Während wir, der Rest der Gruppe, in aller Herrgottsfrühe loszogen, um die umliegende, saudische Gebirgswelt unsicher zu machen, wählte Stefan für sich ein anderes Konzept; er blieb den Tag über in der Stadt und ließ es sich gut gehen. Und was er dabei alles sah, beobachtete und erlebte, könnt ihr heute hier nachlesen, denn heute lassen wir Stefan zu Wort kommen…
Stefans freier Tag
Das ist ein Transkript einer Audio-Aufzeichnung
„Letzter Tag, Saudi Arabien, Dschidda. Die Gruppe ist ins Gebirge gefahren. Ich hatte keine Lust dazu. Erstens: früh aufzustehen, zweitens die Temperaturen waren zum ersten Mal im Urlaub solche, die meinen Erwartungen an einen Wüstenstadt entsprachen: 28 Grad. Ich war spät frühstücken, habe lecker gegessen. Endlich mal ein Hotel mit einer zentralen Wasserversorgung, nicht so’n komischer Boiler.
Ja, was mache ich heute? Ich sah auf Google etwas von einem Park an der Promenade, also direkt am Meer. Da habe ich gleich meine Sachen gepackt und bin losgelaufen. Eigentlich wollte ich mir noch die Stadt angucken. Dann war ein Taxifahrer da. Natürlich sprechen die einen dort andauernd an, denn dass jemand komplett zu Fuß durch die Gegend läuft, ist für die dort komplett verwunderlich. Ja, das Taxi musste ich aber bezahlen, das kostet ja Geld. Also Bank. Das ging etwas hin und her, dann sind wir zur Bank hin, wo auch Kreditkarten akzeptiert wurden. Dafür musste ich in ein Einkaufszentrum rein. Aber um in ein Einkaufszentrum zu kommen, musste ich die Tabaluga-App* (*Tawakkalna-App) vorzeigen und den QR-Code scannen. Da stand auch jemand dabei, der darauf geachtet hat, dass ich das auch richtig mache.
Der Witz an der Sache: man kam rein, gleich am Anfang stand der Scanner für den QR-Code und drei Meter weiter auf der linken Seite war der Geldautomat. Wäre ich bloß einen Schritt nach Links gegangen… aber nein. Dann der Geldautomat. Jeder Automat im Ausland ist ein bisschen anders, es hat etwas gedauert. Zurück zum Taxi, durch die Stadt gefahren; dann hat er (der Fahrer) mir die Stadt gezeigt.
Dann wollte ich zu diesem Park zurück. Da war wieder das Problem, ihm (dem Taxifahrer) verständlich zu machen, wo ich hin will. Also bei Google Maps die Route eingegeben, ihm das in die Hand gedrückt, und dann hat er mich dorthin gefahren. Ich wollte die Fontäne (Kings Fadh’s Fountain) bei Tag mal sehen. Er hat mich etwas weiter nördlich abgesetzt und dann bin ich losgelaufen. Es war um die Mittagszeit. Ab und zu waren Leute zu sehen, hauptsächlich Familien, die mit ihren Kids da waren. Ich hab die warme Sonne genossen und es ging mir gut. Ich bin durch die Gegend gewandert, ab und zu stehen geblieben und fotografiert oder eine geraucht.
Und man wird natürlich als europäischer Ausländer, selbst in Städten wie Dschidda, angeguckt. Ich glaube, in Deutschland wäre es genauso, als wenn man ein Einhorn sehen würde; dann würden alle genauso gucken. Irgendwann habe ich eine Bank gefunden, die Füße ausgestreckt und eigentlich nur die Sonne genossen, diese himmlischen Temperaturen, wo ich dachte: nach zehn Tagen Saudi Arabien endlich mal Wetter, das mir gefällt.
Nach und nach hat sich der Park am Nachmittag mit Familien gefüllt. Man hat bei Frauen diese verstohlenen Blicke unter ihrem Nikab gesehen, zu dem Europäer hin, der da freudestrahlend in der Sonne gesessen hat. Ich hab natürlich verstohlen zurück geguckt. Zum Teil waren die Familien sehr traditionell gekleidet, die Frauen komplett in schwarz. Was mir aufgefallen ist; erstens, saudische Männer in kurzen Hosen, was in Saudi Arabien eigentlich ein No-Go ist. Dann Frauen, teilweise freizügig angezogen – für saudi-arabische Verhältnisse, die vielleicht nur ein Kopftuch um hatten. Die Teenies, 15-16 Jahre, die auch normal angezogen waren. Dann eine Familie, wo nur Frauen unterwegs waren: Mutter, Oma, Kinder – das war, als wenn ich irgendwo in Mannheim unterwegs wäre.
Und dann kam die Krönung vom Ganzen. Die Männer begrüßen sich da relativ herzlich. Da waren dann zwei Männer gewesen, da war das schon… mehr als herzlich. Allerdings war das auch sehr verstohlen gewesen. Und als Europäer kennt man das ja, Homosexuelle, wenn sie teilweise in der Öffentlichkeit… – kommt auf die Stadt an, ich denke, Dschidda, oder Saudi Arabien, das ist dann so, als wenn ich im Erzgebirge bin… Jedenfalls ganz verstohlen haben sie sich an den Händchen gefasst und ich habe da ganz fasziniert hingeguckt. Dann hat der eine das gemerkt, ist zusammengezuckt und ich hab bloß den Daumen gehoben: alles ist easy. Dann hat er auf den zweiten Blick gesehen, dass ich Europäer war, auf den ersten Blick ist es gar nicht aufgefallen. Wo dann die Polizei vorbeigekommen ist, haben sie etwas Abstand genommen, als sie weg war, sind sie wieder zusammen gerückt. So eine Art Strandpolizei war das gewesen.
So im Nachhinein haben wir von einem Reiseleiter erfahren, dass Dschidda die liberalste Stadt in Saudi Arabien ist. Das saudische Königshaus und auch die Verwaltung habe versucht, diese ungeheuerlichen Zusammenkünfte – Frau nicht komplett verhüllt und Männer mit kurzen Hosen – zu verbieten, aber da ist anscheinend die ganze Stadt auf die Barrikaden gegangen. Also haben sie den Zustand so gelassen. Lebe nach deinen Möglichkeiten.
So ein Park, wie man sich das in Deutschland so denkt, ist es natürlich nicht. Da standen ab und zu ein paar Palmen rum, viele Gebäude und so weiter. Sagen wir mal, es war eine Freizeitanlage gewesen. Aber für die Saudis war es wahrscheinlich ein Park, da mehr als zehn Palmen – oder eine Oase. Es ist eine schöne Ecke: Waterfront heißt es. Falls mal jemand in Dschidda sein sollte; Waterfront ist wirklich zu empfehlen. Tagsüber ist leider Gottes die Fontäne aus, aber man sieht, was für ein Riesending das ist. Und hintendran die Insel mit dem – für saudische Verhältnisse recht kleinem – Palast, für deutsche Verhältnisse passt wahrscheinlich viermal Sanssouci da rein.
Dschidda allgemein: was wirklich zu empfehlen ist, ist die Altstadt, besonders mit den alten Häusern, die sie gerade rekonstruieren, mit teilweise abenteuerlichen Gerüstbauarbeiten, wo sich in Deutschland wahrscheinlich die ganze Berufsgenossenschaft erhängen würde, wenn sie das sehen. Ganz viele kleine Geschäfte. Wenn man (gerne) kocht, unbedingt in die Gewürzhandlungen reingehen. Man bekommt da Sachen zu kaufen, die kriegt man wahrscheinlich gar nicht in Deutschland. Getrocknete Limonen, getrocknete Zitronen, die man zum Kochen nehmen kann… Ja, und natürlich sollte dort Eva begraben sein. Die Saudis sind gerade dabei, das Gelände so zu verändern, dass keiner sieht, wo sie eventuell begraben sein könnte, um zu verhindern, dass christliche Fundamentalisten… die Stadt stürmen. Sie wollen gern Touristen da haben, das sieht man auch, das merkt man auch, aber die Stätten der christlichen Religionen wünschen sie nicht unbedingt von religiösen Gruppen besucht zu sehen.“
Schön mal die andere Stimme zu hören…
Ja, die andere Stimme meldet sich viel zu selten zu Wort 😉
Die andere Stimme ist generell zu faul zum schreiben 😀
Die andere Stimme, so lasset sie sich erheben…!
Stefan, auch ich bin voller Verständnis für deine individuelle Tour an diesem Tag. Wärme und Chillen hat meines Wissens noch niemandem ernsthaft geschadet 😎.
Erst recht am letzten Tag wenn der Flug Abends geht 🙂
Stefan, ich habe volles Verständnis: Wärme ist entscheidend für den Erfolg eines Urlaubs. Frieren kann man auch Zuhause.
Ja, ich weiß… an den Nordpol seid ihr wohl beide nicht zu kriegen 😉
Bloß nicht!! Höchstens in der warmen Kabine von einem Kreuzfahrtschiff.
Kreuzfahrt ohne Landgang? Klingt (nicht) verlockend…
Oh ja genauso wie beim letzten Urlaub im Senegal. Trockene, tolle Wärme 🙂
Es war toll gewesen, endlich mal schöne Temperaturen 🙂
Eben! Da fliegt man schon in die saudische Wüste und hat hauptsächlich Aprilwetter!