Sie fallen mir auf, als ich gerade amüsiert die deutsche Botschaft fotografiere („…Urlaub inmitten faszinierender Natur Deutschlands… Deutschland – einfach freundlich…„). Zwei Reihen einfacher, finnischer Häuschen auf beiden Seiten der langen, verkehrsberuhigten Allee. Fast laufe ich an ihnen vorbei, so unscheinbar wirken sie; doch die vielen Infotafeln zeigen an, dass es sich um mehr handelt als um eine einfache Siedlung – ein Ort, mitten im Zentrum von Warschau, inmitten von Regierungs-und Botschaftsgebäuden, der mehr an ein kleines, ruhiges und abgeschiedenes Dorf erinnert, vielleicht irgendwo im Wald oder in der Bergen, als an etwas, das man mitten in der Hauptstadt antreffen kann.
Schlicht, seinerzeit modern und auf Funktionalität ausgelegt, schnell und einfach zu montieren waren sie langlebig und solide: Lebensraum für Angestellte und Arbeiter der Initiative „Wiederaufbau der Hauptstadt“, wird die Siedlung 1945 von einem finnischen Architekten angelegt. Finanziert wird das Projekt im Rahmen der Wiedergutmachung, die Finnland nach dem Zweiten Weltkrieg an Polen leisten muss – als Teil der Wiedergutmachung werden die finnischen Häuschen, deren insgesamt 90 die Siedlung Jazdów bilden, geliefert.
Aufgrund seiner prominenten Lage entbrennen in den Jahren 2011-2014 heftige Diskussionen über das weitere Schicksal der Häuser – die Regierung Warschau plant, die Siedlung abreißen zu lassen und das Terrain für kommerzielle Zwecke zu nutzen. Unzählige Proteste der Bewohner und Aktivisten sowie die Intervention des Finnischen Botschafters Jari Vilen können diese Schritte jedoch verhindern. Die Initiative „Offenes Jazdów“ entsteht.
Heute ist Jazdów ein offenes Dorf und eine touristische Attraktion mit historischem und kulturellem Wert, in dem Projekte wie Nacht der Museen oder diverse Festivals nur einen Teil der kreativen Nutzung der Siedlung darstellen.
Mehr Infos gibts auf jazdów.pl., der offiziellen Website des Projekts Offenes Jazdów und auf domkifinskie.etnograficzna.pl.
Das war: Polen, Oktober 2016