Europa, Polen

Danzig – Der Strandtag

„Heute tun wir mal gar nix.“
„Isaac, das kann ich so nicht schreiben!“
„Okay, schreib: Ein ruhender Körper bleibt in Ruhe, wenn keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken.“

„Ich glaube, das ist nichts für mich.“ Wird meine Mutter später feststellen. „Das ist irgendwie langweilig.“ Ich seufze und speichere ab: eine Strandnixe ist die Mama nicht.

Zurück zu Anfang. Nach dem anstrengendem gestrigen Programm, bei dem es um Besichtigung der Danziger Altstadt und der historisch bedeutsamen Halbinsel Westerplatte ging, ist heute Ruhe und Entspannung angesagt. Nach Absprache plane ich für uns einen Tag, wie ihn Millionen Menschen rund um den Globus zur liebsten Freizeitbeschäftigung für sich erkoren haben. Eine Lieblingsbeschäftigung, der sich mein Stefan mit Leidenschaft hingibt und vor der es mir graut – doch was tut man nicht alles für Mutti.

Ich plane einen Strandtag.

 

Der Strandtag

Auf einer Decke am Wasser zu liegen und buchstäblich nichts tun, während sich die UV Strahlung an meiner Haut abarbeitet – zugegeben, für mich ist dies auch nichts. Strand- und Nichtstun-Tage überlasse ich meist Stefan, der sich mit Vorliebe dem süßen Müßiggang hingibt. Seien wir ehrlich: für die meisten von uns bringt der Strandtag nicht einmal die Option, eine- bis zwei Runden zu schwimmen, mit sich. Die meisten gehen ins Wasser, um kurz nass zu werden, danach schlendern ihre Happy Kadaver zurück zur Liege und zu dem dort abgestelltem Bier.

Hin und wieder mache ich eine Ausnahme. So wie damals, auf Lanzarote, als mich der Playa de Papagayo rief und nicht wieder losließ. Damals fühlte es sich okay an, eine Zeit lang im Schatten einer ausgespülten Höhle am Strand die Augen zu schließen. Oder so wie heute.

Nach einem ausgiebigen Frühstück packen wir unsere Sieben(strand)sachen zusammen. Stranddecke, Strandkörbchen, Strandverpflegung, Sonnenhut. Vom Hotel aus bis zu einem der Danziger Strände sind es nur wenige Meter. Dabei kommt man unweigerlich an Cafés, Bars und einigen Souvenirständen vorbei. Hier ist am Vormittag noch nicht viel los. Die Erklärung dafür ist einfach. Nicht nur wir hatten den Gedanken, ein verhältnismäßig warmer und sonniger Tag würde sich gut für ein Sonnenbad eignen.

Wir suchen uns einen ruhigen Platz. Etwas geschützt vom Wind, etwas abseits der Menschen. Umkleidekabinen sind zwar vorhanden, doch auch ohne bin ich schnell und unauffällig raus aus den Alltags- und drin in den Badeklamotten. Die Strände dieser Welt haben eine erfahrene Blitz-Umzieherin aus mir gemacht. Dann liegen wir da. Es ist nicht allzu sonnig und auch nicht allzu warm, doch um sich einmal am Meer auszustrecken, reicht es allemal aus. Eine entfernt schallende Geräuschkulisse aus Wellenrauschen, Möwengeschrei und Stimmen der Menschen dringt an das Ohr. Wer daran gedacht hat, liegt jetzt komfortabel in einer portablen Strandmuschel. Doch eine Stranddecke ist auch schön. Mama schiebt sich den Hut aufs Gesicht und döst.

Später ist Mama weg. Sie will nochmal „kurz“ zum Hotel. Währenddessen liege ich da und beobachte unter halb geschlossenen Augen das Geschehen um mich herum. Ein Krähenvogel stolziert im Sand. Die Beachvolleyball spielenden Mädels sind in ihrem Element. In weiterer Entfernung sind auf dem Wasser Transportkähne und Ausflugsboote zu sehen. Eine Wolke, die wie ein Ufo aussieht, schwebt unbeweglich am Himmel. Der herausschießende Lichtstrahl lässt einen Urlauber nach dem anderen verschwinden. Oh, warte, bin ich eingenickt?

Mit Buch lesen, telefonieren und faul herumliegen geht die Zeit rum. So sehr, dass ich mich nach über einer Stunde frage, wo meine Mama bleibt. Sogar die vermisste Sonne ist inzwischen am Firmament aufgetaucht. Schließlich taucht sie irgendwann auf. Nicht die Sonne; die Mama. Sie hat ihren Rückweg kreativ gestaltet und ist unterwegs bei all den Schmuck- und Bernsteinverkäufern versackt.

Nach einem Porter- Bier an der Bar kehren wir zu unseren Liegeplätzen zurück. Dort liegen wir bis zum späten Nachmittag vor uns hin. Und da Nichtstun hungrig macht, kehren wir anschließend auf dem Rückweg zum Hotel in ein nahe gelegenes Restaurant ein, wo wir zu dieser frühen Stunde die einzigen Gäste sind. Bei Piroggen, Weißwein und einem ganzen Topf Muscheln lässt es sich gut aushalten.

Nun, ganz so tatenlos war dieser Tag freilich nicht, denn im nahe gelegenem Park, wo inmitten von Grün zierliche weiße Fußgängerbrücken über schmale Kanäle führen und Luftballonverkäufer kleinen Kindern ein Lächeln abringen, entdecken wir einen Fahrradhändler. Die angesammelten Drahtesel sind in einem, ich sag mal, abwechslungsreichen Zustand, doch alles in allem fahrbar. Wir reservieren uns Räder für den kommenden Tag, denn ein Körper im Ruhezustand will auch irgendwann wieder aktiviert werden.

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...

2 Kommentare

  1. Beim Thema Danzig wäre ich jetzt nicht auf Anhieb auf Badeurlaub gekommen, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

    1. Na ja, überall da, wo es ein Stück Küste gibt, sind auch sonnenhungrige Strandanbeter nicht weit. Es ist oft recht kühl an der Ostsee, aber für die meisten Polen sind die Alternativen zu weit weg.

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.