Asien, Jordanien

Jordanien, Tag 1 – Planlos in Amman

Sonntag, den 30 September 2018

Der Verkehr draußen wird immer mehr, immer wieder hört man jemanden Hupen. Vor meinem Fenster verläuft die Straße, die City von Amman. Hier, hinter dem halb geöffneten Fenster, durch die alten, zerschlissenen Vorhänge, dringt der Lärm nur noch gedämpft in den Raum. Die Tür hinter mir ist verschlossen, die halb ausgepackte Tasche liegt auf dem Bett.

Ich lege die Tüte mit dem eben unten gekauftem Sandwich auf dem Nachtisch ab und werfe das Kleingeld daneben in den blitz blank sauber polierten Aschenbecher (rauchen ist in den Räumen ausdrücklich erlaubt!). Die silbernen Münzen klingeln. Ich muss dringend lernen, mich mit dem Kleingeld hier auszukennen, also setze ich mich auf das Bett daneben und fange an, mir die Münzen genauer anzuschauen, so lange, bis ich weiß, was fünf, was zehn und was ein Viertel Dinar ist. Doch so schlimm ist es auch wieder nicht, denn die Menschen hier sind unglaublich geduldig, ob das nun der Junge an der Rezeption ist, der sich öfters wiederholen muss, weil ich ihn nicht verstehe, die Polizei, die mich mitten in der Nacht ohne Fahrlicht vorbei fahren sieht und nur lacht oder der Sandwich-Verkäufer, der mir zum zehnten Mal versucht klar zu machen, dass ein belegtes Sandwich fünfundneunzig Piaster kostet.

Ich lege das Geld wieder in den Aschenbecher und lege mich auf das Bett. An der Decke bröckelt der Putz, der Türrahmen der Badezimmertür ist teilweise abgerissen. Draußen lärmt der Verkehr und etwas überrascht höre ich auch das liebliche Zwitschern der Vögel. Ich schließe die Augen. Wie bin ich denn hierher gekommen?

Begonnen hat es mit einer Kasia-Idee vor mehr als zwei Monaten, als ich vor meinem Laptop saß und nach einer Reise suchte, die ich mir zu meinem Geburtstag in Oktober selbst schenken würde. Und Jordanien? Das Königreich, umgeben von Konfliktherden wie Syrien und Westjordanland, hat in den letzten Jahren touristisch sehr eingebüßt, ohne dass es dafür einen triftigen Grund gegeben hätte. Die Sicherheitslage in Jordanien ist stabil und es war noch nie in der jüngsten Vergangenheit anders gewesen, außer vielleicht in 2011, als sich der Arabische Frühling wie ein Lauffeuer über ganz Nahost ergoss. Doch nun ist längst wieder alles ruhig, noch hat das Land nicht viel von den umgebenden Unruhen abbekommen. Abgesehen vielleicht von der großen Anzahl an Flüchtlingen, deren das Königreich eine halbe Million bei sich aufgenommen hatte.

So sitze ich also da und denke mir, Jordanien, why not. Ich will Petra, die Felsenstadt, einmal im Leben gesehen haben, solange das Land ruhig und friedlich ist, denn wie schnell sich solche Dinge ändern können, das sehen wir an anderen ehemals sehr touristischen Gegenden wie Tunesien, Ägypten, Türkei. Um nur ein paar zu nennen. So buche ich also kurzentschlossen einen Flug nach Amman. Nur um dann, nach abgeschlossener Buchung festzustellen, dass ein Flug nach Aquaba organisatorisch wesentlich mehr Sinn gemacht hätte, da sich die Felsenstadt im Süden des Landes befindet. Nur dass ich jetzt im Norden in Amman landen werde.

Oh shit.

Was tun? Flug stornieren, oder…

…kein Problem, Kasia mietet sich einen Wagen. Nun, eigentlich hatte ich nicht vor, so weit zu fahren oder überhaupt in Jordanien alleine durch die Gegend zu fahren, aber jetzt ist es nun mal so. Check, der Wagen ist gebucht. Kasia beginnt, ihre Route zu planen.

Im Verlauf der weiteren Recherche stelle ich nach und nach fest, wie viel mehr das kleine Königreich eigentlich zu bieten hat. Nein, es ist bei Weitem nicht nur Petra, es sind historische Stätten in Amman wie der Herkulestempel mit Überresten der riesigen Herkulesstatue, es ist der Jordanfluss, es ist Madaba, die Mosaikstadt. Die Straße der Könige führt an vielen sehenswerten Orten vorbei und das Tote Meer ist auch nur eine Katzensprung entfernt. Nicht zu vergessen – Wadi Rum, die schönste Wüste der Welt, in der Episoden zu Star Wars gedreht wurden.

So nahm der anfangs abgespeckte Plan für eine Woche Jordanien ordentlich an Umfang an. So viele Orte, so wenig Zeit. Warum habe ich nur eine Woche genommen, warum nur?

Doch mit der Vorfreude wuchs gleichzeitig auch die Angst vor der eigenen Courage, denn was als ein kurzes Intermezzo beginnen sollte, stellte sich nach und nach heraus als ein Trip quer durchs Land. Es war nicht nur das erste Mal, dass ich mich entschieden habe, alleine ein arabisches Land zu bereisen, nein, es war das erste Mal, dass ich mich entschieden habe, ein arabisches Land alleine mit dem Auto zu bereisen, denn bislang habe ich meine Nase ohne Begleitung kaum aus Europa herausgereckt. Rumänien war so ziemlich das Exotischste und selbst danach kam ich mir super verwegen vor. Doch das war ein Klacks im Vergleich zu dem jetzt und ich bekam es so langsam mit der Angst, ob ich mich an meinen hochtrabenden Plänen nicht verschlucke.

Ich recherchiere. Bereite mich vor. Wie ist der Verkehr, wie sieht es mit der Währung aus? Ich shoppe passende Kleidung, um dort möglichst landeskonform auszusehen. Besorge mir Kopftücher. Meine persische Freundin schüttelt den Kopf. „Die hättest du dir dort vor Ort besorgen sollen, wenn du wie eine Einheimische aussehen willst, denn jedes Land hat andere.“ Nein, ich will nicht wie eine Einheimische aussehen. Hallo, ich bin blond…? Ich will einfach nur Kopftücher haben, falls die Notwendigkeit besteht, dass ich welche brauchen sollte. Das wars. Mehr Anspruch habe ich in diesem Moment nicht an mich.

Wir fahren zum Flughafen, doch meine Gedanken sind nicht hier. Ist es nicht so, dass wir auf jeder Reise, vor jeder Reise unser Innerstes vorschicken, unser inneres Auge auf Wanderschaft senden, auf dass ein Teil unseres Geistes bereits den Ort, der vor uns liegt, erkunden und dort auf uns warten möge?

Der Sonnenuntergang mit seinem blutig grellen Streifen sieht einfach nur genial aus, wechselt fast ohne Übergang sofort ins rauchiges Braun, ins Aquamarin-Meeresgrün, um dann im Blau auszulaufen.
Bukarest. Wie eine leuchtende Perlenkette, die jemand über die Erde gelegt hat, glitzern die Lichter der Stadt. Bukarest war auch toll gewesen. Für viele Passagiere ist ihre Reise hier zu Ende, sie sind angekommen. Doch für mich ist es nur die Teilstation. Und wieder bin ich aufgeregt.

Die Maschine ruckelt beim Landeanflug, diese kleine Tarom-Flieger sind immer so wackelig. Sobald sich der Flieger wieder einmal ein weiteres Stück absenkt, ertönt nervöses Gelächter, das die Spannung lösen soll. Als das Flugzeug gelandet ist, beginnen einige Passagiere, laut Beifall zu klatschen. Meine blonde Sitznachbarin und ich schauen uns an. „Macht man das denn heute noch?“ Frage ich.

Die Maschine landet gegen 21:30Uhr, ganze zweieinhalb Stunden gilt es, sich im Gate totzuschlagen. Ich sitze gegenüber einer jordanischen Familie, einen Jungen und augenscheinlich seinen beiden Schwestern oder Kusinen, die sich die Zeit mit Konversation und Lachen vertreiben. Neben mir eine weitere allein reisende Frau mit ihrem kleinen Sohn. Ich beobachte die beiden aufmerksamer. Der kleine schläft und sie deckt ihn zu. Sie hat Wanderschuhe und Funktionskleidung an und spricht mit ihrem Kleinen deutsch, doch ihr Gesicht weist arabische Züge auf. Und, wie ich später feststelle, arabisch spricht sie auch.

Ich bin müde und übernächtigt, doch ein Auge zumachen kommt hier nicht infrage. Wie gerne hätte ich mir am Bord mit gutem, rumänischen Wein die Kante gegeben, doch wenn ich mitten in der Nacht in Jordaniens Hauptstadt lande, brauche ich alle Sinne beisammen. Außerdem macht sich eine Alkoholfahne bei den Kontrollen bestimmt gut.

In einem Königreich wie Jordanien bin ich der Türke. Im gesamten Flieger bin ich die einzige blonde Person an Bord. Ich falle komplett auf.

Als das Flugzeug landet, beobachte ich zum ersten Mal überhaupt etwas Erstaunliches, das ich so nicht kenne: die (meist jordanischen) Passagiere helfen sich gegenseitig, ihre Handgepäckkoffer aus den Fächern zu hieven. Es ist eine Kleinigkeit, aber sie ist wegweisend, so unvertraut in unserer westlichen Gesellschaft, wo jeder nach sich selber schaut.

Vor der Einreise bekommt man am Flughafen den Visa-Stempel sofort vor Ort in den Reisepass gesetzt, es sind sofort 40 JD zu entrichten, diese können mit Visa bezahlt werden. Achtung, es ist laut meiner Information nicht erlaubt, jordanisches Geld ins Land einzuführen, doch es ist am Flughafen möglich, Geld zu tauschen oder am ATM-Automaten zu ziehen. Der ATM hat laut meinem Gastgeber den besseren Kurs. Mit dem Jordan Pass spart man sich die Kosten wie den Eintritt in einige Sehenswürdigkeiten, doch die Vorab-Buchung online hat bei mir, aus welchen Gründen auch immer, nicht funktioniert, obwohl ich keine Vorgänge blockiert und alle Cookies zugelassen habe. Es ist leider nicht möglich, den Jordan Pass nachträglich am Flughafen zu kaufen.

Jordanien hat ebenso harte Bestimmungen zur Medikamenteneinfuhr wie Katar, aber ich rechnete nicht gerade damit, dass die Securitys ausgezeichnet jetzt, in Zeiten touristischer Flaute, ein Exempel an mir statuieren. So kommen meine Schilddrüsen- und meine Kopfschmerztabletten mit, tief vergraben in der Kosmetiktasche im Gepäck. Beim Verlassen der Halle wurde meine Tasche nicht einmal gescannt; der Uniformierte winkte mich freundlich am Gepäckscanner vorbei, wo andere Passagiere brav anstanden und ihre Taschen hinein schoben. Manchmal hat es auch seine Vorteile, die einzige blonde, hilflose Frau zu sein.

Draußen in der Halle schaue ich mich erstmal um. Toiletten. Prepaid-Karte. Geld tauschen. Europe Car. Europe Car? Ah, da hinten. Die Ankunftshalle des Queen Alia-Flughafens ist gut ausgeschildert. „You need Taxi?“ „No, thank you.“ Fahrer mit Schildern in der Hand warten auf ihre Neuankömmlinge. „You are Christine?“ Ein älterer Mann kommt auf mich zu. Nein, Christine bin ich auch nicht.

Der Mietwagen ist ein sportlicher, fescher Mazda und als der Mitarbeiter von Europe-Car wieder im Gebäude verschwindet, kann ich nicht anders: ich, stolzer Tourist, mache ein paar Fotos.

„You need Taxi?“ Ich bin wieder ins Flughafengebäude, um die Sache mit der Prepaid Card zu erledigen. Das ist wichtig, denn das Auto hat leider kein Navi – es gab online keine Möglichkeit, eines dazu zu buchen; als mir der Mann im Häuschen den leeren Tom-Tom-Karton zeigt, weiß ich auch, warum. So will ich mein Handy zum Navigieren nutzen, doch dafür brauche ich die Prepaid Karte.

Die Taxifahrer hier sind freundlich und nicht aufdringlich, sie kommen auf mich zu, lächeln und verschwinden nach einem „no, thank you“ auch wieder. Bis es ein Kollege erneut versucht. Nun zeige ich stolz den Autoschlüssel. „I have my own car!“ Breites, anerkennendes Lächeln ist die Antwort.

Ankunft am Queen Alia Airport in Amman
Mein schicker Mazda

Und nun? Was tue ich als nächstes? Es ist nach vier und noch dunkel draußen und die Versuchung ist groß, mich im Auto einfach mal für ein paar Minuten schlafen zu legen. Doch ich verwerfe den Gedanken; eine allein reisende, blonde Frau, die in ihrem Auto die Nacht verbringt, kommt hier bestimmt gut.

Die Idee ist, in Richtung Amman zum Hostel zu fahren und mir dort die Zeit zu vertreiben, vielleicht irgendwo bei einem Kaffee oder bei einem Tee sitzend. Die Rezeption hat zwar 24/h geöffnet, doch rechne ich nicht wirklich damit, dass ein Zimmer für mich fertig sein könnte.

Also stelle ich mein Navi (mein Handy, was sonst), starte den Motor und rolle los. Bremse ein-bis zweimal abrupt ab, da ich mich wieder einmal von der Gangschaltung auf eine automatische neu einstellen und erst kapieren muss, dass das Pedal da links NICHT die Kupplung ist. Ein Fußgänger schaut irritiert auf. Hey, blonde Frau am Steuer, das erklärt alles!

Der Parkplatz am Flughafen ist mit Schranken versehen – anscheinend brauche ich so etwas wie ein Ticket, um hier heraus zu kommen. Ich setze den Rückwärtsgang, doch ein Flughafenmitarbeiter, der plötzlich da ist, als hätte ihn eine gute Fee geschickt, winkt mich, weiter zu fahren. „Its a rental car?“ Fragt er. „Which company?“ Dann macht er etwas an der Schranke, ein kurzer Alarm ertönt und die Schranke gibt mich frei. Ich verlasse den Flughafen und fahre durch die Nacht.
Irgendwas ist komisch. Vielleicht muss ich mich erst an das schicke, neue Auto gewöhnen. Langsam fahre ich in einen Kreisel, dann in einen weiteren. Die Straßen sind leer und von den wenigen Fahrern bin ich die einzige, die sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält. Andere überholen mich. Einer hupt kurz. Is ja gut, Frau am Steuer! BLONDE Frau am Steuer! Wie man sieht, bin ich eiskalt bereit, jegliche Klischees nach Bedarf auszuschlachten.

Jetzt weiß ich, was nicht stimmt. Schon bald merke ich, dass ich die Beleuchtung vergessen habe. Das merke ich ziemlich genau in dem Moment, als ich die Polizei am Seitenstreifen stehen sehe. Die Herren schauen grinsend mein Auto an. Just Tourist!

Ich halte ein paar Meter vor dem Polizeiwagen an und beginne aufgeregt, auf der linken Seite vom Lenkrad herumzufummeln. Wo ist hier bitteschön das Licht? Ich rechne fast damit, dass gleich jemand von den amüsiert lächelnden Herrschaften neben meinem Wagen stehen und hineinleuchten würde, doch das passiert nicht. Ich finde schließlich das Licht und fahre weiter. Sie folgen mir nicht, und ich schaue auch nicht nach hinten.

Die Straßen sind leer und die Autobahnen haben eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, die ich mit meinen gefahrenen 80 km/h eiskalt unterschreite. Die Fahrbahn glänzt im Licht der Laternen. Als ich in Amman ankomme und die Autobahn verlasse, ist die Fahrbahn so abgefahren und glänzend, dass ich die irrationale Angst habe, in den Kurven wegzurutschen. Und auch die Streifen, die die Fahrspuren markieren, sind längst nicht mehr zu sehen, falls sie jemals da waren. Ich fahre also blind und blinke unsinnigerweise auf den leeren Straßen der leeren, schlafenden Stadt, wenn ich eine nicht vorhandene Spur wechseln möchte. Allein daran merkt doch schon ein unbeteiligter Beobachter, dass da irgendwas nicht stimmen kann, denn die Einheimischen blinken nicht.

Später werde ich feststellen, dass man die Markierungen hier gar nicht braucht, denn die Menschen fahren sowieso, wie ihnen der Kopf steht. Hatte ich Rumänien schon als chaotisch empfunden, setzt Jordanien dem nochmal eine Krone auf. Der Sieger ist, wer zuerst da ist, da gibt es kein Pardon.

Doch gerade ist keiner zuerst da. Ich bin zuerst da. Ohne Probleme finde ich das Hotel und die leere Stadt verspricht nicht gerade ein offenes Cafe oder ähnliches. Am Straßenrand stelle ich das Auto ab. Auch hier lockt das kurze Nickerchen, doch bald schon wird sich die Stadt mit Leben füllen. Der Himmel wird bereits heller und der Mond blasser, milchiger. Wolkenschleier hängen über der Stadt und ich frage mich, ob es hier zu dieser Jahreszeit manchmal regnet.

Amman bei Nacht – keine Schönheit, doch bei Tage wird es auch nicht besser 😉

Ein Müllwagen fährt langsam die Straße ab, an mir vorbei fahren Busse und Taxis. Amman ist ein Moloch. Das aufkommende Tageslicht bestätigt den Eindruck noch. „Eine Stadt ohne Charme“, habe ich irgendwo gelesen und ein Blick rundum bestätigt das Gehörte. An bröckelnden Fassaden hängen teilweise lose Kabel herunter, Block reiht sich an Block und diese grauweißen, unförmigen Klötze setzen sich Reihe für Reihe fort. Vor mir sehe ich das grelle, bunte Blinken einer Leuchtkette, die um einen Baum gewickelt immerzu aufdringlich ihre Farben wechselt. Das ist doch wirklich nicht schön… denke ich.

Irgendwann, um kurz vor sieben, entschließe ich mich, das Hostel doch noch aufzusuchen. Vielleicht kann ich mir wenigstens in der Lobby die Zeit vertreiben. Doch die Türen sind abgeschlossen und ein Mitarbeiter der Straßenreinigung deutet mir an, zu klingeln. Hah, wenn es denn hier eine Klingel gäbe… Er kommt zu mir rüber und klopft mit seinem Besen, den er in der Hand hält, kräftig gegen die Scheibe; ein weiterer Mitarbeiter nähert sich, um zu helfen. Die Männer sprechen kein englisch, doch das brauchen sie auch nicht, denn einen Augenblick später schält sich ein verschlafener Junge hinter dem Empfangstresen hervor.

Der Junge hat sich hinter dem Tresen ein Schlafbett aufgestellt. Müde, aber sehr freundlich checkt er mich ein und ja, das Zimmer sei auch schon fertig. Ich kann mein Glück kaum fassen. Als ich ihm erzähle, dass ich nur schnell die Tasche aus dem Auto holen gehe, läuft er mit mir mit und besteht darauf, das Auto näher am Hostel zu parken. „Wir haben hier Kameraüberwachung, das ist sicherer.“ Sagt er. Ich gebe ihm den Schlüssel in die Hand und lasse ihn gewähren. Mit Leichtigkeit hätte ich selber umparken können, doch ich weiß, wie wichtig es für die Männer hier ist, solche Dinge für eine Frau tun zu dürfen. Auch wenn besagte Männer noch wie vierzehn aussehen. Und auch wenn es nicht auf Anhieb klappt. Bei einem Automatik-Fahrzeug springt der Motor erst an, wenn man mit dem Fuß auf der Bremse steht und der Hebel in der P-Stellung ist. Ist der Junge überhaupt schon achtzehn?

Ein weiterer Fahrer bleibt neben uns stehen und wartet darauf, dass die Lücke frei wird. Alleine schon aus diesem Grund kommt es nicht infrage, dass ich mich jetzt ans Steuer setze. So tauschen wir kurz die Plätze, ich zeige ihm den Trick mit der Bremse, dann tauschen wir wieder die Plätze und der Junge fährt langsam ruckelnd rückwärts los. In meinem Mietvertrag ist kein Zusatzfahrer vorgesehen und so bricht mir der Angstschweiß aus, wenn ich sehe, wie knapp der Junge an anderen parkenden Fahrzeugen vorbei manövriert. Ich verlasse mich darauf, dass er schon wissen wird, was er tut. Die fliegenden Händler, die frisch belegte Sandwiches verkaufen, rufen ihm etwas zu, während sie ihre Stände in Sicherheit bringen, doch er beachtet sie nicht.

Endlich angekommen – glücklicherweise kann ich schon morgens um sieben mein Zimmer beziehen…

Die Zweiliter-Flasche Wasser aus dem Kühler kostet hier fünfundzwanzig Pence und ein belegtes Sandwich rund fünfundneunzig. Die Männer stehen bereits früh am Morgen mit ihren Wägelchen am Straßenrand und haben alles dabei, um so ein Sesambrot lecker zu belegen: Streichkäse, Eier, Tomaten, frische Kräuter und Zitronensaft. Auch Kaffee und Tee wird serviert. Ich lasse mir ein Sandwich machen, nur um dann partout nicht verstehen zu wollen, wieviel Geld der Mann nun von mir will. Neues Land, neues Geld und man möchte ja auch alles richtig machen. Geduldig zeigt er mir immer wieder die Münzen, schließlich gebe ich ihm einen Dinar und lasse ihn die Differenz rausgeben. Es sind Centbeträge und ich habe keine Angst, abgezockt zu werden.

So sitze ich nun oben in meinem Zimmer, esse mein Sandwich und trinke das gute, kalte Wasser. Das Vogelgezwitscher hält immer noch an, ganz so, als würde ich mitten in einem Garten logieren. Der Verkehr vor dem Fenster ist dichter geworden und neben dem Gezwitscher höre ich ein „miau“. Das Miau kommt vom Fenster und die Quelle des Geräusches, eine rot-weiße Katze, ist schnell gefunden.

Nach dem Essen lege ich mich hin und hole den fehlenden Schlaf auf. Kurz steht die Überlegung im Raum, zu Fuß loszugehen und Amman zu erkunden, doch das Bedürfnis nach Erholung ist dringender. Nachmittags um zwei werde ich wieder wach.

Das Bad ist in einem noch schlechteren Zustand wie das Zimmer, die Toilettenspülung funktioniert nicht und die Abdeckung vom Kasten fehlt ganz. Toilettenpapier gibt es nicht, hat es hier vermutlich nie gegeben, doch es gibt die nach Laune funktionierende Handdusch-Vorrichtung, die ich so inzwischen aus den meisten Toiletten aus dem arabischen Raum kenne. Die Duschvorrichtung wird in die rechte Hand genommen und jetzt weiß ich auch, was mit der „unreinen“, linken Hand gemeint ist. Glücklicherweise habe ich eine Vorrat an Papiertaschentüchern im Gepäck.

Wer auf Lost Places steht, der wird es lieben. Das Hotel wirkt auf eben jene Art verwahrlost wie diese verlassenen Orte, nur dass es hier nicht „lost“ ist. Ansonsten aber, das volle Programm – herumstehender Kram, den niemand mehr benutzt (oder vielleicht doch?), bröckelnder Putz, flackerndes Licht. Sicherlich gruselig bei Nacht.

Unten lerne ich Djamal* kennen, den Besitzer des Hostels. Djamal* bietet auch Jordanien Touren an. Bei ihm buche ich eine Tour für die nächsten Tage, ein Rundum-Sorglospaket. Sowohl die Übernachtungen als auch Essen, Trinken, Eintritte und der Sprit sind inclusive.

Ich werde mich um alles kümmern, sagt Djamal*. „Ich werde alles tun, damit du dich mit Freude an diesen Urlaub in Jordanien erinnerst. Ich zeige dir viele schöne Plätze“, und Schritt für Schritt erarbeiten wir zusammen einen Reiseplan für die ganze Woche.

„Bist du happy mit dem Plan?“ Fragt er mich und ich zögere. Denn jetzt gilt es, über einen Preis zu verhandeln. Ich bin ein schlechter Verhandler. Der Betrag beläuft sich auf siebenhundert JD und steht nach dem Beenden der Verhandlungen immer noch bei siebenhundert JD. Wir besiegeln die Tour mit einem Handschlag und einem arabischen Kaffee, den einer seiner Söhne aufbrüht. Das ist der beste Kaffee, den ich kenne, sage ich und Djamal* guckt stolz. Er schmeckt so nach… Blüten? Nach Kaffee und Blüten. So habe ich ihn bereits in Katar kennen gelernt.

„Hier ist alles sehr offen in Jordanien.“ Erklärt er mir, als ich ihm erzähle, dass ich mir um die passende Kleidung Gedanken mache. „Niemand wird dich schräg anschauen, selbst wenn du etwas Kurzes trägst.“ Nun, da ich bis jetzt keine Frauen in knapper Bekleidung gesehen habe, verzichte ich lieber. Auch habe ich keine kurzen Sachen dabei.

Zwischendurch kommt eine Gruppe schnatternder, junger Frauen ins Wohnzimmer. Eine von ihnen stellt sich mir als Halida vor, die anderen beäugen mich nur neugierig. „Du hast einen schönen Namen.“ Sagt sie zu mir. Die Frauen schnattern auf Djamal* ein, danach gibt es so etwas wie eine Familienversammlung. Kurz danach sind sie wieder weg.

Ein weiteres Mal nimmt Djamal* einen Stift in die Hand und schreibt auf, was in seinem Angebot alles mit enthalten ist. Er klärt mit mir, ob ich alles essen und auch alles trinken würde – Alkohol, so betont er mehrmals, sei hier überhaupt kein Problem, doch er möchte im Vorfeld wissen, was ich gern trinke, damit er sich um alles kümmern kann. Ich winke ab; ich bin nicht hierher gekommen, um betrunken über die Dünen zu stolpern, doch Djamal* bleibt hartnäckig. Er wolle, sagt er, dass ich mich wohl fühle und hier eine glückliche Zeit habe und wenn ich mit ihm als meinem Guide zusammen unterwegs bin, werde ich mich sicher fühlen können.

„Du wirst in der Wüste sein, nachts am Feuer sitzen und die Sterne anschauen und es (der Alkohol) wird dir fehlen.“ Warum hält sich in der arabischen Welt denn nur die hartnäckige Überzeugung, ohne Alkohol würde uns, Europäern, zwangsläufig etwas fehlen? Das ist bedenklich. Wir einigen uns auf Whisky und jordanischen Wein. Als er mir dann knapp eine Stunde später berichtet, er habe auch Zigarren für mich organisiert, bin ich happy.

„Du bist hier, um die Zeit zu genießen.“ Wiederholt er immer wieder. „Schließlich machst du so eine Tour nur einmal im Leben. Du wirst dich später gerne an diese Tour erinnern. Wir besuchen Beduinen und schauen, wie sie leben. Wir werden am Feuer sitzen und Wasserpfeife rauchen.“ Bei den „Beduinen“, habe ich mal gelesen, soll es sich immer häufiger um Gastarbeiter aus Ägypten handeln – ich bekomme hier also einen wunderschönen, surrealen Traum, eine Wunschvorstellung, verkauft. Auch gut.

Wir kommen auf die Gewohnheiten hier im Land zu sprechen, in erster Linie auf die Relationen zwischen Mann und Frau. Das Leben ohne Trauschein gibt es anscheinend auch hierzulande recht häufig, nur wird es nicht, wie bei uns, publik gemacht. Menschen tun alles, was sie wollen, betont Djamal*, sie feiern, trinken Alkohol, doch tun sie es im Verborgenen. Ich solle sich entspannen, so anders sind die Jordanier nicht als wir in Westen. „Die Menschen hier haben eine gute Ausstrahlung und eine positive Lebenseinstellung.“ Erzählt er. „Sie sind tolerant. Du kannst viele Kirchen sehen, die direkt neben Moscheen gebaut sind.“

Kirche neben Moschee – keine Seltenheit im toleranten Jordanien

In Jordanien sind viele Dinge möglich, die so in anderen arabischen Ländern nicht möglich sind. Muslime seien mit Christen zusammen, können auch heiraten. Ob das wohl auch beinhaltet, dass Christen daraufhin konvertieren?

„Viele europäische Besucher mögen arabische Menschen. Sie lernen sich kennen und sind zusammen, viele wollen einfach nur ausprobieren, wie es ist.“ Das Leben bedeutet Veränderung, sagt er ein wenig zu oft. Kurz darauf entschuldigt er sich, er habe bloß eine offene Konversation führen wollen. Nein, das Leben ist keine Veränderung, denke ich mir und halte ihm bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit Stefans Foto unter die Nase. Bei mir verändert sich rein gar nichts.

Später kommen weitere Gäste im Hostel an und wir sitzen zusammen. Djamal* nickt in Richtung des älteren Ehepaares, das am Fenster sitzt. „Sie kommen aus Palästina.“ Sagt er. Auf meine Nachfrage hin erklärt er, dass es möglich sei, in Palästina – oder auch in Israel – einzureisen, dafür bräuchte man kein separates Visum. „Kein Visum?“ Frage ich erstaunt, weiß ich doch wohl, wie streng die Israelis es mit ihren Grenzkontrollen halten. „Nein, kein extra Visum.“ Sagt er. Es sei nicht alles so schlimm wie im Fernsehen dargestellt.

Djamal* schickt einen seiner Söhne mit mir in die Stadt. „Er wird dir die schönen Ecken zeigen, die Shopping Mal und so weiter.“ Nachdem auf die Schnelle der Ölstand geprüft wurde, steige ich mit Falid* in seinen Sprinter. Falid* studiert IT und will in diesem Monat noch Europa bereisen, wie er mir erzählt. Geplant sind Spanien, Italien und Deutschland. Vielleicht mit einem Mietwagen, sagt er, während er das Auto durch den dichten Verkehr zwängt.

Es ist gegen fünf Uhr am Nachmittag; die Leute kommen entweder von der Arbeit oder gehen aus, und dies hier ist kaum eine Stadt für Fußgänger. Obwohl – ist nicht so, als gäbe es sie nicht, die Fußgänger, ganz im Gegenteil. Sie laufen mitten auf der Straße, überqueren unerwartet die Fahrbahn, spazieren seelenruhig am Straßenrand entlang, immer im tiefen Vertrauen darauf, gesehen zu werden quetschen sie sich zwischen den drängelnden Autos hindurch.

Und auch Falid* quetscht sich zwischen den drängelnden Autos hindurch, denn hier auf der Straße gilt das Recht der Straße. Jetzt begreife ich auch, warum es keine Fahrspurmarkierungen gibt – es wäre verschwendete Farbe gewesen. Die Menschen fahren, wie ihnen die Nase gewachsen ist, ab und zu wird gehupt. Falid* macht alles mit links, vermutlich gerät sein Puls dabei nicht einmal kurz außerhalb des Wohlfühlbereiches. „Du kannst in Deutschland nicht so Autofahren wie hier.“ Erkläre ich ihm lachend. „Die Deutschen stehen auf Regeln.“ Ja? Er wundert sich. Welches Volk steht denn schon auf Regeln, wenn es Anarchie haben kann? Scheint sein Blick auszusagen.

Falid* sei hier in Amman Hobbyrennfahrer, erzählt er mir. Seit er zwölf ist, fährt er Auto und beim letzten Rennen sei er zweiter geworden. Die Rennen werden auf speziell dafür ausgelegten Strecken außerhalb der Stadt organisiert; ich frage nicht nach, wie legal das alles ist. „Früher war ich verrückt nach Autofahren.“ Sagt er. „Immer wieder habe ich meinem Vater das Auto gestohlen und war damit mit meinen Freunden unterwegs.“ Einmal habe er sich ein Rennen mit der Polizei geliefert, das Polizeiauto hätte sich dabei überschlagen. „Sie wollten mich anhalten, doch ich hatte keinen Führerschein. Also konnte ich nicht stehen bleiben, sie hätten mich sonst in den Knast gesteckt. Ich bin abgehauen.“

Anhalten, ja warum denn eigentlich? Kein Grund, misstrauisch zu werden, wenn da ein zwölfjähriger Knirps am Steuer sitzt. „Ich kam weg, aber sie haben sich das Kennzeichen gemerkt. Doch mein Vater kennt viele von der Polizei persönlich.“ Die Sache hätte er geregelt, dank Vitamin B. Nun ist Falid* 27. Als er mit Genehmigung seines Vaters mit 17 Jahren seinen Führerschein macht, verliert das Fahren viel von seinem Reiz. „Ich bin jetzt wieder normal geworden.“ Sagt er.

Die Konditorei sei die beste in der Stadt. Das lasse ich mir gerne sagen. als wir draußen mit der warmen, süßen Köstlichkeit sitzen. Die Süßspeise ist eine Art Baklava, jedoch innen mit geschmolzenem Käse versehen und wird direkt von der Pfanne auf den Teller serviert. Ich habe bislang nichts vergleichbares gegessen. „Gehe mit ihr als erstes Süßigkeiten essen.“ Sagt Djamal* zu seinem Sohn, ehe wir losfahren, und drückte ihm Geldscheine in die Hand. „Das ist mein Geschenk an sie. Sie soll ihre Zeit hier mit etwas Süßem beginnen.“

Eine Art Käse-Baklava, sehr lecker

Ich beobachte die Menschen, den Verkehr. Der Konditor ist gut besucht. Gleich auf der anderen Straßenseite wird ein großflächig aufgebauter Freizeitpark in Betrieb genommen, die kleinen Lichter beginnen zu blinken.

Wieder bin ich die einzige blonde Person weit und breit; mein Kopf muss in den Augen der Einheimischen ja förmlich leuchten! Die Menschen werfen mir immer mal wieder insgeheim Blicke zu. Als ich ein europäisches Pärchen am Tisch vorbeilaufen sehe und die genauso verwundert aufschauen wie ich, habe ich Lust, ihnen um den Hals zu fallen.

Ein – noch – vereinsamter Freizeitpark

Als wir aufgegessen haben, beginnt Falid*, mir seine Stadt zu zeigen. Der Rundumblick bestätigt den ersten Eindruck von heute morgen: Amman ist ein Moloch. „Wenn wir Platz brauchen, reißen wir Altes ab.“ Lese ich ein paar Tage zuvor in einem Artikel von 2011. Und Amman braucht Platz. Die Stadt trägt siebentausend Jahre und inzwischen über zwei Millionen Menschen auf ihrem Buckel spazieren.

An alle, die sich über Moscheen in Deutschland ärgern: Ich habe selten eine solche Dichte christlicher Kirchen gesehene wie hier. Immer mal wieder kommen wir an einem Kreuz vorbei, friedlich stehen Kirchen und Moscheen beieinander. Ist das der Grund, weshalb das Land so tolerant ist, wie Djamal* sagt?

Wir wollen in die Shoppingmall, doch die Parkplatzsuche wird von einem Anruf unterbrochen. Es ist Djamal*, Falids* Vater. Er wolle mit uns zusammen essen und das Essen sei fertig gekocht.

Wir halten vor einem Haus, Falids* Familienhaus, wie er mir erklärt. Ein Mädchen im bunt geblümten Kopftuch begrüßt uns, Falid* stellt sie als seine Schwester vor. Nach einem kurzen Wortwechsel verschwindet das Mädchen wieder hinter dem Tor. Als sie eine Treppe hinauf zum Haus läuft, nimmt sie beim Gehen ihr Tuch ab, das sie vorher nur locker um Kopf und Schultern geschlungen hatte, und einen kurzen Moment lang kann ich ihr Haar sehen.

Wir stehen weiter an der Straßenecke und unterhalten uns. Der Motor des Wagens läuft die ganze Zeit und ich habe keinen Plan, worauf wir warten. Ab und zu fährt ein Auto an uns vorbei und hupt kurz, doch Falid* ist es Schnuppe, dass er im Weg steht; wahrscheinlich registriert er es noch nicht einmal.

Als die Schwester wieder da ist, wird klar, auf was wir gewartet haben; sie trägt ein großes, silbernes Tablett mit Essen, das ich ihr abnehme. Das Tablett ist warm, ein silberner Deckel verbirgt den Inhalt. Eine zweite Schwester winkt uns vom Tor aus zu, sie trägt Jeans und Pulli und ihre Haare sind unbedeckt. „Sie ist Pilotin.“ Erklärt Falid* stolz. Mir fällt die Kinnlade runter.

Wieder im Hostel essen wir zusammen. Das warme, dampfende Essen, das mir beim Fahren die Schenkel verbrannt hatte, entpuppt sich als Maklouba, ein jordanisches Gericht basierend auf gegartem Reis, Hähnchenfleisch, Nüssen und Kartoffeln, ähnlich dem marokkanischen Couscous. Gegessen wird mit einem Löffel vom übergroßen Tablett, um das sich die Gäste, in dem Fall Djamals* Söhne, herum platzieren; ein frischer Salat mit Tomate, Kräutern und frischer Minze wird jedem Gast auf einem kleinen Teller gereicht. Ich beobachte, wie Djamal* kleine Mengen Salat mit dem Reis mischt und mache es genauso. Die Minze gibt dem Reis den besonderen Pfiff.

Nach dem Essen klärt sich auch das Rätsel um die zwitschernden Vögel. Ich lag der Wahrheit näher als ich dachte, denn als ich mich inmitten eines Gartens wähnte, hatte ich keine Ahnung, dass es… genauso auch ist. Oben auf seinem Dach hat Djamal* ein gut gehütetes Geheimnis: einen Garten, eine schöne, große Terrasse, über die die nächtliche, warme Luft streift. Der Wind ist erfrischend, so dass es geradewegs angenehm ist, ohne zu heiß zu werden. Von unten höre ich den Lärm der Straße. Ich lehne mich ans Geländer und schaue runter auf die Stadt, doch schnell stelle ich fest, dass das keine so gute Idee ist, wenn man nicht mit dem Geländer zusammen unten auf dem Bordstein landen möchte, denn dieses wackelt ganz schön.

In der Ecke steht ein großes Vogelgehege, in dem kleine, gelbe Wellensittiche versuchen, ihren Schlaf zu finden. Das Gehege hat Djamal* in Handarbeit selbst gebaut, erklärt er mir stolz, inklusive verschiedener Wasserspiele, die momentan abgeschaltet seien.

Als ich später unten in meinem Zimmer bin, klopft an der Tür. Es ist Djamal*. Ich werde upgegradet, das neue Zimmer ist frisch renoviert, sauber und die Einrichtungen im Bad funktionieren einwandfrei. Als Djamal* mir noch einen Orangensaft in der Dose bringt (meine Güte, ist das Zeug hier stark gezuckert!), fragt er abschließend, ob ich noch etwas brauche zu meinem Glück. Wie kann man denn bei so viel Fürsorge nicht glücklich sein?

Draußen vor dem Fenster beginnt es zu regnen.

*Die Namen wurden geändert

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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1 Kommentar

  1. […] zueinander und es hat gefühlt fast jeder ein Lächeln auf den Lippen. Ich muss an meinen Flug nach Jordanien denken, wo sich die Menschen unaufgefordert gegenseitig geholfen hatten, ihr Gepäck aus den […]

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

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