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Ein Wort zu Reise-Romantik

Die Romantik des Reisens

Eine Idee entsteht in meinem Kopf. Blüht auf wie die aufgehende Sonne, fängt an, an mir zu nagen und geht mir nicht mehr aus dem Sinn. Und dann – dann tue ich es. Völlig spontan steige ich in mein Auto, nur mit einer Zahnbürste bewaffnet und sprinte los. Ich fahre… nach Paris.

Gleich nach der Arbeit fahre ich los. Es ist später Abend und inzwischen schon dunkel, der volle Mond hängt tief und schwer am Himmel und versteckt sich hier und da zwischen Wolkenschleiern, als ich die vereinsamten Dörfer französischer Provinzen durchquere.
Nur das Rauschen des Motors und das fahle Licht der Nacht begleitet mich. Irgendwann werde ich müde – meine Augen fallen von alleine zu. Ich halte unter üppigen Apfelbäumen am Straßenrand, lege meine warme, mollige Decke um mich und schlafe ein.

Das Zwitschern der Vögel weckt mich; sanfter Sonnenschein küsst mein Gesicht. Ich richte mich auf, strecke mich und fahre weiter.

Vorbei an malerischem Metz bewege ich mich immer tiefer ins Herz Frankreichs, bis ich am späten Nachmittag Paris erreiche. Am Rande der Stadt stelle ich mein Auto ab und dringe mit der Metro weiter ins Zentrum vor. Gegen Abend nehme ich mir ein kleines Hotelzimmer – diese französischen Hotels sind so vintage; absolut süß! – und steuere am nächsten Morgen zielsicher die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt an.

Die multikulturelle Vielfalt Paris‘ zieht mich sogleich in ihren Bann: die Menschen, die Düfte von Blumen und Parfüm sowie der Stadt unvergleichlicher Charme. Es ergeben sich wunderbare Gespräche mit liebenswerten Menschen und am dritten Tag lasse ich die Seele auf einer Wiese unterhalb des Eiffelturms baumeln.

Am dritten Tag mache ich mich auf den Weg zurück. Zwar finde ich den Weg zu meinem Auto nicht sofort wieder, doch lasse ich mich nicht entmutigen, denn machen solche Kleinigkeiten nicht gerade den Reiz des Abenteuers aus? Ein freundlicher Mensch hilft mir bei der Autosuche und nur wenige Zeit später starte ich wieder den Motor und rolle los – auf den Weg nach Hause, mit neuen Geschichten im Gepäck.

 

Die Wirklichkeit des Reisens:

Eine fixe Idee entsteht in meinem Kopf. Nistet sich ein und lässt mich nicht mehr los. Keine Ahnung, was mich geritten hat, ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt, also kurz nach den Anschlägen, nach Paris zu reisen, aber ich muss raus. Die Decke hängt mir zu Hause tief über dem Kopf und so mache ich mich – völlig unvorbereitet – auf den Weg.
(…so unvorbereitet, dass ich sogar meine Zahnbürste vergesse und mir in einem französischen Lidl eine neue besorgen muss…)

Ich starte gleich nach Feierabend. Es ist später Abend und dunkel und die Dämmerung trägt nicht gerade zu  meiner Orientierung bei. Gleich hinter der Grenze gibt auch noch mein Handy-GPS den Geist auf und ich bin völlig auf mich gestellt. Ich gebe vorerst auf.

In einem kleinen Ort neben einer Hundewiese stelle ich das Auto ab und lege mich schlafen. Wickle meine Decke um mich und stelle fest, dass mir immer noch kalt ist.

In der Nacht kann ich meine Beine nicht ausstrecken. Das wird mit einem Krampf belohnt.

Die Morgenkälte weckt mich. Die Campingdecke hat nicht mal ansatzweise gereicht. Ich statte Lidl einen frühen Besuch ab und besorge mir eine Zahnbürste.

Unterwegs wasche ich mich notdürftig am Waldrand – Wasserflaschen sind eine tolle Erfindung. Die Sonne blendet meine unausgeschlafenen Augen. Ich fahre weiter.

Im Metz verfahren ich mich dreimal, bis ich die richtige Abzweigung finde. Dann, als ich Paris erreiche, mache ich einen katastrophalen Fehler – ich unterschätze völlig die Größe der Stadt. Stelle mein Auto irgendwo im Außenbezirk ab und stürze mich kopfüber in das mir bis dato unbekannte Pariser Metro-Labyrinth. Am Abend habe ich das Zentrum von Paris immer noch nicht erreicht. Ich nehme mir ein Hotelzimmer. Die Pariser Hotelzimmer sind klein, zwar süß, aber unverhältnismäßig überteuert. Doch mein Euphorie-Gefühl lässt mich das vergessen.

Am nächsten Morgen glaube ich immer noch, Paris sei ein Dorf. So versuche ich von La Nation zunächst zu Fuß ins Zentrum zu kommen, nur um dann reumütig in die nächste Metro zu steigen. Ich verfahre mich noch drei Mal, bis ich am Zentrum ankomme.  Als ich am späten Abend durch die Stadt streife, spricht mich ein Mann aus Senegal an, der sich partout nicht abschütteln lässt. Ich flüchte mich in die Hotellobby.

Am nächsten Morgen besuche ich den Eiffelturm; danach bin ich mehrere Stunden lang damit beschäftigt, mit der Metro hin und her zu fahren und mein Auto zu suchen. Ich bekomme unerwartet Hilfe, als ich schon kurz davor bin, in Tränen auszubrechen.

Müde und völlig fertig steige ich in mein Auto ein. Von den Abenteuern des Reisens habe ich zunächst einmal die Schnauze voll. Unterwegs überziehe ich die zugelassene Höchstgeschwindigkeit mehrfach. Dass ich weiterhin Besitzer eines gültigen Führerscheins bin, gleicht für mich an ein Wunder.

 

Und welche Version stimmt jetzt nun?

Gute Frage, nicht wahr?

Ich würde sagen, beides.

Denn so sehr mich die Sache angestrengt und ermüdet hat, so verzweifelt ich auch war, habe ich diesen Ausflug in ebensolchem Maße genossen. Ich begegnete Menschen, die mir unerwartet ihre Hilfe anboten und ich entdeckte eine wunderbare, charmante Stadt. Und ich war heilfroh, am Abend wieder auf meiner Couch zu sein. Und entstehen nicht gerade aus solchen Aktionen im Nachhinein nicht die schönsten Erinnerungen; viel spannender als wenn alles glatt gelaufen wäre?

Was von alledem möchte ich Euch zeigen? Was lieber nicht?

Romantik v. s. Wirklichkeit. Jeder Reisende sieht sich selbst als Helden. Na kommt schon: Ein bisschen zumindest. Mit wehendem Haar steht der Reisende hoch oben auf einem Berg und lässt seinen Blick über das perfekte Panorama gleiten. Dann noch ein paar perfekte Bilder für Instagram – fertig!

Doch der Reisende wird Euch kaum erzählen, dass er auf diesem Berg vielleicht gerade mal zehn Minuten verbracht hat; die Pause, in der ihn der Reisebus mit anderen Reisenden ausgespuckt hat. Er zeigt Euch den Perfekten Strand – doch ihr sieht nicht die Baustelle, die sich direkt hinter ihm befindet.

Mit dem Fahrrad durch Osteuropa; mit dem Motorrad durch Alaska; auf einem Bein über die Alpen hüpfen – es gibt nichts, das es nicht gibt. Solche Bilder lassen träumen, solche Geschichten lassen die pure Sehnsucht in einem aufsteigen. Und ja, auch ich spiele gerne mit diesem Image. Kommt mit auf meine Abenteuer! Doch wer meinem Blog aufmerksam liest, wird merken, dass so „abenteuerlich“ die ganze Sache dann doch nicht ist.

Und ja, der mutige Reisende entdeckt für Euch die Welt! Und natürlich ist es wunderschön. Ja, man hat die Sehnsucht, endlich auszubrechen, ja, es läuft alles, wie es laufen soll, ja, man findet sich souverän zurecht und schreibt später darüber.

 

Ist es das, was ich Euch sehen lassen möchte?

Hm, ein bisschen schon.

Kasia, die Heldin, entdeckt spontan Paris! (…oder: Kasia, der Chaot, hat sich ohne Plan ins Auto gesetzt und droht nun, vom Labyrinth Paris verschlungen zu werden…)

Aber… hey, Leute, ich bin der größte Chaot, wenn es um spontane Reisetrips geht! Und spontan sind diese nicht wirklich aus romantischen Gründen. Spontan sind sie vor allem deshalb, weil ich keinen Nerv für Reiseführer habe. Ja, ein Reisender wird Euch oft von der Erkundung toller Orte berichten. Doch etwas seltener wird er Euch darüber berichten, wie er sich in diesem Ort verlaufen hat, wie er der Verzweiflung nahe versucht hat, sein Hotel/Auto/seine Freunde wieder zu finden. Und wenn er es Euch erzählt, dann wohl eher mit einem Augenzwinkern: War doch alles halb so schlimm, so entstehen die besten Geschichten… Ein Schulterklopfen, ein Prost auf uns.

Reisende sind cool. Sie sprechen vom Vermissen der Ferne, von der Sehnsucht, da draußen zu sein. Etwas seltener sprechen sie darüber, wie sie des Reisens manchmal überdrüssig sind, vom Wunsch, einfach nur nach Hause zu kommen. Das passt nicht zum Image.

Die einsame Wölfin (Schrägstrich Reisende Schrägstrich ich) entdeckt mit Vorliebe fremde Kulturen – und freut sich über Dinge aus der Heimat, die sie in der Fremde sieht.
Sie unterhält sich mit Einheimischen, um „authentische Begegnungen“ zu erleben – und ist glücklich, zu entdecken, dass der Tischnachbar deutsch spricht, was die Unterhaltung doch um einiges erleichtert.
Sie steht oben auf einem Berg, lässt den Blick über eine berauschende Kulisse schweifen – friert erbärmlich, da oben ein eiskalter Wind zieht und huscht nach den wundervollen Aufnahmen auch gleich wieder ins Auto.

 

Was schließen wir daraus?

Der größte Teil der Reise-Romantik entsteht im Kopf des Betrachters. Die schönsten und spannendsten Bilder idealisieren wir uns aus der Distanz des Beobachters heraus. Das Reisen hat in dem Moment, in dem man die Reise selbst erlebt, kaum etwas Romantisches an sich.

Der Betrachter denkt sich: Wow, ein Zug in Indien, viele Menschen, fremde Kulturen, bunte Gewänder, Erfahrungen, Gespräche, fliegende Träume, die Langsamkeit des Reisens…

Der Reisende denkt sich: zu heiß/zu kalt, laut, stickig, Durst, Hunger, Pipi…
Wann bin ich endlich da? Ob ich heute Abend wohl ein Zimmer finde? Ist mein Geld noch da, wo es sein sollte? Man bin ich erledigt…
Aber hey, wenigstens sehen die Instagram-Bilder ja richtig geil aus… 😉

Und ganz zum Schluss noch, da wir beim Thema Bilder sind: Ein Reisender wird wie unauffällig ein Bild von sich vor dem besagten, perfekten Bergpanorama Schrägstrich Sonnenuntergang Schrägstrich Traumstrand auf seinem Blog platzieren – aber er wird Euch kaum erzählen, wie lange er mit seinem Arm, seinem verlängerten Arm (Selfie-Stick) oder vor seinem Reisepartner posiert, sich in alle Richtungen gedreht und gewendet hat, bis das „zufällig aufgenommene“ *hüstel* Bild endlich sitzt…

Jap… bis es endlich sitzt…

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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