„I always feel like somebody’s watchin‘ me
And I have no privacy“Es ist wahr. Die Blicke lauern hinter der Glasscheibe der Terrassentür. Egal, wohin unsere Beine uns tragen, jeder Schritt wird mit Argusaugen verfolgt.
Unsere graue Hauskatze kann es nicht ab, dass sie draußen bleiben muss. Im stillen Protest sitzt sie also auf der Fußmatte und wartet darauf, dass sich die Türe öffnet. „Nur ein kleiner Spalt reicht,“ denkt sie – „dann schlüpfe ich unbemerkt in die Wohnung. Die werden gar nicht merken, dass ich da bin. Und bis dahin starre ich so lange, bis einer da drinnen ein Erbarmen hat. Oder tot umfällt.“
Na ganz sicher bin ich mir nicht, was im Kopf des Stubentigers vor sich geht, während ich ihm die Worte in den pelzigen Mund lege. Fakt ist, dass die Wohnung für uns katzenfreie Zone ist. Was der Stubentiger natürlich anders sieht, logisch. Wie dem auch sei, wir ahnen es: noch Jahre später werden wir diese Katze arg vermissen.
Es ist unser letzter Tag auf Lanzarote und es ist einer der Tage, die schnell erzählt sind. Heute tun wir nichts weiter als uns ein wenig auf der Insel umzutreiben. Rückblickend weiß ich selbst nicht genau, womit wir die Zeit verbracht haben – oder ich wüsste es nicht, wenn mir die Bilder dieser Reise nicht eine wertvolle Gedächtnisstütze wären. Manch einer wundert sich. Kasia fotografiert jeden Stein. Doch auch noch Jahre später kann Kasia recht gut rekonstruieren, wo sie war und was alles dort passierte.
Wir besuchen den Urlaubsort Puerto Calero und landen unbeabsichtigt in einem Jachthafen. Während Stefan die Boote bewundert, bewundere ich die Dekadenz. Ja, die Schickeria und ich werden nie Freunde sein. Zumindest ergibt dieser Ort ein passables Motiv für meine Kamera.
Das Frühstück ist lange her, also treibt es uns nach El Golfo, in unser Lieblings-Fischlokal. Siehe da, diesmal setzt sich Stefan mit seiner Bestellung durch und schafft es, ein Gericht gar ohne Gräten zu bestellen. Das muss natürlich ausgiebig fotografisch festgehalten werden. Denk immer dran, liebe Kinder: jedes schöne Instagram-Food-Picture steht für je einen beim Warten verhungerten Mann…
Der härteste Triathlon der Welt
Der Ironman auf Lanzarote ist ein wichtiges Ereignis auf der Insel. Dieser Triathlon mit seiner überdurchschnittlich hohen Abbrecherquote wird als „der härteste der Welt“ bezeichnet. Das ist unter anderem den Wetterbedingungen (Sonne, starker Wind) und den landschaftlichen Gegebenheiten geschuldet. Wir haben in diesem Jahr das Glück, gerade zu rechten Zeit hier zu sein – zudem jährt sich der Ironman Lanzarote in diesem Jahr zum dreißigsten Mal – ein Jubiläum. Bereits um sieben Uhr in der Früh starten die Teilnehmer mit einer Schwimmrunde von 3,8 Kilometern. Der Abschnitt wird im Atlantischem Ozean absolviert, wo starke Strömungen und der Wellengang zu den größten Herausforderungen zählen. Klingt hart, denke ich mir, während ich mich an diesem Tage morgens um sieben noch einmal in den Federn umdrehe.
Bereits nach 45 Minuten sind die ersten Teilnehmer mit ihrem Frühstücksschwimmen fertig und tauschen Neoprenanzüge gegen Sportkleidung. Es geht aufs Rad. Denn jetzt folgt eine malerische Tour von 180 Kilometern Länge quer durch die Insel, die sogenannte „Killer-Sektion“. Ihr dachtet, das Schwimmen sei hart? Bei dieser Sonntag-Radtour erklimmen die Fahrer eine Höhe von 2551 Meter. Der Anstieg führt bis zu einem der höchsten Punkte der Insel, dem Mirador del Rio. Dann beginnt der Abstieg. Kommen die Teilnehmer wieder in Puerto del Carmen an, so saßen sie fünf bis acht Stunden im Sattel. Deshalb heißt es wohl „Ironman“ – du brauchst einen Arsch aus Eisen.
Ich bin beim Durchlesen der Beschreibung schon fertig.
Etwa um 13 Uhr, zu jener Zeit also, als Stefan und ich unser Mittagsmahl zu uns nehmen, steigen die ersten Athleten vom Rad. Als die letzten ihre Fahrradrunde beenden, beenden wir gerade unseren Fisch des Tages.
Eigentlich sind die ganzen bisherigen Anstrengungen der beste Grund, nach Hause zu gehen und sich für die kommenden Tage oder Wochen auf die Couch zu verziehen. Doch nicht beim Ironman, denn noch fehlt ein wenig Laufen.
Der Marathon, der folgt, verläuft in drei Runden zwischen Puerto del Carmen, Playa Honda und Arrecife. Es ist eine flach verlaufende Strecke, doch die Hitze macht den Läufern zu schaffen. Das letzte Endstück, welches an der Flughafenpromenade bei Arrecife verläuft, ist sozusagen bereits die Zielgerade. Entsprechen erschöpft sind die Sportler. Sie sind diejenigen, die noch übrig geblieben sind. Doch hier haben sich Menschen versammelt, die die Athleten anfeuern. Auch wir stellen unseren Wagen ab, schauen zu und, zusammen mit anderen Passanten, jubeln wir den vorbeikommenden Sportlern zu. Ich kann mir nicht vorstellen, was sie bereits hinter sich haben und was in ihnen vorgeht. Ist es jetzt nur noch eine Art Trance? Ich bin mir nicht sicher, ob ihnen das Anfeuern etwas bringt, doch viele reagieren darauf und lächeln.
Profis, aber auch Amateurläufer sind dabei, was ganz gut an der Kleidung erkennbar ist. Männer und Frauen aus allen Ländern nehmen teil. Die deutschen Teilnehmer halten sich ganz wacker. Ich halte Ausschau nach polnischen Läufern, leider verpasse ich die.
Der Beobachtungspunkt am Flughafen hat für Stefan einen zusätzlichen Vorteil: hier kann er nicht nur dem Ironman folgen, sondern auch landende Flugzeuge beobachten. Eine gute Kulisse für solch ein Sportereignis. Ich versuche, Stefan zum Jubeln zu ermutigen, doch das gestaltet sich zäh, denn der euphorische Typ war er nie. Also beschränkt sich sein Beitrag darauf, zu gucken und Zigarettchen zu rauchen.
Bei so viel Engagement von unserer Seite sollte dem Sieg unserer Favoriten (und das sind alle, die teilgenommen haben…) nichts im Wege stehen, oder? Tatsächlich gehen am Ende der Franzose Léo Bergère und die Britin Katrina Matthews als Sieger des Wettbewerbs hervor. Den dritten Platz erreicht ein Deutscher, Philipp Bahlke aus Stuttgart, mit einer Zeit von 8:51:13 und eine Italienerin, Elisabetta Curidori, mit 10:02:53.
Doch mal ehrlich, für mich sind alle Sieger, die dieses mörderische Ereignis bis zum Schluss durchgehalten haben. Die Hungerspiele von Panem sind nichts dagegen…
Triathlon hin oder her. Als wir am Abend zurück in unsere Finca kommen, führen uns unsere Katzen vor, wie man so ein Wochenende sinnvoll verbringt. Schlafend und dösend natürlich, auf der Liege, unter der Liege im Schatten – überall da, wo es weich und gemütlich ist Wir würden es den Katzen gerne gleichtun, doch unsere schöne, gediegene Zeit hier auf Lanzarote ist abgelaufen. Stirnrunzelnd verstauen wir unsere vielen Reisesouvenirs in unserem Koffer. Der war doch, als wir hier ankamen, zur Hälfte leer…? Nun geht es zum Flughafen nach Arrecife. Die Katzen müssen hier bleiben. Im Koffer ist für sie kein Platz…
UNd wieder ist ein schöner Urlaub zu Ende. Ich freu mich schon auf die nächsten Berichte aus Afrika. Mit Senegal kann ich außer dem Namen nichts anfangen. Ich habe aber keine Bange, denn du wirst uns das Land un seine Eigenheiten schon näher bringen.
Liebe Grüße, Harald 🙂
Es freut mich sehr, zu wissen, dass du meine Reisestorys regelmäßig liest, danke dafür. Senegal war eine besondere Erfahrung. Meine Berichte sind natürlich subjektive Eindrücke. Bald geht es los😉
Ach so ein Kätzchen im Koffer findet immer Platz. Ironman ist echt schon krank….was ein Kraftaufwand.
Den Kätzchen würde es bei mir nicht wirklich gut gehen, ich hätte kaum Zeit für sie. Dennoch denken wir beide noch immer an sie, sie waren süüß🥰
Iron Man ist wirklich krass. Leistungssport war nie meins, aber ich bewundere die Menschen, die das tun. Alle Achtung.
Stimmt schon, die brauchen auch ihre Menschen.
Ich bewundere sie auch. Das ist wirklich extrem heftig.
Und die Katzen schauten dem Marathon nur aus der Ferne zu und schliefen friedlich weiter 😉
Die Katzen wurden nur munter, wenn das Essen kam oder sie auf Streicheleinheiten hofften 🙂
Wie schade, dass euer Lanzarote-Trip nun auserzählt ist. Ich hätte ewig weiterlesen können 😎. Essenstechnisch hat die Sache für Stefan ja dann noch ein gutes Ende gefunden. Ich hoffe, er konnte das grätenfreie Mahl wenigstens noch lauwarm genießen. Oder wurde es kalt, bis du fertig geinstagramt hattest 😂?
Klasse, dass ihr den Triathlon mitbekommen habt. Da wäre ich auch gerne dabei gewesen. Passiv, versteht sich! Als „Entschädigung“ durfte ich im Februar den Karneval auf Lanzarote erleben. Die Sportler ziehen im übrigen sehr viel aus der Unterstützung der Zuschauer. Das haben mir zumindest einige Marathonläufer bestätigt.
Nun denn, bis zum nächsten Abenteuer! Ich bin schon gespannt, was als Nächstes kommt. Bosnien, oder?
Essen: da musste der liebe durch, für ein perfektes Bild werden eben Opfer gebracht 😉 Nein, in Wahrheit bin ich mit dem Fotografieren recht zügig.
Lanzarote-Saga: ja, es war eine schöne Reise und ein wenig anders als sonst. Einmal war nichts „schwierig“ oder „kompliziert“, wir hatten schlicht eine gute Zeit ohne Drama, dafür mich viel Sonnenschein.
Iron-Man: viele der Sportler haben auf uns reagiert, da muss was dran sein.
Nächstes Abenteuer: eigentlich der Balkan-Trip, allerdings habe ich Senegal vorgezogen. Die Senegal-Reise wird jetzt erstmal die folgenden Beiträge bestimmen.
Dann bin ich schon mal sehr gespannt! Der Senegal ist für mich persönlich bisher (noch) ein weißer Fleck auf der Landkarte.
So erging es uns auch. Und gerade das sind für mich die spannendsten Länder 😉
Also inzwischen habe ich ja die köstlichen Fischgerichte im Senegal genossen. Ich würde die immer wieder vorziehen. Allein schon vom Preis! 🙂
Das Portemonnaie isst auch mit 😁.