„…sind unsere Zukunft!“ (meine nicht, denn dann bin ich tot…)
„Was willst du ohne Kinder?“ (öhm… leben, reisen und Spaß haben?)
„Was machst du, wenn du alt bist? Wer kümmert sich dann um dich?“ (wer sagt denn, dass sich die Kinder mal um mich kümmern? Die Altenheime sind voll mit alternden Eltern…)
„Kinder sind doch was ganz tolles! Anders geht es gar nicht! Was hast du denn für ein Problem, dass du keine Kinder willst?“ (joah… und genau da fehlten mir die Worte…)
Meine Kolleginnen reden eine nach der anderen auf mich ein. Sie haben sich vor mich postiert und der Kreis, der mich umschließt, wird gefühlt immer enger. Ich werde kleiner und kleiner unter ihren Blicken – wie komme ich bloß nur zu dieser Unverschämtheit, meinen Beitrag zum Wohle der Allgemeinheit nicht tragen zu wollen?
Noch amüsiert es mich irgendwo, doch teilweise habe ich aber auch keinen Bock mehr, mich für meinen selbst gewählten Lebensentwurf rechtfertigen zu wollen müssen.
Es ist wie verhext: Seit ich die dreißig überschritten hatte, zieht sich der Kreis um mich immer enger; immer öfter kommen die neugierigen, gutgemeinten Anfragen, wann es denn bei mir soweit sei. Dass ich schwanger würde – das würde man mir wünschen. Dann würde sich mein Denken schon noch ändern; dann würde es endlich click! machen.
Dass ich bald eine neue Arbeitsstelle antreten werde, scheint keinen zu interessieren.
Dass ich nicht will, scheint keinen zu interessieren.
Dass mein Partner ebenfalls nicht möchte, scheint keinen zu interessieren. Ich habe es jetzt offiziell: Keine Kinder bekommen zu wollen zeugt eindeutig von einem „Problem“.
Da ich keine Lust mehr habe, gehe ich direkt zum Angriff über.
„Wisst ihr… mein Problem ist folgendes: Ich bin schlichtweg zu egoistisch, mein Leben für ein anderes Leben aufzugeben; ich bin zu egoistisch, um für die Tatsache, ein Kind zu haben, auf irgend etwas zu verzichten.“
Man kann die Kinnladen förmlich krachen hören. Mehrere Paar geweitete Augen schauen mich verstört an. Sadistisch sehe ich um mich: Man hört keinen Mucks mehr. Dabei hatte ich noch nichts davon gesagt, dass ich Kinder nicht mag… das habe ich den Muttis dann doch ersparen wollen 🙂
Schon als ich zu Besuch in Polen war, versuchte man, mich auf diese Weise zu „schwängern“. Ich erntete besorgte Blicke seitens meines Onkels. „Wer wird denn später für dich da sein, wenn du alt wirst? Also, ich könnte nicht ohne meine Kinder..“
Soll ich etwa einen Nachkommen in die Welt setzen, damit er/sie mich im Alter pflegt? Leute – habt ihr sie noch alle?
„Es ist nicht einfach.“ Sagt eine andere Kollegin später zu mir. Sie hat eine zweijährige Tochter. „Die Menschen erzählen dir, wie schön das alles ist, aber keiner sagt dir, worauf du alles verzichten musst, wenn du Kinder hast. Du musst schon immer da sein, alles dreht sich um das Kind. Manchmal, da wünsche ich mir schon eine Auszeit.“
Was den Menschen fehlt, ist eine gewisse… Akzeptanz von Lebensmodellen anderer Menschen. Was manchmal absolut abhanden kommt, ist eine Toleranz gegenüber der Tatsache, dass eine Frau nicht zwangsläufig vor Muttergefühlen strotzen muss, nur weil ihre Hormone ihr das nicht dirigieren. Wie kann man nur keine aufwallenden Mutterschaftsgefühle in sich spüren – alleine schon bei dem Gedanken? Man sieht sich sehr häufig einer angenommenen Ausschließlichkeit gegenüber; einer Ausschließlichkeit gegenüber der eigenen Meinung. Ich bin doch so glücklich mit meinen Kleinen, das wird sie auch noch! Sie weiß es nur noch nicht!
Wenn mir so viel… Dreistigkeit Einseitigkeit begegnet, so viel liebevoller (?) Einmischung in mein Leben, in mein Allerprivatestes, da weiß ich ehrlich gesagt manchmal nicht, wie ich reagieren soll. Wie kommt man dazu, einem anderen Menschen erzählen zu wollen, wie er zu leben hat? Wie kommt man dazu, einen anderen Menschen, den man nur flüchtig kennt, so massiv von der Richtigkeit seiner Ansichten und seiner Werte überzeugen zu wollen? Wie kommt man dazu, seinen eigenen Lebensentwurf für den einzig wahren zu halten und wie ein Raster über alles andere zu legen? Wie tolerant sind wir wirklich?
Doch Gottseidank sieht es mein Partner genauso wie ich… sind wir zusammen unterwegs und hören neben uns Kindergeschrei, so schauen wir uns augenrollend, vielsagend an:
„…Gehen wir?“
„Ja… lass uns gehen.“