Europa, Frankreich

Burg Fleckenstein in Elsass

Eben noch sitze ich im verschlafenen Wissembourg hoch oben über der Stadt, neben mir ein Pärchen, das leidenschaftlich knutscht, und nun, kurz danach, jage ich das Auto kurvige Straßen hoch. Eigentlich will ich schon nach Hause und die Burg entdecke ich rein zufällig. Wie so vieles…

Burgen gibt es viele hier in dieser Gegend, doch die interessiert mich. Steil und hoch sieht sie auf ihren Abbildungen aus und ich bin gespannt darauf, sie in echt zu sehen. Ich bin fast alleine auf den kurvigen Straßen und wenn sich doch mal ein Fahrzeug hinter mir einfindet, dann hält es respektvoll die zugelassene Höchstgeschwindigkeit ein – oder bleibt gar darunter, so dass ich entspannt die Landschaft genießen kann.

Zudem auch die deutsch-französische Region voll ist von spannender Geschichte. So, und hier mal die neunhundertjährige Geschichte der Burg:

An Weinbergen vorbei geht es nach oben. Die Burg Fleckenstein oder, wenn man will, die P’tit Fleck, liegt praktisch kurz hinter der Grenze, nur zweihundert Meter davon entfernt. So spielte sie eine wichtige Rolle als Festungsanlage zur Sicherung und Verteidigung gegen den deutschen Nachbarn und war ein strategisch wichtiger Punkt; sie lag an der damaligen Verbindungsstraße zwischen Hagenau in Elsass und Kaiserslautern. Doch letzten Endes waren es die Franzosen selbst, die sie zu Fall brachten.

Erbaut vermutlich im 12 Jahrhundert wird sie da auch zum ersten Mal erwähnt. Über sechshundert Jahre lang residiert die Familie Fleckenstein in der Burganlage und übt großen Einfluss in der Region aus. Die Burg selbst gilt als nicht einzunehmen und wird rasch von einem kleinen Stützpunkt zu einer großflächigen Verteidigungsanlage ausgebaut. Im 17 Jahrhundert wird sie vom Ludwig dem XIV eingenommen und zerstört.

Unterhalb der Burg befindet sich ein langgezogener Parkplatz, der für über hundert Autos Platz bietet und wo auch Campingfahrzeuge ihren eigenen Bereich finden. Der Parkplatz ist unbefestigt und besteht mehr aus Schlaglöchern als aus Parkplatz und ich denke mit Graus daran, wie es wohl ist, sich hier mit seinem Motorrad zu bewegen.

Als ich endlich den Motor abstelle und aussteige, zieht mir ein warmer, mit Pinienduft getränkter Lufthauch um die Nase. Aromatisch riecht der Wald, ein wenig erinnert mich das an die Dünen in Bergen aan Zee. Die Sonne wärmt meinen Kopf; es ist so warm geworden, dass ich nur mit T-shirt den asphaltierten Weg hochlaufe. Der steile Felsen der Burg ist bereits von Weitem sichtbar und als ich die Burganlage erreiche, dringt mittelalterliche Musik an mein Ohr. Ich denke bereits voller Vorfreude an ein Festival; passend dazu die kleinen Kinder, die umher wuseln, doch dann stelle ich fest, dass die Musik aus den Lautsprechern kommt. Die wissen schon, wie man Besucher anlockt…

Der Eintritt in die Burganlage kostet 4,50 Euro pro Erwachsenen und es gibt verschiedene Veranstaltungen für Kinder wie Rätselraten, wo sich die Kleinen in die damalige Zeit versetzen und Burgfräulein oder Ritter spielen können. Alles strömt in die Burg – ich beschließe, dass es reicht, wenn ich sie mir von außen ansehe. Burgen von innen reizen mich nur bedingt; kennst du ein paar, kennst du die meisten – doch der Bau an sich fasziniert mich. Ich beginne, auf einem kleinen, engen Pfad die beeindruckende Anlage zu umrunden.

Einige hoch aufragende Monolithen aus rotem Sandstein finden sich hier in der Gegend und es ist faszinierend, zu sehen, wie die hohen Felswände in den Bau der Anlage integriert worden sind und mit dieser verschmelzen. Alles geht harmonisch ineinander über, die natürlichen Gegebenheiten der Umgebung wurden hier zum Vorteil genutzt und ich suche die Stellen ab, wo natürlicher Sandsteinfelsen aufhört und die Burg anfängt. So unglaublich clever, dass ich es fast schon bereue, nicht rein gegangen zu sein.

Aber das hat auch einen großen Vorteil, denn während es alle Besucher in die Burg und auf die Burgmauern zieht, habe ich den Rundweg komplett für mich alleine. Wieder umgibt mich der frische Duft von Piniennadeln, den die Sonne aufsteigen lässt und der Wind zu mir rüber trägt und ich habe alle Zeit der Welt. Ein Vogel ruft in den Wald hinein, ein Troll aus Pappe versucht, in bösartiger Absicht die Burgmauer zu erklimmen und ein edler Pappenritter weist mir den Weg. Die Kinder hört man schon, ehe man sie sieht. Ein Echo verteilt ihre Stimmen und ich kann hören, wie sie sich in der Burg drängen. Aus einer kleinen Schießluke ruft mir eines der Kinder zu: „Bonjour! Bonjour!“

Einige der Monolithen unweit der Burg werden fleißig von Kletterern erobert. Zunächst dachte ich, dass es da einen Weg hinauf gibt für „Normalsterbliche“, doch dann beim Näherkommen sehe ich die Ausrüstung und die Sicherungsseile. Damit erübrigt sich das Dilemma, ob ich da noch hinauf will und ob mir die tolle Aussicht die Anstrengung wert ist.

Der Ausblick von der Burganlage über die bewaldeten Hügel ist zweifelsohne gigantisch, doch die Landschaft ist noch winterlich grau. Die Gegend hier um Elsass herum hat noch so einiges zu bieten und ist nur einen kleinen Sprung von Zuhause entfernt, also beginne ich, wieder im Auto sitzend und holpernd über den löchrigen Parkplatz fahrend, wieder Pläne zu schmieden…

Kasia

Hi, ich bin Kasia, die Stimme von "windrose.rocks" :-)
Treibt Dich die Frage um, was sich denn alles jenseits der heimischen Couch verbirgt, bist Du rastlos und neugierig wie ich und spürst den Drang in Dir, in die Welt hinaus zu gehen? Dann tue es! Ich nehme Dich mit auf meine Reisen und lasse Dich hautnah das Unterwegs sein miterleben - in all seinen Facetten. Lass Dich inspirieren, komm mit mir und warte nicht länger, denn... die Welt ist so groß und wir sind so klein, und es gibt noch so viel zu sehen!

Die Welt wartet auf uns.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...

Was brennt dir auf der Zunge? ;-)

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..