Köln, August 2010
Der Sommer 2010 – das war die Zeit, in der die Sehnsucht nach dem „raus“ immer mehr wuchs. Das war die Zeit, in der ich begann, mich umzusehen, zu schauen, was es in der näheren und weiteren Umgebung so alles zu entdecken gibt. Und das war die Zeit nach Lucern, nach Mallorca und nach Sizilien – die Zeit, in der mich endgültig das Reisefieber packte.
Eine Tour in die Stadt mit dem Kölner Dom war damals so ein Herzenswunsch gewesen. Ich schnappte mir meine Freunde und wir zogen los. Was daraus wurde, war ein sehr geiler Tag…
Die Clique, das sind Jimmy*, Sui* und Ben*, mehr oder weniger ein Pärchentrip, wenn man so will. Und da meine Freundin Sui* ein sehr gemütlicher Mensch ist, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt, agieren wir an diesem Morgen frei nach dem Motto: „Der Weg ist das Ziel“ und frühstücken erst einmal ausgiebig, ehe es losgeht.
Und während der Fahrt lasse ich es mir natürlich nicht nehmen, meinen Freunden die Ohren voll zu heulen, wie schön es doch vor zwei Wochen auf Sizilien war…
Die Sonne war wärmer auf Sizilien. Es gab Strände auf Sizilien. Das Meerwasser war salzig, die Landschaft war sandiger, die Vegetation war anders, überhaupt war alles anders… und das Eis, das Eis hat natürlich viel besser geschmeckt. Von der Pizza ganz zu schweigen. Ach Sizilien…
Aber Köln ist auch ganz nett und als wir ankommen und das Auto parken, beschließen wir einstimmig (na ja, fast einstimmig…), eine Bootsfahrt zu unternehmen, um das kühlende Wasser um uns und die Aussicht auf die Stadt vor uns zu haben.
Doch Jimmy* hat andere Pläne. Jimmy* will lieber die endlos lange Kölner Fußgängerzone entlang flanieren und in den Geschäften stöbern.
Und Jimmy* setzt sich schließlich durch, wir folgen im Entenschritt, die Stimmung ist kurzzeitig auf dem Tiefpunkt.
Um den Kölner Dom herum ist allerhand los; Besucher draußen, Besucher drinnen, ein breit grinsender Mann mit rundem Gesicht, der gutgelaunt Rosen an alle Frauen verteilt – einfach so. Künstler, die einzig mithilfe von Kreide aus dem flachen, zweidimensionalen Gehsteig Illusionen von dreidimensionalen Räumen erschaffen, in die man beinahe hineinklettern möchte. Alle paar Schritte Bands, die Instrumentalmusik spielen; Trauben von Menschen, die sich um sie versammelt hatten. Auch wir bleiben stehen, lauschen den ungewohnten Klängen der Instrumente, welche hauptsächlich von den Ureinwohnern Australiens gespielt werden. Als ich mich umdrehe, sehe ich auf einem Gebäude in großen Lettern „Original Kölnisch Wasser“ vor mir aufragen.
Wir durchstöbern die draußen stehenden Stände mit alten Büchern, Schallplatten und Karten und währenddessen linse ich zum Kölner Dom in seiner überdimensional wirkenden Größe und bin fasziniert von dem Detailreichtum der gotischen Fassade. Einige Fassadenteile wurden abgenommen und liegen hinter Absperrungen; sie sollen offensichtlich restauriert werden.
Wir erleben auch einen Flashmob: Mit einem Mal beginnen Menschen, die sich scheinbar zufällig vor Ort befanden, eine Kissenschlacht auszutragen (wo kommen auf einmal die ganzen Kissen her?). Alle haben Spaß, Federn fliegen durch die Luft und Sui* ist Feuer und Flamme, ist sie zu diesem Zeitpunkt ein Riesen-Fan solcher Aktionen; enthusiastisch erklärt sie mir das Prinzip dahinter.
Und noch etwas, das mir seltsam anmutet, begeistert Sui* ungemein: Am Domplatz steht ein lachendes Mädchen und verschenkt… Umarmungen. Sui ist kaum noch zu bremsen und holt sich sofort ihre Umarmung von der Unbekannten ab. Ich lächle. Ich wünsche mir in diesem Moment auch die Fähigkeit, für solche Dinge zu brennen, doch die Umarmung einer mir fremden macht mich nicht glücklich.
Der Kölner Dom ist an solch einem warmen Sommertag gut besucht, Menschen aus aller Welt legen die Köpfe in den Nacken, zücken ihre Kameras. Wir schlendern inmitten all der Menschen durch das Kirchenschiff und betrachten die kunstvollen, bunten Fenster. Sui und ich entzünden je eine Kerze.
Danach landen wir in einem Musikgeschäft. Ben* ist begeisterter Schlagzeuger und nach solch einem auf der Suche; er und Sui* erkunden begeistert das Angebot. Für mich sind all das Böhmische Dörfer, so traue ich mich kaum, all die stehenden und hängenden Blas-, Schlag,- Seiten- und was-weiß-ich-Instrumente zu berühren, aus Angst, sie können zerbrechen (oder aus Angst, ihnen komplett schiefe Töne zu entlocken und mich zum Gespött der Musikszene zu machen…). So beschließe ich, dass ich nicht in sein möchte und bin froh, wieder draußen zu sein.
Und draußen ergibt sich ein genussvolles Bild für des Pöbels schadenfrohe Augen: Ein falsch geparkter, schwarzer Porsche wird per Abschleppwagen aus der Fußgängerzone entfernt.
Viel Zeit verbringen wir auch in dem von uns neuentdeckten Lush; ein Ort, an dem es Seife in allen Farben, Düften und Formen gibt, ist für mich zum damaligen Zeitpunkt etwas völlig Neues (später sollen die Lush-Geschäfte hervorschießen wie Pilze aus dem Boden…) und so stürzen sich Sui* und ich hinein, um all die tollen Sorten, die kunstvoll in allen Farben im ganzen Ladeninneren drapiert sind, zu beschnuppern.
Nachdem wir dann, wie es Jimmys* sehnsüchtiger Wunsch war, die Fußgängerzone ausgiebig abgelaufen sind, bewegen wir uns in Richtung Schiffsanleger, um uns nach Rundfahrten zu erkundigen; doch da es bereits später Nachmittag ist, ist das letzte Schiff bereits abgefahren, keine Rundfahrten mehr für heute. Ich bin untröstlich; irgendwie habe ich das kommen sehen.
Entspannt gesellen wir uns auf den Rheinwiesen zu all den anderen Menschen, die ihren Abend hier am Wasser ausklingen lassen. Einige der Besucher haben sich es offensichtlich bereits gutgehen lassen, davon zeugen die feucht-fröhliche Stimmung und die Bierflaschen in der Hand. In den vielen Kneipen lässt sich gut feiern; so kommen wir, als wir in Richtung Wiesen laufen, an einer Bar mit dem sonderbaren Namen „Sonderbar“ und unwillkürlich frage ich mich, was „betreutes Trinken“ eigentlich ist.
Als wir uns zufrieden auf den Weg nach Hause machen, dämmert es bereits. Wir wissen alle, dass wir irgendwann in der Nacht unsere Betten erreichen, doch spielte das für uns an diesem Tag keine große Rolle mehr. Wir haben den Tag ausgekostet wie es irgend geht.
Alleine reisen in allen Ehren, doch es hat was für sich, sich ein paar gute Freunde zu schnappen und mit ihnen neue Orte zu erkunden: Vielleicht wirst Du dabei nicht all das machen können, was Du Dir vorgenommen hast, doch sei versichert, dass dir das Gemeinschaftsgefühl, mit deiner Clique eine fremde Stadt erobert zu haben, eine wunderbare Erfahrung, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit bescheren wird. Jede Reise ist einmalig und ab und an einen Trip mit Freunden zu erleben macht daraus ein unvergleichliches Erlebnis.
In diesem Sinne: Auf die Gemeinschaft!
* Namen geändert
Hallöchen Kasia,
schöner Beitrag. Zumal die Rheinmetropole scheinbar auch nach Jahren noch einen bleibenden Eindruck bei Dir/Euch hinterlassen hat. Ich selbst habe 13 Jahre in Köln gelebt und kann vieles von dem bestätigen, was Du so beschrieben hast. Natürlich gibt es noch viele weitere sehenswerte Veedel, aber so ein Tag dauert halt leider nicht ewig.
Beste Grüße
Andreas
Hallo Andreas,
ja, ich bin mir sicher, dass es immer mal wieder Neues zu entdecken gäbe. Ich habe Köln als unglaublich vielseitig und lebhaft erlebt. Hast Du da eventuell Geheimtipps für mich? 😉 Lg Kasia