasia
dankeschön und ja da bin ich voll deiner Meinung ! Viele sind frustriert und das merkt man immer mehr. Die Jahreszeit tut das übrige !
Dann hoffen wir alle auf baldige Besserung !
LG Manni
Das wird schon. Schlechte Stimmung ist nicht mehr als eine Momentaufnahme 😉
Liebe Grüße und pass auf dich auf
Kasia