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Mein Urlaub zu Hause? Wunderschön!

Mein Urlaub zu Hause hätte eigentlich ein Urlaub in Irland werden sollen. Zwei Wochen mit dem Auto die grüne Insel erkunden. Doch dann kam Corona, erst schleichend und unbemerkt, sich dann immer heftiger ausbreitend. Und alles wurde anders.

Aus meiner Arbeit von unterwegs wurde eine Arbeit im Lager der Firma. Vier Wochen lang packten Kollegen und ich große und kleine Pakete, die an Großkunden und Einzelunternehmen versendet wurden. Die Auftragslage schoss diesen einen Monat durch die Decke, nur um sich dann wieder rapide zu beruhigen.

Und für uns privat kristallisierte sich immer mehr heraus, dass das mit Irland wohl nichts werden würde.

Erst dachten wir – wir fliegen trotzdem. Schließlich waren die Flugtickets schon gekauft und die Hotels vorreserviert. Dann hatten wir Zweifel. So langsam drang auch zu uns die Lage durch. Ob wir tatsächlich unterwegs noch weitere Leute anstecken bzw. angesteckt werden möchten? Als die weltweite Reisewarnung kam und nach und nach alle Weltenbummler zurück in die Heimat geflogen wurden, hat es sich auch für uns längst erledigt. Und während Stefan das Nichtantreten unserer Reise sehr bedauert hat, stornierte ich meinen Urlaub.

Glücklicherweise ist unsere Firma im Punkto Urlaub sehr kulant. Die zwei Wochen wollte ich mir aufheben für eine Zeit, wenn man wieder reisen kann. Irgendwann in den letzten Jahren hat sich bei mir die Überzeugung durchgesetzt, dass Urlaub zu Hause in den eigenen vier Wänden verschwendete Lebenszeit sei.

Doch nach vier Wochen Lager, nach vier Wochen anstrengender, körperlicher Arbeit merkte ich, wie müde ich war. Die Maßnahmen zum Schutz vor Corona wurden mehr und mehr verschärft und ich gab mich nicht mehr der Illusion hin, die Urlaubszeit in diesem Jahr noch für eine Reise nutzen zu können. Zudem war auch meine Aufgabe beim Versand beendet und vor Home Office graute es mir. Ein Außendienst ist für die Arbeit unterwegs geschaffen…

Und Stück für Stück (wie gesagt, unser Arbeitgeber ist sehr kulant…), Woche eins und dann zögerlich Woche zwei, habe ich meinen Urlaub wieder eingereicht – und sofort wieder genehmigt bekommen, ohne Rückfragen. Ich glaube, in Zeiten, in denen Kurzarbeit zumindest als mögliche Option im Raum schwebt, ist jeder Arbeitgeber froh, dich in Urlaub schicken zu können.

Dann also Urlaub zu Hause. Seltsamer Weise bedauerte ich die gestrichene Reise nicht so sehr. Stattdessen legte ich in unserem Garten die Füße hoch und entspannte. Und entdeckte auch, wieviel man zu Hause tun kann, ohne dass Langeweile aufkommt und ohne, dass man sich gleich in das Abarbeiten von Pflichten stürzt… Urlaub ist schließlich Urlaub, nicht wahr?

Graute mir vor der Vorstellung, fürs erste nicht mehr Reisen zu können? Nicht wirklich. Denn insgeheim habe ich mir schon immer mehr Zeit zwischen den Reisen gewünscht, Zeit, um Dinge aufzuarbeiten, um Reiseberichte nachzuschreiben, die schon lange in Form von Bildern versteckt auf meinem Rechner schlummern. Ich schrieb einen Beitrag nach dem anderen, schrieb auch Beiträge zu Corona. Und schmunzelte über Bloggeranfragen, die sich in den Facebookgruppen mehrten und wissen wollten, ob sie ihren Reiseblog denn aufgeben sollten oder ob all das denn überhaupt Sinn macht und wie es weiter gehen soll. Hier macht sich der Unterschied bemerkbar, dachte ich; ob jemand aus Leidenschaft schreibt oder für die Klicks.

Ersterer wird immer weiter schreiben, weil der Drang ihn dazu treibt, er wird schreiben um des Schreibens Willen und dem Leser entgegen kommen mit Themen, die den Leser aktuell einfach mehr interessieren. Der Leser will gerade mal keine zehn Dinge, die er auf Jamaica unternehmen kann, er will ein exotisches Kochrezept, das ihn an seinen letzten Urlaub erinnert. Er will vielleicht eine Bastelanleitung für einen Garten auf Balkonien und eventuell einen Vorschlag für eine Wanderung in Deutschland. Und er will, lieber Blogger, wissen, was du über all das denkst. So rein gar nichts zu Corona zu schreiben, sich „tot zu stellen“ und abzuwarten, bis alles vorbei ist, während dieses Thema nun mal momentan die Gemüter am meisten bewegt, finde ich nicht wirklich sinnvoll.

Den Blog also aufgeben? Im Gegenteil, jetzt habe ich unendlich viel Zeit, mich um all die Dinge und Themen zu kümmern, für die bislang die Zeit fehlte und schreibe mehr denn je. Mit jeder Geschichte, die ich aufarbeite, begebe ich mich wieder in jenes fremde Land, auf diese Reise, schwelge in Erinnerungen und bin aufgeregt.

Und selbst in der Zeit von Corona gibt es Möglichkeiten, auf seinen Leser, der nicht reisen kann, einzugehen. Ich bin begeistert, zu sehen, wie kreativ viele Blogs mit der Problematik umgehen. Es entsteht eine neue Richtung, eine neue Art, sich aktiv auf den Leser und seine aktuelle Situation einzulassen. Manche schreiben über Geldrückgabe bei stornierten Flügen. Andere über Aktivitäten in Deutschland, die aktuell möglich sind. Kochrezepte und interessante Blogparaden machen die Runde.

Sport am Morgen. Wer hätte das gedacht.

Urlaub zu Hause. Für so vieles hatte ich Zeit in diesen zwei Wochen. Zeit, kreativ zu werden. Zeit zu schreiben. Zeit zu lesen.

Die meisten Urlaubstage sehen bei mir so aus: um fünf aufstehen. Das war ein Überbleibsel der Schichtarbeit im Lager, eine Angewohnheit, die ich beibehalten habe. Früh morgens habe ich den gesamten Tag noch vor mir. Es ist die wahre Geisterstunde, ehe der Rest der Welt aufwacht. Wenn alles schläft, habe ich Zeit für mich.

Schreiben. Morgens ist meine kreative Zeit, meine Gehirnwindungen sind noch nicht verstopft vom informativen und emotionalen Müll des Tages. Nach circa zwei Stunden (oder zweitausend Wörtern, mehr geht nicht in einem Abwasch…) ging ich raus in den Garten. In der feuchten Kühle des Morgens, wenn der Tag mit seinem sagenhaft gutem Wetter gerade erst begann, war noch kein einzelner Spaziergänger unterwegs; hinter dem zugewucherten Zaun, der den Garten zum öffentlichen Park hin und zu den Rheinterrassen hin trennte, sah man noch keine Menschenseele.

Ich verbrachte unglaublich viel Zeit in unserem großen Garten. Lauschte dem Gesang der Vögel, die mich morgens um vier bereits aus dem Schlaf zwitscherten. Sah die Amseln auf dem grünen Rasen hüpfen. Sah, wie all die kahlen Äste der Bäume nach und nach grünes Laub bekamen. Wie die rosaroten Knospen des Kirschbaumes in der Ecke aufplatzten, um ihre Blüten preiszugeben. Blüten, die dann mit jedem Windstoß zur Erde rieselten. Und ich saß da mit meinem Buch in der Hand, einem von vielen, die ich in dieser Zeit gelesen habe.

Bücher, die gelesen werden wollen

Ich nutzte die Zeit für Sport. Auf der Gartenterrasse stand eine Rudermaschine, die meiner polnischen Nachbarin im Obergeschoss gehörte. Daneben der Stepper und eine Kugelhantel. Die Bewegung tat gut. Gleich früh am Morgen, wenn die Luft noch frisch war, ruderte ich eine halbe Stunde lang vor mich hin.

Dann, im Laufe des Tages, als die Temperaturen langsam bis auf zwanzig Grad und mehr stiegen und die heiße Sonne über die Terrasse wanderte, streckte ich meine blassen Beinchen aus und ließ mich bräunen. Nach zwei Wochen sah ich tatsächlich nach Urlaub aus. Ich saß da mit meinem Buch in der Hand. Oder genoss einfach nur den Garten, den harzigen Duft des gestapelten Holzes hinter mir an der Wand, das Summen der Insekten, die Farben immer neuer Blumen. Ich faulenzte sehr viel. Aber ich war auch fleißig.

Dinge tun, für die man sonst keine Zeit hat. Renovieren. Zwei Tage lang strich ich das Wohnzimmer neu. Räumte den Keller auf. Die Wohnzimmerwand ist jetzt altweiß und nicht mehr pfirsischgelb und im Keller kann man laufen und muss keine Kletterpartien über Kisten unnützen Krams absolvieren.

Zwischendurch bestellten wir uns Sushi bei unserem Lieblings-Sushimann. Viele Restaurants bieten aktuell ihre Standardgerichte zum Mitnehmen an. Unsere Lieblings-Eisdiele hat sich auf die Lieferung vor die Haustür umgestellt. Und wir sorgten dafür, dass ihr Umsatz nicht einbricht 😉 Eis und Sushi gehen immer…

Motorräder, die gefahren werden wollen…

Fürs Motorrad fahren fand sich auch viel Zeit. Als Biker war man naturgemäß maskiert und düste jeder für sich an der frischen Luft umher. Solange keine vollständige Ausgangssperre herrschte, nutzten wir die Gelegenheit, um die Maschinen zumindest ein bisschen zu bewegen. In näherem Umkreis war alles möglich, nur achteten wir penibel darauf, die Ausläufer von Bayern weiträumig zu meiden. Die schöne Pfalz mit ihrer Mandelblüte bot sich da an.

Schöne, lange Abende bei Kerzen, Wein und Weibergeschnatter…

Am schönsten jedoch waren die Abende. Obwohl Social Distancing angesagt war, musste ich nicht völlig auf freundschaftliche Kontakte verzichten. Ich traf mich mit meiner Nachbarin, die im selben Haus wohnt, und wir tranken Kaffee zusammen. Dadurch, dass wir beide nur noch Zeit zu Hause verbrachten, war ein potentielles Ansteckungsrisiko praktisch nicht vorhanden, zudem liefen wir uns eh ständig über den Weg. Mittags lud sie mich auf Kaffee und auf selbstgemachte Leckereien ein. Immer wieder verwöhnte sie mich mit ihren sagenhaften Kochkünsten. Abends brachte ich den Wein mit. Oder den Gin. Wir saßen entspannt da, schnackten, tranken Wein und beobachteten die Leute, die am Zaun stehen blieben und zu uns hinein linsten. Abende, an denen der blasse Mond kam und sich das Zwitschern der Vogel noch lauter, noch klarer verbreitete. Wenn alles still stand und kein Wind, kein Lüftchen die grüner werdenden Äste der Bäume bewegte. Bis spät saßen wir so da. Als es dunkel wurde, erhellte der flackernde Schein der abbrennenden Kerze unsere Gesichter.

Ja, ich konnte den Einschränkungen während der Coronazeit vieles abgewinnen. Die Ruhe. Die Unaufgeregtheit. Zu Hause bleiben können ohne den Drang, dass da noch so vieles draußen auf mich wartet. Nicht mehr das Gefühl haben, etwas zu verpassen, da es aktuell eh nichts zu verpassen gab. Je mehr Menschen daheim blieben, umso besser. Nicht mehr rennen. Ja, diese Zeit war wirklich entschleunigend. So anders als eine Reise, die ja sonst während dieser Zeit zur Debatte gestanden hätte. Eine Reise ist nun mal kein Urlaub; zumindest nicht das, was ich darunter verstehe. Auf einer Reise bin ich an einem neuen Ort und will so viel wie möglich sehen. Ich „verordne“ mir viel Bewegung, viele Erkundungen. Jeden Tag in der Hotelanlage bleiben? Geht nicht.

Doch ein Urlaub in der Heimat, an einem Ort, den man kennt, ist nicht von diesem Druck geprägt. Hier drängt es mich nirgendwo hin, da ich schon alles kenne und gesehen habe. Ich muss nichts erkunden. Ich kann mir Ruhe verordnen. Selbst der obligatorische Trip „nur mal in die Stadt“ entfällt, da alle Cafes zu und Restaurants geschlossen sind. Was bleibt, ist mein schöner Garten. Die vielen Bücher, das Schwelgen in Erinnerungen. Und ich bin nicht unglücklich darüber.

Mit diesem Beitrag nehme ich teil an Dominiks Blogparade: „Reiseblogger während der Coronazeit“ auf seinem Blog MyTravel-Magazin. Schaut vorbei! 🙂

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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2 Kommentare

  1. […] Der es mir ermöglichte, draußen zu sein, ohne den Fuß vor die Türe zu setzen. Wo ich wochenlang saß, alleine oder wahlweise mit meiner Freundin Danusia, die im selben Haus wohnt. Wo das eine oder andere Weinchen gezwitschert wurde und wir dabei […]

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