Deutschland, Europa

Cuxhaven – Die Nordsee, die ich suchte

Piraten-Parteitage Teil II – Cuxhaven
November 2013

Die Farben der Nordsee sind spektakulär. Rot, lila, blau. Fast jeden Abend. Bis alle Farbe erlischt und ich im Dunkeln nur noch die fernen, blinkenden Lichter von Cuxhaven sehen kann, der Stadt, von der ich mich nun so weit entfernt habe. Suchend laufe ich den Strand entlang.

Der nächste Morgen. Der stellvertretender Landesvorsitzender ist bereits nach Bremen weitergezogen, als ich mich langsam aus den Federn quäle. Er hatte nicht übertrieben – schlaftrunken laufe ich ans Fenster, von welchem aus die Helligkeit des Tages ins Zimmer strömt. Unter mir brechen sich die Wellen der bleigrauen See und durch die geschlossenen Fenster höre ich das Tuten der Frachter, die in den Hafen einlaufen. Ich öffne die Balkontür eine Spalt weit und schnuppere die frische Meeresluft. Die Rufe der Möwen dringen an meine Ohren. Fürs Frühstück ist es jetzt zu spät und so ziehe ich mich warm an und beginne meine Wanderung an der Küste entlang.

Die Wellen schlagen regelmäßig gegen das steinige Ufer, das Geräusch vermischt sich mit dem stetigen Heulen des Windes. Ein hoher, brauner Leuchtturm steht da wie ein einsamer Wächter. Ich bin fasziniert von Leuchttürmen, sie sind für mich das absolute Sinnbild der Einsamkeit. Leuchtend rote Bojen schaukeln auf dem Wasser auf und ab. Ein paar vereinzelte Spaziergänger laufen über den Steg, der in einer rechteckigen Plattform endet. Ich gehe ebenfalls den Steg entlang. Es ist kalt und so ziehe ich die Jacke enger um mich. Doch die Luft ist von einer ausgesprochenen Klarheit.

Auch die Möwen frieren. Unzufrieden sitzen sie aufgereiht auf dem Geländer, aufgebauscht und mürrisch, und machen keinerlei Anstalten, wegzufliegen. Ich bleibe einige Zeit am Steg und schaue auf das Meer hinaus. Die Farben des Meeres sind niemals gleich, sie verändern sich stetig. Und auch die Wolkendecke reißt manchmal auf und lässt hier und da einen Lichtstrahl hindurch. Blicke ich zurück, so sehe ich die hellen Häuser der Stadt.

Das Zentrum von Cuxhaven ist hell, freundlich und beschaulich, wie zusammengerückt. Die helle, maritime Bauweise erinnert an so viele norddeutsche Küstenstädte. Beim einer schwarzen Piratenfahne muss ich grinsen. Als ich hier durch die Straßen gehe, bricht durch die Wolken die Sonne durch. Wechselhaftes Küstenwetter.

Das Laufen, der Wind und das Meer wirken befreiend. Nirgends fühle ich mich so ungebunden wie an der kalten Nordsee. Die Windböen treiben die Wolken weiter, ich setze einen Fuß vor den anderen und denke nach, über alles, was war; über alles, was kommt. Eine verwaschene, blassrote Rose treibt zwischen den Steinen im dunklen Wasser. Ich folge den Schildern am Leuchtturm vorbei in Richtung Strand.

Zwischendurch wärme ich meine Glieder in einem Café auf, der heiße Eiergrog strömt durch meine Glieder und der Alkohol lässt alles ein wenig weicher, diffuser wirken. Durch die matten Scheiben schaue ich auf das bewegte Meer hinaus, während die Sonne schräg durch die Scheiben scheint. Nun leuchten die Bojen in einem grellen rot. Einmal mehr fährt ein Frachter vorbei. Der Grog haut rein – etwas schwankend laufe ich wieder weiter.

Es ist mein zweites Mal an der deutschen Nordsee. Ich habe im Vorfeld so oft von ihr geträumt. Es ist dunkel (oder bewölkt?), ich steige auf ein Floss. Ich bin nicht alleine, andere Reisende sind mit mir dort. Wir legen ab, mehr und mehr entfernen wir uns vom heimischen Ufer. Ich sehe hinunter in das schäumende, schwarze Wasser, in dem Fischgräte und allerlei Unrat treibt – und gleichzeitig habe ich eine Weltkarte vor mir, kann sehen, wie schnell, wie weit wir uns nun von der Küste entfernen. Siehe da, da ist schon Dänemark, Norwegen, Grönland… Ich bin fort, auf der großen Reise, auf und davon, ich bin frei.

Nun bin ich wirklich hier und suche die See aus meinen Träumen. Den vielbesagten ersten Eindruck, eine Art Wiedererkennungswert. Tausende Gedanken tummeln sich in meinem Kopf.

Inzwischen ist die Sonne schon sehr tief gesunken, Menschen sind nur noch schwarze Silhouetten am Horizont. Krabbentaucher spazieren am Strand zwischen dem hohen Gras. Eine Windmühle, die sich nicht dreht. Der Himmel ergießt sich in perlenblau und lila über dem Wassern des Meeres. Immer dunkler, immer blauer. Wo ist mein Floss?

Die hölzernen Bretter des Steges führen in die Wellen hinein, die Farben der Nordsee sind spektakulär. Rot, lila, blau. Fast jeden Abend. Bis alle Farbe erlischt und ich im Dunkeln nur noch die fernen, blinkenden Lichter von Cuxhaven sehen kann, der Stadt, von der ich mich nun so weit entfernt habe. Suchend laufe ich den Strand entlang, während die Wellen sachte nach meinen Füßen schnappen. Im Sand entlang der Uferlinie liegen Muscheln, Knochenstücke, Treibholz, Tang. Allerlei Unrat, vom schwarzen, schäumenden Wasser des Meeres hierher gebracht. Es wird still, die letzten Spaziergänger verabschieden sich. Nicht einmal mehr das obligatorische Schreien der Möwen ist nun zu hören. Und in diesem einem Augenblick, in diesem einem Eindruck finde ich die ersehnte See aus meinen Träumen, die See, die mich irgendwann noch weit weg bringen wird. Einzig mein Floss ist noch nicht da.

Ich ziehe meine Mütze tiefer über die Ohren und richte meine Schritte über den Sand zurück auf die blinkenden Lichter der Stadt zu.

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
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