Die Frau im Glühweinstand lächelt mich einladend ein, während ich meinen Mantel enger um mich schlinge und die Handflächen aneinander reibe. „Sie sehen so verfroren aus. Ein Glühwein könnte helfen.“ Ich bedanke mich, während ich die Aufschriften auf dem Glühweinstand betrachte. Der Erlös aus dem Verkauf geht für den guten Zweck. Ja, der gute Zweck hat mich schon überzeugt. Aber ich hatte schon einen und ich muss noch fahren…
Es ist noch hell, als ich im Stadtzentrum von Trier ankomme; es ist sonnig und knackig kalt. Die vorweihnachtliche Straßenbeleuchtung fängt erst an zu brennen, leuchtende Sterne säumen die lange Straße, die direkt zum Trierer Marktplatz führt. Links und rechts haben sich Straßenverkäufer platziert, und immer wieder bleibt jemand stehen, um ein Foto zu machen. Trier ist kein Geheimtipp, er zieht Besucher als aller Welt an. Selbst unter der Woche ist hier viel los und ich mag mir den vorweihnachtlichen Betrieb am Wochenende gar nicht ausmalen.
Der Weihnachtsmarkt am Marktplatz ist eingebettet zwischen top restaurierten Fachwerkhäusern vor einer historischen Kulisse des mittelalterlichen Hauptmarktes. Sofort umgarnt mich der warme Duft von Süßigkeiten und gebrannten Mandeln, der aus den kleinen Holzhäuschen dringt. Hier gibt es Baumstrietzel, kleine, rund gebackene Teigkuchen, die ich in Prag als Trdelnik kennen (und lieben) gelernt habe. Im nächsten Moment beiße ich schon in den warmen Teig und Nutella rinnt mir übers Kinn. Die Vorweihnachtszeit ist schön.
Dann zieht es mich an den Glühweinstand, neben das große Kinderkarussell im Zauberwald. Der Glühwein hier ist kein Fusel, es ist echter Winzerwein von der Mosel. Der Verkäufer versucht, mich auf russisch anzusprechen. Nein, liebe Leute, ich spreche kein Russisch, auch wenn ich so aussehe, hätte ich am liebsten geantwortet. Die ersten Schlucke breiten sich wohlig warm in meinem Magen aus. Doch irgendwie wird es voller und voller und ich stehe mitten im Weg rum.
„So ein Glühwein ist was feines, oder?“ Fragt der Mann lächelnd, als ich mich zu dem älteren Ehepaar an einen der Stehtische rette. „Ja.“ Sage ich. „Und das Wichtigste: er wärmt die Hände.“ Glühwein gehört dazu. Doch die meiste Zeit stehe ich nur mit der heißen Tasse da und missbrauche sie als Taschenwärmer. Ich glaube, das ist der eigentliche Zweck, warum man Glühwein kauft. Um die kalten Hände zu wärmen.
Das Karussell fährt fröhlich im Kreis vor sich hin und Kinder verfangen sich im Zauberwald. Ich stehe da und der Stress der Arbeit fällt von mir ab. Langsam überträgt sich auch auf mich die schöne, fröhliche Stimmung – wobei das heiße Getränk in meinen Händen dabei eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Der blaue Himmel ist noch immer blau und klar, doch so langsam senkt sich die Wintersonne, bereit, jeden Moment unterzugehen. Nur ihre kräftig roten Strahlen schieben sich noch zwischen den Ständen und Buden wie Finger und prallen von den Hauswänden ab. Alles steht in einem seltsamen Glanz.
Der Trierer Weihnachtsmarkt ist relativ klein, doch er erstreckt sich vom Marktplatz aus in Richtung Domkirche. Hier gibt es selbstgemachte Flammkuchen, kleine, süße Stände – begeistert wandere ich umher. Es ist kalt, sehr kalt, doch auch super schön und so ignoriere ich die allgegenwärtige Kälte. Als ich zurück zur Tiefgarage laufe, leuchtet die Porta Nigra inmitten vieler, kleiner Lämpchen. Die Dame vom Glühweinstand lächelt mich mitleidig an. „Einen Glühwein vielleicht? Sie sehen so verfroren aus…“
Hier ist der Link zur offiziellen Website des Weihnachtsmarktes. Für einige interessant wäre sicher der kostenlose Shuttle Service: die Busse fahren alle zwölf Minuten von den Parkplätzen am Messepark, an der Hochschule, an der B51 und von Trier Nord ab.