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„Hast du keine Angst?“

Die Motorradsaison hat begonnen. Und mit ihr ein Thema, das alle Jahre wieder präsent wird, in Form von dieser einen, verwunderten Frage, die aus meinem Umfeld kommt:

„Hast du keine Angst?“

Dann wollen wir das Thema Angst doch mal etwas näher beleuchten.

 

Was ist die Angst?

Angst können wir vor Dingen haben, die wir nicht kennen. Angst ist eine große Unbekannte.

„Hast du keine Angst?“ …alleine nach Nepal zu fliegen.
„Hast du keine Angst?“ …Motorrad zu fahren.
„Hast du keine Angst?“ …in einen Abgrund zu rennen.

Vertrauen

Große Augen, die Fragen der Menschen, die mehr Angst zu haben scheinen als ich. Fast möchte ich auf arrogante, doch wahrheitsgemäße Art antworten. „Angst? Bringt es mir irgend einen Vorteil, Angst zu haben?“

Nun, sagte mal jemand – es ist ja nicht so, als ob man das beeinflussen könne.

Doch. Kann man. Zumindest kann man es versuchen. Das Lösungswort – falls es hier so etwas gibt – heißt: Vertrauen. Vertrauen in sich und seine eigenen Fähigkeiten. Vertrauen darauf, gut vorbereitet zu sein. Vertrauen in seine Mitmenschen. In das Schicksal, möge es auch diesmal gnädig sein. In die Welt.

Und dann…

Dann muss man bereit sein. Auf alles. „Jeder Tag ist ein guter Tag zu sterben.“ Ein altes, indianisches Sprichwort. Wer mit allem rechnet, hat keine Angst. Wer mit sich in Reinem ist, hat keine Angst. Dinge kommen so, wie sie kommen sollen. Nur bis zu einem gewissen Grade können wir sie beeinflussen. Und dann, ab diesem bestimmten, nicht näher festgelegten Augenblick, legen wir alles in Hände einer höheren Macht. Dann führt uns etwas anderes. Die Fäden unseres Lebens führen sich selbständig zusammen, spinnen sich weiter, ohne unser Zutun.

Könnt ihr das Nashorn sehen? Nun, es konnte mich auch sehen… *ähm*

Nein. Verwechsle das Fehlen von Angst nicht mit dem Fehlen von körperlichen Symptomen, denn die sind durchaus da. Der trockene Mund. Das Herzklopfen. Das Gefühl, sich auf den Boden werfen und schreien zu wollen. Doch es sind lediglich die Augenblicke davor. Denn im entscheidendem Moment kommt sie wieder hervor, die Arroganz von vorhin, der Gedanke (oder die Frage?): Welchen Vorteil bringt mir die Angst? Wenn die Antwort lautet: keinen, und so lautet sie in fast allen der Fälle, dann schiebe ich die Panik weg. Stelle mich neben mich selbst. Und agiere. Beobachte mich dabei. Keine Angst zu haben, etwas zu tun, heißt nicht, keine Furcht zu empfinden. Doch ich kann entscheiden, ob ich dieser Furcht nachgebe. Schließlich bin ich der Herr über meinen Körper, nicht anders herum.

Denke nicht, dass ich vor nichts Angst habe. Denn das stimmt so nicht. Es gibt die Furcht, die Todesangst. Ich habe sie glücklicherweise so noch nie erleben müssen. Es gibt Dinge im Leben, wo der Körper nachgibt. Wo ein jeder Mensch einknickt und zusammen bricht. Ich spreche von Krieg, von extremer Gewalt, von Naturkatastrophen. Das sind Grenzsituationen, es sind Momente, an die ich weder denken noch mich hinein begeben möchte. Denn wäre ich in einem solchen, müsste ich auch nur annähernd ertragen, was manche Menschen ertragen müssen, dann wäre all das Gelaber in den oberen Zeilen keinen Kehricht mehr wert.

Verwechsle es nicht mit Leichtsinn. Es ist nicht das, was du denkst. Es bedeutet nicht, sich absichtlich in gefährliche Situationen zu begeben, nur um den Kitzel zu spüren. Vielmehr bedeutet das, was ich tue, ein wohl kalkuliertes Risiko, das Abwägen der Wahrscheinlichkeiten untereinander. Wie wahrscheinlich ist es, dass ich mit einem erfahrenen Piloten mit einem Ultraleicht-Flugzeug vom Himmel falle? Es könnte passieren, doch es ist nicht sehr wahrscheinlich. Wie wahrscheinlich ist es, dass mich auf meinem täglichen Arbeitsweg, den ich jeden Tag über Stunden befahre, das Schicksal ereilt? Da steigt plötzlich die Statistik rasant.

Wieso ich trotzdem fahre? Weil alle Statistiken Müll sind, denn was zählt, was wirklich zählt, das ist das Einzelschicksal. Was interessiert den glücklichen Lottogewinner, dass die Gewinnwahrscheinlichkeit geringer ist als vom Blitz getroffen zu werden? Herzlich wenig, wie ich denke. Was interessiert es denjenigen, der vom Himmel fällt, dass sich dafür die Prozentzahl im homöopathischen Bereich bewegt? Wohl auch nicht viel. Das ist die große Unbekannte, auf die wir uns tagtäglich einlassen. Das ist das Leben.

Und hier kommen wir wieder zu der Schlüsselfrage, die die Gemüter bewegt: Hast du keine Angst?

Angst – eine Entscheidung

Weiß ich, dass ich beim Paragliding vom Himmel fallen kann? Sicher weiß ich das. Weiß ich um die Gefahren des Motorradfahrens? Aber freilich. Nützt es mir in irgend einer Art und Weise, ab sofort mit Angst im Gepäck zu fahren? Macht mich die Angst sicherer? Verbessert sie mein Reaktionsvermögen? Hilft sie mir, klar zu denken? Ich glaube, es ist klar, worauf ich hinaus will. Die Angst ist kein guter Berater. Deshalb lasse ich mich nicht von ihr leiten.

„Die Gefahr – die Gefahr ist sehr real. Doch die Angst ist eine Entscheidung.“ Will Smith in „After Earth“.

Ich liebe Filmzitate.

Das Wesen der Angst

Ich glaube, Angst ist das, was wir nicht kennen. Angst ist das Monster unter dem Bett. Angst ist irrational. Es sind nicht die Statistiken, die darüber entscheiden, was wir fürchten. Es ist nicht die reelle Gefahr. Warum fürchten wir das Fliegen mehr als das Autofahren, obgleich zweiteres durchaus tödlicher ist? Warum fürchten wir mehr, Opfer eines Anschlags zu werden als an einer Zivilisationskrankheit zu sterben, obwohl die Chancen für zweiteres für viele höher stehen? Warum machen uns Dinge mehr Angst, die wir noch nie getan haben als die, die wir bereits versuchten? Weil wir es nicht kennen.

Angst machen uns Dinge, die wir nicht einschätzen, nicht zuordnen können.

Und: Angst machen uns Dinge, bei denen wir das Gefühl haben, Kontrolle abzugeben. Solange auch nur der Anschein besteht, man hätte etwas „im Griff“, fühlen wir uns sicher. Das Flugzeug haben wir nicht im Griff, genauso wie sich eventuelle unvorhersehbare Ereignisse unserer Kontrolle entziehen. Sie reißen uns den Boden unter den Füßen weg und stürzen uns ins Chaos. Doch gib uns einer einen Lenker und sage uns, wir hätten unser Leben selbst in der Hand, schon fühlen wir uns wohler. Die Angst vorm Unbekannten ist in Wahrheit eine Angst vor dem Kontrollverlust.

Im Umkehrschluss kann das nur bedeuten, dass je besser wir in dem sind, was wir tun, umso weniger Angst schwingt mit. Routine heißt das Zauberwort. Was sonst. Die Evolution hatte den Menschen nicht zum Motorrad fahren bestimmt, ebenso wenig fürs Paragliding oder eine der sonstigen, irren Dinge, die der Mensch so tut, weil er es kann.

Nein, ich habe keine Angst. Weil Angst keinen Sinn ergibt. Weil Angst nichts am Endergebnis ändert. Entweder ich tue etwas oder ich lasse es bleiben; diese Entscheidung fällt zuerst. Und wenn ich dann im Begriff bin, etwas zu tun, dann ist es für die Angst bereits zu spät.

Und du? Wie gehst du mit der Angst um? Siehst du sie als Freund oder als Hindernis? Ist das Gefühl der Angst etwas, was deine Entscheidungen beeinflusst oder kannst du beides voneinander abkoppeln? Ich bin gespannt auf deine Gedanken. Und wenn du einen passenden Artikel hast, verlinke ihn sehr gerne 😉

In diesem Zusammenhang möchte ich euch einen sehr coolen Motorrad-Blog empfehlen von einem Mädel, die gleich längere Routen bei jedem Wetter mit ihrem Feuerstuhl absolviert und ihre Stecken zugleich filmt und verbloggt. Julia von maedchenmotorrad.de hat eine erfrischende Art zu schreiben. Mit ihrer Suzuki V-Strom begibt sie sich auf größere und kleinere Touren und lässt den Leser, sie dabei begleiten. Ein Motorradblog von einer Frau für Frauen. Für Männer. Für jeden.

She is a Rider ist mehr Magazin als Blog. Es ist ein Motorrad-Magazin. Das Besondere: hier werden immer wieder Frauen porträtiert, die leidenschaftlich gerne Motorrad fahren. Für mich eine Ermutigung, weiter zu fahren und eine Inspiration. Wenn ich all diese freien, starken Frauen sehe, weiß ich, wir können alles. 

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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6 Kommentare

  1. Das hast du echt gut auf den Punkt gebracht! Diese Frage wurde mir auch schon öfter gestellt, meistens im Zusammenhang mit Reisen, die ich alleine unternommen habe. Mit stellen sich dann immer die Nackenhaare hoch! Denn in dem Moment versucht der Fragesteller (sicher unbewusst), seine eigene Angst auf mich zu projizieren. Und das finde ich irgendwie übergriffig. Je nach Laune antworte ich dann auch schon mal mit einem angriffslustigen „Belästige mich nicht mit deinen eigenen Ängsten!“ Denn genau das steckt für mich dahinter. Jeder hat seine eigenen Schmerzgrenzen. Und die Grenzen der anderen sind für mich schlichtweg irrelevant.

    1. Oder du drehst den Spieß einfach um.
      „Hast du keine Angst?“
      „Wovor denn?“
      „Na ich weiß nicht…“ Und dann soll sich der Fragesteller schön erklären, wovor man denn so schlimmen Angst haben sollte. Und wenn er das getan hat, konterst du mit einem lockeren:
      „Nein, ich nicht… wieso, hättest DU denn Angst?“

      Ja, liebe Elke, wie man es dreht und wendet: die Menschen sind voller Ängste, und in Wahrheit stellen sie solche Fragen, weil sie uns irgendwie bewundern und sich das nicht vorstellen können. Aber klar habe ich Angst. Vorher. Das Geheimnis dabei ist, es trotzdem zu tun… 😉

  2. Die Angst, einen Hang hinunterzusausen, ist mir vertraut…. Ich habe 7 Jahre lang in Österreich Paragleiten geflogen. Wenn von dir erwartet wird, etwas zu tun, von dem dein Gehirn sagt „Tu es nicht“, erzeugt das eine gewisse Angst. Entweder du lernst damit umzugehen oder… du hörst besser auf, das Risiko einzugehen.

    1. Die Option „damit umgehen lernen“ klingt besser… 😉

  3. Angst kann auch ein Grund sein um innezuhalten und nachzudenken. Doch dann kommt, wie Du richtig beschreibst, die Entscheidung, was man tut. Ignorieren sollte man sie nicht, zumindest vor der Entscheidung. Nach der Entscheidung braucht man sie nicht mehr.

    1. Das ist richtig, das Gefühl der Angst will uns etwas sagen. Und sobald man seine Entscheidung getroffen hat, ist sie weg… zumindest geht es mir so 🙂

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

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