Mit einem Guide ist alles besser – ein Rundgang über den Durbar Square
Schon während des Wartens auf das Erscheinen der Kumari stelle ich fest, dass es mit Ranjan anders sein könnte. Ohne zu hetzen oder Druck auszuüben macht er mich auf die vielen Details um mich herum aufmerksam, die mir vermutlich selber entgangen wären wie den Wagen der Kumari oder den Opferbullen, die Männer beim Backen von Brotfladen oder die vielen Verkäuferinnen, die kräftig orangene Ringelblumenkränze um sich verteilt haben. Ich mache mich darauf gefasst, nach einen Preis zu verhandeln, doch Ranjan sagt einfach nur: „Was immer du geben möchtest.“ Er brauche Arbeit, sagte er, und es sei sowieso nichts los.
Ich erfahre viel über den hinduistischen Götterglauben und über die Tempel selbst, doch nicht nur das ist Gegenstand der Führung. Ranjan erzählt mir viel über das alltägliche Leben der Menschen in Nepal, über Arbeit und Familie, über Religion und was Systeme zusammen hält. Ich kann ohne falsche Zurückhaltung jede Frage stellen, die mich interessiert. Ich werde nicht über den Platz getrieben, im Gegenteil bestimme ich selbst, in welche Richtung die Führung gehen soll.
Die Ethnien in Nepal
„Ich zum Beispiel“, sagt er, „gehöre zur ethnischen Gruppe der Newar, die mehr mit den Menschen aus Indien gemeinsam haben, genauso wie die Tharu, die du am Chitwan Nationalpark kennen gelernt hast. Die Bevölkerung hier im Kathmandu-Tal ist eher dunkel und hat kräftige Gesichtszüge. Gehst du hingegen in die Berge, in Richtung Norden, sehen die Menschen asiatischer aus, wie die Sherpa.“ Er fülle sich den Menschen in Indien auch verbunden. „Das sind unsere Brüder.“
Was er meint: ein Großteil der Nepalesen lässt sich in zwei Ethnien unterteilen. Zum einem die indo-arische, zum anderen die tibeto-birmanische, die etwas dunkler ist und zu der sich Ranjan zählt. Dann gibt es Gruppen wie die der Sherpa, die vermutlich vor langer Zeit aus chinesischen Provinzen eingewandert sind und die Tharu im Chitwan, von deren Ursprung man nicht viel weiß. „Kamen die Tharu mal aus Indien?“ Will ich wissen, doch er schüttelt den Kopf. Tharu seien schon immer dagewesen, sagt er.
Es gibt zwei Religionen, zu welchen sich die Bevölkerung Nepals bekennt. Es ist der Buddhismus und der Hinduismus. Die beiden Glaubensrichtungen koexistieren friedlich miteinander und es gäbe keine Probleme, wie mir Ranjan versichert; manche Menschen bekennen sich zu beiden. Auch die Tempelanlagen enthalten häufig religiöse Elemente sowohl aus dem Buddhismus als auch dem Hinduismus, was man am Affentempel oben am Swayambunath-Berg sehen kann. In jedem Falle respektiere man sich gegenseitig. Und manche Traditionen wie der Kumari-Kult werden gleichermaßen von beiden Religionsgruppen begangen.
Schulbildung und Arbeit
In einiger Entfernung verkaufen Jungen auf Stöcken aufgehängte, rosarote Watte. „Das ist Zuckerwatte.“ Erklärt Ranjan. Leider arbeiten viele Kinder in Nepal, sagt er, weil es nicht für jeden alternativen gibt. „Nicht alle Eltern haben das Geld, ihre Kinder in die Schule zu schicken.“ Die staatlichen Schulen seien zwar kostenlos, doch die Qualität des Unterrichts sei nicht gut, meint er. Da scheint es manchen Eltern erstrebenswerter zu sein, ihrem Kind gleich von Anfang an das Arbeiten beizubringen. „Und Privatschulen können sich viele nicht leisten.“
Wie sehr doch eine gute Schulbildung an Geld hängt, denke ich mir; wodurch sich die Chancen für einige von vorne herein in Nichts auflösen. Nicht jeder kann etwas dafür, dass er dort ist, wo er ist: haben die Eltern einmal für dich entschieden, ist deine Zukunft bereits gestaltet.
Du kannst alles werden – wenn du die Voraussetzungen dafür hast. Doch das sind nur meine Gedanken, Ranjan scheint all das sehr pragmatisch und frei von Emotionen zu sehen. Er lebt ja auch hier und gewöhnte sich schnell daran, wie viele auch, nicht über Dinge zu grübeln, die er nicht ändern kann. Dafür ist auch keine Zeit, denn das eigene Leben will auch bestritten werden, und seine Kinder brauchen ihn. Er arbeitet jeden Tag, um sie auf eine private Schule zu schicken. Dafür, erzählt er mir, nimmt er sich niemals frei.
„Es gibt keine geregelten Arbeitszeiten in Nepal.“ Ich erfahre, dass so etwas wie eine Vierzigstundenwoche nicht existiert. „Manche Angestellten, in Büroberufen zum Beispiel, nehmen sich am Samstag frei. Das ist dann das Wochenende. Doch das mache ich nicht; ich bin jeden Tag hier. Wenn ich nicht arbeite, kommt kein Geld rein.“ Ranjan spart an sich, an seiner Kleidung.
„Als ich noch jung war“, erzählt er mir, „da musste ich mich um nichts kümmern. Ich ging feiern, leistete mir alles. Mein Geld blieb bei mir. Doch jetzt ist es anders, die Kinder gehen über alles. Jetzt gibt es etwas, dass wichtiger ist als ich selbst.“ Er weiß genau, wenn er zu Hause bleibt, dann gibt es keinen Auftrag. Deshalb gönnt er sich nicht einmal diesen freien Tag.
Auch Freunde hatte er damals ganz viele. Als das Geld noch locker saß und er jedem einen Drink ausgeben konnte, da haben sich ganz viele um ihn gescharrt. Seit es jetzt anders ist, hat sich auch die Anzahl seiner Freunde aufs Wesentliche reduziert.
Er habe, sagt er, ein paar Bekannte im Ausland, ehemalige Kunden, die er herumgeführt hat und die ihm ab und zu Geld über Western Union schicken. Manchmal seien es hundert, manchmal seien es zweihundert Euro. Doch für ihn, sagt er, ist es wie eine Milliarde Euro, denn…
„Es zeigt mir, dass ich jemanden da draußen habe, der an mich denkt, auf den ich mich verlassen kann.“ Ob es schwierig ist, Touristen für eine Führung an Land zu ziehen, will ich wissen. Ich habe schließlich gerade selbst erlebt, wie hart der Konkurrenzkampf um einen unentschlossenen Touristen unter den Guides sein kann. Und die Kunst ist, den potentiellen Kunden dabei nicht zu verschrecken. Ich sehe aus den Augenwinkeln die neidvollen Blicke all jeder, die kurz zuvor vergeblich versucht hatten, mich anzusprechen. Als Weißer bist du dort nun mal ein sehr begehrtes Ziel.
Und obwohl sich Ranjan mit jedem zu verstehen scheint und sich die Männer freundschaftlich grüßen, ändert das nichts an hartem Konkurrenzdenken, denn als ich später am Abend wieder alleine über den Square spaziere, will einer der Guides hartnäckig von mir wissen, wie viel ich denn für die Führung ausgegeben habe. Nur lässt sich eine gute Führung nicht immer an einem Betrag festmachen…
Ich bin froh, Ranjan gebucht zu haben, denn er erzählt mir alles, was ich wissen will und lässt mich so einen kleinen Einblick in das Leben der Menschen erhaschen, den ich sonst nicht bekommen hätte. Er macht mich auf all die kleinen Dinge aufmerksam, die nicht auf den ersten Blick offensichtlich sind. Wie den kleinen Innenhof, der, nur über einen schmalen Durchgang zwischen den Häusern erreichbar, für mich unentdeckt geblieben wäre. Hier ist keiner außer uns, denn keiner findet diesen Ort. Es riecht nach Räucherstäbchen und Taubenkot, und in der Mitten steht ein kleiner Opferaltar. Hier sind die kunstvollen Holzschnitzereien nicht glänzend rundum erneuert, wie es am Kumari Palast der Fall war.
Zerstörung und Aufbau nach dem Erdbeben 2015
Wir gehen weiter. Er zeigt mir verblasste Malereien, Darstellungen von Göttern, die Wände und Türrahmen schmücken. Ich kann einen Blick in die Geschichte des Landes, in die Kultur und in die Götter- und Glaubenswelt werfen. Und ich komme an versteckte Plätze, an die ich sonst nicht gekommen wäre. Eine Frau sitzt an einer Häuserwand und verkauft leckere, gebackene Quarktaschen. Ich kaufe Ranjan und mir eines. Kinder spielen im Schatten der Pagoden, die zum Teil so schief stehen, dass ich befürchte, sie können den Menschen, die sich so selbstverständlich hier bewegen, jederzeit auf den Kopf stürzen.
Viele der Tempel tragen Risse im Mauerwerk, die meisten von ihnen werden von hölzernen Konstruktionen gestützt. Einige der Pagoden stürzten ein beim großen Erdbeben 2015, erzählt mir Ranjan, und werden heute restauriert. Die Gelder dafür kommen aus verschiedenen Ländern, die Nepal dabei unterstützen, das Welterbe Durbar Square mit seinen unbezahlbaren kulturellen Schätzen wieder aufzubauen. Mehr als vier Milliarden Dollar habe die Weltgemeinschaft investiert. Zu den größten Geberländern gehören die USA und China. Auf aufgehängten Dankestafeln sind die spendenden Länder verewigt.
Überhaupt investiert China viel in Nepal, berichtet Ranjan zufrieden. Ich verkneife mir meine Einschätzung und frage ihn, was er denn davon halte. Das ist gut, sagt er; es würden sich zwar auch andere Länder beteiligen, doch China habe schon viel Gutes bewirkt, ohne etwas als Gegenleistung dafür zu wollen. „Das sind unsere Brüder.“ Sagt Ranjan. In Innenhöfen, wie ich an meinem zweiten Tag in Kathmandu feststellen konnte, sind Schnitzer damit beschäftigt, die kunstvollen Figuren und Ornamente anhand alter Fotografien nachzubilden.
Wir gehen zum Königspalast. Bereits an der Türe erwarten mich bemalte, in Holz geschnitzte Götter – und ein Wärter, der mein Ticket kontrolliert. Drinnen im Hof sehe ich Spuren der Zerstörung. Unter anderem auch dadurch wirken diese Gemäuer uralt, wie aus der Zeit gefallen. Der weiße Putz blättert von den Mauern und Holzgerüste stützen die fragilen, beschädigten Strukturen.
Kunstvolle Pagoden, unglaublich zierliche Balkone, jedes Detail von Hand geschnitzt. Und dazwischen verfangen sich die feinen Reliefs auf den schneeweißen Wänden. Große Tafeln danken den Amerikanern, die versprachen, den Königspalast wieder aufzubauen. Ein Soldat in historischer Uniform des nepalesischen Königreiches läuft auf und ab.
Lange Zeit war das Tribhuvan Museum geschlossen, doch inzwischen kann es wieder besucht werden. Doch wir kommen zu spät, denn die Öffnungszeiten gehen nur bis 17 Uhr. Bereits die ganze Zeit über hatte Ranjan mit sanfter Überredungskunst mich davon zu überzeugen versucht, dass dies ein lohnendes Ziel wäre. Jetzt sagt er: „Das hier wäre etwas anderes gewesen als normale Museen. Ich denke, es hätte dir gefallen.“ Ja, ich bedaure ein bisschen, es verpasst zu haben.
Die Restaurierung des Königspalastes geht voran, ebenso die der Pagoden und Tempel. Doch es läuft alles nicht so schnell, wie man es sich wünschen würde. Von manchen Tempel stehen nur noch die gemauerten Sockel da. Man lässt sich Zeit, denn ein zu schneller Aufbau würde eine mindere Qualität und unter anderem den Verlust des Welterbestatus bedeuten.
Gleich sechs Welterbestätten gibt es hier im Kathmandutal. Man hatte sich entschieden, die eingestürzten Tempel am Durbar Square nach alter Tradition wieder aufzubauen, mit gebrannten Ziegeln und verzahnten Holzbalken, die bei Erdbeben mitschwingen können. Es sei nicht die Lösung, eine historische Fassade auf einen Betonkern zu setzen. Doch was das Ganze schwierig macht, ist die Vorschrift, die Auftragsvergabe über Ausschreibungen zu regeln. Den Zuschlag bekommt der günstigste Anbieter – mehr oder minder qualifiziert.
Doch für die meisten Nepalesen ist es zweitrangig, wie „authentisch“ ihre Tempel wieder aufgebaut werden. Sie gehen hin, um zu beten – der Tempel hat seine Funktion als Ort des Glaubens niemals eingebüßt, unabhängig davon, wie historisch oder eben nicht er auch sein mag. Das ist vielleicht der allgegenwärtige Pragmatismus der Menschen in Nepal: die Religion und Spiritualität ist Teil des Alltags und fest darin integriert. Alles kann zum Ort des Glaubens werden – auch eine kleine, bunte Abbildung einer Gottheit, an eine Wand geklebt und mit Ringelblütenblättern und roter Farbe bestreut. Für das Glück.
Die Sadhu von Kathmandu
Draußen am Durbar Square scheint es mir sehr geschäftig nach der Stille und Ruhe im Innenhof des Palastes. Und tatsächlich, es ist auch mehr los als sonst. Es ist kurz vor dem Taleju-Festival, welches ich leider verpassen werde… und die Menschen strömen mit kleinen Tellern voller Opfergaben in die Tempel, um sich segnen zu lassen. Lange Schlangen Wartender winden sich um die Tempel herum. Duftende Opferschalen werden gereicht zu Ehren der blutrünstigen Göttin Kali, die in der Erscheinungsform als Zerstörerin eine Kette aus Menschenköpfen um den Hals trägt. Doch Kali ist auch die Beschützerin des Heimes und die Erschafferin neuen Lebens; erscheint sie als Göttin Durga, so steht sie für Stärke, Macht und Frieden.
Ein Sadhu, den ich bereits am frühen Abend weggeschickt habe, versucht es noch einmal mit einer zaghaften Anfrage. Sadhus, die heiligen Männer, die vor allem aus Indien kamen, sind unter anderem dafür bekannt, sich für eine kleine Spende von – oder mit den Touristen fotografieren zu lassen. Sie wissen um ihre farbenfrohe Erscheinung und haben sich diese zum Geschäftsmodell gemacht. Einige laufen auch mit roter Farbe und Ringelblumen durch die Stadt, um einem unaufmerksamen Touristen ein rotes Tika und ihren Segen aufzudrücken. Für eine Spende natürlich. Und sie lassen sich nicht im Geringsten davon abhalten, dass du bereits ein rotes Zeichen und Blütenblätter auf deinem Kopf kleben hast; (von einem Kollegen natürlich) je mehr Segen, umso besser, oder?
Doch letztendlich ist das alles halb so dramatisch, denn am Ende bist du, wenns hoch kommt, um vielleicht einen Euro ärmer. Und das kann jeder verkraften, oder?
Ich frage Ranjan über die heiligen Männer aus. Schließlich bin ich nun in der komfortablen Lage, ihn über alles auszuquetschen, was mich interessiert, und Ranjan gibt mir bereitwillig Auskunft zu allem, was er weiß.
Beim Thema Sadhu ist er differenzierter Meinung. „Dieser Mann, den wir gerade getroffen haben, ist für mich kein Sadhu. Ein heiliger Mann bleibt oben in den Bergen in der Einsamkeit seines Tempels, er verbringt sein Leben damit, zu fasten und zu meditieren. Er geht nicht von Tür zu Tür und sammelt kein Geld, denn das ist für ihn nicht wichtig. Er wartet auch nicht an Sehenswürdigkeiten auf Touristen, um Modell zu spielen.“ Ich frage ihn, wer dann diese Männer sind. „Na ja.“ Sagt er. „Es sind eigentlich keine richtigen Sadhu. Doch wir respektieren sie auch.“
Tatsächlich hat sich die Vorstellung vom heiligen Mann in der jüngeren Zeit vor allem unter jungen Männern aus unteren Gesellschaftsschichten mit wenig Bildung als ein beliebtes Lebensmodell etabliert. Ein Sadhu arbeitet nicht, denn das tun heilige Männer nicht. Er wandert farbenfroh von Haus zu Haus und sammelt Geld oder posiert für Touristen, die nur allzu gerne ein Foto des exotischen Mannes mit nach Hause nehmen wollen.
Er lebt von Spenden, muss keine Familie ernähren und hat als einzige Gruppe in Nepal das Privileg, völlig legal Marihuana konsumieren zu dürfen. Der Konsum von Marihuana ist in Nepal seit einiger Zeit illegal (inwieweit man sich daran hält, ist natürlich eine andere Geschichte…), doch das gilt nicht für die Sadhu, denn für sie ist das rauchen Teil ihrer Spiritualität, um in höhere Bewusstseinsebenen zu gelangen.
Verborgene Orte
Wir steigen auf den Sockel einer der Tempel, um einen guten Rundumblick über den Durbar Square mit seinen Pagoden zu haben. Betreten ist nicht verboten; hier sitzen Jugendliche, Händler und alte Menschen und beobachten das Geschehen weiter unten. Manche schlafen auf den Stufen der Tempel oder in den Nischen der engen Übergänge. „Von hier kannst du ein gutes Panoramabild machen.“ Rät mir Ranjan. Ja, eine gute Idee – was einen guten Guide auszeichnet, ist zu wissen, was sein Schützling will, noch ehe sein Schützling selbst weiß, dass er es will…
Wir passieren einen der Schlupflöcher, einen Durchgang, der zu einem versteckten Innenhof führt. Auf beiden Seiten sind in den Nischen Decken ausgebreitet; ein Mann fläzt sich bequem auf einer harten Bank. Hunde liegen faul auf dem Boden.
Der Innenhof verbirgt eine kleine, buddhistische Stupa. Die Stupa und die kleine Buddha Figur sind mit roter Farbe bedeckt. „Umkreisen von links nach rechts.“ Weist ein Schild uns an. Auch hier duften die Räucherstäbchen.
Nicht alle Schreine sind frei zugänglich, manche sind in Räumen verborgen, in die ich nur einen kurzen Blick werfen kann. Einige Schreine sind bereits durch die Wurzeln des heiligen Buddha-Baumes beinahe zersprengt. Ich erfahre so viel, dass ich nicht alles davon behalten kann. Ich weiß nicht, wie lange die Führung dauern soll, doch Ranjan hat es nicht eilig. Er scheint kein festgesetztes Limit zu haben und obwohl ursprünglich von circa einer Stunde die Rede war, so haben wir diese Zeit längst überschritten. Draußen vor dem Durbar Square gibt es einen kleinen Menschenauflauf; da haben sich Menschen als übergroße Moskitos verkleidet, verteilen Flyer und erschrecken junge Mädels – eine Aktion des Gesundheitsministeriums für mehr Schutz vor Moskitostichen und daraus resultierenden MalariaErkrankungen. Hier endet die Führung und wir verabreden uns für den nächsten Tag – meinen Abreisetag – für einen Besuch des Kali-Tempels außerhalb der Stadt.
(Empfehlung/unbeauftragte Werbung: wer Ranjan für eine Tour in und um Kathmandu herum buchen möchte, kann hier einen Kontakt herstellen. Er ist ein englisch und deutschsprachiger Guide und ich habe mit ihm auch tags darauf sehr gute Erfahrungen gemacht. Schriftliche Anfragen bitte nur auf englisch, da er deutsch sprechen, aber nicht schreiben kann.)
Hallo Kasia,
sicher gibt es Bücher, aber es werden sehr wenige sein. Dazu sicher meist in Nepali geschrieben. Mein Mann ist Rai (mein Zweitname) daher halt die Informationen gerade über die Kirats.
Stimmt es ist sehr vielfältig dort und so wissen die wenigsten Nepali überhaupt von den Kulturen und Bräuchen ihrer Landsmänner.
Im Übrigen, wenn davon geschrieben wird das Nepal zu 80% hinduitisch ist, dann stimmt das nicht. Eben wegen der vielen anderen kleinen Religionen. Und auch, wie du sicher gemerkt hast, dass man die zwei Hauptreligionen in Nepal gar nicht trennen kann.
Schon allein bei den Newar gibt es buddhistisch und hinduistisch glaubende Newar. Die Kumari entspringt ja auch den buddhistischen Shakya Newar.
Sei es wie es sei…….um alles zu definieren braucht es Ewigkeiten. Und wie Du Dir denken kannst, als Urlauber der einmal nach Nepal kommt, kratzt man halt an der Oberfläche.
Ich erinnere mich an meine erste Reise —-oje. Nach dem Besuch im Pashupatinath schwirrte mir der Kopf vor lauter Göttern. Ich konnte nicht mal die Namen behalten. Heute führe ich zum Teil unsere Gäste selbst 🙂
Ja wir vermissen es. Wir kamen zu Anfang der Saison nicht weg, weil ich ins Krankenhaus musste und wir die Flüge gecancelt hatten. Dann wollten wir, wie immer im Frühjahr, fliegen bis Sommer, aber dann gings nicht mehr. Wir mussten von hier aus erst mal die Rückreisen unserer Gäste die dort waren koordinieren. Unsere Mitarbeiter in Kathmandu waren natürlich auch bei der Sache.
Dann durften wir nicht. Jetzt ist es Nepalesen erlaubt zu fliegen, mir auch als Ehefrau wenn wir gemeinsam fliegen würden. Aber es gibt keine Flüge (alle gechartert für Nepali aus dem Ausland)
Letztendlich haben wir die Chance hier zu arbeiten und unsere Kosten für die Agentur und privat in Nepal
selbstverständlich auch unterstützen, zu erarbeiten. Die Chance hätten wir in Nepal nicht.
Ich würde mich freuen, wenn Du noch einmal nach Nepal kommst. Es lohnt wirklich. Gern erzähle ich Die bei Tee mehr vom Land.
PS: So viel wollte ich eigentlich nicht schreiben, aber wie Du schon sagst: die Sehnsucht.
Alles wird gut. Ich denke, schon nächstes Jahr wird sich die Situation wieder erheblich ändern. Schon jetzt sollen pauschale Reisewarnungen zum Ende September aufgehoben werden, dann werden wir schauen, wohin man wieder reisen darf.
Ich wünsche euch alles Gute, ich bin sicher, dass ihr bald wieder rüber dürft, vor allem wenn weitere Flüge frei werden. Wobei sich natürlich die Frage stellt, ob es nicht Sinn macht, erstmal hier zu bleiben und abzuwarten, bis der Tourismus in Nepal wieder anzieht. So wie ich von meinem Guide gehört habe, sieht es mit Verdienstmöglichkeiten drüben aktuell bescheiden aus…
Liebe Grüße
Kasia
Sehr schön beschrieben für einen ersten Eindruck. des Landes. Für jemand wie mich, der in Nepal lebt und aktuell leider in Deutschland weilen muss (Corona) , wecken die Zeilen Heimweh,
Die meisten Menschen denken es gibt „nur“ 2 Religionen in Nepal. Stimmt nicht, denn viele der Volksgruppen glauben an andere Religionen, sie zugegeben, ähneln.
Die Kirat z.B. sie sind das Volk in Nepal welches den ersten König gestellt haben. Damals war es natürlich noch kein vereintes Königreich.
Die Kirat bestehen aus den Rai, den Limbu und Sunwar Volksgruppen, die eine eigenen Religion haben – die Kirat Religion.
Grob gesagt eine Mischung aus Hinduimus, Buddhismus und Schamanismus. So hat fast jedes Dorf seinen eigenen Schamanen.
Die Kirat glauben an die Kräfte der Natur und verehren somit neben Tieren auch alles was grünt und blüht.
Namaste Ines
Hallo liebe Ines,
ich kann mir vorstellen, wie sehr du Nepal vermisst. Es ist ein besonderes Land, und ich erwische mich oft beim Träumen. Irgendwie habe ich das Gefühl, als sei ich noch nicht „fertig“ dort.
Das mit dem Schamanismus ist spannend und war mir so nicht bewusst. Im Grunde macht es Sinn, dass es bei so vielen ethnischen Volksgruppen nicht bei zwei Glaubensrichtungen bleibt. Es ist schwierig, ausführliche Quellen zu finden, die nicht nur an der Oberfläche kratzen, deshalb freue ich mich, wenn mir jemand „unterkommt“, der tieferes Hintergrundwissen hat 😉 Gibt es Bücher zum Thema, die du empfehlen kannst?
Liebe Grüße
Kasia