28 März 2017
Ich genieße die Einzigartigkeit des Ortes, den morbiden Charme, den fast alle stillgelegten, verlassenen Orte ausüben. Auf mich. Und nicht nur auf mich. Auf einer Rasenfläche, umringt von Bäumen, steht ein Steinkreis, der mich auf Fotografien ein wenig an Stonehenge erinnert hatte – diese Bilder waren der Grund, warum ich mich überhaupt erst ins Auto setzte und von Mayen aus die Fahrt hierher machte.
Das Mayener Grubenfeld wurde 2015 geschlossen. Das Basaltwerk, unter der Gemeinde St. Johann errichtet und seit 1900 in Betrieb, war eine der wichtigsten Abbaustätte für den Rohstoff, der u. a. in der Beton- und Asphaltindustrie Anwendung fand. Die Abbauprodukte wurden sogar in die Niederlande exportiert. Bis zum Ende 2015 wurde das Werk zurück gebaut; nur noch einige stählende Türme und Überbleibsel sowie unzählige Gruben und Erdlöcher erinnern an die industrielle Vergangenheit. Heute ist das Grubenfeld bei Mayen ein geschützter Raum und ein Zufluchtsort sowie Brutstätte für unzählige Fledermausarten.
Also, es würde mich schon unheimlich reizen, mich in die eine oder andere dunkle, feuchte Höhle zu begeben und die netten Tierchen aus der Nähe zu betrachten, aber, wie ihr euch denken könnt, ist das nicht erlaubt. Seufz. Jammerschade, aber verständlich; ich mag es auch nicht, wenn mich jemand beim Schlafen stört… So spaziere ich mit meiner Kamera durch die verwilderte Anlage, die unzählige Artefakte aus Stahl präsentiert; die schon besagten, hoch aufragenden Fördertürme, Gerüste, verlassene Schienen, führend ins Nirgendwo… ein Lost Places-Gefühl schleicht sich ein.
Die Schilder klären den Besucher über die „Eigenheiten des Terrains“ wie Unebenheiten im Boden sowie steile Abhänge auf. Steinerne Treppenstufen führen rauf und runter, die schroffen Felshänge erscheinen warm gelb im Sonnenlicht. Unzählige junge, schlanke Birken bewachsen den Grund der Abbaugruben, an manchen Stellen haben sich Wasseraugen gebildet. Festes Schuhwerk wird empfohlen (doch 12-cm Absätze gehen nachgewiesenermaßen auch). Weiterhin wird auf sog. Fledermaussteine hingewiesen – da es aus Naturschutzgründen nicht möglich ist, die pelzigen kleinen Flieger zu besuchen, kann man sich dennoch am Fledermauspfad orientieren – und sich auf div. Schautafeln mit Info vollsaugen.
Ich stolpere fast über so einen „Stolperstein“. Er sieht aus wie dieses Symbol aus Batman begins… also; folge dem Batman oder wie? Laut den Anzeigetafeln ist der Schacht 700 der Tipp schlechthin, wenn man die kleinen Batman’s live in ihrem natürlichen Lebensraum sehen möchte. Es ist der einzige der Schächte, der für Besucher zugänglich ist und in den man hinabsteigen kann. Hoffnungsvoll klettere ich die wackelige Stahltreppe rauf zur Gittertür. Abgeschlossen.
Vielleicht ist der Schacht nur bei Führungen geöffnet… Also keine Fledermäuse heute. Ich bin hier weitestgehend alleine. Am Eingang zum Gelände befindet sich ein geologisches Museum, die Terra Vulcania; es sei jeder herzlich eingeladen, der sich für Steine interessiert. Das tue ich nicht. Ich genieße die Einzigartigkeit des Ortes, den morbiden Charme, den fast alle stillgelegten, verlassenen Orte ausüben. Auf mich. Und nicht nur auf mich.
Auf einer Rasenfläche, umringt von Bäumen, steht ein Steinkreis, der mich auf Fotografien ein wenig an Stonehenge erinnert hatte – diese Bilder waren der Grund, warum ich mich überhaupt erst ins Auto setzte und von Mayen aus die Fahrt hierher machte. Die Steine sind Skulpturen; Werke internationaler Künstler in der sog. Area Lapidea, die zur Atmosphäre des Ortes beitragen sollen (ich hätte diesen Ort ganz ohne Verschönerungsmaßnahmen ehrlich gesagt noch reizvoller gefunden) und die man bei Interesse auch käuflich erwerben kann.
Begibt man sich tiefer ins Gelände hinein, kommt man an einen kleinen, grünen Teich. Wie Klostermauern erheben sich die Basaltwände rund um die ruhige Wasserfläche; ganz oben ist in der hellen Sonne einer der ehemaligen Fördertürme sichtbar. Am Wasser bleibe ich lange stehen. Ich hab was übrig für stehende Gewässer, sie haben so eine verbrauchte, leicht modrige Aura; man stellt sich instinktiv Hände vor, die, blass und aufgequollen, aus dem gar nicht mal so tiefen Loch nach einem greifen.
Eine Empfehlung ist, an einem der langen, warmen Sommerabende hierher zu kommen und dabei zu sein, wenn es beginnt zu dämmern und sich ganze Scharen Fledermäuse aus den Schächten erheben und auf die Jagd gehen. Doch so lange bleibe ich nicht – eine Clique Schüler hat sich diesen Ort soeben als ihren abendlichen Treffpunkt auserkoren; es wird lauter und irgendwie hektischer und ich denke mir, für so was bin ich schon zu alt…