Europa, Island

Island, Ankunft

Meine erste Aurora sah ich bereits im Flugzeug.

Der Flieger der Flotte Icelandair hat am Bord über denGepäckfächern, wo sonst die „normale“ Beleuchtung bei anderen Airlines für Stimmungswechsel sorgen soll, eine Illumination installiert, die der echten Aurora Borealis täuschend ähnlich sieht. Es flackert und schimmert, es tanzen ganze Farbsegmente zwischen grün, orange, gelb und blau. Vor meiner Nase auf dem kleinen Bildschirm ist eine Aufnahme der Nordlichter über einem See zu sehen – damit ich mich schon jetzt auf Island einstimmen kann.

Meine knapp drei Stunden Flugzeit verbringe ich damit, mir Werbevideos von Island Air anzuschauen.

Ohne Ton, nur die Bilder. Die Geysire und Vulkane, die eisigen Landschaften, die Wasserfälle und die Ponys, Menschen, die in gemütlichen, gestrickten Pullovern umherlaufen und alle irgendwie auf -„sson“ heißen. Wie Karl Karlsson von den Simpsons. Schon beim Betreten des Fliegers dieses aufgeregte Kribbeln im Bauch. Jetzt geht es los.

Mein warmer Koffer für Island
Sooo sehr freue ich mich auf die Reise

Anflug auf Island. Ausläufer der Insel, weite, vulkanische Landschaften, Lavafelder sind mit einer weißen Schneedecke bestäubt. Vulkane, Berge, Gletscher – alles in weiß und zartes Rot getaucht. Berge, so malerisch wie Pinselstriche. Rosa Wolken schweben am Fenster vorbei.

Wir landen pünktlich zum Sonnenuntergang. Die Insel steht im kalten, zarten, roten Glanz. Bezaubernd, bereits vom ersten Augenblick an. Mit Bedauern denke ich an mein Smartphone, das gut verstaut auf der anderen Seite oben in den Gepäckfächern steckt. Da ich am Notausgang sitze, hatte mir die eifrige, blonde Flugbegleiterin noch vor dem Start sanft aber bestimmt meine Tasche abgenommen und nach oben verfrachtet. Mit Wikingerfrauen diskutiert man nicht.

Doch je näher die Insel kommt, umso hibbeliger denke ich an meine Tasche über meinem Kopf.

Doch vielleicht ist es besser so, denn ein Bild hätte das, was ich sehe, nicht wiedergeben können. Lieber dankbar sein dafür, dass man so etwas Schönes sehen konnte, statt sich zu ärgern, dass man es nicht für alle Zeiten in seinem kleinen Kasten einfrieren kann. Ja, ich glaube, dass das Bild in der heutigen Zeit einen so hohen Stellenwert besitzt, dass erst, wenn man uns gewaltsam die Möglichkeit des Fotografierens nimmt, erinnern wir uns wieder daran, dass es ums Erleben geht.

Ich weiß jetzt, warum hier die Menschen an Feen und Kobolde glauben. Wie könnte man es nicht? Ich präge mir jede Einzelheit ein, nehme alles in mich auf, um es nie wieder zu vergessen. Schon beim Landeanflug hatte Island beschlossen, auf wunderschöne, stille Weise mein Herz zu erobern.

Meine ersten Kobolde sehe ich übrigens am Keflavik Airport. In den Gängen, an den Wänden schauen sie verschmitzt grinsend auf den Ankömmling und rühren in großen Töpfen. Über den Gepäckbändern hängen kopfüber große Papageientaucher aus Plüsch. Bilder von einmaligen Landschaften schmücken die Wände. Island weiß, was es hat.

Was von den Lavafeldern zu sehen ist. Könnt ihr die Kobolde erkennen?

Ehe wir jedoch aus dem Flieger steigen, macht mich die Durchsage des Piloten stutzig. Der Flieger wird etwas weiter weg vom Terminal landen und das Wetter hier sei unberechenbar, man solle sich bitte etwas warmes überziehen, ehe man aus dem Flieger steigt. Meine warmen Sachen sind im Koffer. Aber es sieht doch gar nicht so kalt aus? Und dann erfasst mich draußen der erste Windstoß. Holy shit! Das nenne ich Wetter…

Seitlich der Landebahn liegt weggeschippter Schnee und der Betonbelag sieht gefroren aus. Das Mädchen vom Sitz neben mir ist bestens ausgerüstet; ich beobachte, wie sie eine warme Schicht nach der anderen aufzieht. „In New York sind es minus zehn Grad!“ Erklärt sie mir. Island ist ein beliebter Transitflughafen für Weiterflüge in die Staaten.

Der Himmel färbt sich dramatisch rot. In der Ankunftshalle wird auf einer Anzeigetafel Sturmwarnung für die Südhälfte der Insel ausgegeben. Ich packe erst einmal meinen Koffer auf einer Sitzbank aus und entnehme ihm alles, was ich an warmen Klamotten drin habe. Mit Sorge denke ich an die für heute geplante Nordlichtertour. Dabei sollte es mit einem Boot hinaus aufs Meer gehen. Ich bezweifle, dass das noch was werden wird.

Ein kleiner, orangener Shuttle Bus der Firma Direct Bus bringt mich hinaus aufs Land, es geht über verschneite Lavafelder nach Reykjavik. Inmitten des erkalteten Lavagerölls kann ich Kobolde herumwerkeln sehen. Es ist dunkel, nur ihre spitzen, schwarzen Mützchen zeichnen sich scharf vom fahlen Himmel ab.

Ganz im Ernst, von den Lavafeldern ist nicht mehr viel zu sehen, denn der Abend schreitet weiter voran. Doch es ist auch nicht stockfinster, wie ich befürchtet hatte. Unglaublich, wie quälend lang sich so ein Sonnenuntergang hier in nordischen Breiten hinausziehen kann. Der Himmel ist schon seit Stunden so. Jetzt nimmt er nunmehr eine fahle, gelb-grüne Färbung an. Der Grünanteil am Himmel ist erstaunlich hoch, die Chancen für eine Aurora stehen gut.

Meine erste, echte Aurora sehe ich noch im Bus. Nun ja, nicht so wie ich es mir gewünscht hätte, denn je tiefer wir uns ins Landesinnere bewegen, umso bedeckter wird der Himmel. Lediglich durch die Wolken dringt ein kaum wahrzunehmendes, grünes Band. Das hat sonst keiner außer mir bemerkt. Na ja, vielleicht war es ja auch nur Wunschdenken. Sehnsüchtig betrachte ich den sehr langsam dahin sterbenden, gelbgrünen Streifen am Horizont, der zunehmend von Wolken bedeckt wird.

Vielleicht ist es, was einem Nordlicht heute am nächsten kommen wird.

Mein schlichtes Zimmer. Dafür ist das Bad riesig…

Dunkel sind inzwischen die Straßen von Reykjavik. Der kleine Shuttlebus rast durch die Straßen. „Wenn ich Kinder hätte und hier leben würde, dann würde ich ihnen ein leuchtendes Band um den Kopf binden.“ Sagt ein junger Deutscher auf dem Sitz hinter mir. Die Mensche auf den Straßen sind kaum zu sehen. Überall liegt Schnee. Die Häuser sind für die Festtage bunt beleuchtet und in jedem Fenster einer Blockreihe steht der gleiche, leuchtende Weihnachtsbaum. Die Temperaturanzeige steht auf plus vier Grad, in etwa wie in Mannheim also.

Aber vier Grad bei uns im Rhein-Main Gebiet und vier Grad hier im Norden, wenn die Wettervorhersage auf „Sturm“ steht, ist doch ein kleiner Unterschied…

Das Zimmer des Kettlur Hotel hat eher einem Hostel-Charme, dafür ist das Bad riesig. Wer bitte braucht so ein großes Bad? Als ich mir einen Instand Cafe aufbrühe, kommt eine neue E-Mail herein. Die Aurora Tour für heute Abend ist gekänzelt. Nicht schlimm. Ich sitzen im warmem Hotelzimmer und tippe, höre zu, wie der Sturm draußen in sich aufbäumenden, starken Windböen an allem zerrt, was er greifen kann. Das wird für heute nichts mit den Nordlichtern, aber wen interessierts? Die Gelegenheit wird sich schon noch ergeben. Es ist gerade mal mein erster Tag hier.

Für morgen ist ein Tagesausflug zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten um den Golden Circle geplant wie den Nationalpark Þingvellir, wo die Überreste eines der ersten demokratischen Parlaments aus dem 10 Jahrhundert stehen, zum Geothermalgebiet mit seinen Geysiren und dem Wasserfall Gullfoss. Die Tagestour wird in einem Bus stattfinden und so an die acht Stunden dauern. Ich werde zeitnah berichten, seid gespannt…

Natürlich informiere ich mich vor der Island-Reise in diversen Blogs, die sich mit der Insel beschäftigen. Ein solcher Blog ist Hallo Island von Sabrina, die seit 2013 immer wieder das Land bereist hat. In ihrem Blog gibt sie Infos zu Touren, Routen und Kosten rund um das Märchenland.

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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