Bonaire, Südamerika

Lac Bay

Bonaire, September 2016

So, Hängematte, du bist mir!

Der dritte Tag auf Bonaire, und tja, was soll ich sagen… reinhüpfen, ausbalancieren und dann Augen zu und schwingen lassen… Habe ich das Rascheln der Palmblätter über mir und das Gezwitscher der Vögel heute schon erwähnt? Und diese kleinen Lichtpunkte, die durch die Blätter hindurch auf meiner Haut spielen? Und habe ich Stefan erwähnt, der mir gerade Kaffee macht?

Jaaa-haaa-haaa… Sooo… genau sooo… soll Urlaub…

Die einzige Verpflichtung, der ich nachkommen muss, ist  es, Beiträge zu schreiben, sonst gibt`s Schelte 🙂 Aber sonst… das Leben fließt an mir vorbei… Irgendwann nachmittags werden wir uns aufraffen und zum Strand losfahren, und dort wird es genauso weiter gehen.  Mit ein paar Sprüngen ins Wasser, hin und wieder.

„Es ist schöner als Aruba.“ Sagt Stefan neben mir. „Viel schöner. Das Wasser, die Farben, wie blaues Kristall, das kann man gar nicht beschreiben. Schön hier.“

Schon in der Ferienwohnung schmiedeten wir Pläne, wie man es denn anstellen könnte, hier zu leben. Aus einer vagen Idee ist langsam ein ungefährer Entwurf geworden. Stefan, angesteckt von dem Gedanken, überlegte, wie man hier auf der Insel ein Ferienhäuschen kaufen und vermieten könnte, speziell auf deutsche Urlauber zugeschnitten.

Jetzt liegen wir am Strand, in der Bucht, die wir gestern Abend mehr oder weniger durch Zufall entdeckt hatten. Das Wasser schlägt gegen die Korallen und schwappt Welle für Welle über den schneeweißen Sand. Zwischen den Korallenriffen, praktisch vor unseren Füßen, sieht man getigerte Fische, wie sie auf der Jagd nach kleiner Beute in dem sehr flachem Wasser die Riffe umkreisen. „Da!“ Rufe ich. „Siehst du sie?“

Die Bucht ist sehr weitläufig und das meiste davon ist sehr flaches Gewässer, man könnte sie aufrecht überqueren, auf die andere Seite zu laufen, wenn man wollte. Etwas weiter vom Ufer entfernt kreisen Windsurfer, immer auf der Jagd nach dem perfekten Wind. Bunt zeichnen sich ihre Segel von der türkisenen Färbung des Wassers ab. Ein kleiner, brauner Vogel mit langen, roten Beinen läuft den Strand auf und ab und so nah an uns vorbei, als wenn er ahnen würde, dass wir ihn nicht fressen werden. Obwohl – ich weiß nicht so recht; denn die Seeluft macht hungrig, was essen könnte ich schon noch.

Die Möwen haben mehr Glück bei der Jagd, sie schießen eifrig in die Wellen, um mit unbekanntem Inhalt wieder aufzutauchen. An den Felsen genau vor uns haben sich in den ausgespülten Nischen kleine Schnecken eingenistet. Eine Eidechse nähert sich uns zaghaft, weil sie etwas Fressbares gefunden hatte.

Und überhaupt habe ich immer diese karibische Musik im Ohr. Und nein, es gibt sie nicht nur in meinem Kopf – in der Palmhütte etwas weiter weg von uns findet eine Party statt – vom Wasser aus hatte ich dort Feiernde gesehen; braungebrannte karibische Mädels in hautengen Kleidern. Die Party sollte gegen Abend erst richtig losgehen, das hatte uns das Mädel gesagt, bei der wir den Eintritt in die Naturparks gebucht hatten. Doch anscheinend feierten sie jetzt schon los.

Die gesamte Bucht wird am ihren Ausgang durch Korallenriffe vom offenen Meer abgeschirmt, welches in der ferne wütend mit sich auftürmenden, schäumenden Wellen dagegen schlägt. Dafür ist es hier klar und ruhig, und, oh ja… badewannenwarm. Und auch wenn ich das über Aruba schon mal geschrieben habe; das hier ist noch schöner, noch wärmer, noch… karibischer. Man kann sich bedenkenlos in die Wellen stürzen, ohne zuerst mit dem großen Zeh prüfen zu müssen; wage ich mich rein? Und wenn ja; wie weit wage ich mich denn rein? Die Wellen haben die Farbe vom weißem, zerbrochenen Glas, dessen Bruchrand hell, türkis-blau schimmert.

Ich lege mich auf den Rücken und lasse mich auf dem Wasser treiben. Mache die Augen zu. Die Wellen schaukeln mich sanft, doch dann kommt eine Welle, die sich denkt; na warte, und schwups! – schwappt sie über mich drüber und ich habe Salzwasser in den Augen und im Mund. Prustend richte ich mich  wieder auf. In der Ferne sehe ich Stefans runden Kopf im Wasser emporstehen und denke mir; das ist ein so surrealer Anblick; das passt irgendwie gar nicht zusammen… Das hier ist das Paradies. Der Wind kühlt stetig unsere Haut – es wird nie zu heiß. Er spielt mit den Seiten des Heftes, das ich gerade beschreibe.

Ich schwimme zu ihm hin. Man kann gar nicht aus dem Wasser raus, sagt er zu mir. Wir gehen weiter hinaus zur Mitte der Bucht. Hier ist die Temperatur eine Idee kühler, doch gleichzeitig ist das Meer um uns herum noch heller, noch transparenter, so klar, als würde man im flüssigen Kristall schwimmen. Nichts trübt den Blick auf den Grund. Mit einer Hand greife ich eine Muschel und ziehe sie raus. Ich zeige sie Stefan.

„Ein Gast?“

„Ein Bewohner.“ Eine zaghafte Bewegung; zwei gestielte Augen schauen uns an. Ich lasse das Häuschen und den Häuslebauer wieder auf den Grund des Meeres treiben.

Wieder am Strand sagt Stefan zu mir: „Siehst du, manchmal ist es gut, sich zu verfahren… sonst hätten wir davon nie erfahren!“ Ich nicke ehrfürchtig und schmunzele über den Reim.

Die Fische sind wieder da. Und die Segler genießen ihre Runden. War das eine Rötung da, auf meiner Haut? Andeutung eines Sonnenbrandes? Nein, war es nicht. Ich creme mich immer wieder fleißig nach.

Wir sind hier im Paradies gelandet. Den gesamten Strandabschnitt teilen wir uns mit nur einem weiteren Paar, das an die hundert Meter von uns entfernt liegt, an einer Stelle, die um die Ecke geht, so dass wir ihre Anwesenheit gar nicht mitkriegen. Wir sind quasi alleine (und wem da unkeusche Gedanken kommen, haaalt… da sind noch die Windsurfer…)

 

Der Mangrovenwald

Welle um Welle arbeite ich mich vorwärts durch das dunkle, smaragdgrüne Wasser. Meine Atmung kontrollierend führe ich eine Armbewegung nach der anderen aus. Der Wellengang wird immer stärker, die Wellen immer höher; sie schwappen mir über den Mund, nehmen die Luft zum Atmen, brennen in den Augen. Die Sonne neigt sich immer tiefer gen Horizont; die letzten menschlichen Siedlungen habe ich längst hinter mir gelassen. Doch irgendwie schaffe ich es, mich durch das unruhige Treiben der Bucht hindurch zu manövrieren, denn ich weiß, ich muss ihn erreichen, bevor die Dämmerung einbricht: den verzauberten Mangrovenwald.

Ich kann ihn schon vor mir sehen mit seinen rüsselförmigen Wurzeln, die wie Wesen von einem anderen Planeten bogenförmig tief in den sandigen Grund greifen. Fast meinte man, sie seien beweglich wie wir, fast glaubt man, eine Regung der Wurzeln wahrzunehmen.

Doch… obgleich ich kämpfte um jeden Atemzug, hatte es den Anschein, als wollte mich eine unsichtbare Macht von dem geheimnisvollen Ort fernhalten – es ist, als würde ich, obwohl ich vorwärts strebe, auf der Stelle paddeln; obgleich ich alle Kraft, alle Anstrengung mobilisiere, die mir noch bleibt, scheint es, als wenn mich das eher rückwärts treibt.

Den Grund unter mir hatte ich schon längst verloren. Doch nun spüre ich, wie sich etwas brennendes, gallertartiges um meinen Schenkel schlingt um mich nach unten zu ziehen sucht. Ein letzter Blick zum Horizont, nur um gerade noch zu sehen, wie sich das letzte Strahlen der Sonne hinter den Bäumen verabschiedet. Der Glanz auf der Wasseroberfläche erlischt und es wird düster um mich herum.

Ich hatte es nicht geschafft.

Die Partyklänge streicheln mein Ohr, während ich das hier schreibe. Sandkörner kleben an meinen Fingern und auf meinen Lippen spüre ich die salzige Luft des Meeres. Ein Krabbentaucher kommt auf mich zu, dann noch einer. Ganz nah sind sie, ganz neugierig, fast schon an meinen Schuhen, und wie sie so in meine Richtung äugen, die kleinen Köpfchen vorwitzig vor und zurück ziehend, schaut es fast so aus, als ob sie missbilligend „tss tss…“ sagen wollten…

Was mich dazu bringt, Euch die Geschichte vom Mangrovenwald noch einmal, diesmal richtig zu erzählen:

Ich: „Stefan, kommst du mit ins Wasser?“

Stefan (öffnet ein Auge): „Nö… hier ist es schön.“ Mit hier meint er: am Strand auf dem Handtuch, mit der Zigarette in der Hand und der Sonnenbrille auf der Nase. Das Auge geht auch gleich wieder zu und sein Besitzer döst wieder ein.

Also springe ich alleine in die nicht mehr ganz so warmen Wellen (es neigt sich schon zum Abend hin, der Wellengang ist stärker geworden und das Licht der sich senkenden Sonne sorgt für eine dunklere, ins Grüne gehende Farbgebung.

Zuerst schwimme ich etwas planlos umher, dann sehe ich die Mangrovenwälder am anderen Ende der Bucht. Ob ich die schwimmend erreichen könnte? Die sehen zwar etwas weit weg aus, aber… warum nicht.

Also schwimme ich los, immer weiter, an den Windsurfern vorbei, am Partyhäuschen vorbei, an dem Pelikan vorbei, der sich in meiner Nähe auf dem Wasser niedergelassen hat. Irgendwann, nach circa zwei-drittel des Weges, fällt mir auf, dass ich anscheinend seit geraumer Zeit schon keinen festen Boden mehr unter den Füßen habe, und daraufhin bekomme ich leichtes Herzklopfen. Von wegen die Bucht zu Fuß durchqueren, wenn man wollte! Hier ist nix mehr mit „zu Fuß“… Ach was, das reicht, ich kehre um.

Also schwimme ich fröhlich zurück.

„Ja, Kasia… aber was ist denn jetzt mit dem Seeungeheuer?“

Seeungeheuer? Hatte ich denn was von einem Seeungeheuer…

„… ja, der dich am Bein gepackt hatte und unter Wasser ziehen wollte?“

Ach ja, der…

Tja, liebe Kinder (zerknirscht); mit dem Seeungeheuer verhält es sich so: Da schwimm ich so fröhlich vor mich hin, plötzlich merke ich, wie etwas (? Raum für Spekulationen) meinen Oberschenkel streift. Ich sage „aua“, gehe mit der Hand drüber, kann nichts feststellen und schwimme weiter. Das Brennen bleibt und als ich neben Stefan am Handtuch ankomme, hat sich eine Blase auf meiner Haut gebildet, die zehn Minuten später auch schon wieder verschwunden ist.

„Jetzt, Kinder, wisst ihr die ganze Wahrheit darüber, wie es sich wirklich zugetragen hatte. Kinder?“

Ich schaue von Kasia’s Memoiren auf. Der Saal vor mir ist leer, der letzte Stuhl wackelt noch zwei Mal, dann ist es still.

„…Kinder?!“

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..