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Die Geister, die sie rief…

Ich war gerührt. Ich war inspiriert. Ich war ins ins Innerste getroffen. Ich saß da und starrte gebannt auf den Bildschirm, versuchte, die Schnappatmung und das Zittern, das meinen Körper erfasst hatte, zu bändigen. In meinen Augen standen Tränen und meine Kollegin, die mich verstohlen beobachtete, fragte sich wahrscheinlich just in diesem Moment, was denn mit mir los sei.

Alles aus einem einzigen Grund: ich hatte sie entdeckt.

Meine Augen waren geheftet auf die rosa Website mit den rosa Lettern: Frei sein – unterwegs auf Reisen Geld verdienen: Ich zeige dir, wie das geht!

Was folgt, ist pure Begeisterung. Die Frau lebt ihren Traum; wie geil ist das denn. Ich durchforste ihre Seite, ich verschlinge alle ihre Beiträge mit Haut und Haaren. Sie war mein Idol – sie hatte es geschafft.

Von ihr inspiriert eröffne ich meinen Blog. Von unterwegs Geld verdienen, Länder entdecken, Kontinente… wer will das nicht? Sie hat in mir etwas geweckt, das schon immer da war, wie eine Scheune trockenen Heus, bei der ein Funke reicht, um es anzuzünden. Der Funke war sie. Und ich brannte lichterloh.

Ich weiß nicht mehr genau, wann das Bild anfing zu bröckeln. Vielleicht als sie in einem ihrer Beiträge mitteilte, dass sie Link-Anfragen von anderen Bloggern in der Regel nicht beantwortet. Vielleicht als ich merkte, dass das, was ich zunächst für Inspiration hielt, reiner Kommerz war. Vielleicht als ich begriff, dass das Prinzip ihrer Selbständigkeit  darauf beruht, anderen den Weg in die Selbständigkeit zu weisen (hää?). Es bröckelte, als sie beschrieb, wie es ist, plötzlich mit dem Erfolg erkannt zu werden, angesprochen zu werden, sich zu unterhalten, ob man nun Lust dazu hat oder nicht.

Doch hatte sie den Leser nicht etwa auf ihrer Website wärmstens mit den Worten empfangen: Yeah, schön, dass du hier bist! ? Hatte sie nicht selbst ihre Persönlichkeit, ihr ich in die Waagschale geworfen, um zu inspirieren? Hatte sie nicht in ihren mehr als privaten Offenbarungen jegliche Grenze zwischen meines und eures vollends verwischt? Hatte sie nicht das Versprechen abgegeben, für deine Email-Adresse deine digitale Freundin zu werden?

Nein, ich nehme solche Versprechen nicht für bare Münze; nicht dass das hier falsch verstanden wird. Doch es gibt Menschen, die es tun. Und damit muss man rechnen, wenn man solche Worte niederschreibt. Und anscheinend hatte sie genau das nicht bedacht. Mit der Zeit und zwischen den Zeilen hatte man mehr und mehr den Eindruck gewonnen, als würde sie selbst von einem (zu) viel ihrer Offenheit zurückschrecken. Als wäre ihr der Wirbel um ihre Person unangenehm. Als hätte sie begriffen, was es mit ihr macht, sich vor einer anonymen Masse als Freundin und intime Vertraute zu präsentieren, wie es ist, alles offen zu legen, um nun doch zu versuchen, die kümmerlichen Reste von dem zu retten, was von ihrem nach außen gekehrten Inneren noch übrig ist?

Hier wurde – bewusst oder nicht bewusst – eine Illusion verkauft; die große Illusion des gelebten Traumes und der besten Freundin, die dir dorthin hilft. Doch öffnet man die Augen, sieht man einen introvertierten, zerbrechlichen Menschen.

Als mir neulich eine Leserin schrieb, dass sie ohne größere Vorbereitungen alles verkaufen und sich wie ich selbständig machen wird, um um die Welt zu reisen, war ich erschrocken. Und immer, wenn ich solche Mails von Leserinnen bekomme, möchte ich mich am liebsten auf dem Boden zusammenkauern und weinen.

So oder so ähnlich lauteten die Zeilen derer, die feststellen musste, dass ihr Menschen folgen – teilweise blind folgen. Doch lockt sie die Leserin nicht mit dem Versprechen: Wenn ich es kann, kannst du es auch – ich zeige dir, wie es geht! ? Weiß sie denn nicht, dass sie Träume weckt, inspiriert, beflügelt? Gefällt sie sich selbst nicht mehr in dieser Rolle? Oder macht ihr diese Rolle gar Angst?

Nun zu mir…

Es war ein langer Prozess. Zudem halfen auch einige kritische Artikel anderer Blogger, um mir eine Meinung zu bilden.

  • Die Leidenschaft töten

Die Berufung zum Beruf machen, das, was man liebt, Zwängen zu unterwerfen, ein muss dorthin setzen, wo bis dato ein will stand? Das Schöne an Bedingungen zu knüpfen. Das, wofür man lebt, zu etwas zu machen, wovon man lebt – oder überleben muss.

  • Überreizung

Irgendwann sieht alles gleich aus, egal, welchen Berg, welchen Tempel du siehst. 

So schreiben einige Blogger: die, die zu schnell reisen, zu viele Eindrücke in sich hineinsaugen, nichts mehr aufnehmen können. Sie haben sich schlichtweg „überfressen“ (wie kann man sich denn an der Schönheit der Welt überfressen?). Das kann passieren, wenn man zu schnell zu viel möchte. Wenn man nicht reflektiert, das Gesehene nicht sacken lässt, nicht verarbeitet. Wenn man schlichtweg zwischendurch nicht nach Hause kommt. Manchmal lese ich, wie unbeeindruckt manche Blogger Orte beschreiben, die sie zum ersten Mal bereisen. Der Mangrovenwald ist nicht waldig genug, der Wasserfall ist nicht spektakulär genug, die Tiere lassen sich nicht oft genug blicken… Sie sind abgestumpft, haben viel gesehen. Es braucht nun viel mehr, um ihre Augen zum Glänzen zu bringen. Der offene, staunende Blick eines Kindes auf das Neue geht flöten. Und irgendwann spielt es dann keine Rolle mehr, wo auf der Welt man sich befindet.

  • Unsicherheit

Wo esse ich? Wo schlafe ich? Wovon leben ich morgen? Die Jagd nach dem Erfolg des Online-Business. Doch wehe, wenn er denn ausbleibt. Wie viel Zeit verbringt so ein Dauerreisender damit, an einem neuen Ort eine neue Unterkunft zu finden? Nach gutem W-lan zu jagen? Sein Hier und Jetzt, sein Dasein ständig neu zu organisieren? Wo kann man sich denn da bitte fallen lassen? Seinen Blick auf das gerade Erlebte lenken? Wie genießen, wie sich frei fühlen mit einer ständigen Unsicherheit im Rücken?

  • Flucht

Flüchte ich? Vielleicht, manchmal… ein bisschen. Wovor flüchte ich? Vor dem Alltag? Aber freilich! Natürlich flüchtet man vor dem Allbekannten, indem man neue Ziele ansteuert. Natürlich möchte man manchmal alles um sich herum vergessen. Die Liebe zum Reisen ist das Eine. Doch man entkommt nur allzu gerne dem allwährenden Trott. Man kann das Neue so intensiv, in allen seinen Facetten, in allen seinen Farben erleben. Wer flüchtet nicht gerne hin?

Vor Problemen? Eher weniger – wollen sie doch auch irgendwann gelöst werden. Und alles, was unerledigt zurück bleibt, vefolgt einen – und holt den Reisenden schließlich am schönsten Gipfel, am schönsten Strand der Welt ein.

Vor sich selbst? Eher nicht. Wie kann man alleine unterwegs sein und versuchen, vor sich selbst zu fliehen? Da spürt man sich mit allen Fasern. Unmöglich also…

  • Und schließlich: Übersättigung

Ich brauche etwas, wovon ich träumen kann. Ich brauche etwas, worauf ich mich freuen kann. Ich brauche etwas, woran ich mich erinnere, während ich bereits die nächste Reise plane. Ich muss mich fallen lassen, reflektieren. Zu Hause meine Muschelsammlung betrachten. Der Entzug macht Lust auf mehr. In der Liebe wie auch im Leben. Das gilt für Träume, das gilt auch für Reisen. Wie furchtbar wäre es, wenn wir uns alle unsere Träume auf einen Schlag erfüllen könnten. Sind Träume nicht vor allem auch ein bisschen zum Träumen da?

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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