Gleich beginnt ein neuer Homeoffice-Tag, genauer gesagt in den nächsten zwanzig Minuten. Vielleicht ist diese knappe Zeit genau das richtige Druckmittel, um mir die Wahrheit zu entlocken. Nicht zu viel nachdenken, einfach tippen. Vor allem nicht nachdenken über Fragen, die einem gleich im ersten Moment ein „öhm“ entlocken. Mehr nicht. Einfach nur „öhm“.
Warum ich morgens aufstehe? Weil langes liegen nicht gut für die Form ist, hätte ich schreiben können. Weil langes liegen Druckstellen und Thrombosen begünstigt. Und weil man irgendwann am Morgen endlich mal die Zähne putzen muss.
Doch meine Morgenroutine ist es nicht, was Aequitas in ihren Momentaufnahmen #9 („Wofür stehst du morgens auf?“) dieses Mal wirklich interessiert. Viel spannender scheint die Antwort auf die Frage zu sein, was für mich morgens DER Antrieb ist, um fröhlich zwitschernd aus dem Bett zu springen. Das Problem ist nur: ich springe nie fröhlich zwitschernd aus dem Bett. Oder nur äußerst selten. Denn ich schlafe gerne. Sehr gerne. Vielleicht tat ich es mir deshalb so schwer mit der Frage. Puh, Selbstanalyse am frühen Morgen, ob das mal gut geht? Gut ist schon mal der Kaffeebecher neben meinem Ohrensessel, der dafür sorgt, dass ich in die Gänge komme.
Fakt ist, ohne meinen ersten Kaffee spreche ich mit keinem. Punkt. Oder wenn, dann nur im äußersten Notfall. Du willst zum Everest und willst dir meine Sauerstoffflasche borgen? Mach mir einen Kaffee, dann reden wir darüber.
Gut, wenn es also nicht sein muss, dann gibt es wohl nicht viel, was mich in aller Herrgottsfrühe (wer hat denn so eine Uhrzeit erschaffen?) aus dem Bett lockt. Normalerweise schlafe ich so lange, bis die Speicher auf „voll“ stehen, und das kann dauern. Das ist meine Natur. Und wenn es etwas schaffen sollte, mich zu einem widernatürlichem Verhalten des Frühaufstehers zu bringen, was könnte es dann sein?
- Arbeit
- Gutes Wetter
- Reisen, neue Orte
- Wandern
- Treffen mit Freunden
- die schönen Dinge des Lebens
- ich würde trotzdem aufstehen…
Arbeit
Arbeit. Geschenkt. Man steht auf, weil man eben aufsteht. Dazu gibt es nicht wirklich viel zu sagen. Doch trotzdem ist der vermeintliche „Zwang“ manchmal gar nicht so schlecht, denn der frühe Morgen ist eine zauberhafte Stunde – selbst für mich. Es ist die Zeit, in der die ersten Sonnenstrahlen zögernd durch das Zimmer wandern, in der die Amsel mit ihrem Lied anfängt, aus dem ich bereits alle Sequenzen auswendig kenne. Es ist die Zeit, in der oft Tau auf den Blumen und Gräsern im Garten und ein leichter Nebel über der Landschaft hängt. Es ist die Zeit der Kühle, bevor die Sonne die Luft erwärmt. In der man Tiere sieht, die einem am Mittag verborgen bleiben, in der man Dinge sieht, die so nicht mehr wiederholbar sind. Es ist eine schöne Zeit.
Wetter
Gutes Wetter. Wetterfüllige Menschen kennen das, andere tun es als Humbug ab. Bei schlechtem Wetter da draußen könnte ich dir sogar den ganzen Tag durchschlafen. Mache ich natürlich nicht – das wäre fast schon unanständig – aber sechszehn Stunden sind da schon mal drin. Doch sobald draußen die Sommerzeit anbricht, sobald das Wetter strahlend schön und die Sonne ein Dauergast im Lande ist, springe ich bereits früh aus den Federn. Ich kann dir genau sagen, was für ein Wetter heute ist oder für den Rest des Tages ansteht; das auch dann, wenn du mich in einen versiegelten Raum sperrst. Denn bei gutem Wetter schlafe ich schlechter. Mein Körper ist auf Habacht, die Bereitschaft zur Aktivität ist da.
Reisen
Reisen. Auf Reisen bin ich früh wach, der Reiz des Neuen treibt mich aus dem Bett. Ich will nichts verpassen, streune durch die Straßen einer neuen Stadt. Weil ich weiß, dass meine Zeit vor Ort begrenzt ist, nutze ich jede Minute. Neue Orte, Erlebnisse, das alles ist mein bester Antrieb. Irgendwo zu sein, wo ich noch nie war. Eine Reizüberflutung erleben, die so nur möglich ist, wenn man aus dem Flieger steigt. Die heiße Luft, die einem plötzlich um die Nase weht, die schwüle Brise, der Wind, so heiß wie aus einem Fön. Andere Sprachen, andere Gerüche. Ein anderes Treiben um mich herum als das, was ich zu Hause kenne, was ich gewohnt bin. Es gibt keinen besseren Muntermacher. Genau deshalb funktioniert das vielbeschworene „warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah“ bei mir nicht wirklich. Weil ich nicht „das Gute“, auch nicht „das Schöne“, sondern das Neue suche. Eine neue Erfahrung. Und das ist mehr als eine schöne Landschaft irgendwo in Deutschland.
All die schönen Dinge
Wenn das noch nicht genügend Gründe waren, so sind es noch die schönen Dinge im Leben, für die es sich aufzustehen lohnt. Ich formuliere jetzt gezielt etwas ungenauer. Denn „für die es sich aufzustehen lohnt“ heißt nicht, dass ich für sie aufstehe. Ein gutes Buch, ein Nachmittag im Garten, ein Spaziergang. Eine Lieblingsserie. Doch zugegeben, da beginnt nun mein Dilemma, denn Schlaf rangiert für mich ganz oben bei den schönen Dingen im Leben. Wie zu Anfang erwähnt schlafe ich sehr gerne. Ich konnte nie die Meinung derer verstehen, die den Schlaf als „notwendiges Übel“, als Mittel zum Zweck betrachten. Als eine Hygienemaßnahme, um zu funktionieren. So gehen wir an die Nahrungsaufnahme doch auch nicht heran. Es haben sich regelrechte Rituale um die gemeinsam eingenommene Mahlzeit entwickelt, das Essen wird von Völkern und Kulturen geprägt. Wieso soll dann der Schlaf etwas sein, was schnell hinter sich gebracht werden sollte? Man liegt doch, während die inneren Speicher laden, auch nicht tot da. Man ist in einer anderen Welt. Man träumt. Man erlebt Geschichten, die von Nacht zu Nacht weiter geführt werden können, Schicksale, die sich weiter spinnen lassen. Spricht Sprachen, die nüchtern betrachtet keinen Sinn ergeben. Die Traumsprache. Auch ist der Traum der einzige Ort, an dem ich fliegen kann. Ganz natürlich und mühelos. An dem ich Verfolgern entkomme, doch hat das ganze mehr von einer Schnitzeljagd denn von einer richtigen Bedrohung. Und der Schlaf ist das perfekte Indiz dafür, ob alles in der „Außenwelt“ in Ordnung ist. Ist es das nicht, zeichnet sich das in Alpträumen ab, die solange andauern, bis das Problem gelöst ist.
Also, wie gesagt, ich schlafe gern. Es ist für mich in etwa das, was Menschen erleben, die sich in einen Fantasyroman vertiefen. Man ist in einer anderen Welt, weiß nicht, was man als nächstes erlebt. Was an der nächsten Ecke kommt. Man möchte doch auch sein Lieblingsbuch nicht einfach so aus der Hand legen, oder?
Ich würde trotzdem aufstehen…
Doch ungeachtet all der Dinge, die ich eben gezählt habe – nicht sie sind der Grund, weshalb meine Füße jeden Morgen aufs Neue den Boden berühren. Ja, sie sind (aktuell) mein Antrieb. Doch wenn dem nicht so wäre? Dann würde ich trotzdem aufstehen. Denn dieser Antrieb ist austauschbar. Gäbe es keine Reisen mehr (was es ja aktuell kaum gibt) oder brächen ein oder mehrere Gründe weg, dann würde ich mir eben einen neuen Antrieb, neue Ziele suchen. Warum das so ist? Ich weiß es nicht. Das eben ist der Grund, warum mir das Beantworten dieser Frage so schwer fiel. Ich würde aufstehen, jeden Tag, immer wieder, und das, ohne zu fragen, ohne mir Gedanken darüber zu machen. Weil ich einfach so bin. Weil ich das Leben als Geschenk, nicht als Strafe betrachte. Und weil ich dankbar bin, dass ich leben darf, dass ich Mitspieler sein darf statt am Gartenzaun zu stehen und zuzugucken. Dass ich Akteur bin und nicht nur bloßer Betrachter. Habt ihr euch nie gewünscht, mal in die Handlung eures Romans einzutauchen? Dann macht das, hier ist die Chance dazu. Eurer Roman heißt die Wirklichkeit. Und ihr könnt ihn gestalten.
Warum Kaffee am frühen Morgen überlebenswichtig ist, erzählt euch Tom in seinen Kaffeemomenten. Ob früher Vogel oder nicht, manch ein Job verlangt es, schon um viertel vor fünf auf den Beinen zu sein. Da braucht es eine große Tasse flüssiges Koffein, alleine schon zum Trost 😉
Vielen Dank für die lobende Erwähnung! Jetzt weiß ich morgen früh wenigstens wieder, warum ich aufstehe!
Und ich, warum ich nicht aufstehe… 😉 gern geschehen.
😂😂😂
Schwierige Frage! Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Ich stehe auf, weil ich nicht den ganzen Tag herumliegen will 😅. Letztendlich hast du unter „Ich würde trotzdem aufstehen“ alles Wesentliche zum Thema gesagt. Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen.
Eben. Deshalb tat ich mir auch etwas schwer mit der Frage. Man steht eben auf und lebt… 😉 Da geht es mir wie dir auch…
Hallo Kasia, wie immer sehr inspirierend dienen B Beitrag zu lesen. Besonders der letzte Abschnitt hat mir sehr gut gefallen „… den Roman des Lebens gestalten“. 😍
Liebe Annemarie, vielen lieben Dank. Ja, ich lebe gerne. Und mag die schönen Dinge des Lebens. Im Grunde bin ich ein sehr positiver Mensch – außer ich muss zu früh aufstehen… 😉
Deine Beiträge bringen meinen Kopf auch auf Hochtouren, siehe die Maus mit Hut und Reisekoffer… 🙂
Wer nicht aufsteht, der kann auch keinen Kaffee trinken!
Oooder: wer später aufsteht, kann trotzdem später noch Kaffee trinken… 😉
Aber aufstehen muss er doch!
Jaaa… aber später 😉 mit ganz viel Kaffee lasse ich mich gern darüber hinwegtrösten, das Bett verlassen zu müssen…
Du könntest ihn Dir auch bringen lassen…
Eine gute Idee 😉
Hallo Kasia,
Ich halte es mit dem Motto „Der frühe Vogel fängt den Wurm.“ Du schreibst selber, dass man frühmorgens Sachen erleben kann. Morgens ist man ziemlich allein unterwegs. Es ist schön, wenn man mi Garten sitzt und so nach und nach der Tag erwacht. Oder, wenn man irgendwo früh unterwegs ist. Wenn du zurückkommst, gehen andere erst raus. Du hast den Morgen für dich und musst ihn nicht mit anderen teilen.
Im Gegensatz zu dir bin ich kein Langschläfer. Als ich noch gearbeitet habe, war die Nacht eh schneller rum und man hat gezwungenermaßen den Morgen erlebt. Ich bin nach dem Aufstehen gleich voll da. Ganz im Gegensatz zum Rest der Familie – lauter Langschläfer.
Ich hatte mal eine Zeit da konnte ich nicht lange genug im Bett bleiben. Das war krankheitsbedingt und quasi eine Flucht, ein sicherer Hafen.
Ich stehe morgens so gegen 05:30 Uhr auf und genieße den Tag. Abends gehe ich so gegen 23:00 Uhr ins Bett. Manchmal ist ein kurzer Mittagsschlaf notwendig aber da ich meine Termine selber mache ist das kein Problem.
Oh, es ist ja schon 20:00 Uhr. Bevor du jetzt gleich ins Bett gehst, wünsche ich dir eine ruhige und gute Nacht.
Liebe Grüße
Harald
Ein Frühaufsteher 🙂 Das ist ein interessanter Einblick, vielen Dank dafür. Für mich bist du eine exotische Spezies, weil das totale Gegenteil zu mir. Hin und wieder früh aufzustehen ist mal ganz schön, aber jeden Tag müsste ich das nicht haben. 5:30 Uhr? Viel zu früh. So ab acht ist okay, wenn ich arbeite, dann gegen sieben. Und da bin ich schon gestraft genug 😉
Liebe Grüße
Kasia
Du Arme. 🙁
Ja und wie 🙂
Du stehst Morgens auf und schwebst, ein bösartiges Omen hinter dir herziehend, an einem vorbei. Das Wort Kaffee geht vielleicht, aber eher die Bewegung der Hand 🙂
Und der Kaffee kommt dann auch jedes Mal auf dem Fuße, passt doch alles 😉
Er kann dir gerne in Zukunft flüssig auf deinem Fuße landen 😀
…sprach es und sprach danach nie wieder etwas… 🙂
Hahahahahah 🙂
Pfft… Haus-Barista sind auch nicht mehr das, was sie mal waren… 🙂
Ab Mittwoch kannst wieder selbst kochen 🙂
Ist ja nicht so, als ob du am Wochenende was gekocht hättest 😉 Oder heute… Na gut, einen Kuchen hast du gebacken, es sei dir verziehen 🙂
Setzte das Wort „Kaffee“ zwischen selbst und kochen 😀
Wie, ich dachte, Kaffee „kocht“ man nicht 😉
In Zukunft bekommst du den Kaffee frisch aus der Kaltwasserleitung 🙂
Wie schon gesagt… sprach es und sprach danach nie wieder etwas… 😉
Hm, mal anders gefragt: du willst mich wirklich morgens ohne Kaffee ertragen? WIRKLICH?
Mutig, mutig…
Ja Wow…..ein gutes Statement.
Hygienemassnahme hahahaha…
Gut dass du die Frage doch noch beantwortet hast – sehr aus dem Bauch heraus. 😊
Lach, nein, diesmal nicht. Diese Frage hat mich so überrumpelt, dass ich mir vorher doch noch ein paar Gedanken machen – und einmal drüber schlafen musste 😉
😊😊👍👍
Also ich stehe morgens auf, weil entweder meine Blase voll ist oder weil ich Hunger bekomme. Alles andere wäre schöngeredet.
Haha, ja, das sind gute Gründe… 😉 sind für mich aber keine, weil ich durchaus imstande bin, mich nach dem einem wie dem anderen wieder schlafen zu legen… da muss schon ein größerer Anreiz her… 😉
Na, dafür, dass Du keine Ahnung hattest, was Du schreiben sollst, sind Dir aber erstaunlich viele schöne Gründe eingefallen, morgens aufzustehen. 😉 Ich bin zwar ein früher Vogel, aber ich würde es auch nicht wagen, mich vor dem Frühstück um irgendwas zu bitten.
Rate mal … 😉
Ja, du hast Recht: es ist ein längerer Beitrag draus geworden als erwartet. Und ein schönes Schlaf-Foto habe ich auch noch gefunden. Ich hätte da noch einen Grund: ich stehe auf mit der Aussicht darauf, am Nachmittag ein Nickerchen machen zu dürfen 😉
Oh, guter Gedanke! Das mache ich samstags immer: den Vormittag mit Hausarbeit verderben, mittags einen schönen Salat essen und einen Espresso trinken – und dann geht’s mit einer kuscheligen Decke aufs Sofa! 😉
Für mich ist Freitag Tag der Hausarbeit 🙂 damit am Samstag genug Zeit für diverse Ausflüge bleibt. Was gemacht werden muss, schnell hinter sich bringen und ab in die Welt…
Wenn ich freitags von der Arbeit komme, habe ich gerade meinen Wocheneinkauf erledigt und nur noch wenig Lust, viel Hausarbeit zu machen. 😀
Das verstehe ich… 🙂
Ich stehe immer früh auf, es ist herlich so morgens in der Frühe 😉
Ja, richtig, herrlich ist es 🙂 immer, wenn es mich zufällig ganz früh aus dem Bett wirft, komme ich auch zu dieser Einsicht. Doch beim nächsten Mal ist das wieder vergessen… 🙂