Ich klicke mich durch die Seiten des Auswärtigen Amtes. Eigentlich wollte ich nur nach den empfohlenen Impfungen für Äthiopien schauen.
‚Eigentlich‘ ist so ein schönes Wort. Es bedeutet, dass trotz eines Vorhabens, trotz einer Absicht eben diese Absicht im gleichen Augenblick verworfen wird. Eigentlich bedeutet alles oder nichts. Und mir bedeutet es in diesem Augenblick die sprichwörtlichen Schweißperlen auf der Stirn.
Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben, hier ein kleines Update: Kasia steht auf irre Unternehmungen, auf Länder und Orte, die kaum jemand auf dem Schirm hat und an die man nicht eben so kommt. Ein wenig habe das bereits auf meiner „über mich“ Seite angerissen: je unerforschter eine Destination ist, umso mehr reizt es mich, dorthin zu kommen. Irgendwie. Und in der Regel ist
es gar nicht so schwer wie man meint.
Der Schwierigkeitsgrad, unbekannte/verkannte Orte zu erreichen variiert je nach geographischer Lage, touristischer Infrastruktur und der Sicherheitslage in besagten Gebieten. Manche Orte sind erst nach einer langen Odyssee zu erreichen wie diverse kleine Inseln im Pazifik.
Wie Kiribati zum Beispiel, ein kleines Paradies, das aufgrund des Klimawandels nur noch eine sehr kurze
Verfallsdauer hat. Ja, Kiribati ist dem Untergang geweiht und wird als eine der ersten verschwunden sein. Das Staatsoberhaupt der Insel, Taneti Maamau, hat bereits bei den umliegenden Staaten um Asyl gebeten. Die Fragilität und begrenzte Existenzdauer der Insel sind die Gründe, wieso sie es auf meine Bucket List geschafft hat.
Es gibt verkannte Orte wie Moldawien oder Nordmazedonien, ohne Küstenstreifen, die Reisende einfach nicht auf ihrem Radar haben. Diese interessieren mich umso mehr. Scheinbar vergessene Staaten wie
Weißrussland, Regionen wie der Kaliningrad. Die will ich sehen, da will ich hin. Immer her mit allem, was in meinem Kopf noch als weiße Projektionsfläche vorhanden ist.
Habe ich hingegen von Reisezielen wie Bali oder den USA tausende Bilder anderer Reisende
gesehen, tausende Berichte anderer Blogger gelesen, reizen sie mich nicht mehr ganz so stark. Obwohl ich auch nichts gegen touristische Pfade habe und auch an
den bekanntesten Zielen meine Freude haben kann.
Doch die Destinationen, die ich mir inzwischen immer häufiger selbst aussuche, das sind solche, die kaum jemand kennt.
Wie Dschibuti.
„Was weißt du über Dschibuti?“ Frage ich meine Mitmenschen. Es kommt oft nur ein irritiertes
Schulterzucken. Was weiß Kasia über Dschibuti? Hm, auch nicht so viel. Kasia muss sich erst informieren.
Und das tut Kasia auch, sie wälzt diverse Berichte, Reiseführer und Infoseiten. Kleiner Staat am Horn von Afrika, grenzt an Äthiopien, umgeben von solch idyllischen Sommerdestinationen wie Eritrea und Somalia, in denen sich die Warlords seit einigen Jahren die Köpfe einschlagen. Doch Dschibuti ist ruhig. Und Äthiopien ein touristisch erschlossenes Land.
Dschibuti. Unabhängig erst seit 1977, hieß vorher: Französisch-Somaliland. Aktuell haben die USA über 4000 Einsatzkräfte dort stationiert, die immer mal wieder Angriffe gegen die jemenitische Regierung starten. Obwohl Dschibuti kein reiches Land ist, ist das Preisniveau aufgrund der Präsenz der US-Truppen und vor allem diverser NGOs gestiegen.
Die Küste von Dschibuti ist ein Geheimtipp für Schnorchler und Taucher. Passagiere von Kreuzfahrtschiffen dürfen sich bis zu 72 Stunden visumfrei im Land aufhalten – wobei es aufgrund der Nähe zu Somalia häufiger zu Überfällen durch Piraten kommen soll.
Dschibuti. Wüste. Afar-Nomaden. Salzseen. Eines der seismisch aktivsten Gebiete der Erde. Es kribbelt mich in den Fingern. Dann buche ich. Reisen in die Wüste von Dschibuti werden unter anderem von „Diamir Reisen“ (Achtung, unbeauftragte Werbung) angeboten. Natürlich buche ich eine geführte Reise und ziehe nicht selbst mit dem Rucksack los. Ich bin ja schließlich nicht irre (wobei darüber verschiedene
Ansichten kursieren…). Eine Gruppenreise mit, wie es so schön heißt, „Expeditionscharakter“. Ich kann es kaum erwarten, buche verbindlich bereits im Dezember 2019.
Und da die Zeit schnell rumgeht, will ich mich so langsam schlau machen, welche Impfungen so für
Äthiopien und Dschibuti vonnöten sind. Und stolpere über die Sicherheitswarnungen des Auswärtigen Amtes. Denn in der Grenzregion zu Äthiopien hat sich einiges getan.
Anscheinend kam es Ende 2019 in Grenzgebieten zu Somalia vermehrt zu Demonstrationen, Sicherheitskräfte wurden getötet. Gut, in diesen Regionen bin ich sowieso nicht unterwegs.
- „Meiden Sie die Grenzgebiete der Oromo- und Somali-Regionen.“ Ausw. Amt
- „Seien Sie auch in anderen Städten der Somali-Region sowie umliegenden Gebieten wie Dire Dawa oder Harar besonders vorsichtig.“ Ausw. Amt
Hier wird es spannend, denn die Städte Harar und Dire Dawa im Norden Äthiopiens sind genau die zwei
Anlaufstellen, wo sich untere Truppe herumtreiben wird. Ich könnte dort sterben.
Die Warnungen des Auswärtigen Amtes lesen sich wie ein Katalog des Bösen. Einige Reisende sind geneigt zu sagen, dass die Warnungen und Sicherheitshinweise übertrieben seien, man müsse tatsächlich vor Ort sein, um die Lage gut einschätzen zu können.
Doch kann man das? Die Lage „selbst einschätzen“, wenn man vor Ort ist? Wie oft höre ich, dass Menschen von großen Ereignissen, Demonstrationen oder Anschlägen nicht viel mitbekommen, obwohl sie sich wenige Hundert Meter vom Ort des Geschehens befinden. Können diese Menschen da die „Lage schätzen“? Und dabei kommt es dann häufig zu solch unqualifizierten Aussagen wie: „Wir
haben uns sicher gefühlt.“ Ja, genau, gefühlt. Aber ob ihr auch sicher wart, das weiß nur der liebe Gott.
So, man merkt so langsam, die Bloggerin bloggt sich in Rage, die selbstgezüchtete Panik schaukelt sich hoch. Und die weiteren Sicherheitshinweise des Auswärtigen
Amtes sind auch nicht dazu geeignet, meine Stimmung zu bessern:
- „Die erhöhte Gefahr von Anschlägen besteht fort. Im April 2019 wurden in Addis Abeba mehrere ausländische Personen mit dem Verdacht festgenommen, konkret Anschläge auf öffentliche Veranstaltungen und Einrichtungen in der Hauptstadt vorbereitet zu haben (…)“
Addis Adeba. Habe ich erwähnt, dass ich auch dort herumeiern werde? Wobei die obere Meldung nicht ganz neu ist, die hätte mir schon vor dem Buchen auffallen müssen.
- „Ein anhaltender Konflikt zwischen Issa und Afar kann jederzeit zu Auseinandersetzungen im Grenzgebiet zu Djibouti führen.“
- „Am 22. Juni 2019 wurde in Addis Abeba der Generalstabchef der äthiopischen Streitkräfte erschossen. Stunden zuvor kam in Bahir Dar der Präsident der Region Amhara gewaltsam zu Tode.“
- „In den Randgebieten des Landes kommt es immer wieder zu Zwischenfällen.“
„In den Randgebieten“, das ist da, wo ich im Dezember 2020 sein werde. Und wer weiß, wie sich die Lage in der Zwischenzeit entwickelt. Es bleibt mir nichts anderes übrig als dem Veranstalter zu vertrauen, darauf zu vertrauen, dass gute Kontakte zu der einheimischen Bevölkerung bestehen und die Route bei Unruhen usw. ggf. angepasst werden wird. Die Gebiete der Danakil- Wüste dürfen sowieso nicht auf eigene Faust ohne die vorherige Zustimmung der dortigen Stämme bereist werden und in Dschibuti werden wir von hiesigen Sicherheitskräften zu den Afar Nomaden eskortiert werden. So zumindest der Plan.
Wahrscheinlich wird der Eindruck vor Ort ein ganz anderer sein. Vielleicht wird sogar, entgegen dem, was man durch die Warnungen des Auswärtigen Amtes bekommt, alles ruhig sein und ich werde später erzählen, wie sicher ich mich gefühlt habe.
Also, wie man sehen kann, werde ich mich Ende diesen Jahres in einen brodelnden Kessel begeben, und das nicht nur auf die Hitze der Danakil-Wüste und den Erta Ale Vulkan bezogen. Vor allem die Grenzgebiete sind prekär, doch in Dschibuti selbst scheint uns außer Taschendiebstählen und hier und da einem Überfall nichts zu drohen. Der Urlaub kann beginnen!
(Zu meinem eigentlichen Anliegen bin ich auch fündig geworden: das Auswärtige Amt empfiehlt dringend eine Gelbfieberimpfung, da ein Großteil Äthiopiens Gelbfieberinfektionsgebiet ist. Verpflichtend ist die Impfung jedoch nicht.)
Kasia , was soll ich da schreiben ?? Irre, verrückt, oder was ? Nein natürlich keines von beiden aber ich finde solche Reisen schon ein bisschen “ das Schicksal rausgefordert“ ! Ich weiß das willst du nicht hören aber ich mache mir da schon Gedanken. Man hat schon den öfteren von Urlauber gehört die nachher über die Deutsche Botschaft und weiß Gott nicht wem gerettert werden mussten und ja manchmal ging das auch nicht gut aus ! Was mir immer zu denken gibt, du bist eine Frau und machst eben doch vieles alleine oder mit Freundinnen umgeben von Menschen wo du definitiv nicht weißt wie die ticken !
Es können in solch einem Land auch mal gesundheitliche Probleme auftreten mit denen du niemals rechnen kannst .
Aufpassen und abwegen kann ich da nur sagen !
Lieber Manni, vielen Dank für all die guten Ratschläge. Was soll ich da sagen. Du kannst genauso in Griechenland überfallen werden, wenn du alleine auf der Suche nach Lost Places durch die Landschaft streifst. Oder in Italien. Oder in Odenwald, wenn zwei „freundliche“ Menschen nach deiner Kamera fragen, und zufällig niemand zur Stelle ist. Die Tatsache, dass du ein Mann und keine Frau bist, rettet dich da auch nicht. Sich in Watte verpacken und zu Hause zu bleiben ist da keine Option…
ich weiß du fühlst dich jetzt angegriffen aber das will ich gar nicht ! das kannst du jedem sagen der was extremes betreibt und er wird dir immer ja immer widersprechen ! Man fühlt sich da automatisch angegriffen, das verstehe ich auch. Vielleicht werde ich auch in Griechenland von einem Hai gefressen ( soll es ja im Mittelmeer geben ) aber die Wahrscheinlichkeit ist doch geringer oder nicht ?
Hm… schwer zu sagen, die griechischen Haie sind schon sehr beißwütig 😉
genau und das heißt in Zukunft nur mit dem Fernglas am Strand sitzen aus Ausschau halten bevor man ins Wasser geht ! Dieses Jahr kann ich das übrigens am Bodensee machen !
Geht es an die Bodensee? Ist auch schön dort… Dann pass auf, dass dich die Bodensee-haie nicht erwischen *grins*
habe ich dir aber mal schon geschrieben ! Ja Anfang Juli da sollen die auch in größeren Rudel auftreten !
Lach… Da wirst du sicher eine schöne Zeit haben. Mainau soll wunderschön sein, da war ich leider noch nicht 😉
Gut die Mainau kenne ich , ist was für Pflanzen und Blumenliebhaber und halt auch voll der Touri Magnet. Schön aber sicherlich !
Es gibt auch in Salem eine große Anlage, wo du Berberaffen ganz aus der Nähe sehen und erleben kannst. Die laufen da frei rum und du bewegst dich mittendrin. Ich glaube, das ist einmalig in Deutschland.
Falls sie diesen Sommer geöffnet hat natürlich…
Außerdem wo ist da was Extremes? Ich reise ja nicht nach Somalia… (obwohl es da um die Ecke liegt… 😉 )
Kasia du reist hin wo du willst das macht dir kein Mensch zum Vorwurf du nur du bist für die verantwortlich !
Sooo ist es 🙂 aber momentan reise ich leider nirgendwohin…
Außerdem hat sich das mit Äthiopien und Dschibuti für nächste Zeit erledigt, es gibt große Unruhen und Proteste, vor kurzem war sogar der Flughafen in Addis Abeda gesperrt (du siehst, ich verfolge die Situation vor Ort sehr genau…) 🙂 Also kein Dschibuti für Kasia *seufz*