Die Schönheit der Insel ist überwältigend.
Es sind die wilden, rauen Küsten, an denen die Wellen brechen; es sind Felsen, unwirklich wie eine Welt auf dem Mond. Es sind die rosafarbenen Seen, durch Salz gefärbt – und die Flamingos, die dort nach Essbarem suchen…
Auf der Terrasse unserer Ferienwohnung: Ich stelle mich verführerisch in die Eingangstür, lehne mich lasziv an den Türrahmen und flöte: „Schatz… Schaaatz…!“ Stefan hebt den Blick vom seinem E-Book, sieht mich an und grinst breit.
In der Hand halte ich die Flasche Creme-Likör.
„Na schenk schon ein.“ Sagt er. „Ist er dann alle?“
„Ja, das Elend ist alle.“ Antworte ich. „Bis wir uns wieder neuen kaufen…“
Zwei Minuten später…
„Hm, schön gekühlt, herrlich. So sollte Karibik schmecken.“
Etwas krabbelt verstohlen die Hauswand entlang und verschwindet schnell hinter der Ecke; dürre Beinchen, ein Schneckenhaus… es ist eine kleine Krabbe, die jetzt noch unterwegs ist und unsere Terrasse als Übergangsstraße benutzt.
Zwischen den Kieselsteinchen auf der anderen Seite der Terrasse bewegt sich eine kleine Eidechse entlang und glaubt, man sehe sie nicht. Und die Krabbe mit dem Häuschen ist auch wieder da und läuft jetzt zielstrebig auf unser Zimmer zu. Doch die Wohnung ist um ein paar Zentimeter höher gelegen, und jetzt wird mir auch klar, warum. So denkt sich die Krabbe wohl: Ups, Wand… schade. und sie verschwindet wieder im Gebüsch.
„Das muss ja eine holländische Krabbe sein.“ Sagt Stefan, einen Blick drauf werfend. „Die hat ja einen ganzen Wohnwagen dabei…“
Montag in der Karibik.
Das späte Schlafengehen gestern hatte sich heute morgen bemerkbar gemacht – ich wurde erst wach, als mir die Sonne direkt ins Gesicht schien. Es war viertel nach sieben. Ich jedoch sagte der Sonne au revoir, drehte mich auf die andere Seite und schlief weiter.
Nach dem Strandtag gestern sahen wir uns am Abend noch den Sonnenuntergang an – mit zwei Bier in der Hand. Die perfekte Stelle dafür war aber nicht Lac Bay, sondern eine Klippe, die sich unweit unserer Ferienwohnung befand.
Wir kamen gerade rechtzeitig; Es hatten sich bereits Zuschauer versammelt; Einheimische und auch einige Touristen. Ich saß direkt oben am Rande der Klippe; unten plantschten auch noch einige Leute im Wasser herum. Der schmale Sandstreifen, der immer wieder von Wellen überspült wurde, konnte durch eine steile, gewundene Treppe erreicht werden.
Die orangene Sonne sank fast senkrecht in das türkisblaue Wasser. Wer romatische, lange Sonnenuntergänge gewohnt ist, der wird an dieser Stelle enttäuscht sein – hier in Äquatornähe sinkt die Sonne fast senkrecht und fällt dann wie ein Ball mit einem Plums ins Wasser. Und dann wird es ziemlich schnell dunkel. Die Zeit hat mir gerade mal für zwei oder drei Bilder gereicht, dann war das Spektakel auch schon vorbei.
Danach saß ich auf der Klippe und sah zu, wie es dämmerte; Stefan hockte in einiger Entfernung da mit einem Bier in der Hand. Nach und nach kamen die Leute aus dem Wasser und auch der Parkplatz leerte sich. Eine große Krabbe schlich sich verstohlen den Klippenrand entlang an mir vorbei. Immer wieder zuckte sie zusammen und blieb stehen, sobald sie eine Bewegung aus meiner Richtung vernahm: ich könnte ja eine Möwe sein!
Und obgleich ich den ganzen Tag lang keinen Wunsch nach einer Zigarre verspürte; jetzt war so ein Moment.