Auf der Fahrt durch die Nacht schlafe ich ein. Dunkel zieht die Welt am Autofenster vorbei und selbst die angebliche Waffe hinten im Kofferraum, an die ich nicht so recht glauben mag, ist mir nun egal. Ich hoffe bloß, dass Djamal* sie – falls existent – rechtzeitig entfernt, bevor ich das Auto wieder bei der Mietstation abgeben muss.
Wir fahren zwei Stunden oder länger und auch Fran schläft auf dem Rücksitz. Zwischendurch bemerke ich, wie Djamal* versucht, mit aller Vorsicht über die sehr häufig vorhandenen Hügel auf der Fahrbahn zu kommen, ohne uns aufzuwecken.
„Gut, dass ihr geschlafen habt.“ Sagt er uns später. „Ich war ziemlich schnell unterwegs und habe eine Abkürzung über eine lange, dunkle Straße genommen, ihr hättet Angst gehabt.“
Irgendwann beginnt er, zu telefonieren. Immer mal wieder spricht er in sein Handy und ich ahne, dass es um unsere späte Ankunft im Camp in der Wüste gehen muss. Am Ende halten wir an einem Parkplatz an und ein schweigsamer Mann sammelt uns mit seinem Pick-up auf. „Nehmt alles aus dem Auto raus, was ihr braucht.“ Sagt Djamal* und damit ist klar: der Mazda bleibt die nächsten Tage hier. Wir steigen in einen Toyota Pick-up mit 4×4 Antrieb um.
Erstaunlicherweise hatten mir die wenigen Minuten Schlaf fürs erste gereicht; ein wenig benommen, doch neugierig schaue ich mich um. Der Toyota driftet über den nackten, weichen Sand; der Fahrer gibt Gas und lenkt sein Fahrzeug scheinbar blind durch die unbeleuchtete Wüste. Woran er sich orientiert, um die richtige Richtung anzusteuern, das weiß er allein.
Nach einer circa fünfzehn- bis zwanzigminütigen Fahrt sind wir da. Als wir aussteigen und unser Gepäck aus dem Toyota hieven, hebe ich den Kopf und schaue nach oben – ganz bewusst, denn der Anblick ist verstörend schön. „Sternenklar“ beschreibt es nicht annähernd und ich kennen keine Worte, die adäquat gewesen wären. Diamanten? Vielleicht Diamanten. Leuchtender Diamantenstaub. Groß, allgegenwärtig, überwältigend. Nichts ist damit vergleichbar, nichts ist vergleichbar mit einem Sternenhimmel in der Wüste.
Das Camp besteht aus vielen regelmäßig angeordneten Zelten, zu denen kleine, asphaltierte Wege führen. Wir bekommen zusammen ein Sechs-Personen-Zelt, in dem wir unsere Sachen abstellen. „Nur wenn das für dich in Ordnung ist.“ Sagt Djamal*, der weiß, dass ich bis jetzt immer auf getrennte Schlafräume bestanden hatte. Doch diesmal sage ich zu ohne zu zögern.
Die Zelte sind verstärkt und regenfest und innen erhöht und haben stabile Rahmen; im Grunde hat das hier mehr mit Glamping als mit normalem Campen zu tun. Die Baderäume sind auf der anderen Seite des Camps und verfügen über Warmwasserduschen. Mir ist natürlich klar, dass das, was wir hier machen, Wüstenromantik für Urlauber ist; die echten Beduinenzelte hatte ich bereits in den ersten Tagen vor den Toren Ammans auf den mit Müll übersäten Feldern gesehen. Heute noch muss ich schmunzeln, wenn ich berichte von Reisenden lese, die sich in der jordanischen Wüste bei den „echten“ Beduinen zu Gast glauben.
Während ich mich umziehe, sind Fran und Djamal* draußen und schauen sich die Sterne an. Eigentlich sollte ich es auch tun, doch einer todmüden Kasia sind alle Sterne dieser Welt egal. Gerade will ich mich ins Bett legen, da klopft es am Türrahmen des Zeltes.
„Kasia!“ Ruft Djamal* leise. „Fran möchte, dass du rauskommst!“
Fran möchte, dass ich rauskomme? Ich stecke den Kopf nach draußen. Fran liegt auf dem weichen Sand, auf einer Decke, die Djamal* für sie ausgebreitet hatte, den Kopf in den Nacken gelegt, und schaut in den Nachthimmel. „Komm, leg dich dazu!“ Sagt sie verträumt.
Ich lege mich neben sie. Der Himmel ist überwältigend. Ein bisschen kann ich vielleicht noch hier draußen bleiben. Djamal* holt den Wein raus und legt uns ein Kissen unter den Kopf. So lässt es sich aushalten, das ist perfekt. Wir stoßen an und nippen an unserem Becher Wein. Die Sterne sind unglaublich und der Blick scheint in andere Sphären zu wandern. Dann sehe ich die erste Sternschnuppe.
Nebenan höre ich ein lautes, sonores Geräusch; ein vernehmlicher Laut wie von einem Tier, einem Kamel zum Beispiel. Erst nach und nach wird mir klar, dass das schnarchende „Kamel“ einfach nur eine schlafende Person in einem der Zelte nebenan ist. Als ich Fran davon erzähle, kullert sie sich vor Lachen.
Als die erste Sternschnuppe fällt, bin ich völlig unvorbereitet. So überwältigt von der Schönheit, dass kurz jegliches Denken aussetzt. In diesem Moment sollte man sich einen Wunsch überlegen, doch mein Kopf bleibt leer, so wunschlos glücklich fühle ich mich. Klar, ein paar Wünsche fallen einem ja immer noch ein, wenn man sich anstrengt, aber eigentlich…
So liege ich da und zähle die Sternschnuppen.
Freitag, der 5 Oktober 2018
Fran und Djamal* hatten es sich vorgenommen, an diesem Morgen klettern zu gehen. Ohne mich, denn Kasia schläft heute aus, solange sie möchte. Ich wünsche den beiden frohes Klettern für morgen früh und suche mein langersehntes Bett auf. Sollen sie ruhig ihren Sonnenaufgang gucken gehen, ich werde mir das Spektakel unter geschlossenen Lidern ansehen.
Als ich am Morgen das erste Mal wach werde, ist das Zelt leer. Meine Augen wandern kurz aus dem kleinen Fenster. Die Landschaft ist wunderschön um mich herum. Die seltsam geformten Felsen erstrahlen in einem blutroten Licht und der Sand verfärbt sich rötlich. Eine zauberhafte Stimmung; schon immer war ich der Ansicht, dass nicht nachts, sondern früh am Morgen die eigentliche Geisterstunde ist. Doch es ist nicht meine Zeit. Kasia wackelt wieder in ihr Bett zurück und legt sich wieder schlafen.
Gegen zehn stehe ich dann endgültig auf. Ausgeschlafen und zufrieden. Habe ich mit dem Sonnenaufgang etwas verpasst? Vielleicht. Doch es war dringend nötig, Schlaf nachzuholen, denn mal ehrlich: ich hatte schon lange nicht mehr so extrem wenig geschlafen wie jetzt auf dieser Reise, und mit Erstaunen registriere ich, wozu mein Körper alles fähig ist. Drei Stunden Schlaf über zwei Tage am Stück? Kein Problem. Einmal die Nacht hindurch wach bleiben, sich nur mit Minutenschlaf über Wasser zu halten? Funktioniert auch. Am Limit sein? Auf Reisen bin ich das oft – die Aufregung und das Neue halten mich wach. Doch irgendwann müssen auch einmal die Speicher gefüllt werden und nun ist dieser Moment gekommen.
Die rötliche Färbung ist aus der Wüste verschwunden; inzwischen ist es heiß und die Sonne steht hoch am Himmel. Das Camp ist bis auf weiteres leer, nur zwischen den Zelten rennen kleine Jungen hin und her. Als ich frisch geduscht im Essensraum auftauche, sind Djamal* und Fran bereits da; sie sitzen an einem der Tische und reden angeregt miteinander. „Möchtest du einen Kaffee?“ Fragt Djamal*. Der Mann kennt mich inzwischen. Das Frühstück hatte ich natürlich verpasst, das war mir klar, doch ich hatte mir mit etwas Obst und einer gestrigen Fallafel geholfen – und der Hunger war gegessen.
Ich setze mich dazu. Das große Zelt, das die Ausmaße eines Saales hat, ist völlig leer bis auf zwei Männer, die sich ganz ans andere Ende gesetzt hatten. Das Zelt ist zwischen Zeltwand und Dach rundherum offen und ermöglicht einen Blick nach draußen. Und da, die Wüste. Die Felsen sehen aus wie aus einer Star Wars Trilogie. Und das ist nicht so weit hergeholt, denn ich weiß, dass eine der Star Wars Episoden hier in der Wüste von Wadi Rum gedreht wurde.
Ich hole mir einen Kaffee aus der Kanne. Es gibt leider nur löslichen Instant-Kaffee, was ich ein wenig enttäuscht registriere, tagtäglich verwöhnt vom dicken, schwarzen arabischen Mokka. Aber Instant-Kaffee ist besser als gar kein Kaffee.
Neben dem Eingang gibt es eine Ladestation mit internationalen Steckmöglichkeiten. „Das hier ist kein originaler Beduinencamp.“ Sagt Djamal* und spricht damit das Offensichtliche aus. Ein Freund von ihm hatte vor einiger Zeit die Idee für dieses Camp und hatte die ersten Zelte aufgebaut. Ein Zelt nach dem anderen sind nach und nach dazu gekommen. „Ich hatte von Anfang an geholfen, das ganze hier mit aufzubauen.“ Erklärt Djamal* stolz.
Es ist ein ruhiger Tag, denn wir haben viel Zeit bis zu unserer Jeeptour durch die Wüste, die erst für Nachmittag um drei angedacht ist. So sitzen wir da und reden, rekapitulieren die letzten Tage und in erster Linie die Geschehnisse in Petra. Djamal* warnt uns nochmal eindringlich und erzählt uns eine Geschichte.
Es war einmal… ein junges Mädchen, eine Christin (ja, die Konfession ist hier nach wie vor von Bedeutung und ein Identitätsmerkmal zur Kategorisierung von Menschentypen…), die sich in einen der jungen Männer in oder um Wadi Musa herum verguckt hatte. Die Burschen sind wirklich gutaussehend, das muss man ihnen lassen – sie kleiden sich nach Beduinenart, obwohl sie keine Beduinen sind, und betonen ihre sowieso schon dunklen, großen Augen mit einem dünnen Strich aus Kohle, eine verwegene Mischung aus Lawrence von Arabien und Jack Sparrow. Und die jungen Männer wissen um ihre Wirkung und nutzen sie gezielt, um junge, hübsche Touristinnen kennen zu lernen.
So auch unsere Mädchen aus der Erzählung, die sich überreden ließ, mit dem hübschen Mann mitzugehen. Doch dann war es nicht ein junger Mann, dann waren es fünf. Und das Mädchen wurde erst ein paar Tage später gefunden. „Wenn sie genug haben, dann setzen sie die Mädchen dann wieder aus.“ Sagt Djamal*. „Doch wenn sie zu… beschädigt ist, verschwindet sie manchmal ganz. Die Frauen, die Anzeige erstatten, haben wenig Chancen auf Erfolg, denn die Männer sehen aus wie alle anderen auch. Sie lassen sich für eine Weile nicht blicken, und danach machen sie genauso weiter wie bisher. Im Grunde kann ihnen niemand etwas.“
Ich lausche der haarsträubenden Erzählung und frage mich, wie viel davon wahr ist und wie viel nur der Warnung dienen soll. Es würde sich doch herumgesprochen haben, wenn in Jordanien plötzlich junge Touristinnen verschwinden? Ich hatte von solchen Vorfällen in Jordanien noch nie etwas gehört – aber das muss auch nichts heißen. „Es sind nur ein paar wenige Familien, die dort leben.“ Sagt Djamal*. „Doch die Familien hassen sich untereinander. Sie gönnen sich gegenseitig nichts.“
Ich erzähle von meinem Tuch und der alten Beduinin, die es mir verkauft hatte. „Wie viel hast du bezahlt?“ Fragt mich Djamal*, doch ich sage es ihm nicht. Schon klar, dass es für Brandflecken viel zu viel war; eigentlich müsste ich das Tuch der alten Frau um die Ohren hauen.
Ich falte es auseinander und zeige es ihm. Er betrachtet es, betrachtet die Brandflecken und sagt schließlich: „Also erstens, es ist kein Kopftuch, es ist eine Tischdecke. Daher kommen auch die Brandflecken hier an der Ecke.“ Ich schlage mir die Hand vor den Kopf. Klar, das macht Sinn. Ich hatte mich sowieso schon gefragt, wie diese Art Brandspuren an ein Tuch kommen, das eigentlich nur auf dem Kopf getragen wird. „Aber…“ führt Djamal* weiter aus, „…solche Tücher werden auch von Frauen für den Kopf oder die Schultern getragen, also nicht so schlimm.“
So hatte Kasia in Jordanien eine Tischdecken erstanden.
Wir sitzen weiter da und die Zeit plätschert vor sich hin. Es ist schön, mal wieder ein wenig mehr Zeit zu haben, doch es ist auch ungewohnt, mal nirgendwohin zu müssen. Kurz vor drei ist unser Guide da, der uns die Wadi Rum Wüste zeigen wird: Mister Mohammad, ein junger Mann in Kufiya und langer, weißer Kleidung. Ehe wir auf die Ladefläche seines Jeeps steigen, sagt Djamal* zu mir: „Zieh dein Tuch aus, Mister Mohammad will dir ein anderes geben.“
Mister Muhammad holt eines seiner Tücher heraus und bindet es mir um den Kopf. Es gleicht exakt dem Tuch, welches ich der alten Frau gestern für fünfzehn Dinar abgekauft hatte. „Er will es dir schenken.“ Sagt Djamal* und Mister Mohammad nickt.
Auf der Ladefläche des Toyota sind auf beiden Seiten Sitzbänke eingebaut, darunter im Fußraum finden wir mehrere Flaschen eiskalt temperierten Wassers. Die Tour erweckt nach kurzer Zeit den Eindruck eines gut geplanten Gruppenausfluges, denn obwohl solche Touren über den Tag verteilt statt finden, so sehen wir einige weitere Pick ups, die Besucher aus anderen Camps transportieren. Solcher Camps gibt es hier in der Umgebung einige.
Wir halten uns an den Stangen fest und werfen einen Blick über die malerischen Monolithen, die aus dem Sand ragen. Die Formen der Landschaft wirken teilweise wie aus einem anderen Planeten, und so musste Wadi Rum für eine Star Wars Episode sowie weitere Filme wie Der Marsianer herhalten. Ich bin zwar kein Filmtourist, doch bei der Info über Star Wars rastet Fran fast aus. Ich lächle milde. Star Wars…
Doch wo wir schon dabei sind:
- Alles Geld der Welt von Ridley Scott, ein Entführungsdrama von Februar 2018, wurde teilweise in der Wadi Rum Wüste gedreht
- Nochmal Ridley Scott mit Prometheus – Dunkle Zeichen, einem meiner Lieblings-SiFi-Horrorfilme
- Rouge one – a Star Wars Story, hier war Wadi Rum die Vorlage für die Felsenlandschaft vor den Toren der Stadt Jedha
- Der Marsianer – Rettet Marc Watney (Ridley Scott hat eine gewaltige Vorliebe für Wadi Rum, hier diente die Wüste als Oberfläche des Mars)
- Teile von Transformers 2 – Die Rache (u.a. Petra und Wadi Rum)
- Natürlich Lawrence von Arabien von 1963, auf den fast ohne Atem zu holen immer wieder hingewiesen wird, wenn sich ein Blogger mal in die Wadi Rum Wüste verirrt…
Doch auch sonst, abgesehen von der Filmgeschichte, ist Wadi Rum eine der schönsten Wüsten der Erde und deshalb UNESCO-Welterbe.
Der erste Ort, an dem wir anhalten, führt uns auf Felsen und zwischen Felsspalten, wo uns Mister Mohammad Felszeichnungen der alten Völker zeigt, die hier gelebt hatten. Noch vor Beginn der Zeitrechnung hatte es hier Nomadenvölker gegeben, die von Oase zu Oase zogen. Die Petroglyphen sind mehrere tausend Jahre alt und lassen erkennen, wer hier lebte, wie viele Tiere ein Familienclan hatte, wer das Familienoberhaupt war und an welcher Stelle eine Quelle zu finden ist. Unter der Wüste befindet sich ein riesiger Wasserspeicher, so hatten die Menschen, die über die Wasservorkommen bescheid wussten, keine Mühe, in der Region zu überleben. Manche der Zeichnungen zeigen Sternenbilder, Frauen bei der Geburt, Szenen aus dem Alltag. Einige von ihnen sind über zwölftausend Jahre alt.
Wir sind alleine in der Felsspalte und wandern hinein bis zur Quelle. Unten im harten Fels ist eine runde Öffnung sichtbar, die sich in Regenzeit mit Wasser füllt und als Brunnen dient.
Auch haben wir die Gelegenheit, den seltsamen Humor von Mister Mohammad kennen zu lernen, der mal behauptet, seine Mutter sei eigentlich Französin, nur um es dann als einen Scherz zu revidieren, dann wieder tut er so, als sei Frans Handy verschwunden, köstlich amüsiert darüber, sie in mittlerer Panik ausbrechen zu sehen. Doch Beduine sei er nicht, gibt er auf meine Anfrage hin Auskunft; er käme aus einem der umliegenden Dörfer. Viele der hier arbeitenden „Beduinen“ haben zwar einen ländlichen Hintergrund, sind aber längst keine Nomaden.
Beim Verlassen der Felsspalte merken wir, welch Glück wir eigentlich hatten, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, denn gerade in diesem Moment macht sich eine größere, polnische Reisegruppe an den Aufstieg. Jej, deshalb liebe ich Gruppenreisen so… (Achtung, Ironie…) Männlein und Weiblein quetschen sich in engen Felsspalten und recken die Köpfe, um zwischen den Rücken der anderen irgend etwas zu sehen… Nein, dann lieber so ein privater Mister Mohammad, der nur Zeit für uns hat. Und der sich nun die Zeit nimmt, Fran ausgiebig im Wüstensand abzufotografieren, sei es beim Posieren oder beim gut angesetzten Sprung in die Höhe. Ja, Tatsache ist, dass ich seit dieser Reise solche Spring-Bilder nicht mehr sehen kann, ohne daran zu denken, wie viele Versuche und wie viele Sprünge nötig sind, um so ein Bild nach „Spontaner Lebensfreude“ aussehen zu lassen…
Zweite Station ist ein Felsbogen, ein ziemlich bekannter Fotopunkt, der auf den meisten Bildern der Wadi Rum Wüste zu sehen ist. Djamal* bleibt unten im anliegenden Zelt und trinkt einen Tee, während wir auf die Felsbrücke klettern. Von hier oben lässt es sich weit schauen; unter mir zieht langsam eine Karawane durch den orangenen Sand. Die Besucher kommen und gehen. Hier oben spürt man einen leichten Wind, und selbst die Sonne und die Wärme macht mir in dem Turban aus leichtem Baumwollstoff nichts aus. In Wüstenregionen, wo es heiß und trocken ist, wird vorzugsweise Baumwolle getragen. Sie hat die Eigenschaft, die Feuchtigkeit und den Schweiß, der normalerweise verdunstet, aufzusaugen und bildet so am Körper eine kühle, isolierende Schicht. Was in mitteleuropäischen Graden eher dazu führt, dass man beginnt zu frösteln, ist hier eine perfekte Methode gegen den Wasserverlust.
Irgendwann sitzt Mister Mohammad neben mir. Er will von mir wissen, ob ich mir vorstellen könnte, in Wadi Rum zu leben. „Du kannst gerne zu uns kommen, für drei Wochen oder mehr. Oder für immer. Hier ist alles easy in der Wüste.“
Abgehauen mit einem Beduinen. Gab es nicht bereits ein Buch mit dieser Handlung?
Tatsächlich stelle ich nach einigen Recherchen fest, dass sich nicht wenige europäische Frauen in Beduinen verlieben – und bleiben. Die Wüste wird ihr Zuhause, ein behütetes, doch auch ein selbstbestimmtes leben? Eher weniger. Ein entschleunigtes Leben, ja, auf jeden Fall.
Wieder unten im Zelt gibt es für uns eine kleine Verschnaufpause; wir bekommen den klassischen, heiß dampfenden Salbeitee serviert. Es ist schön, mit einem Glas Tee in der Hand da zu sitzen und entspannt die Menschen zu beobachten. Als einer der Männer verschiedene Teepäckchen auf einen großen Tisch in der Mitte des Raumes drapiert, ist es für uns Zeit zu gehen. Djamal* drückt mir zwei Dinar in die Hand. „Gib das dem Mann da drüben als Trinkgeld für den Tee.“ Flüstert er mir zu. Einkäufe werden wir hier keine tätigen.
Auf der großen Düne, unserem dritten Stop, lasse ich den Sand zwischen meinen Fingern rieseln. Eigentlich habe ich keine große Lust, hoch zu klettern, weiß ich bereits aus Namibia, wie anstrengend das ist. Und als ich dann oben auf dem Dünenkamm bin, auf der Hälfte des Weges, setze ich mich einfach nur in den Sand und lasse meine Blicke schweifen. Vergeblich winkt Fran von unten und ruft mir zu. Ich solle mich doch ein Stückchen weiter links oder ein Stückchen weiter rechts platzieren, damit sie ein besseres Bild von mir schießen kann; doch das alles interessiert mich nicht. Der Parkplatz unten ist wie ein Spielzeugladen, winzig klein, die Menschen wie kleine Legofiguren. Immer wieder lasse ich den warmen Sand durch meine Finger rieseln, er fühlt sich so samtweich an. Fast wie Seide an der Haut: keine harten Teilchen, keine größeren Körner, kaum ein Widerstand zu spüren. Ich kann verstehen, dass die Menschen in der Wüste früher den Sand zur Körperreinigung verwendet haben anstatt des kostbaren Nass.
Irgendwann kommt Fran hinauf und setzt sich zu mir. Unter uns wirkt Djamal* ganz klein und ich warte darauf, dass er beginnt zu winken, warte darauf, dass wir irgendwann weiter müssen. Doch wir müssen nicht. Dies scheint die letzte Station zu sein, wir können bleiben, solange wir wollen.
Ein Wind zieht auf; der Sand bildet Wirbel, schmale, hohe Windrosen, die unten über die Piste ziehen, um sich dann wieder aufzulösen. Schemenhaft wirken die Monolithen vor uns in der Ferne. Und an uns vorbei stampfen Menschen, um ganz nach oben, an die Spitze der Düne zu gelangen. Auch Fran kann es nicht lassen. „Ich bin gleich wieder da.“ Sagt das abenteuerfreudige Mädel. „Viel Freude.“ Sage ich.
*Name geändert
da hat eine Astrid geschrieben und deinen Schreibstil gelobt ! Ich kann nichts anderes tun ! Einfach toll
Wieder ein ganz schöner Bericht und schönen Fotos die die Erinnerungen festhalten !
Mehr geht nicht und ich kann auch nicht mehr kommentieren weil mir nichts mehr dazu einfällt ! Fotos sind toll aber solche Erlebnisse muss man gesprochen hören um zu verstehen ! Du weißt was ich meine ! Ich könnte dir glaub schon ganz gut zuhören !!!
Ich kann nur nochmal danke sagen. lieber Manni. Das geht runter wie Öl. Es freut mich sehr, dass dir meine Erlebnisse (und die Art, sie zu beschreiben) so gut gefallen. Du meinst, ich soll über einen Podcast nachdenken? 🙂
gerne Kasia ! Ich bewundere deinen Schreibstil und so wie du es schreibst muss man es einfach lesen !
Ich weiß auf jeden Fall was ich machen würde an deiner Stelle aber das ist Geschmacksache ! Als du diese Beiträge veröffentlich hast, war die Resonanz fast gleich null. Sorry wenn ich da so schreibe !!!
Das dies nichts mit den Beiträgen zu tun hat weißt du ! Das Problem lag daran, dass keiner auf sie gestoßen ist ! Bei all den Jahren ist mir aufgefallen dass die wenigsten Blogger stöbern auf der Seite. Die meisten kommentieren auf das was neu erscheint, aber fast niemand macht sich die Mühe in die Tiefe zu gehen. Mir geht es doch nicht anders ! Wer bewegt sich auf meinem Blog ? fast niemand !
Alles spielt sich im Reader ab davon bin ich fest überzeugt !
Inzwischen hast du ja doch einige Leser gefunden und ich würde auf jeden Fall deine Lieblingsbeiträge nochmals veröffentlichen und ich mache jede Wette das da Resonanz kommt. Es geht nicht um Likes oder Kommentar aber vielleicht widerrum neue zu finden die deine Interessen teilen. Wenn auch keiner zugibt dass Kommentar nicht wichtig wären, ich glaube das nur bedingt. Jeder freut sich wenn neue Follower dazustoßen ! Ich habe das bei mir ja auch schon gemacht, zum Teil mit dem Hinweis „Wiederholung“ zum Teil aber auch ohne ( ganz bewusst ). Auf eine Wiederholung wurde ich nie angesprochen also war das für mich die Bestätigung dass viele alles nur oberflächlich anschauen. Ist vielleicht traurig aber in der heutigen schnellen Zeit der Vielfalt von Medien normal !
Man kann auf WordPress die Beiträge einfach kopieren und dann ist das wie ein neuer und diese kopierte Variante veröffentlichen. Den Orignalen habe ich dann in Papierkorb und gelöscht. Somit kann das Spiel von neuem beginnen !
Kasia wie gesagt ein Vorschlag aber vielleicht machst du dir Gedanken ?
Ich finde es nur Schade wenn man sich soviel Mühe macht und dass das aufwendig ist weiß ich ja selber nicht verdient an den „Mann“ kommt !!! LG Manni
Das ist lieb, dass du dir Gedanken machst. Manchmal verlinke ich auf ältere Beiträge. Es gibt auch die Möglichkeit, vorhandene Beiträge im Rahmen von Blogparaden einzureichen. Meist ist es so, dass ich kaum dazu komme, darüber nachzudenken, weil ständig etwas aktuelles kommt, worüber ich poste. Dann ist da auch die Sache mit der Aktualität.
Ich bin froh, dass sich inzwischen mehr (kommentierende) Leser eingefunden haben. Ich denke, das hat viel mit den „Netzwerken“ zu tun. Das hätte ich einfach früher machen sollen…
Dein Blog, deine Entscheidung ! War nur eine Idee von mir !
Vielen Dank 🙂
Hallo Kasia,
Wollte nur kurz ein großes Lob da lassen. Hab deinen Blog vor kurzem entdeckt und finde deinen Schreibstil so toll!! Nach Jordanien geht’s für uns heuer im Oktober und deine Artikel dazu sind einfach fantastisch:-)
Hallo Astrid!
Vielen Dank, da schmelze ich dahin… ein solches Feedback macht Happy. Wenn du sonstige Fragen zu Jordanien hast, dann melde dich jederzeit. Ich wünsche dir ganz viel Spaß, es ist ein tolles Land. Ich weiß nur nicht, ob ich nochmal selbst ein Auto gemietet hätte 😉 Wenn ihr wollt, kann ich euch die Kontaktdaten meines Guides geben, ich war mit ihm super zufrieden.