Es geschah… November 2021
„Istanbul… Konstantinopel…“ Trällert es seit Tagen in meinem Kopf. Langer Rede kurzer Sinn: was mache ich bloß mit dieser einen, übrig gebliebenen Urlaubswoche, die durch unüberlegte Planung auf einen möglichst ungünstigen Zentpunkt Ende November gelegt worden war? Nun, für manche Ziele ist dies die perfekte Reisezeit. Für Nepal zum Beispiel. Doch Fernreisen brauchen mehr verfügbarer Zeit als das, was da an Tagen übrig blieb, und für Europa ist das Wetter einfach zu schlecht.
Außer…
„Ich fliege nach Istanbul.“ Verkünde ich Ende Oktober stolz Fee, meiner türkischstämmigen Freundin. „Ich fliege mit“, sagt diese. „Ich brauche sowieso Urlaub.“ Der Plan scheint perfekt.
Wir verabreden uns und buchen Flugtickets. Erstellen einen groben Schlachtplan. Ich mag ihre organisierte Spontanität. Sie kümmert sich um alle Details, ohne alles komplett durchzuplanen. Im Gegenteil, wir lassen uns treiben, mit Bus, Zug und Bahn durch Istanbul. Wir buchen die Übernachtung von Tag zu Tag neu. Und was nach Chaos aussieht, ist in Wahrheit gut durchdacht. Wollen wir es hoffen…
Wir schlafen ein paar Tage bei Fees Familie. So der Grundgedanke. „Ich habe eine Tante dort, die ist zu dieser Jahreszeit immer da.“ „Ja, aber rechnet sie mit uns?“ „Ach was, ich bin immer willkommen. Es ist nicht wie bei den Deutschen, ich muss mich nicht ankündigen.“ Aha. Also weißt die Tante noch nichts von ihrem Glück…
Gut, sagen wir es, wie es ist. Wir haben keinen Plan. Zumindest keinen festen. Eigentlich will ich nur das pulsierende Leben in Istanbul erleben. Und ich will, dass Fee es mir zeigt. Ich gehe mit ihr überall hin.
Also, wie erwähnt, treffen wir uns bei ihr und buchen die Flüge. Währenddessen stimmen uns YouTube-Berichte auf die Reise ein.
Einen Tag später droht der türkische Präsident damit, westliche Botschafter auszuweisen. Die diplomatische Lage verschärft sich. Oh je.
Ein paar Tage später. Das Geschehen auf der politischen Bühne hat sich entspannt, die Botschafter durften bleiben. Mir fällt ein Stein vom Herzen, meine Bedenken (festgenommen, abgewiesen… zu werden) zerstreuen sich. Ich freue mich auf Istanbul.
Eine Woche später
Die Reise rückt immer näher. Und meine Freundin strahlt einen ungebrochenen Optimismus aus, was man von mir nicht behaupten kann. Also… ich hab ja Vertrauen – soweit, wie weit es für mich möglich ist. Auch wenn sie sagt: „Die Tante ist nicht da. Aber keine Sorge, die erste Nacht ist gebucht.“ Also nehme ich den Schlafsack mit, antworte ich ihr und sehe uns beide bereits unter der Mole nächtigen und die Istanbuler Sterne am Himmel zählen. Ja, ich habe Vertrauen. Großes Vertrauen.
Mein Gott, was mache ich bloß hier…?
Nochmals eine Woche später…
Nach einigen Gesprächen mit Fee wirkt alles mit einem Mal viel entspannter. Ein Hotel für die erste Nacht ist gebucht und befindet sich circa 15 Kilometer vom Flughafen entfernt. Fee hat einen Plan für die Urlaubswoche. Unser Transport zum Flughafen steht; der Bruder bringt uns nach Frankfurt am Main. Plötzlich wirkt nichts mehr chaotisch. Es wird schön werden.
So vieles zu erledigen vor der Abreise, wie auch sonst vor jeder Reise davor. Und dann passiert so vieles. Engpässe bei der AdBlue-Lieferkette (wo krieg ich ihn bloß her, den nächsten Kanister?), Fees Auto in der Werkstatt („Wie kommen wir nach Pfungstadt zu meinem Bruder, damit der uns nach Frankfurt fährt?“). Mein neuer Kleiderschrank will abgeholt, das Treppenhaus geputzt, der Internet-Vertrag abgeschlossen werden.
Ich bekomme meine zwei Kanister AdBlue. Fees Auto wird rechtzeitig fertig. Der Schrank ist in der Wohnung. Geputzt ist auch. Wir nähern uns dem Happy End.
Nun kommt beim Kofferpacken ein wenig Wehmut auf. Tickets, Geldscheine und Eintrittskarten aus Georgien tauchen in meinen Händen auf. Ach Georgien…
Es gibt neue Schlagzeilen, kurz vor dem Abflug. „Israelische Touristen in Istanbul wegen Spionageverdacht verhaftet.“ Ähm… Fee?
„Lies dir sowas nicht durch. Wird alles gut.“ Schreibt meine Fee. Notiz an mich: keine Bilder oder Postings von (offensichtlichen oder nicht) Regierungsgebäuden machen. Dann lieber die vielen Istanbuler Katzen knipsen…
So, jetzt sitze ich endlich in den Startblöcken und hole alles auf, was ich über viele Wochen hier versäumt habe. Und dann gleich Istanbul! Das passt mir aus egoistischen Gründen gerade so was von extrem gut in den Kram. Denn schon im September werde ich mit Stefan neun Tage dort sein und mich dann gerne unter anderem an deinen Erlebnissen orientieren.
Der Vorspann war ja schon mal nicht ohne innere Aufregung für dich. Kann ich gut verstehen! Aber ich gehe mal davon aus, dass man mit zumindest der ersten sicher gebuchten Nacht gut an den Start kommt. Der Rest wird sich dann wohl fügen. Ich bin gespannt!
Istanbul ist eine interessante, lebendige Stadt. So viel Geschichte steckt in seinen Mauern, ohne dass es zum „Freiluftmuseum“ verkommt. Istanbul ist liberal, offen (gut, der eine Stadtteil mehr, der andere weniger…), echt. Seit nur beide vorsichtig, wo ihr euch herumtreibt, in einem der Viertel hat der Präsident sein Privathaus, ich würde die Gegend weiträumig meiden 😉
Wohnt denn Herr E. In so einer gefährlichen Gegend 😇?
Oj – da sollte man wirklich die Nachrichten ausblenden und süsse Katzen streicheln.
Aber es ist ja alles gut gegangen.
Alles war gut, sonst wäre ich nicht hier 😉 Doch ich muss gestehen, dass wir in vielen Augenblicken ein Riesenglück hatten, vor allem am Ende der Reise…
Ja – zum Glück…
😁
Hi Kasia..
GENAUSO MUSS DAS!! Nix planen, sondern einfach spontan los. Mit nix weiter, als mit den Klamotten, die man am Leib hat, ’n bissken Knete (und ’ne Reisezahnbürste). Das bringt doch so richtig Spaß! Bringt ein bisschen Thrill und da hat man doch bei solchen „Abenteuern“ hinterher mehr zu erzählen, als 2 Wochen Kreuzfajrtschiff, wo die einzige Abwechslung das gucken auf die Speisekarte ist, was es den nächsten Tag für deliziöse Speisen gibt (ich denk ja nur an deine Elfenhafte Figur.. ;-)..)
Bleib gesund und hab Spaß am reisen!
CU
P.
Meine elfenhafte Figur? Ah herrje, die Kamera macht wohl schlank 😉 Abwechslung hatten wir auf dem Trip noch und nöcher, solche Geschichten sind hinterher immer am coolsten zu erzählen. Meine Freundin und ich haben schon eine grobe Idee, was die nächste Reise betrifft…
Wie ich lese, ist dein Türkeitrip schon vorbei und zum Glück bist du nicht im Gefängnis gelandet. Ich bin auf deinen Bericht gespannt.
Liebe Grüße
Harald
Na ja, da gab es so einen Moment… 😉 aber ich will ja nicht spoilern. Wir sind eigentlich unwissend und neugierig auf alles durch Istanbul gestolpert.
Liebe Grüße
Kasia
Ich bereue keine Sekunde mit dir, die wir gemeinsam in der Türkei hatten mein Schatz. Gerne wieder.
Vielen Dank, meine heimliche Mitleserin 😉 die Zeit war unvergesslich. Irgendwie sind Reisen mit Freunden immer schöner als alleine…
Da vermisse ich fast, mit Freunden zu verreisen.
Manchmal scheint es doch lustiger zu sein, gemeinsam zu planen. Oder gemeinsam nicht zu planen.
…oder gemeinsam „geplant zu werden“… oder so ähnlich… ja, der ganze Trip lief nach dem Motto: „Sie stolperten von A nach B und erlebten lustige Sachen…“