Europa, Polen

Dreistadt Danzig – Mit dem Fahrrad nach Gdynia

Mein Weg verliert sich irgendwo im Wald. Ich steige ab, um zu sehen, ob ich hier überhaupt noch richtig bin. Geradeaus; eigentlich will ich nur geradeaus, doch hier sieht es aus, als ob ich durch fremdes Gelände fahre. Das Fahrrad lehne ich ans Geländer einer Brücke, die einen der Kanäle umspannt. Der Regenmantel kommt zum Einsatz. Die Wettergeister haben für heute leichte Schauer im Gepäck. Es ist nicht wirklich kalt, doch es ist windig und ein Netz aus Wassertropfen bildet sich auf meinem Gesicht.

Mama bleibt heute am Strand. Denn Mama macht heute einen Entspannungstag. Es war ihr Wunsch, einmal langsam zu machen, und es war meiner, mal wieder auf eigene Faust loszuziehen. Und heute nehme ich mir die dritte der Dreistadt vor: Gdynia.

Schon kurz nach dem Frühstück radle ich los. Der Weg führt mich wieder vorbei an der grünen Parkanlage, die sich nahe unseres Hotels befindet, vorbei an weißen, zierlichen Brücken und Trauerweiden. Mein Rad und ich passieren Sopot, die Souvenirstände fliegen an mir vorbei. Ebenso erstaunlich schnell verfliegen die zurückgelegten Kilometer. Alles mögliche sehe ich auf meinem Weg, das mich stutzen lässt. Einen Softeis-Automaten (was für eine tolle Idee!). Bronze-Skulpturen, die nackt und anklagend einen Kreis bilden (Kunst…). Das Geburtshaus Zeromskys, eines der größten polnischen Autoren seiner Zeit. Von dem ich bis dato noch nie etwas gehört habe, Schande über mein Haupt. Einen ehemaligen Grenzstein, grün angewachsen. Einen Laden, der „Original Produkte aus Deutschland“ vertreibt. Dazu gehören Sonnenmilch, Kaffee, Drogerie- und Putzartikel. Wer sich wundert; jedes Mal, wenn ich nach Polen zu Besuch komme, verlangt meine Mutter wahlweise nach Rohrreiniger oder Waschpulver aus Deutschland. Denn obwohl in Polen größtenteils dieselben international bekannten Marken vertrieben werden wie hier, gäbe es anscheinend große Qualitäts- und Wirkunterschiede. Ich kann nicht sagen, inwieweit das tatsächlich stimmt. Doch eines kann ich mit Sicherheit sagen: Made in Germany ist bei meinen Landsleuten noch immer voll in.

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An der kleinen Meeresbucht, dort, wo ich gestern mit meiner Mutter „stecken blieb“, geht es auch heute für mich nicht weiter. Das Rad durch den Sand zu schieben ist keine Option. Eine Option tut sich allerdings auf, in Form einer schmalen Treppe, die die bewaldeten Dünen steil entlang geht. Einen Abschnitt lang kann ich das Rad ja ziehen, denke ich mir und mache mich auf, das Treppchen, welches wohl vorrangig für Wanderer errichtet wurde, zu blockieren. „Das schaffst du nicht.“ Ein gebräunter Mann mit grauem Bart schaut mich, das Rad und den steilen Weg aufwärts wissend an. Normalerweise pfeife ich darauf, wenn mir jemand sagt, dass ich etwas nicht schaffe. Doch hier weiß ich nicht, wie der weitere Weg sich gestaltet. Also drehe ich um, fahre ein Stück zurück und nehme den Weg, der nach links von der Küste abzweigt. Der Wald heißt mich willkommen.

Ich Wald gebe ich ordentlich Gas, achte auf Wurzeln und eventuellen Gegenverkehr, der ebenso mit Rad unterwegs ist. Grünes Rauschen der Baumkronen weit über mir. Frische Luft. Ab und zu ein Regentropfen, der sich hierher verirrt. Fast traue ich mich nicht, das klapprige Drahtgestell zu Höchstleistungen anzuspornen. Wer weiß, was außer der Kette da noch kaputt gehen kann. Doch leicht fühle ich mich. Leicht und schnell. Wie eine fliegende Feder – oder ein Papierflugzeug.

Dann, an einer Lichtung, bin ich kurz irritiert. Ich steige ab. Rechts von mir ein Hof und Häuser, die wie alte Herrenhäuser anmuten. Links von mir wird eine Bühne aufgebaut. Der Sommer ist eine Zeit voller Konzerte und Festivals. Hohes Gras. Hier, im offenen Gelände, spüre ich nun den Regen im Gesicht. Doch ich bin gerüstet. Regenmantel, Kapuze. Kurz beginne ich, am Sinn meines heutigen Unterfangen zu zweifeln. Kasia ist wieder einmal unterwegs, wenn es schüttet. Wäre ich doch besser im Hotel geblieben… oder?

Es muss weiter gehen. Das Wetter an der Küste ändert sich öfter als die Launen eines Teenagers. Umdrehen ist jetzt keine Option. Auch wenn die weitere Strecke seltsame Züge annimmt. Mein Weg entfernt sich von der Küstenlinie und ich finde mich mitten in einem kleinen Ort wieder. Hier heißt es: absteigen, Navi konsultieren. Und da ich schon mal abgestiegen bin, kann ich mir ebenso duftendes Gebäck in der Bäckerei über die Straße kaufen.

 

Das Wildschwein

Wieder mitten im Wald. Die Strecke, die mir da angezeigt wird, nimmt abenteuerliche Formen an. War ich bisher auf angenehmen Waldwegen unterwegs, so ähnelt dies hier immer mehr einer Schlucht. Die Wände um mich herum werden höher, und am Boden blockieren Baumstämme und Unkraut den Durchgang. „Da soll ich lang?“ Frage ich in die Luft hinein. Ja, sagt mein Navi. Da sollst du lang. Das Rad kannst du schieben, vorwärts.

Tour de Unwegsamkeit

Ich gehorche und schiebe. Trage mein Gefährt über Baumstämme. Und komme mir vor wie die größte Abenteuerin aller Zeiten. Vergisst Marco Polo, vergisst Alexander, hier kommt Kasia.

Hier kommt Wildschwein.

Der wild abenteuerliche Abschnitt währt nicht lange, und irgendwann ist der Weg wieder normal befahrbar. So steige ich aufs Rad und radle fröhlich davon. Grün, alles um mich herum. Die Sonne ist mal da, mal weg, versteckt sich in Laubkronen. Seltsame Geräusche im Unterholz. Eine Wildschweinmutter mit ihrem Ferkel schiebt sich aus dem Dickicht. Nah. Sehr nah. Circa fünfzig Meter von mir entfernt trottet das Ungetüm, mit der Schnauze irgendwas im Waldboden suchend. Ich habe gehört, wie gefährlich Wildschweine mit ihren Jungen sind. Also überlege ich nicht lange. So schnell, wie ich kann und so leise, wie ich kann, wende ich das Rad, steige auf und drehe retour, bevor die Mutter als nächstes mit ihrer Schnauze in meinem toten Kadaver wühlt. Alexander und Marco Polo winken mir zum Abschied.  Das war’s mit der Abenteuerin.

Wie ich so zurück radle und meine weiteren Abenteuer- und Entdeckerpläne für den heutigen Tag abschreibe, kommt mir eine ältere Joggerin entgegen. Pflichtbewusst – und um die Frau nicht ins Verderben laufen zu lassen – warne ich sie vor dem Monster. Doch sie entgegnet ganz ungerührt, sie sei schon seit Jahren in diesem Wald unterwegs, habe schon etliche Wildschweine gesehen, sie lasse sich davon nicht das Joggen verderben. So gesprochen setzt sie ungerührt ihren Weg fort.

Die Frau ist krass. „Meine Stadt, mein Block, mein Wald, und du, Wildschwein, sieh zu, dass du aus dem Weg kommst.“ Mit größtem Respekt – und im Geiste bereits Gebete für sie sprechend – folge ich ihr in angemessenem Abstand. Das hat Kalkül. Wenn das Wildschwein kommt und sie zuerst erwischt, habe ich gute Chancen zu flüchten. Ja, jetzt guckt nicht so. Ich kann nichts dazu, wenn jemand förmlich um den Tod bettelt.

Wir passieren die fragliche Stelle ohne Zwischenfälle, das Wildschwein samt Nachwuchs sind nicht mehr da. Dafür fällt etwa fünfhundert Meter weiter meine Radkette ab. Ich ziehe sie auf, wieder mit dem Kugelschreiber. Naturblond kann man sein, man muss sich nur zu helfen wissen.

Wie ich so mit ölverschmierten Fingerchen an meinem Rad zugange bin, kommt ein anderer Radfahrer aus der Richtung, aus der ich auch gekommen bin. Ich frage ihn, ob er das Wildschwein gesehen hatte. Nein, sagt er und fragt erschrocken, ob da ein Wildschwein gewesen sei. Ja, sage ich und erzähle wortreich, wie ich gerade so knapp mit dem Leben davon gekommen bin. Und wie ich heldenhaft versuchte, eine alte Frau beim Joggen zu beschützen. Jaa, jetzt guckt nicht schon wieder. Die Leute lieben gute Geschichten. Und by the way frage ich mich, was eine Bache mit Jungen zu dieser Jahreszeit hier zu suchen hatte. Es ist Mitte Juli, der Frühling längst vorbei. Späte Liebschaft, zweiter Wurf, oder wie?

 

Gdynia

Mein Abenteuer „Wald“ neigt sich dem Ende zu. Ich erreiche die Ausläufer von Gdynia. Gdynia ist an sich keine schöne und auch keine allzu spannende Stadt. Nach meinem Empfinden natürlich. Einzig, was hier interessant ist, ist der Hafen mit seinen Ausflugsschiffen und der Marinehafen ein Stückchen weiter. Zweiter ist nur mit einem Ausflugsboot zu erreichen.

Am Hafen binde ich mein Rad an. Die ganze Anlage besteht aus einem großen, gemütlichen Park, Wasserspielen und jeder Menge Souvenirständen. Fast Food, Eis, Bernstein. Gefälschter Bernstein. Letzterer besitzt eine beeindruckende Menge an „echten“, eingeschlossenen Insekten. Was sich seit dem Devon Zeitalter vor rund 400 Mio. Jahren so alles erhalten hat… (ja, Kinder, so alt ist Bernstein).

Das Wetter ist fantastisch. Nichts mehr zu sehen von den Regentropfen, die mich auf dem Hinweg gleichmäßig hydriert hatten. Kleine, süße Schäferwölkchen jagen in Herden über den Hochhäusern der Stadt, strahlen mit den Segelbooten schneeweiß um die Wette. Gdynia empfinde ich als wenig beeindruckend. Dazu muss ich ein wenig ausholen. Die Stadt gibt, was sie hat, um interessant für Besucher zu sein – und das ist sie anscheinend, denn einen Mangel an Touristen kann ich hier nicht feststellen. Doch sie besitzt keinen nennenswerten Altstadtkern. Das liegt daran, dass das seit dem 13 Jhd. bekannte Dorf Gdynia nie wirklich eine Rolle als Handelsstadt gespielt hat. Lange Zeit lebte der Ort von der Agrarwirtschaft.

1772 – das Jahr, als es Polen nicht mehr gab. In diesem Jahr wurde das Land unter Preußen, Habsburgern und Russland aufgeteilt. Es war die erste der insgesamt drei Teilungen in Polens Geschichte, während derer das Land für lange Zeit von der geopolitischen Weltkarte verschwand (diesen Hintergrund sollte man kennen, um zu verstehen, warum meine Landsleute so ticken wie sie ticken). Die Stadt Gdynia kam unter preußische Verwaltung; erst 1920 im Rahmen des Versailler Vertrages, wurde es Polen wieder angegliedert.

Doch es ist nicht so, als dass es hier nichts gibt, um das Besucherherz zu erfreuen. Gdynia kann mit Theatern und Museen, davon gleich sechs maritimen Museen, aufwarten. Zudem gehen von der Anlegestelle aus Ausflugsschiffe zu einer Tour rund um die Puck Bucht und retour. Ich bin unschlüssig, ob ich so einen Ausflug mitmachen will. Gefühlt jede Stunde legen Schiffe ab und gut gelaunte Kapitäne steuern sie rund um den großen Industriehafen. Auch ein „Piratenschiff“ ist mal wieder zugegen. Aus meiner mir eigenen Faulheit heraus würde ich am liebsten hier am Hafen sitzen bleiben und Leute beobachten. Und nichts tun. Vielleicht ist es auch eine Müdigkeit, die mich jetzt nach der Fahrt ereilt. Mehr spontan entschließe ich mich, ein Ticket zu kaufen. Denn erstens, die Tickets sind günstig und zweitens, der Ausflug beginnt just demnächst und drittens, eine bessere Gelegenheit kommt nicht. Manchmal steht uns die Bequemlichkeit im Weg.

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Der Marinestützpunkt

Die Anlegestelle der polnischen Kriegsmarine ist der zentrale Punkt und das Motto des Ausflugs. Trotz des starken Windes und der Kühle, die sich immerzu auf dem Wasser verstärkt, sucht sich ein jeder nach Möglichkeit einen Platz draußen, um ausreichend zu sehen. Auch ich bin draußen, doch sitzen muss ich nicht. Nachdem ich mich neben fremde Menschen gequetscht habe, verlagere ich meinen Posten in den hinteren Bereich des Schiffes, direkt neben dem Laufsprecher. Hier bin ich quasi alleine, und die Erläuterungen des Kapitäns sind besser zu hören.

Bereits im 17 Jhd. gab es erste Pläne, einen militärischen Hafen zu errichten. Diese wurden zunächst nicht realisiert. Vor dem Bau des militärischen Hafens nach dem I Weltkrieg war eine polnische Marine faktisch nicht existent. Mit der Angliederung Gdynias an die Rzeczpospolita bekam das Land endlich den langersehnten Zugang zum Meer. Nach dem Bau des Marinehafens war Gdynia mit einem Mal kein Dorf mehr, in dem jeder jeden kennt. Als Militärbasis beherbergte der Ort viele Zugezogene, hier stationierten mehrere Hundert Marinesoldaten. Der benötigte Dienstleistungssektor rund um Übernachtungen und Verpflegung wurde ausgebaut. Es wurde Zeit für die Stadtrechte, die Gdynia 1926 bekam. Heute hat die Stadt gleich drei Häfen, den Handelshafen, den Marinehafen und den Passagierhafen. Gdynia ist eine Stadt, die im Wachstum begriffen ist. Auch während der Coronapandemie änderte sich daran wenig. Sie ist der größte Getreideverladehafen der Ostsee und besitzt einen der drei LPG Terminals Polens.

Der Marinestützpunkt ist das Spannende auf dieser Tour.

Natürlich dürfen wir nicht allzu nahe ran. Alles, was wir sehen, sind militärische Boote, die nur einen kleinen Teil der Flotte ausmachen – von Weitem. Falls sich hier einer sorgt, die Polen würden leichtfertig mit ihren militärischen Geheimnissen umgehen; das tun sie nicht, denn auf diesem, zugegeben, unterhaltsamen Ausflug bekommen wir nicht viel mehr mit als auf der Webseite der Militäreinheiten Polens nachzulesen wäre. Dennoch ist der Ausflug spannend. Die Einheiten verfügen über Kampfschiff-, Unterwasserschiff-, und Unterstützungsschiffsgeschwader, ein Bataillon der Küstenverteidigungsflotte. Volles Programm. Die Polen fackeln nicht. Seit dem Krieg in der Ukraine sind sie dabei, ihre Verteidigung auf Hochglanz zu bringen. Langsam fahren wir an der Kriegswerft vorbei. Die Stimme, die aus dem Mikrofon über mir sickert, nennt Zahlen und Fakten. Auch wenn ich das meiste nicht behalte und später recherchieren muss. Es gibt Menschen, die haben’s mit Zahlen.

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Wir gehen von Bord bei Sonnenschein. Ein wenig treibe ich mich noch am Hafen herum, sehe, dass gerade das „Piratenschiff“ ablegt, die Tour läuft unter einem anderen Motto. Für mich ist genug. Da Gdynia mangels einer spannenden Innenstadt nicht mehr viel zu bieten hat, besteige ich wieder mein treues Ross und radle zurück in Richtung Danzig.

 

Small Talk führ mal woanders

Und auch wenn ich versuche, mich diesmal an den Plan zu halten, schaffe ich es irgendwie, dass meine Strecke nicht durch den Wald, sondern durch Städte und Ortschaften, entlang einer stark befahrenen Straße führt. Der Radweg ist gut ausgebaut, zwischendurch ist Straßenseitenwechsel angesagt. Schöne, verfallene Häuser, angegraute Fassaden, alte Villen aus Zeiten, als es manchem Menschen besser ging als anderen. Obwohl, haben wir das nicht auch heute? Ich sehe viele dieser architektonischen Schmuckstücke, die vor sich hin modern. Doch abgerissen werden darf hier nichts, die Denkmalschutzvorschriften sind streng. So bleiben die Häuser still stehen und warten auf den Zahn der Zeit, auf dass er sich an ihnen abarbeiten möge.

Zügig bin ich wieder zurück in Danzig. Wenn auch nicht an jener Stelle, an der ich die Stadt, die wahrlich kein Dorf ist, verlassen habe. Ich komme von der Südseite an, dort, wo Hochhäuser aufragen und sich Vororte aneinander drängen. Ein an einer der Hauptverkehrsadern gelegenes, uriges Restaurant wird zu meiner Zuflucht auf Zeit. Der Hunger lässt von sich hören, das Frühstück ist schon Stunden her. Das Lokal bietet typisch polnische Gerichte wie zum Beispiel Brotsuppe im Brotlaib serviert und dunkles Starkbier. Ich nutze die Gelegenheit, da noch nicht so viele Menschen hier sind, um die Innenausstattung zu bewundern. Die ganze Hütte ist aus grobem Holz; das ist scheinbar die typische Bauweise für polnische Lokale, die traditionelle Küche anbieten. Hier kriegt man noch Brotsuppe in einem Brotlaib serviert. Und ein großes Dunkles gehört dazu. Nein, das Restaurant ist weder alt noch historisch. Immer mehr solch uriger Essgelegenheiten wachsen wie Pilze aus dem Boden. Und es lohnt sich, eines davon zu besuchen.

Brotsuppe im Brotlaib

Im Inneren zieren Malereien die Wände, Fischernetze und ganze Modellsegelschiffe lassen den Gedanken an alte Seefahrtszeiten aufleben. Ich liebe solche Lokale, würde sie am liebsten mit den Augen verschlingen. Alleine besetze ich einen der groben Tische, schaue durchs kleine Fenster nach draußen. Hier passt eine Beschreibung ganz gut: gemütlich.

Doch so schön es auch ist, irgendwann muss auch ich weiter in den kräftigen Wind, der hin und wieder einen Regenschauer mitbringt. Jetzt fällt der Regenschauer allerdings kräftiger aus als sonst, ein ganzer Eimer ergießt sich auf den Boden, um mir die Heimfahrt zu versüßen. Draußen stehen unterdacht zwei andere Gäste, die im Lokal schräg gegenüber saßen. „Unglaublich, oder?“ Sage ich lachend zu einem von ihnen. „Noch vor einer halben Stunde war gar nichts von Regen zu sehen.“ Stille. Die beiden Männer schauen mich an. Keine wahrnehmbare Regung.

Ich merke schon: Small Talk ist nicht des Polens Lust…

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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16 Kommentare

  1. So so, hat die Mutti dann doch noch mal die Kurve zum Strand gekriegt. Liebe auf den zweiten Blick? Deine zweite Radtour war dann ja doch etwas abenteuerlicher als die erste. Wilde Strecke, wilde Schweine. Auch wenn du Gdynia selbst nicht so viel abgewinnen konntest, so hast du durch die Runde auf dem Schiff dann doch noch was mitnehmen können. Die Brotsuppe sieht lecker aus! Und meine Frage dazu wurde schon in einem der Kommentare weiter oben beantwortet. Was den Small Talk anbetrifft (den ich liebe!), so fühle ich mich in den USA deutlich mehr zuhause als im nördlichen und östlichen Europa 😁.

    1. Lach, eigentlich weiß ich die Zurückhaltung der Polen sehr zu schätzen, aber manchmal bin ich doch zu sehr an die süddeutsche Mentalität gewöhnt. USA könnte mir wieder zu viel sein. Aus deinen Erzählungen geht hervor, dass dort die Leute immerzu locker miteinander quatschen?

      Die Mama hatte sich einen schönen Tag gemacht; ich glaube, da haben vor allem Shopping und Imbissbuden eine Rolle gespielt.

      In Gdynia würde dir vermutlich die Architektur gefallen und ja, es war schön, die Stadt mal gesehen zu haben. Wie gesagt, für Museenliebhaber sicher interessant.

      Das Schwein hängt ausgestopft über meiner Couch.

      Waas, jetzt guck nicht so, ein wenig Übertreibung hat noch keinem geschadet… wahrscheinlich rennt es heute auch irgendwo rum und erschreckt unschuldige Radfahrer 😉

      1. 🥳🤣🎉!

  2. Small Talk wird massiv überschätzt. 😂
    Und bedenke: Alexander der Große und Marco Polo sind tot, du lebst. Vielleicht waren die beiden unvorsichtig mit Wildschweinen.

    1. Lach… ja, das wird es gewesen sein. Und sie haben keine alten Damen vor dem Untergang gerettet 😉

  3. Danke liebe Kasia für diesen, wieder sehr interessanten Beitrag. Eine Frage hätte ich noch: Wenn ich die Suppe im Brot sehe, frage ich mich, wie schnell muss ich die Suppe essen, bevor sie durch das aufgeweichte Brot austritt?
    Liebe Grüße, Roland

    1. Lieber Roland, das ist eine berechtigte Frage. Bei dem Brot handelt es sich um eine speziell zubereitete Brotkruste, die vor dem Servieren der Suppe im Backofen hart gebacken wird. Das Brot tritt nicht aus, selbst wenn du deine Suppe nicht aufessen solltest. Mahlzeit 😉

      1. Hallo Kasia, danke für die Erklärung und liebe Grüße,
        Roland

    2. In Litauen (das ja irgendwie auch mal polnisch war) gibt es diese Brotsuppe auch, und ich habe mich das anfangs ebenfalls gefragt.
      Aber das ist echt stabiles Brot. Da könnte man nach der Suppe noch eine Stulle draus machen.

      Sehr schöner Bericht mit vielen Abenteuern und Entdeckungen!

      1. Dankeschön. Das Brot kann man danach aufessen, wenn man es noch schafft, es ist schön knusprig. Litauen und Polen haben eine gemeinsame Geschichte 🙂

        1. Genau, WENN man es noch schafft. 😀

          Ich hatte eigentlich nur einmal so eine Brotsuppe, weil ich dachte: Geil, ich bezahle nur für die Suppe und esse danach noch das ganze Brot.
          Ich habe gerade mal den Deckel geschafft, dann war ich pappsatt. (Vielleicht habe ich aus Versehen vorher noch irgendwelche Cepelinai gegessen.)
          Seither habe ich nie mehr Brotsuppe bestellt, weil mir die Verschwendung von Brot so leid tut und das Herz bricht. (Obwohl es wahrscheinlich die Schweine bekommen.)

          Die Formel von der gemeinsamen Geschichte gefällt mir sehr gut!
          Das ist viel besser als der ewige Streit um Vilnius/Wilno. (Als ich dort lebte, hatte ich einige Couchsurfing-Gäste aus Polen zu Besuch. Als Gastgeschenk brachten sie immer etwas von Adam Mickiewicz mit, das beweisen sollte, dass Wilno schon immer polnisch gewesen sei.)

          1. sagt:

            Oh na ja, dieses „schon immer polnisch/deutsch/litauisch gewesen“ ist müßig und sorgt nur für Spannungen. Ich bin meist ein Befürworter des Status quo. Es ist wie es ist.

            Um das Brot hat es mir auch leid getan, auch ich hatte vor, es aufzuessen. Fakt ist, die Brotsuppe ist an sich reichhaltig, meist werden noch gekochte Eier hinein getan. An Ostern dieses Jahr hatten wir auch Brotsuppe, wir haben fast alle unsere Brote brav aufgegessen 😉 (dass ich nach diesen drei- vier Tagen rund zwei Kilo schwerer nach Deutschland zurückkehrte, muss ich auch nicht erwähnen, oder?)

          2. sagt:

            Aber ja, Verschwendung von Lebensmitteln sehe ich auch nicht gerne. Du dürftest nicht nach Arabien reisen, da gibt es in Restaurants Riesenportionen, die man unmöglich schaffen kann. Der beste Reis meines Lebens wurde Kiloweise weggeworfen. Geschuldet ist es einem veralteten Verständnis von Gastfreundlichkeit: wenn der Teller leer ist, dann ist der Gast nicht satt geworden und der Gastgeber hat versagt. Somit werden die Portionen so gestaltet, dass es unmöglich ist, sie aufzuessen. Als Füllmittel dient dazu Reis.

            Aber ich schweife ab…

          3. Das kenne ich aus Israel genauso.
            Anfangs dachte ich immer, die Leute seien unhöflich, weil sie nicht aufessen. Aber dann hat mir jemand erklärt, dass ein leerer Teller signalisiert, dass man noch mehr bräuchte. Entweder kommt dann eine zweite Riesenportion, die niemand schafft. Oder, wie du es sagst, es ist ein Hinweis auf die Knausrigkeit des Gastgebers.

            Wirklich knausrig ist es ja eigentlich nur bei deutschen Gastgebern. Wenn man da zur Essenszeit vorbeikommt, verschieben die lieber ihr eigenes Mahl um zwei Stunden, als teilen zu müssen.
            Oder man wird ängstlich gefragt: „Soll ich noch eine Scheibe Brot für Sie abschneiden?“, aber mit einem Blick, wie wenn gerade Hungersnot wäre.
            In Deutschland kann man die Leute richtig schockieren, wenn man nach dem Essen fragt: „Sagen Sie, hätten Sie vielleicht noch Schokolade im Haus? Oder eine Torte im Gefrierschrank?“ Dann blickt sich das gastgebende Paar an, wie wenn man sie ausrauben möchte.

          4. sagt:

            Lach, da ist was dran. Wobei ich das ganz unterschiedlich erlebt habe. Ich hatte auch schon die ängstliche Frage: „Möchtet ihr frühstücken? Weil, na ja… ähm…“ Und wie ich gefrühstückt möchte.
            „Soll ich noch eine Scheibe Brot für Sie abschneiden“ ist normal und ich glaube, es ist gar nicht mal geizig gemeint. Vielleicht ist es einfach nur die Sorge des Gastgebers davor, dass sich das Brot verschwendet, wenn er nicht vorher nachgefragt hat. Oder man möchte dem Gast nichts ungefragt „aufdrücken“.

            In Polen hingegen wirst du zum Essen „gezwungen“. Niemand fragt dich, ob du etwas willst, es wird einfach nur auf den Tisch gestellt. Wenn ein Pole bei dir zu Gast ist und er seinerseits gefragt wird, wird er immer ablehnen, selbst wenn er Hunger oder Durst hat. Gastfreundlichkeit ist halt bei uns, dem Gast keine Wahl zu lassen 😉

        2. Ich habe es nicht geschafft. 🙂

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

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