Europa, Griechenland

Die große Balkantour – An der griechischen Küste

Meteora, Kalampaka 422 00, Griechenland nach Paralia Skotinas, Griechenland – Google Maps

Hm, ist er das jetzt? Wir spähen aus dem Auto und verrenken uns die Köpfe. Bei den Göttern, ist das der Olymp?

Olymp?

Unsere Route verläuft vorbei an Thessaloniki, somit ist der Gedanke gar nicht so abwegig, den höchsten Berg Griechenlands vor uns zu haben. Schwach zu sehen zwar, blass und dunstig, aber ja. Ich habe den Olymp erblickt. Gebt mir Ambrosia, ich bin gesegnet. Und das meine ich gar nicht ironisch. Nie hätte ich gedacht, dass uns unsere diesjährige Reise so weit in den Süden, bis nach Griechenland führt. Das alles nur, um vor der Schlechtwetterfront zu flüchten, die uns bis kurz vor Skopje verfolgte und aus unserer ursprünglich geplanten „Adria-Tour“ eine „Ab in den Süden“ Tour gemacht hatte. Wir haben viel, sehr viel Strecke gemacht, unsere Hintern bilden mit den Sitzpolstern eine eingespielte Einheit. Der Olymp also. Was erwartet uns noch?

Zunächst erwartet uns eine mediterrane Landschaft. Kalkweiße Hügel, betupft mit dunkelgrünen Sträuchern wie Streuselkuchen. Abgestandene Sedimente, für die Ewigkeit versteinert, nur um dann von den Kräften der Erde – oder des Menschen? – aufgebrochen und gespalten zu werden. Schön anzusehen, die dunkleren Streifen, die sich durch das helle Gestein ziehen. Wir passieren Thessaloniki, die mit 1,2 mio. Einwohnern größte Metropole in Nordgriechenland. Sehen unvermutet viele Baustellen in den Randgebieten der Stadt. Unfertige, oder: fast fertige Häuser. Gardinen hängen in den Fenstern und draußen sind Wäscheleinen angebracht. Hier leben bereits Menschen. Muss denn so ein neu erbautes Haus nicht amtlich freigegeben werden, ehe man drin wohnen kann? In Griechenland sei es eine Art Grauzone, meint Tomek. Menschen wohnen bereits in ihren Häusern, noch ehe die fertig gestellt wurden, um Steuern zu sparen. So stehen, wie er berichtet, solche „Rohbauten“ auch mal jahrelang herum.

Wir haben die Sonne gepachtet und das Wetter ist auf unserer Seite. Ich bin neugierig auf das Land, denn so vieles haben wir nicht gesehen. Bah, wir haben, wenn überhaupt, nur an der Oberfläche gekratzt. Doch unsere Reise hat ihren Zenit überschritten, was soviel heißen soll wie: in nur wenigen Tagen geht sie zu Ende. Mehr als kurz Thessalien zu durchqueren ist nicht drin. Wir haben einstimmig beschlossen, einen oder zwei Tage an der Küste zu verbringen. Die Füße durch den Sand schlürfen zu lassen und das Meer zu sehen. Mal entspannen, denn der Weg nach Hause wird lang werden. Schnell wie sie sind, haben die Männer eine Unterkunft in Paralia Skotinas, unweit von Katerini, gefunden.

Eine Weile später. Unsere Herzen sind voll, doch unsere Bäuche sind leer; nachdem wir also unsere Sachen abgelegt und uns einigermaßen frisch gemacht haben, sitzen wir an einem langen, sonnigen Tisch und lassen uns auf der Terrasse des hoteleigenem Restaurants bewirten. Dickstämmige, alte Ahornbäume bilden einen kleinen Park, der glühend warme Sonnenschein umgibt sie wie eine gelb leuchtende Aura. Ich freue mich bereits auf leckere, griechische Küche und auf den griechischer Wein… ist wie das Blut der Erde, komm, schenk mir ein… und wenn ich traurig werde… 

Eine Frage des Wirtes wirft mich aus meinen Tagträumen. Der große, stämmige Mann will wissen, ob ich Eis in meinen Wein möchte. Empört verneine ich – natürlich möchte ich keinen Eis in meinem Rotwein haben. Nur die Frage, ob ich denn sicher sei, macht mich leicht stutzig. Der Wirt zieht von dannen. Als der Wein dann kommt, wünschte ich, ich hätte das Eis genommen. Mein Onkel schaut mich mitleidig an. „Man sollte Wein nur pur trinken, wenn er von ausgezeichneter Qualität ist.“ Entschuldige, dass ich das vorausgesetzt habe. Grummelig kaue ich an meinem dezent angebranntem Oktopus.

Nach dem Essen wackeln wir zum Strand. Es wird gen Abend kühl und windig. Eine Insel verlassener Sonnenschirme aus Stroh steht am Wasser herum. Verwaiste Liegen zeugen davon, dass die Saison seit einer Weile vorbei ist. Die Strömung ist stark und der Wind allgegenwärtig. Ich kann es kaum erwarten, die Füße ins Wasser zu hängen.

Unser Hund?

Ein örtlicher Supermarkt versorgt uns mit Snacks. Eingedeckt wie für ein Picknick finden wir uns wieder am Strand ein. Die Sonne ist fast untergegangen, und wir sind fast alleine. Fast. Während wir uns einen der herumstehenden Plastiktische und Liegen heranziehen, beobachten uns zwei wachsame Augen. Diese gehören einem obdachlosen Hund. Das große, schwarze Exemplar lässt uns keine Sekunde lang aus den Augen. Sicher riecht er die mitgebrachten Leckereien, und… „Ich würde nicht empfehlen, vor ihm zu essen.“ Sagt Tomek. Also sitzen wir da und schlürfen lustlos an unserem Wein. Onkel und die Kids holen doch noch ihr Gebäck aus der Tasche. Während der große Rüde aufmerksam jede Bewegung verfolgt, rücke ich ein kleines Stückchen zur Seite. Falls es hier gleich ein Blutbad gibt, will ich keine Blutspritzer abbekommen.

Es gibt keinen Blutbad. Und ich schaffe es sogar, unsere ungebetene Gesellschaft zu vergessen und den Abend zu genießen. Wie immer zum Ende einer Reise, so ist auch jetzt eine unterschwellige Traurigkeit spürbar. Melancholie, die uns immer überkommt, wenn wir wissen, dass es zu Ende geht. Natürlich möchte man Heim. Aber noch nicht jetzt. Leider bin ich die Hauptursache für die Verkürzung unserer Reise. Mich erwartet ein digitaler Tagungstag und diesen möchte ich nicht von unterwegs absolvieren. Insofern geht es morgen schon schnurstracks nach Hause; nur noch ein kurzer Abstechern in Ungarn ist geplant. Ungarn ist bekannt für seine Thermalquellen, und eine davon werden wir besuchen.

Der schwarze Hund ist aus irgendwelchen Gründen der Meinung, er sei jetzt unser Hund. Als die Kids und ich nochmal zum Supermarkt laufen, entscheidet er, uns zu folgen. Nur via glücklicher Fügung können wir ihn abschütteln – irgendwann sind andere Passanten interessanter als wir.

Den Abend verbringen wir dieses Mal höchst individuell. Während die ältere Generation recht schnell die Schlafgelegenheit sucht, bleiben wir noch wach. Ich draußen auf dem kleinen Balkon, meine Zigarre rauchend, die Jugend degustierend. So fließt Stunde um Stunde dahin, bis es irgendwann späte Nacht wird und wir, Gosia und ich, selig schlummernd den Traum der Reise weiter träumen. Nicht lange allerdings, wie sich herausstellen wird. Zu einer ungewohnt frühen Stunde klingelt mein Handy. Es ist Tomek. Oh verdammt.

Ich wecke Gosia, verweise auf die Zeitumstellung, die wir nicht im Blick hatten. Gegen sieben wollten wir losfahren. Es ist acht. Hinter den Bäumen zeigt sich bereits die erste, zarte Morgenröte. Gosia ist verpennt, jedoch sofort da. Wir schaffen das Kunststück, in zehn Minuten fertig und abfahrbereit unten am Auto zu sein. Trotzdem stehen die Männer mit vorwurfsvollen Gesichtern da wie Zinnsoldaten. Man musste auf das Weibsvolk warten, wie immer. „Wir haben sogar schon Frühstück für euch geholt.“ Sagt Tomek und drückt uns zwei fettige Börek in die Hand. Ja, ist ja gut.

Etwas matt kaue ich an meinem Börek herum. Den Rest davon kriegen die Katzen, deren Legionen, dünn und klein, um die Tankstellen streunen. Doch ihre Anwesenheit hat etwas Gutes. Als ich mich bücke, um nachzusehen, ob sich keine der Fellknäuel unter dem Auto versteckt hat, entdecke ich ein lose hängendes Stück Abdeckung. Das verzögert unsere Weiterfahrt etwas, aber nicht zu sehr. Als das Problem behoben ist, fahren wir weiter, strickt auf die bulgarische Grenze zu. Während Gosia und ich versuchen, wach zu werden und den schlechten Eindruck, den wir an diesem Morgen bei den männlichen Reisenden hinterlassen haben, vergessen zu machen, erreichen wir Bulgarien.

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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6 Kommentare

  1. Rotwein mit Eis? Geht für mich auch gar nicht. Aber in diesem speziellen Fall wäre es wohl eine humanitäre Maßnahme gewesen, die den Essig etwas verdünnt hätte. Na, wenigstens ging wohl der angebrannte Oktopus 🤣. Ja, schade, dass sich diese Tour nun bald ihrem Ende nähert. Ihr seid wirklich richtig weit gekommen und musstet dafür auch richtig viel fahren. Aber das ist ja der Vorteil eines Road Trips. Man ist unabhängig und kann spontan das Ziel ändern, wenn das Wetter kein Einsehen hat.

    1. Rotwein mit Eis. Vermutlich wäre es das Gleiche wie Rotwein mit Cola. Macht eigentlich keiner, außer wenn es sein muss 😉
      Ganz so schnell wird die Tour dann doch nicht zu Ende gehen, wir haben noch eine schöne Strecke in Rumänien vor uns. Lass dich überraschen 😉

  2. Hmmmm, gegrillter Oktopus. Grausam aber lecker!

    1. Der Wein war grausam 🙁 Der Oktopus ging. Lecker, nee… ich mag ja Meeresfrüchte, aber man kann jedes Gericht in der „na ja“ Ausgabe zubereiten 😉

  3. Anstelle von Ambrosia dann doch sauren griechischen Wein? Da seid ihr aber ganz schön weit gekommen mit eurer Balkantour.

    1. Unerwartet weit, würde ich sagen. Aber es war auch eine Tour mit langen Fahrtstrecken. Der „grieeechische Weein“ hat mehr nach Essig geschmeckt. Ich hätte Cola dazu bestellen sollen 😉

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

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