Nordamerika, USA

Florida. Zwei Freunde, ein Trip. Hier ist Stefans Reisegeschichte.

Gemütlich dreht sich Stefan noch eine Zigarette, während er überlegt. Langsam klopft er die Tabakkrümel am Aschenbecher ab. Ja, Florida – da hatte ich bereits die wildesten Geschichten gehört, die uralten, bereits verblassten Bilder gesehen. Wie war das denn jetzt genau? Das Klicken des Feuerzeuges ist zu hören; der Geschichtenerzähler nimmt einen tiefen Zug. Erzähl mal von Florida, Stefan!

Das letzte Mal gesehen haben wir uns vor anderthalb Jahren, Oli* und ich. Das war eigentlich deswegen, weil… ja, wie sind wir damals auf Florida gekommen?

 

Weißt du das noch?

Ich glaube, weil irgend jemand von uns auch vorher in den Staaten war. Da kam ich auf Oli* zu und hab gefragt, ob er mitkommt… es war so gewesen, dass wir zehn Nächte im Best Western Hotel umsonst hatten, das heißt, wir mussten nur den Flug bezahlen. Der Flug hatte damals noch tausend DM hin und zurück gekostet, dann kam noch das Auto dazu mit zweihundert, das hatte auch nicht so viel gekostet…

Wann war denn die Reise? Welches Jahr?

1999 oder 2000 war das gewesen. Es waren noch DM-Zeiten. Ende September sind wir damals hingeflogen.

Wo wart ihr überall in Florida? Was habt ihr euch da angeschaut?

Lustigerweise in Miami nicht, das haben wir gar nicht mehr geschafft… Das fing ja mit dem Flug schon an; wir sind von Frankfurt aus geflogen, mit United Airlines… er saß hinter mir, neben mir saß eine russische Emigrantin, die uns die ganze Zeit zugetextet hat. Irgendwann hatten wir uns schön die Kante gegeben, damit wir das überhaupt ertragen konnten. Dann musste man ja diesen Emigration -Antrag im Flugzeug ausfüllen, diesen Visum-Antrag… Und er hatte dann… ja. Ich hatte zu Oli* gesagt: Tu mir einen Gefallen – wenn wir aus dem Flugzeug kommen; wir haben dann genügend Zeit, da sind so große Glaskästen, da kannst du drin rauchen. Aber ja nicht danach fragen…

Er ist dann raus aus dem Flugzeug… und bei ihm ist es so: Wenn er trinkt, dann hat er richtige Tränensäcke, wie ein Beuteltier sieht er aus. Er ist aufgewacht mit solchen roten Augen, raus aus dem Flugzeug und gleich den ersten angequatscht; das war ein Uniformierter. Das war jemand vom Landwirtschaftsministerium und hatte einen Beagel dabei und ist unauffällig da entlang, ob jemand etwas zu essen dabei hat – das darfst du ja nicht einführen. Der hat die Frage auch beantwortet, hat sich aber gleich gemerkt, wer das war; hat sich den Oli* also gemerkt, wie der aussieht. Weil der Oli* aussah wie ein Krimineller in dem Moment mit seinen roten Augen und den Tränensäcken.

Dann sind wir durch die Passkontrolle durch. Da saß dann eine ganz dicke Afro-Amerikanerin mit einem extremen Slang; ich hab sie erst gar nicht verstanden, hab zu ihr dann gesagt: Sie sprechen zu schnell für mich. Dann ging es ein paar Mal hin und her zwischen ihr und mir – irgendwann ist mir der Geduldsfaden gerissen und ich sagte: Wissen Sie… wenn Sie mal in Deutschland ankommen, ich würde dann auch langsam reden, dass Sie das verstehen. Ich hab ihr so gezeigt: S-lo-w-ly… Dann hat sie mir den Einreisestempel gegeben.

Dann mussten wir am Zoll Koffer identifizieren. Ich hab meinen Koffer genommen und Olis* Koffer stand noch da; er bekam gleich Handzeichen und musste mitkommen. Er hat dann auf mich gezeigt: Ah, geht net, der wartet auf mich… Ich hab ihn ignoriert, ich kenn ihn in dem Moment nicht… Er hat den Koffer identifiziert, ist dann gleich weiter geleitet worden. Ich bin gleich in einen Glaskasten; hab dann glaub ich… keine Ahnung, wie viele Zigaretten ich da geraucht hab… wollte gerade Gehen, da kam der Oli* angeschossen: „Ich will eine rauchen.“

„Nein“ hab ich gemeint, „wir müssen los.“ Wir mussten wirklich los. Wir sind in Washington DC gelandet; das ist ein ganz langes Terminal, also wir mussten wirklich… oah, der war also schon angepisst. Ich sagte dann zu ihm: Oli*… was hab ich dir im Flugzeug gesagt? Mach’s doch einfach. Hör doch einfach mal. Das hast du davon.

Dann sind wir zu einem Terminal, zum Innlandsflug; der ging dann nach St. Petersburg… Ins Flugzeug rein; da haben sie Kaffee serviert, oh, der war richtig lecker… und dann eingepennt. Und der ist dann wirklich bei richtig starkem Wind noch gelandet, ganz sanft – also wenn die Amerikaner landen, das merkst du gar nicht.

Dann war es nachts um halb drei; das war ja ein Innlandsflug, der ging relativ schnell und auch die Autovermietung unten war besetzt. Wir wollten eigentlich nur fragen, ob das Auto bis morgen da ist und wie weit es noch ist bis zum Hotel. Da meinte er: Na gut, eigentlich können Sie den Wagen gleich mitnehmen, die paar Dollar extra… weil, wenn Sie jetzt noch zum Hotel fahren mit dem Taxi, dann sind Sie gleich mal fünfzig Dollar los.

Es wäre, glaub ich, eine Stunde Fahrt gewesen. Denn wir mussten von St. Petersburg aus Richtung Golfküste, nach Clearwater. Clearwater ist die Stadt und da, wo wir waren, an der Halbinsel; das ist Clearwater Beach.

Ja, dann hat er uns das Auto gegeben, das war ein Mittelklassewagen, so was wie ein Ford; wie Mondeo oder ein bisschen kleiner… irgendwas zwischendrin… Oli*: Du fährst! – zu mir. Ich hatte weniger getrunken, aber ich war genauso blau wie er. Na gut; losgefahren. Erstmal gab es Verwirrung, denn in Amerika sind die gelben Linien ja wie bei uns die weißen, das verwirrt ja ein bisschen. Dann kam die erste Kreuzung dran, nachts um vier, keine Menschenseele…

Oli*: „Da kommt ein Auto.“
Ich: „Das passiert schon mal, dass hier Autos kommen.“
Er: „Das kommt aber auf uns zu!“
Ich: „Wie?“

In dem Moment fiel mir ein, dass die Ampeln dort mitten auf der Straße sind. Und ich bin natürlich vor der Ampel stehen geblieben – mitten auf der Straße; ich war natürlich genauso blau wie er. Also Rückwärtsgang rein, zurück… wer fuhr da vorbei? Die Polizei. Aber – sie haben aufs Kennzeichen geguckt – denn zu dem Zeitpunkt hast du es noch gesehen, dass das ein Mietwagen war – die haben sich ihren Teil dabei gedacht, nichts gemacht…

Wir sind halt losgefahren, hatten uns verfahren, hatten dann bei einem anderen Hotel gefragt, sind dann bei unserem Hotel angekommen. Lustigerweise; der dort gearbeitet hat, war ein Deutscher, der eine amerikanische Frau geheiratet hat.

Dann sind wir ins Bett.

Der erste Morgen:
Also vom Hotel aus hast du so ein Blick auf den Golf von Mexiko gehabt vom Zimmer aus; auf der Rückseite zur Bucht, wo die ganzen Yachthafen waren. Clearwater-Beach ist ein typischer Urlaubsort.

Na gut, wir gingen essen. In Amerika konntest du überall für drei oder vier Dollar essen gehen (Achtung: DM-Zeiten! Anm. der Redak.). Wir waren essen im International House of Pancake; das war das erste, was wir gesehen hatten. Da wirst du platziert, bekommst Leute um dich herum; und da war dieser typisch amerikanischer Service-Gedanke, dass mindestens drei Kellnerinnen um dich herum waren und die Bestellung aufgenommen haben. Typisch amerikanisches Frühstück, was man so kennt: Penncakes mit Ahornsirup, Rührei mit Speck…

Wir haben den Flug noch relativ gemerkt am ersten Tag. Da haben wir uns die Gegend so ein bisschen angeguckt, sind erst Richtung Süden gefahren von Clearwater Beach aus; wir waren dann am Strand gesessen und die ganzen Pelikane gesehen und Delphine und so weiter…

Und dann… ich glaube, wir haben im Hotel die Flyer gesehen: Da war dann so ne Art Tierpark. Da sind wir hingefahren. Das tolle war: Das war fast wie Seelife, wie eine  Vor-Version davon; ganz große Aquarien, wo du zwischendrin durchgegangen bist; und da gab es Seekühe – also Manatees. Die sind das Wahrzeichen von Florida: Auf den amerikanischen Kennzeichen hast du immer das Wahrzeichen vornedran; und in Florida sind es entweder die Apfelsinen – oder die Manatees, die Seekühe.

Das war so der erste Tag.

An einen Tag sind wir nach Süden gefahren; der größte See – wo wir mal das ursprüngliche Amerika sehen wollten…

Wie hieß er?

Ja, das war auch lustig; wir hatten uns verfahren, du hast ja damals kein Navi gehabt, wir hatten nur eine Karte. Da war ne Umleitung und auf einmal waren wir in so ner Kleinstadt, so ein bisschen soziales Viertel… Na, jedenfalls, da sind wir durchgefahren, stehen an der Kreuzung, auf einmal sagt der Oli: „Du, der hat ne Knarre!“
Ich: „Wie: der hat ne Knarre…?“
Da lief grad ein Schwarzer lang mit ner abgesägten Schrotflinte. Da haben wir runtergemacht und nur raus aus der Stadt!

Da waren wir am See gewesen.

Am anderen Tag waren wir an den Everglades; mit so ner… fahrbaren Badewanne – das sah aus wie ne Badewanne, mit nem Achtzylinder-Motor, ein Riesen-Windrad hintendran; durchgefegt mit dem Ding durch die Everglades… Das war nicht das, was man aus dem Fernsehen kennt, diese Schilflandschaft, sondern durch den Mangrovenwald sind wir gefahren.

Und dann waren wir danach noch an der Westküste von Florida weiter hoch gefahren; denn die Everglades gingen so einmal außen rum. Und die Everglades bilden dort tausende von Inseln. Wenn du heutzutage Internet hast, da findest du alles. Keine Ahnung, wie wir damals darauf gekommen sind, mal außenrum zu fahren… es war abends um fünf – da gab es Ausflugsschiffe, da haben wir lustigerweise zwei Pärchen aus Deutschland getroffen – und sind dann mit dem Schiff die Everglades rein gefahren. Über die Bugwellen sind Delphine rüber gesprungen… ja, das war schon toll.

Einen Tag waren wir in Cape Canaveral. Haben uns dort extra ein Hotel genommen, weil die Raumfähre starten sollte, das ist aber verschoben worden. Da haben wir uns eben Cape Canaveral angeguckt – das Gebäude ist heute noch das größte Gebäude der Welt, wo die Raumfähren hochgezogen und aufgerichtet werden. Da befindet sich – das glaubt man gar nicht, wenn man das hört – die amerikanische Flagge auf dem Gebäude. Und da hatte der Reiseführer erzählt; ein Streifen dieser weißen und roten ist so groß, dass da ein GreyHound Bus drauf passt. Da passt ein Bus auf die Streifen. Also war das Ding mal locker… drei Meter breit, so ein Streifen.

Dann sind wir an die Startrampen gefahren, dort Alligatoren gesehen – das ist ja normal in Florida; die Alligatoren sind da ganz dicht dran gewesen. Dann sind wir in den Raketen-Park; da standen Raketen von Anfang bis zum Ende. Das Space Shuttle konntest du besichtigen: Es war innen drin ganz klein, das Ding; wie die da mehrere Wochen drin ausgehalten haben, das kann man sich gar nicht vorstellen.

Im Sea Life waren wir gewesen – es gab damals bloß zwei; In Florida und in Kalifornien. Das Highlight waren zu der Zeit die beiden Orcas. Die hatten ein riesengroßes Bassin – du hast ein bisschen tiefer gesessen, das heißt, du konntest reingucken und sehen, wie die Orcas geschwommen sind; die sind auch hoch gesprungen… die Leute vornedran haben gleich zur Anfang Regenschutz gekriegt. Die Killerwale hatten eine Rampe, da sind sie rauf gesprungen ins Trockene und wieder zurück gerutscht, oder die Trainer standen ganz oben auf dem Steg mit Fisch in der Hand und da sind sie dann hoch gesprungen und so weiter. Die hatten da noch so ein Vergnügungspark außen herum gehabt… also, das war toll. Ein toller Park. So ein Sea Lifein Deutschland, das ist halt, ja… nix dagegen.

Wie lange wart ihr insgesamt da?

Zehn Tage waren wir dort. Einen Tag waren wir an den Everglades unten, einen Tag an dem See… zwei Tage, glaub ich, am Strand… Ja, das war auch sehr lustig: Wir hatten ein paar Bier mit dabei und die Leute haben sofort Abstand gehalten, weil’s ja dort verboten ist. Ich weiß noch, wie der Oli* schwimmen war und das war wie in… wie heißt denn der Film mit den Rettungsschwimmern… Miami Beach? Nein… Mit dem Typen, der damals hier mit dem sprechenden Auto…

David Hasselhof. Mit dem sprechenden Auto, lach… Ah… Baywatch.

Baywatch, genau. Also, ich weiß noch, Oli* ist rein und ist dann um die Felsen rum, dort gab es eine relativ heftige Strömung; und da stand dann eine ziemlich resolute Rettungsschwimmerin, und die dann: Er soll sofort zusehen, dass er rauskommt oder sie kommt und zieht ihn aus dem Wasser raus…

Und er ist da schwimmen gegangen?

Ja, ja, aber er ist dann relativ kleinmütig wieder zurückgekommen. Die war schon sehr resolut gewesen… Aber da war er auch schuld gewesen.

Und für Miami hat es nicht gereicht?

Hat nicht gereicht von der Zeit her. Denn Miami und die Keys hätte ich auch gern gesehen, ja. Aber da hat Oli* später gesagt; da hätten wir dann wieder vom Hotel zum Hotel fahren müssen, ne?

Du würdest schon nochmal hin fliegen, oder?

Ja, Miami hat mir schon gefallen, die Keys würde ich auch gerne sehen…

Die Fahrt durch die Everglades hört sich schon toll an…

Ja, das hatten wir nur durch Zufall gesehen. Wir sind da lang gefahren, über eine Nebenstraße, und da standen selbstgeschriebene Schilder: Everglades-Fahrt, 24 Dollar oder so. Und dann lässt du die Hände im Boot, weil da Alligatoren sind und die beißen halt mal zu.

Aber du hast schon gemerkt, die Amerikaner haben teilweise einen Bildungsstand als wenn du in der Neckarstadt bist oder Vogelstang. Für viele dort ist Europa Luxus; dorthin zu kommen. Das machst du vielleicht mal beim Abschluss vom College oder wenn du heiratest oder so.

Und Aruba ist kein Luxus? (in Anlehnung an unseren Aruba-Urlaub; zur Erinnerung: wir hatten die Insel als sehr „amerikanisiert“ empfunden. Anm. Red.)

Also, Aruba, Bahamas… sind wiederum für Studenten, die mehr Geld haben – oder für den Mittelstand; aufwärts.

Habt ihr dort Leute kennengelernt?

Ja… ich weiß, an der einen Tankstelle, an der wir waren; das war ein Ungare gewesen… aber so Leute direkt haben wir nicht kennengelernt, mit denen wir öfters zu tun hatten.

Ich meine, so vom essen gehen, da waren wir mal amerikanisch-italienisch… der Kellner sah aus wie der Pate mit seinen Hosenträgern, original der Film… Dann gab es noch ein griechisches Restaurant, das hat mir auch gut geschmeckt. Natürlich – Amerika – McDonalds, der mal so richtig fünfziger Jahre mäßig eingerichtet war; der war cool. Dann gab es damals – was es heute überall gibt – nachfüllen, wieviel du willst (Getränke, red.); das gab es ja zu dieser Zeit in Deutschland noch gar nicht.

Stefan über seinen Eindruck vom Bildungs- und Informationsstand in den USA:

Für die ist die Welt ne Scheibe, sie hört an der Küste der USA halt auf. Deutschland: Die kenne vielleicht München, Oktoberfest… vielleicht ein bisschen Hamburg, aber so… ich glaube, wir wissen teilweise mehr über die USA als die Amerikaner über Europa. Klar, es ist ein riesengroßes Land – ein Kontinent ist es ja. Da kannst du schon verstehen, dass sie ein Leben lang im gleichen Land bleiben, denn das Land ist ja groß genug.

Was die Nachrichten betrifft: Öffentlich-rechtliches Fernsehen hast du nicht, du hast da die großen Sender wie CNN oder so was… und schon zu der Zeit Dutzend kleine Kabel-Kanäle, wo regionale Sendungen laufen wie LF Live… so was halt. Weil, wir haben dort Fernsehen geguckt, durchgeschaltet halt. Und die machen halt… außer die ganz großen wie CNN – die regionalen senden halt Town, Country, mal über nen ganzen Staat… vielleicht bundesweit, was das ganze Land betrifft, aber mit Ausland ist da gar nicht mal so viel. Aber ich glaube, das liegt vermutlich auch daran, weil das Land so riesig ist.

*  Namen geändert

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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