Helsinki, Januar 2017
Die Kälte hier hats in sich. Sie sitzt tief in meinen Gliedern und lässt sich durch nichts vertreiben. Sie hat sich festgesetzt, in jeder Faser meines Körpers. Ich drehe die Dusche auf. Drehe den Wärmeregler auf höher und höher. Brühendheiß ist gerade noch warm genug. So langsam verstehe ich den Sinn der finnischen Saunen. Und in genau so eine begebe ich mich jetzt…
Sauna und Pool im Scandic befinden sich oben im 9-ten Stock. Ich packe Handtuch, Badesachen und Notwendiges zusammen und fahre hoch.
Das neunte, somit das oberste Stockwerk erlaubt einen Blick über die nächtliche Stadt. Schon in der Dusche bin ich von der Aussicht überwältigt. Du stehst da, lässt Wasser über deinen Körper rieseln und gleichzeitig genießt du den Anblick des verschneiten, von Laternen erleuchteten Parks und der leuchtenden Skyline von Helsinki; das riesige Panorama-Glasfenster, welches sich über die gesamte Wand erstreckt, machts möglich. Auch durch die verglaste Saunatür hindurch kann man den Ausblick genießen. Ich schwitze und bin sofort total entspannt. Das Mädchen neben mir kippt noch einen Löffel Wasser auf die heißen Steine. Jetzt kommt die Sache ins Rollen; heißer Dampf beschlägt in kleinen Wirbeln die Glasscheiben.
Ich beobachte die Züge, von denen man jetzt in der Dunkelheit nur die sich bewegenden Lichter sieht; der Zug fährt über die Brücke, spiegelt sich im gefrorenen See, ein weiterer Zug kommt ihm entgegen. Es fällt Schnee und alles sieht in der Ferne weiß aus.
Zwei Mädels kommen rein.
Na ja… zunächst stehen sie unentschlossen in der Tür – die Kälte kommt rein.
Drinnen beginnt sogleich eine aufgeregte Unterhaltung, stellenweise vom Kichern unterbrochen. Meine Entspannung verdampft zusammen mit dem Wasser auf den heißen Steinen. Das letzte, was ich hier hören will, sind lautstarke russische Konversationen.
Eine der Mädels schlüpft nochmals hinaus und holt ihr Handy. Rein. In. Die. Sauna.
Echt jetzt?
Irgendwann stehe ich auf und gieße wieder Wasser auf die Steine. Die ausgekühlte Sauna füllt sich wieder mit Leben, ähm… Hitze. Das trifft auf allgemeine Zustimmung. Das Mädel mit dem Handy ist plötzlich auffallend still und schaut sich verdutzt nach hinten um. Irgendwann trägt sie Smartphone wieder raus und legt es auf die Bank. Ist wohl doch nicht der richtige Platz dafür hier drin…
Ich entspanne langsam wieder. Der Blick nach draußen ist genial. Die Hitze ist genial. Der Dampf ist genial. Selbst das Gespräch der beiden unter mir verschwimmt nach und nach zu einem undeutlichen Singsang
Was hier fehlt, ist ein Ruheraum. Nach dem Saunagang kann man sich entweder zum Swimmingpool begeben und sich dort auf einem der spärlichen Stühle niederlassen oder auf der Bank vor dem Umkleideraum. Oder man macht nur einen, dafür aber einen laaangen Saunagang, zieht sich dann an und fährt wieder runter in sein Zimmer; das mache ich jetzt auch so. Das machen hier alle so.
Es wird sich auch nicht sklavisch an Kleidungsvorschriften (hier: nackt) gehalten. Es hängt zwar ein Schild in der Umkleide, das besagt, Schwimmsachen hätten nur im Schwimmbad etwas zu suchen, doch viele schwitzen in Textilien vor sich hin. Auch Finninnen.
Ach ja, das Handtuch. Ich habe es bei einigen gesehen, bei vielen wiederum nicht. In der Hotelsauna gab es Tücher auf einer Rolle, die man abreißen und als Sitzunterlagen benutzen konnte.
Wieder auf dem Zimmer fühle ich allmählich wieder Leben in meinen Körper zurückkehren…