Europa, Island

Phallus Museum in Reykjavik

Da ist es nun, ich stehe an der Eingangstür. Das Museum ist nicht zu verfehlen, eine markante Steinskulptur zeigt gleich am Eingang an, was „Sache“ ist. Gespannt gehe ich hinein und finde mich in einer Art… Gruselkabinett wieder. Aber von vorne.

Sie ist vorbei, meine gediegene Bustour mit mehr oder minder chinesisch zusammengesetzter Reisetruppe. Der Bus spuckte uns zuletzt wieder in Reykjavik aus und nun müssen wir selbst zusehen, wie wir unsere freie Zeit gestalten. Das Hotel, welches ich im Rahmen der geführten Reise bezogen hatte, habe ich wieder geräumt. Als die Organisatoren, zu denen persönlicher Emailkontakt bestand, meinen Aufenthalt verlängern wollten, dankte ich winkend ab und beschloss, mich selbst darum zu kümmern; zweihundert Goldtalar die Nacht, da war ich zu geizig für. Also begann ich nach etwas Niedrigpreisigem zu schauen. Nun ist Island nicht eben das Land für „Niedrigpreisig“. Was bei meiner Suche rauskam, war ein Hostel – einmal mehr. Im gemeinsamen Schlafsaal schlief es sich so la la, ein privater Rückzugsort fehlte natürlich und auch eine Möglichkeit, das Gepäck abzuschließen, gab es nicht. In Hostels mache ich es mir zueigen, früh aufzustehen, um zumindest eine leise Chance für ein freies Bad zu haben. Und während ich so dusche und versuche, nicht in die fremden Haare im Abfluss zu treten, denke ich mir, dass ich zu alt bin für diesen Scheiß. Ich schätze, das ist eines der vielen Momente, in denen ich Low Budget und möglichst günstigen Unterkünften eine Absage erteile.

Was macht man so bei bescheidenem Wetter und viel freier Zeit im Gepäck? Man erkundet Reykjavik. Natürlich, nach so vielen Ausflügen und grandiosen Landschaften fühlt sich das beschauliche Städchen nach Stillstand an. Doch Reykjavik hat viele schöne Ecken, für die ich mir unbedingt die Zeit nehmen möchte. Zeit habe ich jetzt nun mehr als genug. So stampfe ich durch die Stadt, fotografiere hier mal dies und dort mal das, bleibe mal in einem sündhaft teuren Restaurant hängen, ernähre mich jedoch hauptsächlich von Hotdogs, dem einzig bezahlbaren Grundnahrungsmittel. Ein Bier im Restaurant kostet acht Euro, die Preise sind gesalzen. Dabei sind verschiedene Küchen vertreten: pakistanisch, italienisch, Fish&Chips… Ich liebe die Dekorationen, die weihnachtlichen Lichter der Stadt. Ich laufe vorbei an der angeblich besten Eisdiele der Stadt, doch ich traue der Sache nicht. Wahrscheinlich ist das Ganze genauso überhyped wie die angeblich beste Hotdog Bude der Stadt. Ich entdecke Pasteten, warm, weich, direkt aus dem Ofen, der Geschmack tanzt auf meiner Zunge, während der Regen vor sich hin nieselt. Die Lichter spiegeln sich  im nassen Boden, die Reifen klatschen beim Fahren auf der nassen Straße. Der Schnee, der heute morgen die Stadt mit einer dünnen Schicht bedeckte, ist vollständig geschmolzen.

Eine Liste der interessanten Dinge, die ich hier noch besuchen will, habe ich bereits in meinem Hinterkopf und dazu gehört dieses hier: das Phallus Museum. Ich bin ja für Museen eigentlich nicht zu haben, wohl aber für Sammlungen, die so außergewöhnlich sind, dass sie meine Neugierde wecken. Na, gespannt? Dann kommt mit.

Raumdeko

Bereits die steinerne Skulptur am Eingang weist darauf hin, was den Besucher erwartet. Das Phallus Museum ist einzigartig in der Welt und dementsprechend viele Besucher sind da. Ich würde es hauptsächlich im Bereich „Skurrilitäten“ einordnen, auch wenn die Ausstellung naturwissenschaftlich gehalten ist. Meine Eindrücke, so werde ich es später in meinen Voice-Aufzeichnungen festhalten, schwanken irgendwo zwischen Belustigung und leichtem Ekel.

 

Das Phallus Museum

Angefangen hat alles im Jahre 1974 mit einem harmlosen Spaß. Und zwar wurde dieser Spaß dem späteren Gründer und Kurator des Museums, Kurator, Sigurður Hjartarson, zuteil. Während seiner Zeit als Schulleiter einer Kleinstadtschule in Akranes an der Südwestküste der Insel wurde ihm von Lehrern seiner Schule ein Bullenpennis geschenkt. Der Witz sprach sich herum und schon bald erhielt er von seinen gut gelaunten Angestellten, aber auch von Anwohnern des Dorfes, Penisse einiger Säugetiere. Da manch ein Bewohner auf Walfangstationen arbeitete, waren zuweilen interessante Exemplare dabei und Hjartarson begann bald damit, die Phallen der auf Island vorkommenden Säugetiere zu sammeln. 1980 besitzt er etwa die Hälfte aller isländischen Säugetiere. Vier Exemplare stammen von Walen, neun von Landsäugetieren. Sein Interesse wächst, die Sammlung vergrößert sich schnell. 1997 eröffnet er ein kleines Museum im Zentrum von Reykjavik. Es enthält 62 Exponate. Doch der Besucherandrang hält sich in Grenzen, da sich die Einheimischen eine andere Vorstellung von den Inhalten machen als das, was sie tatsächlich ist, nämlich wissenschaftlich gehalten. Hjartarson will die gesamte isländische Fauna in seiner Sammlung haben, auch den Menschen. Letzteres wird, wie man sich vielleicht denken kann, nicht so einfach zu bewerkstelligen sein.

2004 zieht das Museum in größere Räume nach Húsavík um. Endlich erhält es die Aufmerksamkeit der ausländischen Medien und Touristen. Im Jahr 2011 ist die Sammlung der isländischen Säugetiere komplett und auch ein menschlicher Phallus wird nun Bestandteil der Sammlung. Sigurður Hjartarson verkündet seinen Ruhestand. Sein Sohn soll von nun an das Museum leiten, dessen Besucherzahlen inzwischen um die 12000 pro Jahr betragen. Dieser verlegt die Räumlichkeiten zurück nach Reykjavik und verdoppelt und modernisiert die Ausstellungsfläche. Die Besucherzahlen schießen in die Höhe. Die Sammlung vergrößert sich stetig durch Spenden aus aller Welt.

Pottwal

Betritt man die Ausstellungsräume, so begrüßt den Besucher, gleich an der Tür sozusagen, eine deckenhohe gläserne Säule. Der Durchmesser der Säule ist groß genug, so dass sich ein erwachsener Mensch dahinter verstecken kann. In diesem Glasbehältnis schwimmt der vielleicht an die zweieinhalb Meter lange Phallus eines Pottwals. Wusstet ihr, dass der Pennis eines Pottwals bis zu drei Meter lang sein kann und rund ein Zehntel seiner Körperlänge beträgt? Und dass ein Pottwal bei einer Ejakulation rund hundert Liter Sperma ausstößt?

Das Museum wird von indirekten Lichtquellen beleuchtet und schaut sich der aufmerksame Besucher einmal um, so stellt er schnell fest, dass dieses gedämmte Licht von an der Decke angebrachten Lampen stammt. Die Lampenschirme sind aus präparierten Vorhäuten gefertigt. Überhaupt macht die Kollektion auch vor Sammlerstücken wie Holzschnitzereien und Kuriositäten nicht halt. Zu den Kuriositäten zählen etwa die nicht ganz ernstgemeinten Phallen von Fabelwesen, wie etwa der eines Nordic Trolls (Homo Gigantus Scandinavicus). Auch das Sammelstück eines Menschen ist dabei und hätte der Gute zu seinen Lebzeiten um den visuellen Effekt des Endergebnisses gewusst, so bin ich unsicher, ob er sich auf die Sache mit der Spende eingelassen hätte.

Isländische Fauna

Interessanter Weise greift die Ausstellung, abseits des eigentlichen Themas, die isländische Mythologie auf. So wird zum Beispiel über den Ursprung der Elfenrasse, über Trolle oder die „Christmas Lads“, die gruseligen nordischen Weihnachtsmänner, berichtet. Die Legenden der rauen Insel sind nicht für sensible Gemüter gedacht und man tat alles, um Kinder auf spielerische Weise von den Gefahren dort draußen in der Wildnis zu warnen.

Lustiges, Skurriles, Wissenschaftliches, Fantastisches, Folklore. Das Museum ist eine breite Sammlung aus aller Welt und hat nur das eine Thema: der Name ist Programm. So finden sich auch etliche Gebrauchsgegenstände unter den Exponaten. Eine Weile umkreise ich unentschlossen den Pottwalpennis, bis ich mutig genug bin, jemanden um ein Erinnerungsfoto zu bitten. Im Nachhinein betrachtet war der Phallus wohl doch keine zweieinhalb Meter lang.

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

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14 Kommentare

  1. Hi Kasia,
    leider haben alle diesen blöden NONCE Fehler bekommen. Auch Peter und Buddy. Irgendein Plugin wurde wohl aktualisiert. Tut mir echt leid, weiss selber wie doof das ist, wenn man einen langen Text geschrieben hat und der dann einfach ins Irgendwo verdampft. Leider ist grade keine andere Lösung in Sicht als den Browser-Cache zu leeren – das hilft meistens. Danach ging es bei Peter. Nutzt Du zufällig Apple Produkte? Der Safari Browser scheint da anfällig zu sein.
    Und leider ist dein Kommentar nicht angekommen – nicht mal im Papierkorb. 🙁
    Schreib den doch im Editor vor – ich mach das bei langen Texten häufig (auch weil deine Kommentarspalte umso schmaler wird, je mehr man antwortet und der Text dann unübersichtlich wird) – und kopier den dann ins Kommentarfeld. Wenn dann der Fehler kommen sollte ist der Text wenigstens noch da.
    Zur Not (hat Peter gemacht) schick mir den per mail und ich baller den per Hand in die Kommentare.
    Liebe Grüße
    und ich ahne schon, was bei Dir los ist – ich höre Hochzeitsglocken im Hintergrund…BIM BIM.. 🙂
    Liebe Grüße zurück!
    P.

    1. Okay, das erklärt einiges – ich werde den nochmal schreiben, kopieren und reinsetzen, schauen wir mal, ob es funktioniert. Gut zu wissen, dass es nicht nur mich betrifft 😉

      Was denn für Hochzeitsglocken? Ich glaube, da bist du komplett auf dem falschen Dampfer…

      Liebe Grüße

  2. Ha, da hast du dich ja tatsächlich mal in ein Museum verlaufen, und das sogar mit Absicht! Tja, es muss wohl nur skurril genug sein 😁. Und ehrlich gesagt: ich wäre sicher auch da herein marschiert, auch wenn keine klassische Kunst zu sehen ist.

    1. Na ja, also was die Kunst betrifft, na ich weiß nicht 🙂 Das Museum an sich war an Skurrilität kaum zu überbieten. Und ja, das stimmt, sowas lockt mich dann doch. Spannend genug muss es sein.

  3. Hallo Kasia,
    ein ganz toller Bericht!
    Es kommt ja nicht immer auf die Größe an! 😉 555
    Liebe Grüße vom Reiner vom foto-reiseblog!

    1. Hallo Reiner, vielen Dank fürs Reinlesen 🙂 Ja, da war alles vertreten, schon ein außergewöhnlicher Ort. Liebe Grüße zurück 😉

  4. Das ist ja skurril! Beim Anblick des Pottwal-Phallus bekommt man(n) ja Minderwertigkeitskomplexe. Und 100 Liter sind natürlich ein Wort…

    1. Ja, die 100 Liter macht dem Wall so schnell keiner nach *lach*. Schon erstaunlich.

  5. Na das ist doch mal ein Reiseerlebnis für das ich direkt mal wieder vorbeikomme: „SEX, DRUGS AND ROCK’N ROLL“ – welcher echte Kerl fühlt sich da nicht magisch angezogen?.. 🙂
    Pimmellänge – das ist dann so ein komisches Thema. Dafür, dass das Ding die meiste Zeit unnütz in der Unnerbüx rumbaumelt, scheinen die dreidimensionalen Abmessungen dieses Schwellkörpers wichtig zu sein – wobei diese Zahlen je nach Alter der weiblichen Spezie pro Lebensjahrzeht zunehmend unwichtiger bis hin zur Bedeutungslosigkeit werden..
    Gibt allerdings auf TikTok (wo auch sonst!) weibliche Content-Creatorinnen, die schon mal ganz gerne an einem Maßband zeigen, wie groß er den sein sollte. Ich finde das Konzept ganz sinnvoll, damit es beim Date später keine unangenehmen Überraschungen gibt, weil das Anhängsel des Date-Bezahlers nicht der Erwartungen erfüllt. Wenn Du als Typ da lügst – Absolutes RED FLAG! 🙂
    Dieser Penis-Fetisch ist aber glaube ich in Japan wesentlich extremer. Gibt da ein Fest, da wird ein riesiger Penis durch die Straßen getragen. Ist glaube ich irgendein Fruchtbarkeits-Fest.
    Ob ich in das Museum gegangen wäre? Ich weiß nicht. Das ist schon etwas makaber und hat so was von „Körperwelten“ an sich. Nur dass die Sachen in Alkohol schwimmen und nicht an der Luft stehen als Exponat zum „anfassen“.
    Und dass einige Tiere Genitalien in einer Größe haben, die sie in Relation zu ihrer Körpergröße zu echten Siegertypen macht, würde vielleicht meinem Ego schaden.. 😉
    Doch genug gequasselt über Pimmel, Schnidelwutze, einäugige Hosenschlangen, oder ähnliche Begriffe für das männliche Fortpflanzungs-Dingsbums:
    Wie war dein Ostern? Hattet ihr eine schöne Zeit?
    Liebe Grüße aus’m Pott, Hömma!
    CU
    P.

    1. Guten Morgen! Ach dein Kommentar, schon wieder herrlich zu lesen. Ja, die ganze Thematik kann sich schon mal nachteilig auf die männliche Psyche auswirken. Ich wusste nicht, dass Abmessungen bei ersten Dates notwendig sind, aber es gibt ja heute alles 😉 Tik Tok zeigt sowieso eine karikaturierte Version dieser Welt.

      Ostern war recht schön. wir haben die Zeit in Tschechien bei Bier und Rock Musik verbracht. Auch ganz nett, da wird man auch ohne Messe ganz seelig. Und bei dir so?

      Lg

      1. Ach, tatsächlich mal Stress. Viele Kollegen krank – Opa muss wieder alles richten, mein Monatsrückblick hängt immer noch in den Entwürfen, hatte aber auch eine Woche Urlaub und hab‘ mal Hattingen besucht. Wunderschöne Altstadt. Ich werde die Fotos im Monatsrückblick veröffentlichen. Die Fotos meines S24 Ultra können zwar gegen deine iPhone Bilder nicht konkurrieren, aber wir sind ja nicht bei einem Wettbewerb und Reiseblogger werd ich eh nie..
        Bleib gesund!
        Bis die Tage.
        CU
        P.

        1. Ich bin schon sehr gespannt auf deinen Ausflug und auf die Fotos. So eine Tour kann bei Stress sehr entspannend sein. Was würden die auf Arbeit nur ohne dich machen. Die fürchten sicher schon den Augenblick, wenn Opa endgültig in Rente geht… 🙂

          1. sagt:

            Hi Kasia,
            jetzt ist es sogar ein kleines Video zu Hattingen geworden. Ich hoffe es gefällt dir?
            Und was das fürchten vor meinem Abgang angeht – die brauchen halt einen, der hier das Licht ausmacht, wenn die komplette IT aufgelöst wird. Es gibt ja bestehende Verträge und die Services müssen ja irgendwie erbracht werden. Und hier ist Aufbruchstimmung – kannst Du dir ja vorstellen: viele Kollegen bewerben sich über den KAM (Konzern-Arbeitsmarkt) intern auf andere Stellen in anderen Bereichen, andere wechseln zu Firmen mit eigener IT. Ich denke, ich werde Stück für Stück immer mehr zu tun bekommen um die Löcher zu stopfen.
            Muss auch sagen, dass ich micht auf den 1.1.2026 freue. Wird echt mal spannend sein, völlig ohne Zwang durch den Tag zu gammeln und nicht auf den Kalender zu schauen um deprimiert zu erkennen, dass der Urlaub bald vorbei ist.
            Dann ist 365 Tage im Jahr Urlaub. In Schaltjahren sogar 366 Tage!.. 😉
            Liebe Grüße
            P

          2. sagt:

            Das klingt für mich sogar eher danach, dass du noch da sein wirst, wenn alle anderen das Schiff verlassen haben 😉 Peter ist noch da und hält die Stellung. Wenn du unersetzlich bist, dann ist nix mehr mit 366 Tagen Urlaub im Jahr.

            Das Video zu Hattingen ist super, ich habe auf deinen Artikel kommentiert, allerdings erhielt ich eine Fehlermeldung. Sag mir bitte, ob der Kommentar angekommen ist? Und sorry, dass ich diesmal länger gebraucht habe, ist so viel los bei mir im Moment, dass ich nicht mal zum Schreiben komme.
            Lg, bleib gesund

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

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