Deutschland, Europa

Burg Frankenstein – In Fängen der Monster

Die Schreie des Mädchens werden immer schriller, bis sie vor Erschöpfung und Ohnmacht verstummen. Aus sicherer Entfernung sehen wir, wie ihre im Licht schneeweiß schimmernden Handgelenke flink an das Gestell gefesselt werden. Auch die Füße sind dran, die Schnüre werden fester zugezogen, was einen weiteren grellen Aufschrei zu Folge hat, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Das Monster lacht.

Und wir?

Wir lachen ebenfalls. Laut. Empfinden nichts als Schadenfreude, sind froh, nicht selbst dort vorne zu sein, am Marterpfahl der Qualen. Wohl wissen wir, dass zu viel Schadenfreude auch zu Folge haben kann, dass man geschnappt wird und ebenfalls dort landet, und doch sind wir nicht imstande, wegzuschauen.

Es ist wieder Halloween auf der Burg Frankenstein.

Alle Jahre wieder kriechen sie aus ihren Höhlen, schleichen die Mauern entlang oder kauern unter den Treppen, um den nichtsahnenden Spaziergänger zu erschrecken. Die ganze Burg erstrahlt in düsteren Farben und finstere Musik, gepaart mit schadenfrohem, hexenhaften Lachen erklingt in der Nacht. Auch die Besucher selbst sind verkleidet, viele von ihnen tragen Hexenhütte zu Schau und blass geschminkte Gesichter. Ob ihnen das gegen die Wesen der Finsternis zu helfen vermag, wir werden sehen…

Sui, Sinan, Ralph und ich stehen vor der Taschenkontrolle. Wie jedes Jahr ist auch diesmal – im wahrsten Sinne des Wortes – der Teufel los auf Burg Frankenstein. Belustigt betrachte ich die düstere Kulisse. Aus Lautsprechern tönt Musik und die Mauern sind angestrahlt in blau-rotes Licht. Hier und da verkleben Spinnweben den Weg, und wer schreckhaft ist, sollte auf die Monster acht geben, die sich hinter den Ecken verbergen. Freddy Krüger ist mit von der Partie, ebenso wie Jason vom Kettensägenmassaker und diverse bissige Clowns. Als begeisterter Horror-Anhänger finde ich das alles ausgesprochen toll. Doch gruseln kann ich mich noch nicht wirklich – vielleicht muss ich mich einfach mehr fallen lassen…

Sui schafft es besser als ich; bereitwillig kreischt sie mit leidenschaftlicher Hingabe, sobald sich ihr metallene Klauen oder eine verzerrte Fratze nähern.

Ein hell angestrahltes Gerüst lenkt unsere Blicke in eine bestimmte Richtung, und nach und nach versammeln sich immer mehr Besucher um die zwei besonders bösartig aussehende Monster, die erwartungsvoll in die Menge glotzen. Dieser Blick soll wohl so etwas wie: Wer ist der Nächste? bedeuten und jeder, auf den er trifft, weicht scheinbar erschrocken zurück. Gelächter wird laut. Natürlich möchte fast jeder der Zuschauer einmal dort vorne sein und die Show miterleben, doch es gehört auch zum guten Ton, so zu tun, als hätte man eine Heidenangst und hoffe, es treffe einen nicht.

Und… oh nein. Das Monster hat Sinan entdeckt.

Vergebens zuckt sie zusammen und versucht, sich weg zu ducken: Ruckzuck wird sie nach vorne zum Gerüst geführt. Das Monster fesselt ihre Hand- und Fußgelenke und schon liegt sie ausgestreckt und wehrlos da. Ihr werden zuerst ihre Schuhe ausgezogen, dann die Socken. Und was dann mit ihr geschieht, ist in seiner Grausamkeit kaum zu überbieten. Sie wird… gekitzelt. Durchgehend. Und während wir, atemlos vor Lachen, dastehen und versuchen, nicht allzu schadenfroh aus der Wäsche zu gucken, ist vom Gerüst her ein ohrenbetäubendes Quicken ihrer Mädchenstimme zu vernehmen. Die arme Sinan.

Doch wie ich schon sagte, liebe Kinder: Zu schadenfroh sollte man nicht sein und sein Schicksal nicht herausfordern, denn Schwupps! …schon landet man in der Kiste und der Deckel fällt zu. Und dann ist es finster. Stockfinster. Nebendran liegt vielleicht ein weiteres, armes Mädchen, das zu schadenfroh gewesen war. So wie es, liebe Kinder, einer gewissen Bloggerin ergangen ist… *hüstel…*

Als die Spannung verfliegt und sich die Bloggerin wie durch ein Wunder aus der Holzkiste befreien kann (oder hatte eines der Monster Mitleid und hat den Deckel wieder aufgemacht? Wer weiß…), schlendern wir weiter durch die Anlage. Die gruselige Aufmachung der Burg ist durchaus gelungen und auch die Kostüme sitzen. Für vor lauter Schreck erschöpfte gibt es Getränkestände. Und wer sich auf die Gaudi einlässt, bekommt richtig was geboten. Das setzt natürlich voraus, dass man wieder das Kind in sich zum Vorschein kommen lässt…

Das Kind in mir versucht gerade, einer grüngesichtigen Wasserleiche zu entkommen, die mich packt, in einen Laubhaufen wirft und sich auf mich hockt. Was Sui natürlich schadenfroh mit ihrem Smartphone festzuhalten versucht. Im Anschluss ergeben sich noch nette Gespräche mit Edward mit den Scherenhänden und einem gruseligen Clown, der (oder besser: die…) zwischen ihren Auftritt gerade eine kurze Zigarettenpause einlegt.

Und als wir bereits glauben, dass an dem Abend nicht mehr viel geschieht, heften sich zwei Werwölfe an Suis Fersen und verschleppen sie, um sie dort zu misshandeln, in eine einsame Hütte im tiefsten Wald (oder auf dem Burggelände? Wer weiß…). Ich folge ihrer Spur und finde sie mit schreckensgeweiteten Augen, fix und fertig und ohne Schuhe wieder – ihre Schuhe liegen neben ihr, vollgestopft mit Laub, und die Biester sind fort…

Info:
Das Halloween-Festival auf Burg Frankenstein in Hessen findet jährlich zum 31 Oktober statt.
Die Preise für die Karten variieren, je nachdem wie weit im Voraus gebucht wird, am besten auf der Homepage über die aktuellen Tarife informieren .
Es gibt Monster und Musik und wer sich fallen lässt und den Gruselfaktor genießt, wird voll auf seine Kosten kommen…

* Namen geändert

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Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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3 Kommentare

  1. super Spektakel !!! Wer Horror mag ist hier gut aufgehoben so wie ich das rauslesen konnte ! ich getraue mich noch nicht mal in eine Geisterbahn geschweige würde ich sowas mitmachen ! Hosenschisser ist das beste Wort !

    1. Das war überhaupt nicht gruselig. Wirklich nicht. Da gibt es ganz andere Veranstaltungen… 😉

      1. dann nichts für mich wie geschrieben !

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

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