Afrika, Namibia

Die Tiere im Etosha

Wenn man mich fragen würde, was ich denn erwarte vom Besuch im Etosha Nationalpark so erwarte, so würde ich ihm antworten:
Tiere – ganz, ganz viele Tiere, die, sobald wir den Park betreten, allesamt entlang des Weges stehen, sich an den Pfötchen/Hufen halten und sich verbeugend „Willkommen, Kasia, willkommen!“ rufen. Ein bisschen singen dürften sie dazu auch gerne.

Und wie war es tatsächlich?

Nun, in etwa so ähnlich, würde ich glatt behaupten 🙂 Bis auf das Pfötchen-Halten, Verbeugen und Singen.

Am frühen Morgen schmeiße ich Stefan und mich bereits zu einer „unchristlichen Uhrzeit“ aus dem Bett, doch trotz allem sind wir die Letzten, die wir unsere Häuschen verlassen; alle anderen haben sich in ihren Geländewagen bereits vor zum Frühstücksraum begeben.

Als wir dort ankommen, sitzt freilich fast niemand mehr da: Die Guides schieben ihre Schützlinge bereits in die wartenden Reisebusse. Schnell schlingen wir das Essen hinunter. „Komm, Schatz!“ Rufe ich. „Kauen kannst du später!“

Kurz darauf sitzen wir schon im Auto, auf dem Weg zu dem circa 10 Kilometer entfernten Etosha Park. Erst jetzt geht, dramatisch rot wie immer, die Sonne über der Savanne auf.

Eine Zeitlang fahren wir ungehindert vor uns hin, doch schon bald gerät der Verkehr ins Stocken. Hierzulande nichts Besonderes, doch in Namibia eine kleine Sensation. Stau in Namibia, nanu? Es sind all die Besucher, all die Fahrzeuge, die auch in den Etosha wollen und nacheinander abgefertigt werden müssen; sie alle stehen nun da und warten. Auch wir reihen uns schicksalsergeben hinter einem der Busse ein. Vermutlich deshalb haben die Guides die Teilnehmer so früh bereits aus den Federn gejagt – weil sie um die Wartezeit wussten. Tröstlich ist die Tatsache, dass sie trotz der frühen Stunde nicht sehr viel weiter gekommen sind als wir.

Eine kesse junge Polizistin läuft zwischen den Fahrzeugen auf und ab, kontrolliert jedes einzelne. Woher kommen wir? Wohin fahren wir nach dem Besuch des Etosha-Parks als nächstes? Ob wir schon unser Permit haben? Das Permit, das ist die Eintrittsberechtigung für den Park; das Ticket sozusagen.

Die Autokolonne schiebt sich langsam weiter, die kesse Polizistin ist nun nicht mehr zu sehen. Ein Mitarbeiter des Parks läuft vom Wagen zu Wagen und drückt uns ein Anmeldeformular in die Hand, dass wir während der Wartezeit ausfüllen.

Links, ein ganzes Stück vor uns hat sich eine Gruppe Frauen am Wegesrand postiert. Mit ihren rot getönten Gesichtern und den ockerroten Zöpfen stechen sie sofort aus der Menge heraus.
„Du kannst sofort an ihrer Kleidung erkennen, welcher ethnischen Gruppe eine Frau angehört.“ Die Worte des Damara-Mannes erklingen in meinen Ohren. Das hier sind eindeutig Himba, sie sitzen am Straßenrand und bieten aus Holz geschnitzte Vögel und Figuren den Besuchern an. Manche der Frauen legen in der aufkommenden Wärme ihre schützenden Umhänge ab. Barbusig sitzen sie nun da, die kleinen Kinder im Gepäck – Aushängeschilder Namibias, Postkartenmotive eines jeden Namibia-Reisekataloges. Die bunt bemalten Holzfiguren baumeln auf provisorische Gestelle gehängt.

Das Hirtenvolk der Himba ist im Norden Namibias und in Teilen von Angola beheimatet. Sie sind Hirten und Halbnomaden, mit ihren Tieren ziehen sie umher auf der Suche nach geeigneten Wasserstellen für die Tiere. Doch auch wenn ihre Hütten verlassen wirken, oft sind sie es nicht, denn die Himba kehren nach der Trockenzeit dorthin zurück. Die Frauen reiben ihre Haut mit einer duftenden Paste aus Fett und Ocker ein, daher die auffallende, rötliche Färbung.

Ich kann nicht aufhören, fasziniert hinzustarren.

Im kleinen Wartehäuschen am Tor zum Etosha werden wir nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, noch vor dem Sonnenuntergang wieder draußen sein zu müssen. In der Dämmerung ist es gefährlich, im weitläufigen Gelände umher zu fahren und diejenigen Besucher, die das Glück hatten, einen der begehrten Schlafplätze innerhalb des Parks zu ergattern, haben zu der Zeit längst auf dem Campinggelände zu sein.

Der Mitarbeiter im Häuschen händigt uns entsprechend unser Eintages-Permit aus, doch fertig sind wir damit immer noch nicht, denn bezahlen dürfen wir erst circa dreißig Kilometer weiter im ersten Camp.

Schon auf dem Weg dorthin begegnen uns Tiere. Gespannt starre ich ins trockene Gehölz, die Kamera im Anschlag, um ja nichts zu verpassen. Im Gebüsch knackt und knistert es. Einige Antilopenarten schleichen bei unserem Anblick davon. Ein Kudu-Weibchen knabbert an trockenen Ästen und eine Herde Springböcke leuchtet wie kleine Lichtpunkte zwischen dem Wirrwar der kargen Vegetation. Ich bin begeistert und der Ansicht, unser Permit hätte sich jetzt schon bezahlt gemacht. Die Tiere stehen (mehr oder weniger) am Straßenrand und winken uns mit ihren kleinen Hufen zu.

Doch da sollte noch mehr kommen, noch so viel mehr…

Nach der Visite des ersten Camps fahren wir hinaus, um den ausgetretenen Pfaden zu folgen. Die Straßen hier bestehen größtenteils aus geriffelter, unbefestigten Fahrbahn und ich ärgere mich wieder einmal über das fehlende Vierradantrieb. Doch schnell fahren wollen wir sowieso nicht – denn um diese frühe, morgentliche Uhrzeit schwirrt es nur so von Tieren im Gebüsch, die oftmals von denjenigen Besuchern übersehen werden, die zügig unterwegs sind. Die Tiere sind faszinierend gut getarnt und sie trotz Tarnung in ihrem natürlichen Lebensraum zu erspähen macht unheimlichen Spaß und spornt den Ehrgeiz an. Wir überbieten uns darin, den Busch mit scharfen Blicken durchzukämmen.

Die beste Gelegenheit, Tiere zu sehen, hat man an den ausgeschilderten Wasserstellen, die sich immer ein Stückweit abseits der Straßen befinden. Die Beschilderungen geben auch darüber Auskunft, auf welche Art von Tieren man sich freuen darf – natürlich ohne Gewähr 😉 Doch auch, oder gerade, abseits der Wasserstellen erleben wir im Laufe des Tages die schönsten Begegnungen.

Los geht es ganz gemäßigt, mit einigen Springböcken, die vor uns über die Straße laufen. Wie Fußgänger schauen sie erst zögerlich, ob wir auch wirklich anhalten oder nicht. Und dann trotten sie ganz gemütlich vor dem Auto vorbei, ohne zu hetzen, bleiben kurz stehen, knabbern sich am Fell und trippeln weiter: Sogar ein verspäteter Nachzügler rennt noch hinterher. Fußgänger eben 🙂 Als ich mich umdrehe, verschwindet die Clique gerade im hohen Gras, mit den weißen, pelzigen Hintern wippend.

Die Tiere hier im Etosha sind auffallend furchtlos, was zeigt, wie sehr sie sich schon an den täglichen Anblick von Besucherscharen gewöhnt haben. Ein Steinbockmännchen knabbert am Straßenrand ungerührt an einem trockenen Busch. Unser Auto und der laufende Motor tangieren ihn nicht im Geringsten, er würdigt uns nicht einmal eines Blickes

Ein kleiner Schakal bleibt geduckt in seiner Erdkuhle liegen und schaut uns aus großen, schläfrigen Augen an. Irgendwann fallen dieselben zu, der Fuchs legt seinen Kopf zwischen die Pfoten und… schläft. Als wenn er ganz genau wüsste, dass diese beiden komischen Tiere im Bauch des großen, brummenden, komischen Tieres ihn nicht fressen werden.

Aus weiter Ferne sehen wir die langen Hälse einiger Giraffen, deren Köpfe und lange Hälse sich dunkel vom blauen Himmel abheben. Wie Wüstenschiffe ziehen sie zwischen hohen Bäumen entlang, langsam und gleichmäßig wippen ihre Hälse über dem Meer aus Vegetation. Sie wirken wie nicht von dieser Welt.

Es ist faszinierend, zu sehen, wie gut die Tiere an ihre natürliche Umgebung angepasst sind. Selbst die Zebras, die extravaganten unter den Tieren Namibias, sind nicht auf den ersten Blick zu entdecken. Es ist etwas völlig anderes als wilde Tiere im Zoo auf dem Präsentierteller zu sehen. Deshalb bin ich auch kein Zoo-Fan. Man kann in einer solchen Einrichtung die Lebensbedingungen wilder Tiere nicht ansatzweise nachstellen.

Das Gebüsch hat aber noch mehr zu bieten als Antilopen, Giraffen und Zebras. Verschiedene Vogelarten tummeln sich darin, Perlhühner stöbern davon und auch der große, würdevoller Sekretär-Vogel zeigt sich oft im hohen Gras.

Ach, und kennt ihr diese afrikanischen Erdhörnchen, die manchmal auf Postkarten zu sehen sind? Die mit den großen… Nüssen? Jap, die Nüsse… ähm… Erdhörnchen sind uns auch über den Weg gelaufen 😉

Erdhörnchen

Doch die meisten Tier-Sichtungen gibt es natürlich an den ausgewiesenen Wasserlöchern. Da tummeln sich Gnu-Antilopen, kleine Springböcke, Zebras, Strauße und Kudu; Vogelscharen überfliegen das Wasser, lassen sich am Ufer nieder, stöbern wieder aufgescheucht davon und fliegen weiter. Es ist ein Kommen und Gehen, hier trifft sich alles, was Rang und Namen hat. Groß und Klein trinkt friedlich beieinander. Raubtiere haben wir am ersten und zweiten Wasserloch noch keine gesehen.

Die SUV der Touristen fahren im Schritttempo an, umkreisen den kleinen, runden Parkplatz, lassen sich nieder, schauen und fotografieren. Dann fahren sie wieder weiter. Und ich habe mir längst in den Kopf gesetzt, meine Big Five zu sehen (das setzt sich irgendwann jeder Afrika-Besucher in den Kopf): Den Löwen, das Nilpferd, den Leoparden, das Nashorn und den Elefanten. Mir fehlen nur noch… ähm… noch alle.

Springbock, Afr. Strauß
Oryx, Springbock
Oryx-Antilope

Die Sonne ist inzwischen aufgestiegen und mit ihr kam die Hitze. Wir fahren weiter die Schotterpiste entlang und wirbeln weißen Staub hinter uns auf, der sich auf Bäumen und Sträuchern absetzt, die den Wegesrand säumen. Aufmerksam durchkämme ich mit den Augen das hohe Gras. Ob ich in all dem sonnengeküssten Savannengold irgendwann auch einen sonnengeküssten Löwen erblicke?

Einmal glauben wir fast, es sei soweit, als wir auf eine Gruppe parkender Wagen stoßen. Alle Kameras sind in Anschlag und alle Blicke auf das hohe Gras zu unserer Linken gerichtet. Außer der Bewegung des Windes meine ich, noch eine andere, schleichende Bewegung zu sehen. Das müssen Löwen sein! So auch die Auskunft des Fahrers vor uns. Doch da nichts weiter zu sehen ist, fahren die Autos nach und nach wieder davon.

Am nächsten Wasserloch ist etwas seltsam. Denn obwohl im selbigen zwei Elefanten plantschen und ihre Hintern fröhlich mit Wasser bespritzen, stehen die meisten der Autos auf der anderen Seite des kleinen, runden Parkplatzes. Alle Köpfe sind vom Wasserloch und von den Elefanten abgewandt und starren zwischen die Bäume.

„Da sind Löwen.“ Flüstert Stefan.

(Fortsetzung folgt…)

Springböcke, Strauß
Springböcke, Gnu
Erdhörnchen
Giraffe

Impala-Antilope

Kudu-Weibchen
Kudu
Eine Herde Kudu-Antilopenweibchen
Giraffe

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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2 Kommentare

  1. Dorota Marchewka sagt:

    Bardzo ładnie piszesz!
    Może zostaniesz pisarką?

    1. Oj, bardzo dziekuje, kochanie ? A kto wie, moze napisze ksiazke ?

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

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