Neulich habe ich einen Film gesehen über Freundschaft, beziehungsweise über zwei Freundinnen in einem Verhältnis zueinander, dass bestimmt vielen von uns schon begegnet ist. Wenn die eine Freundin nimmt, was sie möchte und die andere immer gibt.
Doch auch die Zeit der sozialen Abstinenz, in einer Zeit, in der man seine Freunde gar nicht oder wenn überhaupt, dann nur sehr zögerlich trifft, haben mich dazu gebracht, über dieses Thema nachzudenken. Was Freundschaft ist, kann man so pauschal nicht beantworten.
Ist es Zeit miteinander zu verbringen? Ist es diese eine Wellenlänge? Sich zu verstehen ohne Worte? Sind es lange Jahre, die eine Freundschaft ausmachen? Wie fair behandeln wir unsere Freunde und was ist mit dem Gleichgewicht? Sind wir auf Augenhöhe? Oder ist das alles am Ende gar nicht wichtig und ist ein guter Freund einfach nur für uns da, wenn es schwierig wird? Im Laufe der Jahre hatte ich bereits verschiedene Konstellationen kennen gelernt. Das sind die Schlussfolgerungen, die ich daraus gezogen habe. Denn eines ist klar: am Ende definieren wir diesen Begriff für uns selbst.
Auf einer Wellenlänge – Vorsicht, wenn die Chemie zu sehr stimmt!
Ihr lernt euch kennen und eigentlich braucht ihr keine Worte. Oder zumindest nicht sehr viele. Ihr unternimmt viel miteinander, es wird mehr und mehr und ihr scheint euch blind zu verstehen. Entdeckt immer mehr Gemeinsamkeiten, es ist, als würde euer zweites Ich vor euch stehen. Ihr schmiedet langfristige Pläne, was ihr alles in einem Jahr unternehmen wollt. Telefoniert abends lange. Deine Freundin ist immer da. Es scheint fast wie verzaubert und ihr könnt es kaum glauben. Verdrängt gekonnt die Tatsache, dass ihr euch erst seit wenigen Wochen kennt.
Und dann passiert etwas. Was, das könnt ihr selbst nicht sagen. Irgend etwas bricht, ein Auslöser kann etwas ganz banales sein. Ein Wort gibt das andere und während ihr noch denkt, dass ihr zurück rudern könnt, hat sich die andere Seite längst entschieden und zurückgezogen. Der Kontakt ist so schnell vorbei wie er begonnen hat. Und ihr stellt fest, dass ihr die Gegenseite doch nicht so gut kanntet wie das zunächst den Anschein hatte. Dass einfach die menschliche Vertrautheit fehlte, die nur die Zeit aufbauen kann. Intensiv und kurz, ein Strohfeuer der gegenseitigen Begeisterung, das ebenso schnell wieder vorbei ist.
Was ist passiert?
Eine intensive Verbindung zwischen zwei Menschen braucht Zeit, und natürlich die richtigen Voraussetzungen dafür. Die da wären: gemeinsame Interessen, ein ähnliches Temperament (oder im Gegenteil, dass man sich wie Jin und Yang ergänzt) und eventuell eine ähnliche Geschichte – all diese Dinge können helfen, ein vertrautes Verhältnis aufzubauen.
Doch die Betonung liegt auf Aufbauen. Das braucht einfach Zeit, da führt kein Weg dran vorbei. Auch wenn ihr meint, noch so vertraut miteinander sein zu können; letztlich ist deine neu erworbene beste Freundin einfach nur ein Mensch, den du vielleicht seit ein paar Tagen oder Wochen kennst. Also quasi noch nicht gut kennst.
Wie tickt sie wirklich? Wie reagiert sie? Wie sehr vertraut ihr einander? Dabei spreche ich nicht von dieser Art Vertrauen, welches beinhaltet, sich gegenseitig Geheimnisse anzuvertrauen. Ich spreche von einem Vertrauen, welches ermöglicht, auch mal unangenehme Dinge auszusprechen, ohne dass sich das Gegenüber auf die Füße getreten fühlt. Ich spreche davon, auch mal gemeinsam einen schlechten Tag zu haben, ohne sich das zum Vorwurf zu machen. Ich spreche davon, auch mal diskutieren oder gar streiten zu können und trotzdem zu wissen: der andere ist da.
Und dafür braucht es in der Regel ein Verhältnis, das lange, am besten über Jahre, aufgebaut ist. Ein Verhältnis, welches sich langsam entwickelt und welches Zeit braucht. Denn lässt man so eine Freundschaft zu schnell zu intensiv werden, passiert folgendes:
Zunächst sieht man die vielen Gemeinsamkeiten. Die gleiche Wellenlänge, auf der man bis in die Unendlichkeit surft. Das ist normal, das ist natürlich. Der Mensch ist so gepolt, dass er in der Regel erst nach Gemeinsamkeiten sucht. Doch selbst wenn die Chemie noch so sehr stimmt, wir sind keine eineiige Zwillinge. Wir unterscheiden uns. In unseren Ansichten, in unseren Vorlieben, vielleicht in unserer politischen Meinung. Und wenn die Gemeinsamkeiten verblassen, die erste Euphorie vorbei ist und die Tatsache, einen Seelenverwandten gefunden zu haben, als Selbstverständlich angesehen wird, dann stechen nach und nach die Unterschiede ins Auge. Enttäuschung macht sich breit. Vielleicht fühlt sich der andere von unserer Art verletzt. Und da fehlt eben diese Vertrautheit, von der ich weiter oben gesprochen habe. Die langjährige Verbundenheit. Statt das vermeintliche Problem gemeinsam aus der Welt zu schaffen, zieht man sich zurück.
Mein Tipp: hast du deine Seelenverwandte gefunden, hast du sicher von vorne herein das Bedürfnis, viel mit ihr zu unternehmen und viel Zeit mit ihr zu verbringen. Wozu warten? Ihr habt so viele Pläne und die Welt will im Sturm erobert werden. Dass diese neue Freundschaft an irgend etwas scheitern könnte, erscheint dir absurd.
Lass dir Zeit. Lass dir Zeit und gehe es langsam an. Ja, Zeit gemeinsam zu verbringen ist wichtig, doch es kann schädlich sein, sich ab sofort voll und ganz nur auf diesen Menschen zu konzentrieren. Tritt ein wenig auf die Bremse und lass euer Verhältnis nicht zu schnell zu eng werden. Denn je enger ihr miteinander seid, umso eher können Spannungen auftreten. Und je kürzer so eine Freundschaft andauert, umso labiler ist sie, umso schlechter kann sie diesen Spannungen standhalten. Freundschaften, die zehn oder zwanzig Jahre dauern, gehen nicht wegen einer Lappalie auseinander. Bei Freundschaften, die erst noch am entstehen sind, kann das eher passieren.
Eine gute Freundschaft muss wachsen
Was ich mit all dem sagen will: selbst wenn es Menschen gibt, mit denen wir uns bereits nach kurzer Zeit blind verstehen, mit denen die Chemie stimmt und man quasi „Pferde stehlen“ kann, am dauerhaftesten sind noch immer diejenigen Freundschaften, die Jahrzehnte aus Stürmen, Höhen, Tiefen und einer gemeinsamen Entwicklung überstanden haben. Eine solche Freundschaft nimmt nichts so schnell auseinander, auch wenn der Wind mal etwas stärker ins Gesicht bläst. Und um an diesen Punkt zu kommen, braucht es schlussendlich Zeit. Viel Zeit. Nicht unbedingt einen täglichen Kontakt, denn jeder hat sein Leben. Und im Gegenteil, ein zu enges Aufeinander in zu früher Phase könnte gar schädlich sein. Aber eine Kontinuität, die die Freundschaft wachsen lässt. Irgendwann nach Jahren werdet ihr an diesen Punkt kommen, an dem ihr den Spruch mit den vielen Schuhen verstehen könnt 😉
„Wenn man jung ist, hat frau ganz viele neue Schuhe. Je älter man wird, umso mehr stellt man fest, dass man sich nur mit wenigen, ganz bestimmten am besten fühlt.“ So oder ähnlich geht der Spruch und ist eine Metapher für Freundschaften.
Verwechsle Freundschaft nicht mit Charme
Es gibt sie, diese Menschen, die mit ihrem Charisma und ihrer lockeren und doch verbindlichen Art andere sofort für sich einzunehmen verstehen. Sie scheinen keine Hemmungen oder Zurückhaltung zu kennen, und das im positivsten Sinne. Man ist gerne in ihrer Nähe und sie geben dir das Gefühl, dein bester Freund/deine beste Freundin zu sein. Sie geben dir das Gefühl, es gäbe nur dich, um dich im nächsten Moment links liegen zu lassen, und im übernächsten wieder mit ihrer Zuneigung zu überschütten. Du kannst ihnen nicht böse sein.
Diese vermeintliche Verbundenheit muss nicht unbedingt bedeuten, dass es tatsächlich so ist. Charmante Menschen haben viele Freunde, weil jeder gerne in ihrer Nähe sein möchte. Bleib realistisch und schau dir an, wie lange – und vor allem, wie gut – du diese Person kennst. Vertrauen – und Vertrautheit – wächst im Laufe der Zeit. Beurteile Menschen nicht nach ihren Worten oder nach ihrer Ausstrahlung. Ersteres hat oft nicht viel zu bedeuten und zweiteres ist ein Attribut, welches angeboren oder auch angelernt ist. Mit Freundschaft hat das zunächst nichts zu tun.
Manipulationen in der Freundschaft
Ein Thema, mit dem ich mich bereits einige Male und teils über eine lange Zeit auseinandersetzen musste. Manipulation in einer Freundschaft, was bedeutet das und wie äußert es sich?
Hierbei spreche ich nicht von einer einfachen Einflussnahme, die recht simpel daherkommt und die wir meist durchschauen und mit einem Lächeln und einem Augenzwinkern zur Kenntnis nehmen können. Nein, das, wovon ich hier spreche, ist subtiler und geht tiefer.
Manchmal versuchen Freunde, ihr Gegenstück durch Manipulation an sich zu binden oder sich selbst ein besseres Gefühl zu verschaffen. Du hast einen tollen Abend mit deiner Freundin und alles ist tutti. Aber irgendwas passt nicht. Es ist nichts Offensichtliches, es sind eher die kleinen Zwischentöne, eine leise Disharmonie, die dir zunächst, wenn überhaupt, nur nebulös auffällt. Du wunderst dich nur, wieso du so ein seltsames, schlechtes Gefühl hast, obwohl der Abend doch so toll war. Du erkennst es nicht sofort. Du rekapitulierst. Gehst schlafen. Stehst am nächsten Morgen wieder auf. Vielleicht fällt es dir dann auf, vielleicht auch etwas später.
Zu denn beliebtesten Methoden, seine Freunde gleichzeitig zu erniedrigen und an sich zu binden, gehört es, ihnen ganz subtil ein schlechtes Gefühl zu vermitteln. Du bist minderwertiger als ich/nicht so weit in deiner Entwicklung/nicht so beliebt usw., aber keine Angst, ich bin ja da, du kannst mir vertrauen, ich werde dein Mentor sein/dir unter die Arme greifen.
Wie das geht? Ganz einfach.
Methode Nr 1: Komplimente, die keine sind.
Hier kann ich eigentlich aus dem Vollen schöpfen, weil ich eine solche Freundin schon mal hatte. „Oh, Kasia, du siehst so seriös aus in deinem Business-Look! Jetzt kann ich dir das Seriöse an deinem Job auch glauben.“
„Die Sommerbräune steht dir. Du siehst damit aus wie eines dieser Playmates in den Hochglanzkalendern, die in Autowerkstätten hängen.“
„Ich finde es sehr mutig von dir, einen Blog zu schreiben und so halbprofessionell deine Inhalte zu teilen. Hast du keine Angst davor, was die Leute sagen?“
Würde ich länger kramen, ließe sich sicher noch einiges finden, aber hier soll es nicht um mich gehen. Fest steht: solche Sätze verunsichern. Sind sie geschickt verpackt, machen sie sogar einen aufrichtigen Eindruck und man weiß nie so genau, meint sie es gut oder will sie mich auf den Arm nehmen?
Methode Nr 2: „Jemand hat über dich gesagt…“
Ein toller Abend mit deiner Freundin und ihr trefft alte Bekannte wieder. Alles scheint prima, doch als ihr wieder alleine seid, wird sie dir erzählen: „Weißt du, die haben über dich/über deinen Partner… gesagt…“ Bitte nach Belieben ausfüllen.
Schon entsteht ein mentaler Graben zwischen dir und deinen Bekannten. Du vertraust natürlich deiner Freundin und nimmst etwas übel, was vielleicht gar nicht stimmt. Oder handelt es sich um Bemerkungen, die in einem anderen Kontext gefallen sind als dir das deine Freundin weiter gegeben hat? Wie auch immer, der Stachel sitzt. Und natürlich bist du deiner Freundin dankbar, dass sie dir all die ach so schlimmen Dinge, die man über dich redet, weiter erzählt, weil sie so ehrlich zu dir ist.
Denk nach. Warum erzählt sie dir das? Sind es für dich relevante Dinge, die dir in irgend einer Art und Weise helfen oder nützen? Oder will sie dich isolieren, dir ein schlechtes Gefühl geben oder sieht dich einfach gerne leiden?
Menschen lästern. Es ist nun mal so. Ich bin davon überzeugt, dass es nicht immer gut ist, alles zu wissen, was über einen selbst im Umlauf ist. Und ich bin mir sicher, du hast auch schon mal gelästert. Vielleicht nicht mal viel darüber nachgedacht. Dann ergibt es sich, dass du das Objekt deines Lästermäulchens etwas besser kennen lernst und feststellst, dass es sich um eine ganz nette Person handelt. Ansichten und Meinungen über andere Menschen ändern sich, genauso auch der erste Eindruck. Und oft denkt man in Abwesenheit von Personen weniger über das Gesagte nach, als wenn die Betroffenen anwesend seien. Da ist man taktvoller und selbst, wenn man ausspricht, was man denkt, geschieht es oft in einem anderen Ton.
Aber ich schweife ab. Wir waren ja bei Manipulationen.
Methode 3: Die Unzulänglichkeits-Falle
Manchmal gibt dir ein Mensch, der dich zu manipulieren versucht, das Gefühl, unzulänglich oder ihm nicht ebenbürtig zu sein. Doch gleichzeitig vermittelt er dir das Gefühl, dass er ja für dich da ist (obwohl du so ein armes/graues/ungebildetes Mäuschen bist…).
Doch in einer Freundschaft „auf Augenhöhe“ mit seinen Freunden sein ist, meiner Meinung nach, eines der wichtigsten Dinge.
Methode 4: Hilfestellung bei Problemen, die du gar nicht hast
Da sind wir wieder bei diesem schönen Abend. Wie kommt es, dass du, selbstbewusster, selbstsicherer und starker Mensch, dich in Anwesenheit deiner Freundin fühlst, als wäre etwas an dir verkehrt? Nun, vielleicht will sie dich genau das glauben lassen.
Ein Beispiel: du bist bei ihr zu Besuch. Ein paar weitere Freunde sind da. Du verstehst dich mit allen prima, hast den Eindruck, der Abend sei gut gelaufen. Später, als ihr alleine seid, sagt deine Freundin vielleicht so etwas wie: „Also, in dieser/jener Situation hast du zu forsch/zurückhaltend reagiert, zu laut/zu leise gelacht, dich zu stark/zu wenig ins Gespräch einbezogen. Ich sehe dir an, dass du in Gesellschaft sehr unsicher bist. Aber ich werde dir helfen.“ Du hast dich weder zu unsicher gefühlt noch hattest du den Eindruck gewonnen, dass irgend etwas nicht okay war. Aber jetzt machst du dir natürlich Gedanken. Und bist glücklich darüber, dass deine Freundin an deiner Seite ist.
Viele manipulative Menschen arbeiten sehr subtil, mit Andeutungen. Sie reißen ein Thema an, deuten ein Problem an und gehen nicht spezifisch darauf ein. Sie tun das, um dich zu verunsichern. Auf genauere Nachfragen geben sie dir eine Antwort wie: „Also, ich kann dir nicht alles vorkauen/erklären“. Sie bleiben nebulös in ihren Aussagen, legen sich nicht fest. Versuchst du, sie zu einer konkreten Antwort zu zwingen, geraten sie ins Schwimmen und schweifen ab.
Das alles, damit du dich nicht zu gut/zu selbstbewusst/zu stark/zu unabhängig fühlst. Manipulation ist Menschen mit narzistischen Neigungen eigen. Ich habe mal in einem Film folgende Szene gesehen. Zwei Freundinnen. Eine wird gefragt: Warum tust du dem Mädchen weh, sie ist doch deine Freundin, willst du nicht, dass es ihr gut geht?“ „Doch.“ Lautet die Antwort. „Aber es soll ihr nicht zu gut gehen.“
Vielleicht will deine manipulative Freundin einfach nur gebraucht werden.
Lohnt es sich, diese Art Freundschaft aufrecht zu erhalten? Das musst du selbst entscheiden. Solche Manipulationen können psychisch sehr zermürbend sein. Hinzu kommt die Gewissheit, dass dir die eigentlich liebste Person niemals zugestehen wird, wirklich glücklich zu sein. Bist du glücklich, wird sie versuchen, dir bei vermeintlichen Problemen zu helfen, die sie sieht/findet. Ich habe mich von meiner manipulativen Freundin nach über zwanzig Jahren getrennt.
Ehrlichkeit
In jeder Freundschaft, das gleiche gilt auch für Beziehungen, entwickeln sich ganz eigene Dynamiken. Wichtig ist Offenheit und eine Grundehrlichkeit zueinander. Grundehrlichkeit ist nicht mit Taktlosigkeit zu verwechseln. Natürlich kann die Wahrheit Menschen verletzen. Doch dann sind da diese Kleinigkeiten, die nicht unbedingt immer und zu jeder Tageszeit ausgesprochen werden müssen. Deine Freundin trägt das berühmte hässliche Kleid, welches ihr nicht steht? Sei diplomatisch, aber ja, hier kann man wohl seine Meinung äußern. Wenn man gefragt wurde, wohlgemerkt. Und letztlich – deine Meinung dazu ist deine Meinung dazu, nicht das Maß aller Dinge – vielleicht gefällt es ihr ja.
Freunde von dir oder dein Partner haben sich schlecht über deine Freundin geäußert? Klar, kannst du ihr das erzählen, aber mal ehrlich, wozu? Solche Dinge zu hören ist verletzend und bringt deiner Freundin keinen Nutzen. Behalte es lieber für dich.
Dir fällt auf, dass deine Freundin ein Figurproblem/Hautproblem/sonstiges Problem hat? Vorsicht, bevor du ihr das einfach so ungefragt vor den Latz knallst. Gerne noch vor anderen Leuten, vielleicht sogar vor ihrem Partner (ja, alles schon erlebt…). Das hat mit Ehrlichkeit nichts mehr zu tun. Das ist taktlos. Hier ist Fingerspitzengefühl angesagt. Und dann gibt es noch Dinge, auf die man nicht gerne angesprochen wird. Gar nicht. Deine Freundin hat zugenommen, seit ihr euch das letzte Mal gesehen habt? Verkneif dir eine Bemerkung, außer sie kommt von selbst darauf zu sprechen. Du kannst getrost davon ausgehen, dass sie selbst einen Spiegel zu Hause hat – und mehr als einmal davor steht.
Ehrlichkeit bedeutet, in einer Freundschaft zu seiner Meinung zu stehen. Sich zu äußern, auch mal kritisch, wenn es erwartet wird. Und manchmal auch, wenn es nicht erwartet wird. Deine Meinung sollte deiner Freundin wertvoll sein – aber sie muss nicht auf dich hören oder überzeugt werden. Sei einfach nur da, stehe ihr mit Rat und Tat zur Seite, wie es so schön heißt. Doch versuche nicht, sie zu beeinflussen, ihr Leben leben muss sie schon alleine.
Du musst offen und du selbst sein können
Weiter oben schrieb ich über meine Freundin und das Thema Manipulationen in der Freundschaft.
Stellenweise versuchen Menschen, uns zu verbiegen durch gut gemeinte Ratschläge, uns nach ihren Vorstellungen und nach ihrem Bild zu formen. Ja, es ist immer wichtig, sich die Meinung einer Freundin/eines Freundes anzuhören. Wenn uns die Meinung unserer liebsten Menschen nicht interessiert, welche dann? Doch es ist auch wichtig, sich selbst äußern zu können. Offen sein zu können. Wenn du nicht du selbst bist, sobald du mit einem Menschen zusammen bist, frage dich, warum das so ist. Wird es nicht gut aufgenommen, wenn du dich und deine Persönlichkeit „zeigst“? Hast du das Gefühl, das Zusammensein ist an gewisse Erwartungen geknüpft? Hast du das Gefühl, nicht frei sprechen zu können aus Angst vor „Sanktionen“? Wird das, was du sagst, nicht angenommen oder ins Lächerliche gezogen?
Einen anderen Menschen, einen Menschen, den man als seinen Freund betrachtet, so anzunehmen wie er ist, ist eine Frage des Respekts. Das gleiche gilt für seine Meinung, seine Ansichten. Es ist wichtig, Probleme oder Feedback offen aussprechen zu können, ohne dass es einfach übergangen ist oder versucht wird, die Ansichten des anderen zu verbiegen/ihn zwangsweise von den eigenen zu überzeugen. Eine Freundschaft ist nur dann vollständig, wenn man sich nicht verstecken muss. Wenn die erste Frage in deinem Kopf nicht lauten muss: OMG, was sagt denn meine Freundin dazu. Wenn du du selbst – und offen sein kannst. Das hat etwas mit Wertschätzung zu tun.
Loslassen ist wichtig
Es war eine schöne Zeit. Doch irgendwie passt es nicht mehr. Vielleicht hat man sich im Laufe der Jahre in verschiedene Richtungen entwickelt, hat sich nicht mehr viel zu sagen und die Interessen liegen meilenweit auseinander. Oder es sind Dinge vorgefallen, die sich nicht mehr gerade biegen lassen. Der Kontakt wird lose und aus einer sehr intensiven Freundschaft wird eine lockere Bekanntschaft, die sich auf die jährlichen Geburtstagswünsche beschränkt. Du willst dem entgegenwirken, rufst an und mailst, doch es kommt wenig zurück. Verzweifelt versuchst du, die Reste von dem, was früher einmal wo schön und wichtig war, zu retten.
Lass es einfach bleiben. Vielleicht will dir der Mensch einfach nicht direkt sagen, dass er nicht mehr will. Und weißt du was? Das muss er auch nicht. Wenn von deinen Freunden keine Eigeninitiative kommt, dann ist es an sich schon eine Aussage. Ich sage nicht, dass man sich grundsätzlich zurücklehnen und die anderen auf sich zukommen lassen muss. Es ist nicht schlimm, mal vorzupreschen und zu versuchen, die Verbindung zu erhalten. Doch nach ein paar Kontaktversuchen würde ich abwarten und schauen, ob auch von der anderen Seite etwas kommt. Das kann eine Weile dauern. Oder es kommt überhaupt nichts zurück.
Entspanne dich einfach. Wenn es deinem Freund/Freundin genauso wichtig ist wie dir, kommt sie auf dich zu, früher oder später. Wenn sie oder er abgeschlossen hat, solltest du das auch tun. Man kann solche Dinge nicht erzwingen und auch nicht gewaltsam festhalten. Manchmal kommt dieser Punkt, dieser eine Moment – auch wenn es keinen großen Krach gab – an dem man loslassen und sich auf andere Dinge konzentrieren sollte.
Du bist keine Erklärung schuldig
Manchmal werden Freundschaften bei einem Gespräch beendet. Manchmal läuft der Kontakt einfach aus, wie oben beschrieben, auch wenn im Vorfeld kein großes Drama stattgefunden hat. Wenn dein Gegenüber geht, muss es dir nicht bescheid sagen. Deine Freundin/Freund muss sich nicht erklären, wieso und weshalb er/sie sich nicht mehr meldet. Sie/er kann es tun, wenn sie/er will, doch manche Menschen bevorzugen es, Konfrontationen aus dem Weg zu gehen und Gras über alles wachsen zu lassen. Das hat nichts mit „feige“ sein zu tun. Das ist eine freie Entscheidung. Und die gilt es zu akzeptieren.
Und auch du selbst hast das Recht dazu. Hast du das Gefühl, du willst nicht mehr, aber die Freundin wird dich in eine schwierige, emotionale Diskussion verwickeln? Du hältst die Freundschaft gar für schädlich und möchtest dich einer solchen Diskussion entziehen? Du weißt genau, sie wird dich versuchen zu manipulieren, unter Druck zu setzen, dir ein schlechtes Gewissen einreden, es werden Fetzen fliegen? Am Ende wird so oder so alles deine Schuld sein?
Du entscheidest, wie du mit der Situation umgehst. Willst du den Kontakt auslaufen lassen? Willst du einen klaren Schlussstrich? Oder findest du im Gegenteil ein klärendes Gespräch wichtig, aus Respekt vor deiner Freundin? Wenn du denkst, dass ein faires Gespräch möglich sein wird, dann nur zu. Natürlich kannst du dich erklären, jemandem erzählen, warum du jetzt gehst. Aber du musst es nicht, und schon gar nicht bist du es jemandem schuldig. Du kannst es tun, ja. Doch letztlich entscheiden wir jeder für sich. Entscheide so, wie es sich für dich richtig anfühlt.
Gemeinsame Interessen bedeuten noch lange keine Zuverlässigkeit!
Ist dir schon mal aufgefallen, dass es immerzu dieselben Leute sind, die dir beim Umzug helfen? Die, wenn es um konkrete, „greifbare“ Dinge geht, sehr zuverlässig sind? Vielleicht sind es Personen, mit denen du sonst gar nicht so viel zu tun hast. Oder mit denen der Kontakt nicht mal besonders eng ist. Doch wenn es darauf ankommt, sind sie der zuverlässige, sprichwörtliche „Fels in der Brandung“.
Und dann gibt es da Menschen, mit denen du ganze Abende verbringst. Ihr habt so viel gemeinsam, könnt euch stundenlang unterhalten, vertraut euch Geheimnisse an. Die Chemie passt und ihr verbringt viel Zeit miteinander. Einer tollen Zeit.
Doch braucht ihr sie mal wirklich, ziehen sie sich dezent zurück. Umzug? Hm, an dem Tag ist immer irgend etwas geplant. Bei Treffen kommen sie vielleicht ständig zu spät (oder mal gar nicht), das geliehene Geld könnt ihr vergessen, schon in dem Moment, wenn ihr es aus der Hand gebt und vielleicht, wenn ihr Hilfe braucht, antworten sie nicht mal. Nur um dann, wenn die „Krise“ überstanden ist, wieder strahlend auf der Bildfläche zu erscheinen.
Nimmt es nicht so eng. Ja, das meine ich ernst. Die Relationen zu anderen Menschen unterstehen keinen festen Grundregeln und was wir so als „Freundschaft“ bezeichnen, ist wandelbar und kann verschieden aussehen. Mit einigen Menschen kann man toll reden, doch sie sind unzuverlässig. Andere sind manipulativ und verwickeln uns in eine Abhängigkeitsbeziehung (hier kann man ernsthaft überlegen, ob man das beendet). Mit anderen wiederum hat man vielleicht auf den ersten Blick gar nicht so viel gemeinsam, sie sind still, aber immer da. Sie sagen niemals nein, egal wonach man sie fragt und helfen auch bei unangenehmen Aufgaben. Und doch scheint ihr aus zwei völlig unterschiedlichen Welten zu kommen.
Beste Freunde, obwohl grundverschieden
So wie gemeinsame Interessen noch lange kein Garant für Stabilität in einer Freundschaft bedeuten (oder überhaupt nicht heißen müssen, dass man sich sonst viel zu sagen hat…), so muss auch ein Fehlen derselben nicht unbedingt ein Ausschlusskriterium sein. Manchmal, da gibt es Menschen, die aus einem völlig anderem Universum als wir zu stammen scheinen. Vielleicht sind sie aus einem anderen Land, haben eine andere Mentalität und eine andere Art zu leben. Ihr könntet nicht sehr viel miteinander unternehmen, doch da ist mehr, was euch verbindet. Obwohl scheinbar so unterschiedlich, hält die Freundschaft oft über Jahre. Jeder akzeptiert den anderen so, wie er ist und stellt seine Art zu sein nicht infrage. Und im Gegenzug hat man einen zuverlässigen Freund, auf den man sich verlassen kann.
Nicht nur in der Not da sein – auch sich für den anderen freuen ist wichtig
Wir kennen alle das gute Gefühl, gebraucht zu werden. „Freunde sind in der Not füreinander da“, lautet ein altes Sprichwort. Das ist korrekt. Aber…
Manchmal wird das Bedürfnis, gebraucht zu werden, so übermächtig, dass sich das eigene Selbstwertgefühl darauf stützt. Wir wollen helfen, und das um jeden Preis. Solche Menschen suchen sich oft Personen, die sie dann abschirmen, beschützen, für die sie da sein und denen sie helfen können. Personen, die schwächer sind als sie selbst.
Doch was passiert, wenn sich im Laufe der Zeit die Dynamik ändert? Wenn die vermeintlich schwache, bedürftige Mensch ein neues Selbstbewusstsein, eine innere Stärke entwickelt? Wenn er nicht mehr auf uns hört, wenn wir ihn nicht mehr nur trösten dürfen, sondern wenn er erste Erfolge feiert?
Ein guter Freund freut sich mit. Für Menschen, die pathologisch das Gefühl brauchen, gebraucht zu werden, kann es schwierig werden, ihren Schützling plötzlich als stark und eigenständig zu erleben. Den Einfluss über ihn zu verlieren. Sie versuchen dann, unter dem Deckmäntelchen der „Vorsicht“ und „Sorge“ den Erfolg seines Schützlings schlecht zu reden. Sie erfinden Dinge, ob real oder nicht, die eintreten können, sie machen uns, wie es so schön heißt, etwas „madig“.
Es ist nicht unbedingt Neid, weshalb sich ein Mensch nicht mit dir freuen will. Manchmal, da hat er Angst, dich womöglich zu verlieren. Nicht gebraucht, „weggeworfen“ zu werden. Vielleicht versucht er, deinen Erfolg zu seinem Verdienst zu machen. Wenn das nicht klappt, zieht er sich zurück und reagiert reserviert. Kennst du sie auch, diese Menschen, die dich zwar gerne trösten, sich aber nicht für dich freuen können?
Irgendwas ist immer – über die Macken des anderen hinwegsehen
So wie es keine zwei gleichen Schneeflocken gibt, so kann es auch niemals dieselben Charaktere geben. Und egal, wie viel Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten du zwischen dir und deiner Freundin feststellst, irgendwann kommt das zutage, was euch teilt, was euch aneinander auf die Nerven geht. Denn wenn alles, was euch verbindet, zurück tritt und sich der Selbstverständlichkeit ergibt, fallen euch die Macken des anderen umso stärker auf.
Vielleicht bist du großzügig und deine Freundin kleinlich. Vielleicht ist sie übergenau da, wo du es locker nimmst. Oder sie nimmt Dinge zu locker, die dir wichtig sind. Vielleicht spricht sie einmal zu oft über Themen, die dich nicht wirklich interessieren. Oder kommt ständig zu spät. Vielleicht meldet sie sich nur selten bei dir und du musst häufig den ersten Schritt machen. Oder sie klaut ständig deine Klamotten. Soll vorkommen… Es kann so vieles sein, was einen stört oder gar zur Weißglut bringt.
Bleib gelassen und versuch, das entspannt zu sehen. Es gibt niemals den perfekten Menschen, denn perfekt bedeutet für jeden etwas anderes. Es ist ein seltener Glücksgriff, wenn mal alles passt. Und das muss es auch nicht. Reibt euch nicht an Kleinigkeiten auf.
Nicht verbessern – akzeptieren!
Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn man versucht, an seiner Freundin herumzubasteln und sie zu „optimieren“. Klingt im ersten Moment lächerlich? Kommt gar nicht so selten vor, wie du vielleicht meinst! Vielleicht ist die Freundin unbeholfen oder hat, deiner Ansicht nach, keinen Stil. Vielleicht meinst du, du müsstest ihr Ratschläge oder Empfehlungen geben, was sie in ihrem Leben oder in ihrem Verhalten besser machen könnte. Vielleicht juckt es dich manchmal in den Fingern, sie ein wenig zu lenken. Es wäre ja schließlich gut für sie. Für ihre innere Entwicklung.
Lass die Finger davon.
Es spricht nichts dagegen, hin und wieder mal einen Ratschlag zu erteilen. Doch wenn man auf Dauer das Bedürfnis hat, das Leben seiner Freundin zu lenken (nur zu ihrem Besten natürlich…), sollte man sich selbst hinterfragen. Traue ich der Person so wenig zu? Traue ich ihr nicht zu, dass sie es alleine schafft, sich weiter zu entwickeln oder die richtigen Entscheidungen zu treffen? Hat sie Macken, die ich ausmerzen möchte?
Vorsicht, denn von da an ist der Weg zum kontrollierenden Verhalten und zur Manipulation nicht mehr weit. Manche sehen ihre Freundin als kleines Mäuschen, das Hilfe braucht, als „Projekt“, an dem man sich selbst beweisen kann. Klingt schräg? Alles schon erlebt. Solche Konstellationen sind äußerst ungesund, zudem sie auch von einer mangelnden Wertschätzung der Freundin gegenüber zeugen. Zu versuchen, jemanden zu lenken, ist allein deshalb falsch, da es für die „Lenkung“ nur eine subjektive Richtung geben kann: meine eigene. Doch ist mein Weg auch ihr Weg? Ist das, was ich für richtig erachte, auch wirklich richtig für sie? Warum muss sie nach meinem Ermessen verändert werden? Wie gesagt, egal ob kleine Macken oder gar die Lebensplanung; auch wenn man meint, man müsste sich einmischen – damit kann man oft mehr Schaden einrichten als helfen.
Es sollte der letzte Ausweg sein, wenn man sieht, das jemand in sein Unglück rennt. Steckt deine Freundin in einer extremen Situation und braucht dich und deine Hilfe, dann sei da. Aber grundsätzlich gilt: sie wird ihr Leben schon meistern. Sie wird sich weiter entwickeln. Dazu braucht sie dich nicht. Deshalb ist das Gleichgewicht und die Wertschätzung in einer Freundschaft sehr wichtig.
Das Gleichgewicht in der Freundschaft
Was ich darunter verstehe? Wertschätzung und Respekt. Beide sollten ungefähr gleich viel in eine Freundschaft einbringen, ob es um die gemeinsam verbrachte Zeit geht, oder um die Einladungen zum Kaffee, ins Kino oder auf ein Glas Wein. Es darf keine „Schuld“ dem anderen gegenüber entstehen. Und auch wenn es darum geht, sich bei seiner Freundin zu melden und den Kontakt zu suchen, sollte die Initiative ungefähr gleich verteilt sein.
Doch auch die Grundvoraussetzungen müssen stimmen. Wer kennt das nicht: man lernt einen Menschen kennen, dem man sich hoffnungslos unterlegen fühlt, ob es nun um sein Charisma geht, seinen beruflichen Erfolg, seine Eloquenz oder sonstwas. Fühlen wir uns jemandem nicht gleichwertig, führt es oft dazu, dieser Person gefallen oder ihr etwas beweisen zu wollen. Wenn sich das nicht mit der Zeit gibt, dann ist es auf Dauer keine Basis für eine ernstzunehmende Freundschaft, denn dieser Graben wird tiefer.
Und auch wenn du selbst eine Freundin hast, aber insgeheim auf sie herabschaust, weil sie nicht so viel erreicht hat als du, weil sie immerzu ein wenig verloren wirkt oder weil… Gründe kann es viele geben. Du wirst diesen Menschen nie wirklich als dir ebenbürtig ansehen. Es klingt böse, ich weiß, aber nur wenn wir jemanden als gleich sehen, kann eine Freundschaft auf Augenhöhe wachsen. Es gibt nichts Erniedrigenderes als auf einen Menschen, aus welchen Gründen auch immer, herab zu schauen und ihn dann „Freund“ zu nennen. Denn selbst wenn wir es nicht aussprechen, die Menschen spüren das.
Treffen und Begegnungen – welche Frequenz gilt es einzuhalten?
Einmal im Monat? Einmal die Woche? Wie oft sollte man sich sehen, etwas zusammen unternehmen?
Ja, eine Freundschaft zu pflegen ist wichtig. Soziale Kontakte sind entscheidend für unser Seelenleben, das hat sich gerade jetzt, in Zeiten der Corona-Einschränkungen extrem bemerkbar gemacht. Doch auch wenn man noch so gute Vorsätze hat, manchmal klappt ein Wiedersehen eben nicht öfter als alle paar Wochen. Und manchmal eben, wenn man dran denkt.
Wer kennt es nicht? Man trifft gute Freunde nach langer Zeit wieder, begrüßt sich freudig und klopft sich auf die Schulter, beim Abschied den Spruch auf den Lippen: „Wir müssen uns echt öfter mal sehen.“ Danach geht jeder wieder seine Wege und die Zeit plätschert unbarmherzig vor sich hin, während man mit seinem eigenen Leben und mit seinem Alltag beschäftigt ist. Und es kommt manchmal auf die Art der Freundschaft an. Es gibt durchaus Menschen, mit denen man fast ständig in Kontakt ist, vielleicht aufgrund räumlicher Nähe, vielleicht weil die gemeinsamen Interessen stärker sind. Dann gibt es die Freunde, mit denen man nicht so viel gemeinsam hat, die freundschaftliche Beziehung trotzdem sehr herzlich ist. Dennoch schafft man es nicht, über den obligatorischen Kaffee einmal im Monat hinaus.
Und das ist auch okay so. Doch zwischendurch, immer mal wieder, sollte man sich die Zeit für gute Freunde nehmen. Selbst wenn man meint, die Familie oder der Job würde einen voll und ganz beanspruchen. Pflege deine Freundschaften, wie man so schön sagt. Trefft euch auf einen Kaffee. Nimmt euch bewusst die Zeit dafür, auch wenn ihr glaubt, sie eigentlich nicht zu haben. Denn wenn ihr das nicht tut, wird es irgendwann ganz schön leer um euch werden. Und ich denke, das will keiner.
Woran du einen guten Freund erkennst
Ihr trifft euch nur selten, da die äußeren Umstände etwas anderes nicht zulassen. Vielleicht lebt deine Freundin am anderen Ende der Welt. Vielleicht bloß hinter der Grenze, doch ein häufiges Treffen aufgrund der Entfernung ist genauso unmöglich? Ihr habt euch vorgenommen, häufig zu schreiben, zu skypen, den Kontakt bloß nicht abbrechen zu lassen, doch nach einer Weile verläuft sich das im Sande, da jeder sein eigenes Leben hat. Doch wenn ihr euch mal trifft, ist es wie eine riesengroße Wiedesehensparty. Ihr redet bis spät in die Nacht und trotzdem gehen euch nicht die Themen aus. Im Gegenteil. Egal, wie viel Zeit; wie viele Jahre vergangen sind, es ist, als hättet ihr euch gestern zuletzt gesehen. Zeit ändert nichts, ein auseinander wachsen gibt es nicht. Und egal, was passiert, ihr wisst, ihr könnt bei diesem Menschen Tag und Nacht vor der Tür stehen, er wird immer einen Platz für euch haben. Ihr könnt euch immer auf ihn verlassen.
Wie meine Freundin den Boden der Kirche kehrte – gute Freunde drängen sich nicht ins Rampenlicht
Eine kleine Anekdote:
Es war meine Hochzeit und schon im Vorfeld ging es drunter und drüber. Und da die Schar meiner Freundinnen so vielfältig ist wie auch die Thematiken, über die ich hier schreibe, kam von Verlässlichkeit und Unzuverlässigkeit über Manipulation bis hin dazu, dass sich die eine oder andere nicht wirklich für mich freuen konnte, so ziemlich alles zusammen. Da gab es Tränen und verletzte Gefühle, es gab Machtgerangel darüber, wer welche Aufgabe übernehmen darf und kleinere und größere Dramen. Wenn ihr mich fragt, ist so eine anstehende Heirat die perfekte Bühne, um das Zusammenspiel verschiedenster Temperamente und Dynamiken live zu beobachten.
Da gab es den Drang, im Rampenlicht zu stehen als Trauzeugin der Braut. Dem entgegengesetzt gab es die Bestrebungen, Dinge an sich zu reißen und die Kontrolle zu übernehmen. Es gab Manipulationsversuche und gegenseitigen Catfight. Von der einen Seite kamen Bitten, ich solle das alles unter Kontrolle bringen, die andere Seite wollte nicht, dass ich mich einmische. Schlussendlich haben wir alle die Zeit bis zur Trauung durchgestanden.
Und in all dem Gerangel um das Scheinwerferlicht gab es einen Menschen, der still und leise einfach da war und einen Ruhepol in alldem bildete. Als die kirchliche Trauung vorbei war und ich draußen für die Bilder posierte, fiel mir auf, dass eine der Mädels fehlt. Nach einer Weile kam sie aus dem schattigen Inneren der leeren Kirche raus. Auf meine Nachfrage hin sagte sie: „Wir (ihr Mann und sie, anm.) haben noch die ganzen Blüten in der Kirche zusammen gekehrt. Es waren alle schon draußen und irgendwer musste das ja machen…“
Noch zum Schluss: du entscheidest, was Freundschaft für dich ist
Das, was wir Freundschaft nennen, kann so verschieden aussehen. Viele haben sehr hohe moralische Vorstellungen und Grundsätze, wie so eine Freundschaft sein sollte. Doch würde man seinen Grundsätzen selber zu jeder Zeit standhalten? Wer Perfektion erwartet, sollte selbst ein Musterbeispiel sein. Mal ehrlich, das ist niemand von uns. Ich kannte mal ein Mädchen, das sehr hohe Erwartungen an ihre Freunde hatte. Ihre Prinzipien standen fest und sie machte keine Kompromisse. Der Endeffekt war, dass keine einzige ihrer freundschaftlichen Beziehungen länger als zwei Jahre gedauert hatte.
Wir sind alle nur Menschen. Es kann immer mal wieder vorkommen, dass dich jemand enttäuscht. Halte dir dabei vor Augen, wie oft du womöglich andere mit deinem Verhalten enttäuscht hast. Wenn ein Freund nicht deinen moralischen Vorstellungen entspricht, denk daran, dass auch andere Menschen moralische Vorstellungen haben. Und die müssen nicht unbedingt mit deinen übereinstimmen. Versuche, es nicht so eng zu sehen, denn sonst wird kein lebendiger Mensch deinen eisernen Prinzipien der idealen Freundschaft standhalten. Menschen sind Menschen. Sie haben Schwächen. Sie sind verletzend. Manchmal schlagen sie aus Unsicherheit um sich. Überlege, was du verzeihen kannst – und was nicht. Stimmt noch das Grundgerüst, auf dem sich eure Freundschaft stützt? Lohnt es sich, daran zu arbeiten?
Ich finde, man kann aus jeder zwischenmenschlichen Beziehung etwas mitnehmen. Die einen sind zuverlässig, auch wenn sie nicht die unterhaltsamen Gesprächspartner sind, die wir gerne hätten. Manche sind kleinlich, jedoch verlässlich wie ein Uhrwerk. Andere wiederum sehen es nicht so eng und treiben uns damit in den Wahnsinn, doch sie sind es, mit denen wir eine geile Zeit haben. Es gibt selten die ideale, viel besungene „beste Freundin“. So lange dir ein Mensch gut tut, ist alles in Ordnung. Du alleine entscheidest, was Freundschaft für dich bedeutet.
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